A/N: Die Story war schon mal in Joelis Account hier veröffentlicht. Wir haben etwas "handlichere" Stücke draus gemacht, sprich: In kürzere Kapitel unterteilt. Es ist ein gutes Stück nach "The Magic Touch" einzuordnen, in der Zwischenzeit sind ein paar Dinge passiert, die schon geschrieben wurden, aber noch nicht fertig ausgearbeitet worden sind.
Zur besseren Orientierung - die Begegnung findet Mitte Oktober des fünften Schuljahres statt.
Pairings: SS/SB, SS/GG (OC)
Disclaimer: Für dieses und alle anderen Kapitel gilt: Das Potterversum gehört uns nicht, wir machen kein Geld damit! Georgia Gone, Daniel Lewin und Asteria Tonks dagegen sind unsere Erfindungen ;-)
Begegnung in Hogsmeade
Freies Wochenende – die Schüler von Hogwarts freuten sich wie die Schneekönige über die Gelegenheit, wieder einmal dem Schulalltag entfliehen und das Dorf besuchen zu können. Der Unterricht der letzten beiden Tage litt ein wenig darunter, denn die Jugendlichen konnten es kaum noch erwarten, ihr Taschengeld für Süßigkeiten, Scherzartikel oder Ähnliches auszugeben.
Sie wurden zwar im Schloss mit den verschiedensten Köstlichkeiten versorgt, aber wenn sie sich in ein Café setzen und eine richtige Bestellung für ihre Lieblingsleckereien aufgeben konnten, fühlten sie sich ungemein viel erwachsener. Daniel war in dieser Hinsicht kein bisschen anders als die anderen.
Das Zauberergeld war für ihn von Vorteil, es gab keine Scheine und die Münzen waren sehr leicht auseinander zu halten. Was ihm am meisten zu schaffen machte, war der Umstand, dass die Läden mit Schülern vollgestopft waren und er kaum Zeit und Bewegungsfreiheit fand, sich 'umzusehen'.
In diesem Getümmel war er immer noch aufgeschmissen ohne Georgias Unterstützung. Aber sie begleitete ihn gerne. Auch für sie war es eine Abwechslung. Regelmäßige Einkäufe erledigte sie immer noch in Muggelläden und hatte sonst keine Veranlassung, das Zaubererdorf zu besuchen, obwohl sie dies jederzeit hätte tun können.
Wie immer warteten die beiden, bis der Großteil der Schüler bereits aus dem Tor geströmt war, bevor sie sich auf den Weg machten - ohne Geschubse und Gerenne. Severus kannte diese Gewohnheit und beobachtete sie dabei, wie so oft. Er hatte nicht gewagt, sie anzusprechen, ob er sie begleiten dürfe. Es wäre etwas zu sehr aufgefallen. Äußerst selten nahm er die Gelegenheit wahr, aber noch nie, nie, nie in Begleitung. Sein Plan sah vor, ihnen in fünf Minuten zu folgen und die beiden gaaanz zufällig ein Stück des Weges zu begleiten.
Die Höhle, in der Sirius sich im letzten Jahr versteckt gehalten hatte, war ein idealer Apparier-Ort, abgelegen und kaum jemandem bekannt. Er erschien dort und verwandelte sich sofort in den Hund. Er war mächtig aufgeregt. Wenn alles nach Plan liefe, würde er seine Tochter sehen, vielleicht sogar riechen und fühlen können. Möglicherweise würde er Harry, Ron und Hermine überraschen können. Und natürlich war er auch neugierig auf diese geheimnisvolle Frau, von der Severus ihm erzählt und die er ihm in seinen Erinnerungen gezeigt hatte. Aber am meisten freute er sich, einfach mal wieder Wind um die Nase wehen zu fühlen, keine Wände, keine Mauern, keine Türen, die ihn einengten.
Er lief hinaus ins Sonnenlicht und tobte sich erst einmal ein bisschen aus, raste im Zickzack durchs Gelände, sprang über Steine und Zäune. Dann trabte er los in Richtung Dorf. Er bewegte sich völlig souverän in den Straßen, dadurch fiel er auch als großer, herrenloser Hund weniger auf. Er tat so, als ginge er jeden Tag allein in Hogsmeade spazieren, schnüffelte an Laternen, hob gelegentlich das Bein und tat so, als würde er markieren.
Dann setzte er sich auf der Hauptstraße vor der Metzgerei auf den Gehsteig und tat, als warte er brav auf seinen Besitzer. Von hier aus war das Geschehen sehr gut zu überblicken und er würde Severus sofort sehen - oder wahlweise Harry und seine Freunde. Wenn jemand vorbeiging, der ihn freundlich ansprach, wedelte er schwach mit dem Schwanz und hob die Pfote. Die anderen ignorierte er stoisch.
Schon von weitem hörte Georgia Schritte näherkommen. Schnelle, weit ausholende Schritte, die sie sehr wohl kannte. Sie erwartete, dass der Besitzer der flinken Füße jeden Augenblick an ihnen vorbeigestürmt kam. Doch zu ihrem Erstaunen verlangsamten sich die Schritte, bis der Tränkemeister auf gleicher Höhe mit ihnen war. Sie wandte sich überrascht nach ihm um.
"Georgia! Daniel!", grüßte er leicht keuchend mit einem Kopfnicken.
"Severus ...? Du willst auch ins Dorf?", fragte sie verwundert, aber auch ein wenig erfreut. Vielleicht ergab sich ja außerhalb mal eine Gelegenheit, ihn etwas weniger steif und mürrisch zu erleben. Diese Gelegenheit wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen und setzte sofort nach: "Hast du Lust, uns zu begleiten?"
Der Tränkemeister warf einen Blick auf Daniel, sah dann ihr freundliches Lächeln.
"Wenn ich nicht störe? Gerne!"
"Ach was, du störst nicht! Wir üben nur unterwegs ein bisschen Orientierung ..."
Schweigend hörte er zu, wie sie dem Jungen ein paar Hinweise gab und ihn dann voraus schickte. Er sollte üben, sich auch auf unebenem Untergrund allein zurechtzufinden. Die Trainerin ließ ihren Schützling nicht aus den Augen, machte aber keinerlei Anstalten einzugreifen, er sollte selbständig seinen Weg finden.
Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, bemühte sich der Lehrer, seine Schritte zu zügeln. Nach einer Weile brach er das Schweigen: "Das ist nicht leicht für ihn, immer noch nicht..."
"Es wird nie leicht für ihn sein, sein Leben lang wird er für jeden Handgriff die doppelte oder gar die dreifache Zeit brauchen. Aber er wird unabhängig sein von fremder Hilfe, darauf legt er genauso viel Wert wie ich und er wird es schaffen, seinen eigenen Weg zu machen. Vielleicht als Musiker, vielleicht als Heiler oder aber auch als Seher, wer weiß das schon ... Ich tue mein Bestes, dass es ihm gelingt."
Am Ortsrand war Daniel stehen geblieben und wartete auf die beiden Erwachsenen. Georgia erlaubte ihm, den Stock zusammenzuklappen und sich bei ihr einzuhaken. So machte sich also die kleine Gruppe fast gleich großer Personen daran, das Dorf zu durchstreifen. Auf der Straße wimmelte es von aufgeregt umherlaufenden und schnatternden Kindern, aber für das beeindruckende Trio wurde automatisch Platz gemacht. Vor einem Schaufenster blieben sie stehen und Georgia beschrieb für Daniel die Auslage genau.
Severus hörte zwar zu, aber sein Blick wanderte suchend die Straße entlang...
Er wusste, dass Sirius in der Nähe sein musste, so wie der sich auf dieses Wochenende gefreut hatte, war er bestimmt schon seit den frühen Morgenstunden irgendwo in der Nähe des Dorfes unterwegs. Severus' Herz begann aufgeregt zu klopfen aus Vorfreude auf ein baldiges Wiedersehen.
Sirius erkannte die Herannahenden schon von weitem. Severus war unschwer an seiner Körperhaltung zu erkennen. Er hatte eine Art, sehr aufrecht zu gehen, die er sich wohl zum Schutz vor renitenten Schülern angewöhnt hatte.
Zu Beginn ihrer Schulzeit hatten sie sich immer über ihn lustig gemacht, weil er die Schultern hängen ließ und sich kleiner machte, als er ohnehin schon war. Doch Madam Pomfrey hatte irgendwann angefangen, ihm eine bessere Haltung anzutrainieren, sie hatte ihm klar gemacht, dass er später schmerzhafte Bandscheibenvorfälle riskierte, wenn er nicht lernte, aufrecht zu gehen. Inzwischen war es sein Markenzeichen, sich respekteinflößend mit hoch erhobenem Haupt zu bewegen.
Die Frau und den Jungen hatte Sirius in Severus' Erinnerungen gesehen, sie waren unschwer wiederzuerkennen. Nachdem der Junge seinen Taststock eingeklappt und weggesteckt hatte, wirkte er an ihrem Arm sehr sicher, man hätte auf den ersten Blick nicht angenommen, dass er blind wäre.
Der schwarze Hund erhob sich, hingezogen zu seinem Geliebten konnte er sich kaum zurückhalten, auf die drei zuzustürmen. Doch er wusste, dass das nicht der Abmachung entsprach. Er sollte sich unauffällig verhalten. Ein so großer Hund konnte den Menschen Angst machen, wenn er sich derart stürmisch verhielt, außerdem sollte es ja nicht so aussehen, als ob sie sich kennen würden.
Er lief ein paar Schritte auf die Gruppe zu und setzte sich dann vor den Blumenladen, wo er die „Ich-warte-auf-mein-Herrchen-Show" wiederholte.
Auch Severus hatte die Bewegung in der Menge gesehen und erkannt, dass sein Geliebter sich einige Schritte durch das Gewusel gebahnt hatte. Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer vor Freude, in Gedanken rannte er auf das Riesenvieh zu, kniete sich vor ihm nieder und schloss ihn in die Arme. Nach außen hin zeigte er keinerlei Regung.
Um sich ein wenig abzulenken, wandte er sich dem Gespräch vor dem Schaufenster zu und schlug vor, erst einmal den Ansturm auf die Läden abzuwarten. Wenn sich die Menge etwas verstreut hätte, wäre das Einkaufen doch wesentlich angenehmer. Der Vorschlag wurde freudig angenommen, aber Georgia spürte, dass etwas in der Luft lag, nichts Greifbares, aber einen Anflug von Enthusiasmus spürte sie schon die ganze Zeit. Sie war gespannt, wie sich dieser Tag noch entwickeln würde und freute sich fast genauso.
"Ja, das halte ich für eine sehr gute Idee", pflichtete Georgia ihm bei, "Wisst ihr, worauf es mich gelüstet? Eine schöne Tüte köstliches Eis. Ich spendiere eine Runde!"
"Au ja!" Daniel hopste fast vor Freude.
"Severus, du kennst dich doch hier aus. Wo gibt es hier ein Eiscafé und wo kann man sich ein bisschen in die Sonne setzen zum Schlecken. Es wäre doch zu schade, sich bei dem herrlichen Wetter irgendwo hineinzusetzen."
Severus betrachtete sie ein wenig unwillig, die Vorstellung, dass er mit einer Eistüte in der Hand durch die Straßen flanieren sollte, gefiel ihm gar nicht.
"Sag mal, bist du nicht allmählich aus dem Tüten-Schleck-Alter raus?", fragte er zweifelnd.
"Ich? ... Nie!", lachte sie auf, "Ich mag diese großen Waffel-Dinger, ist doch fast das Beste am Eis. Aber du musst nicht, wenn du nicht willst. Außerdem kannst du auch einen Becher nehmen, wenn es dir zu peinlich ist, aus der Hand zu essen."
"Also gut", antwortete er zögernd, "ein richtiges Eiscafé gibt es hier nicht, aber bei Madame Puddifoot gibt es so was. Ich weiß nur nicht, ob man Tüten zum Mitnehmen bekommt."
"Lassen wir es einfach drauf ankommen!", meinte Georgia fröhlich, Daniel nickte erfreut.
"Zum Café müssen wir da vorne in die Seitenstraße nach rechts", wies der Tränkemeister an. Sie setzen sich gemeinsam in Bewegung und kamen fast direkt auf den wartenden Sirius zu. Der saß immer noch still auf seinem Hinterteil, vor Aufregung hechelnd, schließlich brannte auch die Sonne auf seinen schwarzen Pelz.
Georgia hatte eine Vorliebe für große Hunde seit frühester Kindheit. Sie hatte das schöne Tier schon seit einigen Schritten im Auge behalten und wunderte sich über dessen ruhige Haltung.
"Du bist aber ein Braver", sprach sie ihn aus einigen Schritten Entfernung an. Im Näherkommen hielt sie ihm die Handfläche entgegen, damit er ihre Witterung aufnehmen konnte. Sirius leckte zärtlich den Schweiß ab, während sie sich umsah, wem dieses Tier wohl gehören mochte.
Sie war ihm auf Anhieb sympathisch. Leute, die Hunde mochten, konnten nicht wirklich schlecht sein und sie roch angenehm. Er konnte sich nicht zurückhalten, sie auch geschmacklich zu testen, eine Möglichkeit, von der man als Mensch nur sehr selten Gebrauch machen konnte, die aber bei Hunden im Allgemeinen akzeptiert wurde.
Er fühlte dabei ein Prickeln auf der Zunge, als würde er Brausepulver naschen. Hier floss eindeutig Magie. Er sah zu ihr hoch, die Brille störte ihn zwar ein bisschen, aber er konnte an ihren Lippen erkennen, dass sie es auch gespürt hatte. Er fragte sich, ob sie so magisch war, dass sie durch die Tarnung hindurchsehen konnte, und ob sie ihn verraten würde, doch sie schwieg.
Er wedelte freundlich, lächelte und schnupperte dann an Daniel. Der Junge roch ein bisschen nervös, deshalb unternahm er keine weiteren Annäherungsversuche. Er stand auf und ging zu Severus, schnüffelte an seiner Hose und drückte sich dann an sein Bein, stupste ihm die Nase in die Hand, eine eindeutige Aufforderung zum Streicheln. Severus lächelte verlegen, aber doch glücklich, und kraulte ihm die Ohren.
„Ein wirklich hübscher Kerl, und so freundlich", sagte er zu Georgia. „Normalerweise bin ich fremden Hunden gegenüber immer etwas vorsichtig, man weiß ja nie …"
Dabei hörte er aber nicht auf, das weiche Fell zu streicheln. Sirius nutzte die Gelegenheit, ihm das Handgelenk zu lecken, soweit die nackte Haut erreichbar war und Severus musste sich sehr zusammenreißen, um nicht genüsslich zu seufzen.
Georgia beobachtete die Szene genau, denn da war etwas, was sie irritierte. Als die Zunge des Hundes ihre Hand berührte, spürte sie die gleiche Aura, die Severus anhaftete an jenem Tag, als seine Seele aufgehört hatte zu schreien. War das möglich? Sollte Severus in diesem Hund einen Freund gefunden haben, dem er seine Seelennöte anvertrauen konnte? Er wäre nicht der erste Mensch, dem ein Tier half, Krisen zu meistern.
Oder war das Ganze viel weniger offensichtlich? Klar, in der Zaubererwelt war vieles möglich. Und war sie selbst nicht seit Tausenden von Jahren in einen Menschenkörper geschlüpft? Ihre Neugier war geweckt und sie war fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen.
"Also, ich habe mit großen Hunden immer gute Erfahrungen gemacht", entgegnete sie Severus und erklärte gleichzeitig Daniel, "mein Onkel hatte einen wirklich großen – ein echt angsteinflößendes Vieh – mit dem hatte ich immer viel Spaß. Man muss nur wissen, wie man auf sie zugehen sollte. Du hast das sehr gut gemacht, Daniel, man muss sich ihnen erst richtig vorstellen, wenn sie dich nicht riechen können, gehen sie von selbst weg und zeigen damit, dass sie in Ruhe gelassen werden wollen."
Es traf sie fast der Schlag, als sie erkannte, wie Severus die Lippen zusammenbiss. Sofort sah sie nach, was der Hund machte. Es sah ganz harmlos aus ... aber verflixt noch eins, der Köter machte den Tränkemeister an – auf offener Straße – das war ja kaum zu glauben. Und mit Sicherheit bekam kein einziges Lebewesen in der Umgebung mit, was sich hier gerade abspielte. Georgia bewunderte die beiden für diese Unverfrorenheit. Gleichzeitig stachelte es sie auch an, auf ihre Weise mitzumischen und einen Schuss ins Blaue zu wagen, selbst auf die Gefahr, mal wieder ins Schwarze zu treffen.
"Oh, Professor Snape, es sieht ganz so aus, als hätten Sie einen Freund fürs Leben gefunden", bemerkte sie so harmlos, wie es nur irgend ging.
Ruckartig drehten beide, Mann und Hund, die Köpfe nach ihr um. Wenn es noch irgendeinen Zweifel daran gegeben haben sollte, diese Bewegung, dieser Blick bestätigte tausendfach ihre Vermutung, dass sein Geliebter in diesem Fell steckte.
Für Georgia war es ernsthafte Schwerstarbeit, NICHT lauthals loszulachen, nicht einmal ein triumphierendes Grinsen erlaubte sie sich, sondern "nur" ein freundliches Lächeln, als wäre die Bemerkung in aller Unschuld wirklich auf einen Hund bezogen.
Erstens brauchte der Junge nichts von ihrer Entdeckung mitzubekommen, zweitens wollte sie die beiden Betroffenen im Unklaren darüber lassen, wie der Spruch gemeint war und drittens ging sie davon aus, dass es einen triftigen Grund für dieses Versteckspiel gab. Selbst wenn es sich nur darum handelte, eine gleichgeschlechtliche Beziehung des Tränkemeisters geheim zu halten, hatte sie Verständnis dafür und wollte es respektieren, als Beweis, dass das in sie gesetzte Vertrauen gerechtfertigt war. Anderenfalls würde sie alles aufs Spiel setzen, was sie in den letzten Jahren mit ihm erarbeitet hatte, und selbst die wenigen, kleinen Fortschritte mit einem Schlag zunichte machen, das kam für sie überhaupt nicht in Frage.
Sirius war sich sicher, dass sie ihn durchschaut hatte und ärgerte sich über seine erschrockene Reaktion. Natürlich völlig unpassend für einen Hund. Severus versuchte derweil, nicht rot anzulaufen und entgegnete kühl: „Er scheint mich wirklich gern zu haben. So was erlebe ich nicht sehr oft … diese spontanen Gunstbezeugungen sind normalerweise immer anderen vorbehalten, nicht mir."
Er warf ihr einen dieser Blicke zu, mit denen er Schüler einschüchterte, wenn sie es wagten, in seine Privatsphäre einzudringen. Derweil versuchte Sirius, sich ganz und gar glaubhaft wie ein Hund zu benehmen.
Er setzte sich und fing an, sich mit der Hinterpfote den Hals zu kratzen, wobei er ein völlig unbeteiligtes Gesicht machte. Dann stand er wieder auf, trabte zum nächsten Baum und hob das Bein. Nun war es an Severus, das Grinsen zu unterdrücken. Ob er wirklich schamlos genug war, auf offener Straße und im Beisein von Damen zu urinieren? Er war es. Severus stellte sich vor, wie er sich dabei fühlen würde und konnte nicht umhin, Sirius für diese Fähigkeit heimlich zu bewundern. Anschließend setzte er sich wieder vor den Blumenladen, als ob nichts gewesen wäre und spielte den Wachhund.
Severus mochte mit seinem Blick einschüchtern, wen er wollte, bei Daniel funktionierte es nicht einmal mehr mit bedrohlichem Tonfall, bei Georgia schon mal gar nicht. Sie lächelte immer noch ganz unschuldig, als sie ihm ein entwaffnendes "Ach ja?" zuwarf.
Der "Hund" mimte eine Übersprungreaktion so was von überzeugend, das war schon wirklich einen Oscar wert! Kaum hatte er seine Hab-Acht-Haltung wieder eingenommen und vermittelte einen Eindruck von Desinteresse, wandte sich die Frau dem Jungen zu: "Na, dann wollen wir uns mal das Eis holen gehen!"
Verdeckt durch die Brillengläser beobachtete sie, wie der Schwarze ein wenig mit dem Schwanz wedelte und mit seiner Zunge zu schlabbern begann, ein eindeutiges Zeichen, dass ihm das Wasser im Maul zusammenlief, also setzte sie im Weggehen noch eins drauf: "Für liebe Freunde gäbe es vielleicht eine Extrakugel Schokolade mit einem Klecks Sahne..." Demonstrativ schob sie Daniel in Richtung Seitenstraße.
Severus warf dem Hund noch einen letzten, kurzen Blick zu und wusste, dass dieser ihnen bald folgen würde. So wie er sich die Schnauze leckte, würde er sich nicht genieren, um seinen Anteil vom Eis zu betteln, das war klar. Nun gut, dieses Spiel fing an, ihm Spaß zu machen.
Eigentlich hatte er Hunde nie besonders gemocht, dieses unterwürfige Verhalten war nicht seins. Schlimm genug, dass er sich beim Dunklen Lord wie einer benehmen musste. Aber die Art, mit der Sirius das Hundeverhalten imitierte, war schon sehenswert. Fast konnte man meinen, er lege mit der Transformation auch seine menschlichen Wesensmerkmale ab und ginge völlig in seiner Rolle auf. Bis auf ein paar kleine Ausrutscher, wie der eben.
Er holte Georgia ein und wies ihr den kürzesten Weg zu Madame Puddifoots kleinem Café. Diese hatte ein paar Tische nach draußen auf den Gehweg gestellt, da bei diesem herrlichen Wetter niemand gerne drinnen sitzen wollte. Die meisten waren schon besetzt, aber für Severus war es kein Problem, einen Tisch am Rande „freizumachen". Die Schüler, die dort saßen, hatten ihren Kaffee schon getrunken und beeilten sich, den Platz zu räumen, als sie ihn mit unheilverkündender Miene auf sich zukommen sahen.
Georgia registrierte leicht verärgert, dass er immer noch mit solchen Tricks seine Machtstellung zum persönlichen Vorteil auszunutzen wusste, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Sie bedankte sich stattdessen freundlich bei den Schülern, dass sie so zuvorkommend seien und ihnen den Platz freimachten.
TBC
