Judas Kuss
Es ist eine wolkenlose Sternennacht. Ich hatte gebetet, dass du kommen würdest, um mich zu treffen. Ich war nicht sicher, ob du kommen würdest. Aber du bist hier, ein Schatten gegen den Vollmond. Ich strecke meine Hand nach dir aus, um dich heranzuziehen. Obwohl es eine Sommernacht ist, ist es kalt, fast frierend. Du hebst deinen Blick um mich zu sehen, unsicher; die Sterne tanzen in deinen Augen. Du versuchst zu sprechen, aber ich halte dich mit meiner Hand auf; man braucht keine Worte in dieser Nacht.
De Vollmond scheint auf dein Haar, sie sind fast rot. Ich berühre sie, sanft. Es überrascht mich, wie weich sie sind, es sah immer so rau aus. Aber vielleicht sind es auch meine Hände, die rau von der vielen dreckigen Arbeit sind. Gegen sie sind deine Haare pure Seide. Pures, rotes Mondlicht.
Du schließt deine Augen und seufzt. Es hört sich schwer an, wie die Aufgabe, die dir auferlegt wurde. Ich lächle ein trauriges Lächeln, bald hast du keine Sorgen mehr.
Ich komme näher an dich heran. Du öffnest deine Augen, überrascht, aber bevor du etwas sagen kannst, habe ich deine Lippen schon mit einen Kuss versiegelt. Du keuchst überraschtes auf und versuchst wegzukommen, aber ich halte dich fest in meinen Armen. Und langsam, schmilzt dein Widerstand, du beruhigst dich.
Deine Lippen fühlen sich so weich an, auf den meinen. Sie schmecken nach Kirschen und Wein. Ich frage mich, hattest du ein Fest, bevor ich dich zu mir rief? Warum bist du gekommen? Aber diese Gedanken werden in den Hintergrund gedrängt, als du deinen Körper an den meine presst. Er ist so warm, so weich, so jung. Ich öffne meine Augen (wann habe ich sie geschlossen?), damit ich dein bleiches Gesicht und den tanzenden Mond in deinen Haaren sehen kann.
Ich schmecke deine Lippen mit meiner Zunge ein letztes Mal (Erdbeere). Du öffnest deine Augen, glänzend vor Hoffnung, Leben und Sterne. Ich streichle dein Haar und wünsche mir, es könnte das Licht des Mondes für immer in sich absorbieren. Ich will niemals loslassen, aber ich nehme meine Arme von deinen warmen Körper weg. Du siehst enttäuscht aus und öffnest dein Mund um zu sprechen.
Ein grünes Licht, so grün wie deine Augen, blitzt hinter dir auf und du fällst in meine Arme. Ich sehe zu, wie das Licht deine Augen verlässt und mein Herz füllt sich mit Kälte. Alles, was von dir bleibt, ist die winzige Hoffnung und die Sterne in deinen Smaragdgrünen Augen. Nichts kann sie verblassen lassen.
Ich hatte dein Schicksal mit einem Kuss besiegelt (wie ich deine Lippe versiegelte). Als ich dich sanft auf den Boden lege, füllen Wolken den Himmel, das Licht des Mondes verbergend. Jetzt sind wir in der Kälte und der Dunkel allein. Dein Haar glänzt nicht mehr, die Sterne in deinen Augen sind erloschen. Ich berühre deine Stirn mit meinen Lippen und stehe auf. Mit einem letzten Blick auf dein fahles Gesicht drehe ich mich um und gehe fort.
Es war ein verhängnisvoller Kuss.
Ein Judas Kuss.
