Haaallo! Hier ist das erste Kapitel der Fortsetzung von meiner letzten FF
Turning Around. Hoffe, es gefällt euch! Habe auch endlich die Sache mit
den Absätzen gechekt... ;o)
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1. Lily
"Hey Lil." Die sanfte Stimme ihrer besten Freundin Alice Connor holte Lily Evans aus ihrem Alptraum zurück in das helle, sonnendurchflutete Zimmer im Gryffindorturm.
"Wach auf."
Verschreckt setzte Lily sich auf. Sie sah in Alices kristallblaue Augen, und wusste, dass sie keinen Grund zur Furcht mehr hatte. Erleichtert strich sie sich die vom Angstschweiß verklebten roten Haarsträhnen aus dem Gesicht, und ließ sich zurück in ihr Kissen fallen.
"Alles wieder okay?" Alice erhob sich von der Bettkante, blickte Lily dennoch weiterhin besorgt an.
"Hhm.", nickte Lily einsilbig, und drehte sich auf den Bauch.
"Willst du heute nicht vielleicht mal aufstehen? Der Unterricht hat doch schon wieder begonnen. Du verpasst unheimlich viel, weißt du?" Alice ging hinüber zu einem Stuhl, über welchem ihr Hogwartsumhang geworfen worden war.
"Mir doch egal." Lily war es wirklich egal. Sie hatte andere Sorgen als ihre Noten, als ihren Abschluss. Nach der Nacht vor einer Woche. Sieben Tage lang lag sie jetzt schon im Bett, aß nur wenn Alice es ihr quasi in den Mund schob.
"Willst du nicht wenigstens mit zum Frühstück kommen?"
"Nein. Keinen Hunger." Lily wusste, dass sie nicht sehr überzeugend klang, aber ihr war der Appetit wirklich vergangen. Trotz ihres knurrenden Magens bekam sie kaum einen Bissen hinuntergewürgt. Alice zuckte mit den Schultern, warf sich ihren Hogwartsumhang über ihre Muggelsachen.
"Ich gehe dann mal." An der Tür drehte sie sich noch mal um, und meinte: "Ich bringe dir was vom Frühstück mit."
Lily lächelte ihr zu. Alice hatte es schon schwer mit ihr. Aber nur zu gerne würde sie mit ihr tauschen. Sie hatte ihre Eltern ja nicht verloren.
Am frühen Nachmittag, als gerade die Mittagspause um war, beschloss Lily dann doch endlich aufzustehen. Sie hatte viele Briefe erhalten, von Verwandten, Bekannten und Freunden. Die musste sie endlich beantworten.
Sie ging erstmal duschen. Wie unsauber man sich doch nach einer Woche nur im Bett fühlen konnte! Dann zog sie sich schnell an, und kuschelte sich im Gemeinschaftsraum der Gryffindors in ihren Lieblingssessel, ganz hinten in einer Ecke. Die Sonne schickte ihre letzten warmen Strahlen des Jahres durch das Fensterglas, und eigentlich war es für Mitte September nicht kalt. Trotzdem zog Lily ihre helle Wolldecke eng um ihren Körper, und fröstelte. Sie nahm den Packen Briefe. Alles Muggelpost. Die Umschläge sahen alle gleich aus, alle dieselbe Form, alle aus dem gleichen Papier. Blaue Tinte auf Kalkweiß. Und sie wusste vorher, dass jeder Brief dieselben Worte enthalten würde.
In einer plötzlich aufkommenden Welle der Verzweiflung schleuderte Lily die Briefe weg von sich. Einige fielen ins Kaminfeuer, und gingen in hellen Flammen auf. Die anderen Briefe bedeckten den Boden.
Lily brach in Tränen aus. Sie konnte diese Briefe nicht lesen, sie konnte keine Antworten schreiben. Sie beruhigte sich jedoch schnell wieder. Ihre Tränen verloren in den letzten Tagen mehr und mehr an Hartnäckigkeit und versiegten immer schneller. Sie stand auf, und hockte sich vor ihren Sessel um die Briefe, die ihren Ausbruch überlebt hatten, einzusammeln.
Tick-tick.
Verwundert blickte Lily auf. Eine graue Eule hockte vor dem Fenster, und ihr Schnabel tickte gegen das Glas. Ein weiterer Brief war um ihr Bein gebunden.
Lily öffnete das Fenster. Sie sah, dass es ein Umschlag aus gelbem Pergament war, und sich rote Tinte darauf befand.
An
Miss Lily Evans
Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei
Gryffindorturm
Hinterster Sessel
Gespannt drehte sich den Umschlag um. Wer schrieb ihr wohl über dem Zauberwege? Sie erkannte die Schrift ihrer Schwester Petunia.
"Petunia? Was willst du denn von mir?", fragte Lily in Gedanken versunken die Stille im Gemeinschaftsraum.
Sie öffnete den Umschlag und entfaltete den Bogen.
Liebe Lily,
du wunderst dich bestimmt, von mir zu hören. Seit damals haben wir uns ja nicht mehr geschrieben, geschweige denn gesehen.
Das konnte man wohl sagen!
Du weißt, dass ich niemals etwas gegen dich persönlich hatte.
Obwohl sie das eigentlich nicht gewusst hatte, nickte Lily der unsichtbaren Petunia zu.
Dumbledore hat mich gestern besucht. Er hat mir von dieser Sache erzählt. Obwohl ich nie das beste Verhältnis zu unseren Eltern hatte, war ich tief geschockt. Es tut mir wirklich sehr leid, dass du das alles miterleben musstest.
Ich möchte dir wirklich gerne helfen. Ich weiß, dass du zur Zeit den Unterricht nicht verpassen solltest, aber wir wollen dir gerne in dieser schweren Zeit beistehen. Möchtest du nicht zu uns aufs Herrenhaus kommen? Wir würden uns sehr freuen, wenn wir dich ein paar Wochen unterstützen könnten.
Bitte melde dich so schnell es geht,
Petunia
Lily verzog das Gesicht. Auf der einen Seite fand sie es sehr lieb von Petunia, dass sie ihre Schwester zu der sie drei Jahre keinen Kontakt hatte, eingeladen hatte. Aber aufs Herrenhaus fahren? Weg von Hogwarts?
Weg von James?
Den sie nun seit nunmehr einer Woche nicht gesehen hatte. Bei dem sie sich noch immer nicht richtig sicher war, wie es nun weitergehen sollte.
Außerdem: mit Petunias Mann hatte sie sich noch nie verstanden. Es war ihr schleierhaft, wie Petunia damals-
Doch bevor sie ihren Gedanken vollenden konnte, wurde ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem geweckt.
Von der Wendeltreppe zum Jungenschlafsaal waren Schritte zuhören. War es James? Alle anderen waren ja im Unterricht. Aufgeregt schaute sie zum Treppenabsatz, und eine sanfte Freude durchrieselte sie, als sie James Potters Schuhe erkannte.
James bemerkte sie zuerst gar nicht. Er trat leise ans Fenster. Die Sonne schien auf sein dunkles Haar. Er seufzte leise, und drehte sich dann um. Sein Blick fiel auf Lily.
Sie lächelte ihm unsicher zu. Er lächelte zurück, und kam langsam zu ihr hinüber. Er setzte sich auf ihre Armlehne. Wie gerne würde sie sich jetzt an ihn schmiegen, von ihm Trost erhalten. Doch er legte seinen Arm nicht um sie, und Lily fiel ein, dass auch er Trost brauchte. Sie legte ihre Hand auf sein Knie.
"Und, wie geht's dir?", fragte sie. Er schnitt eine Grimasse.
"Wie soll's mir schon gehen?"
"Blöde Frage, stimmt." Er lächelte ihr zu.
"War Dumbledore inzwischen bei dir?" Lily nickte.
"Direkt am Tag danach. Aber ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, was er mir alles erzählt hat. Dieser Schlaftrunk von Madam Pomfrey hat mir irgendwie das Gedächtnis vernebelt."
"Geht mir genauso."
Sie schwiegen eine Zeit lang. Lily wollte ihre Hand gerade wieder zurück ziehen, als James seinen Arm auf ihre Schulter legte, und sie an sich zog. Lily legte dankbar den Kopf auf seine Schulter. Als er zu ihr hinunter in den großen Sessel rutschte, und sie fest in die Arme schloss, konnte Lily nicht anders. Wiederum liefen ihr Tränen über die Wangen. Sie gab keinen Laut von sich, aber James bemerkte es wohl trotzdem. Er griff nach der Wolldecke, die zu ihren Füßen lag. Er zog sie um sie beide und Lily umgab nun eine wohlige Wärme. Doch sie konnte trotzdem nicht aufhören zu weinen. Auf einmal bemerkte sie, dass auch einige Tränen auf die Decke tropften, die nicht von ihr waren.
Unwillkürlich musste sie grinsen. Wenn sie irgendeinem Mädchen der Schule erzählen würde, dass sie dabei war, als James Potter sich einige Tränen nicht verkneifen konnte, würde sie glatt für verrückt erklärt werden.
Das sagte sie ihm auch, und er lächelte ihr zu.
"Genug jetzt.", sagte James streng und keine neuen Tränen benetzten sein Gesicht. "Gehst du morgen wieder in den Unterricht?"
"Ich glaube schon. Es wird langsam Zeit, oder?" Lily wunderte sich über sich selbst, als diese Wörter ihren Mund verlassen hatten. Noch heute Morgen hatte sie niemals gedacht, dass sie je wieder aufstehen würde- und jetzt?
"Stimmt. Wir haben schon viel verpasst. Besonders in den UTZ-Fächern. Wir werden einiges nacharbeiten müssen, glaube ich.", antworte James. Er strich Lily langsam übers Haar.
"Hast du noch andere Fächer, außer denen, die du mit mir zusammen hast?", fragte James. Lily überlegte kurz. Sie hatten Zaubertränke, Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zauberkunst zusammen.
"Ich habe noch Arithmantik, und du?"
"Ich hab nur die vier."
Sie unterhielten sich eine Zeit lang über dieses und jenes, immer bemüht nicht auf das Thema zu kommen, vor dem beide sich fürchteten.
So saßen sie lange nebeneinander in dem breiten Sessel, gekuschelt unter die Decke und halfen sich gegenseitig, ohne es zu merken. Bald traute sich Lily, eine, für ihre Entscheidung ob sie nun zu Petunia fahren sollte, wichtige Frage zustellen.
"Fährst du zu deiner Familie?"
"Ich glaube nicht. Meiner Großeltern leben schon lange nicht mehr, und meine Eltern waren beide Einzelkinder. Derjenige, den ich noch als wichtiges Familienmitglied bezeichnen würde, ist hier: Sirius."
"Sirius?"
"Er ist praktisch mein Bruder." James erzählte Lily alles über Sirius, über seine Eltern und sein Zuhause. "Seitdem wohnt er bei mir.", schloss er seinen Bericht. Lily beneidete Sirius und James beinahe um ihre gute Freundschaft. Sie und Alice waren zwar auch gute Freunde, allerdings würden es zwischen ihnen niemals so werden, wie es zwischen den beiden Rumtreibern war.
"Und du?"
"Ich könnte zu meiner Schwester fahren."
"Zu dieser abgedrehten- wie hieß sie noch mal?"
"Petunia."
"Genau. Hhm, das ist auch schon lange her, dass sie..."
"Ja, über drei Jahre jetzt schon."
"Und, fährst du?"
"Ich weiß nicht... ich komme mit ihrem Mann nicht klar. Und dann noch auf den Landsitz seiner Familie fahren..."
"Hat sie ihn etwa geheiratet?"
Lily nickte. "Aber eigentlich finde ich es lieb von ihr, dass sie mich einlädt. Jetzt, da meine Eltern-" Lily brach ab, und bekam es nicht über die Lippen. James nickte verständnisvoll.
Und in dem Moment, als das Portrait zur Seite schwang, und die ersten Schüler von Nachmittagsunterricht zurück in den Gemeinschaftsraum kamen, beendete Lily ihren Satz: "Also werde ich wohl bald für ein paar Tage ins Herrenhaus der Malfoys fahren."
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1. Lily
"Hey Lil." Die sanfte Stimme ihrer besten Freundin Alice Connor holte Lily Evans aus ihrem Alptraum zurück in das helle, sonnendurchflutete Zimmer im Gryffindorturm.
"Wach auf."
Verschreckt setzte Lily sich auf. Sie sah in Alices kristallblaue Augen, und wusste, dass sie keinen Grund zur Furcht mehr hatte. Erleichtert strich sie sich die vom Angstschweiß verklebten roten Haarsträhnen aus dem Gesicht, und ließ sich zurück in ihr Kissen fallen.
"Alles wieder okay?" Alice erhob sich von der Bettkante, blickte Lily dennoch weiterhin besorgt an.
"Hhm.", nickte Lily einsilbig, und drehte sich auf den Bauch.
"Willst du heute nicht vielleicht mal aufstehen? Der Unterricht hat doch schon wieder begonnen. Du verpasst unheimlich viel, weißt du?" Alice ging hinüber zu einem Stuhl, über welchem ihr Hogwartsumhang geworfen worden war.
"Mir doch egal." Lily war es wirklich egal. Sie hatte andere Sorgen als ihre Noten, als ihren Abschluss. Nach der Nacht vor einer Woche. Sieben Tage lang lag sie jetzt schon im Bett, aß nur wenn Alice es ihr quasi in den Mund schob.
"Willst du nicht wenigstens mit zum Frühstück kommen?"
"Nein. Keinen Hunger." Lily wusste, dass sie nicht sehr überzeugend klang, aber ihr war der Appetit wirklich vergangen. Trotz ihres knurrenden Magens bekam sie kaum einen Bissen hinuntergewürgt. Alice zuckte mit den Schultern, warf sich ihren Hogwartsumhang über ihre Muggelsachen.
"Ich gehe dann mal." An der Tür drehte sie sich noch mal um, und meinte: "Ich bringe dir was vom Frühstück mit."
Lily lächelte ihr zu. Alice hatte es schon schwer mit ihr. Aber nur zu gerne würde sie mit ihr tauschen. Sie hatte ihre Eltern ja nicht verloren.
Am frühen Nachmittag, als gerade die Mittagspause um war, beschloss Lily dann doch endlich aufzustehen. Sie hatte viele Briefe erhalten, von Verwandten, Bekannten und Freunden. Die musste sie endlich beantworten.
Sie ging erstmal duschen. Wie unsauber man sich doch nach einer Woche nur im Bett fühlen konnte! Dann zog sie sich schnell an, und kuschelte sich im Gemeinschaftsraum der Gryffindors in ihren Lieblingssessel, ganz hinten in einer Ecke. Die Sonne schickte ihre letzten warmen Strahlen des Jahres durch das Fensterglas, und eigentlich war es für Mitte September nicht kalt. Trotzdem zog Lily ihre helle Wolldecke eng um ihren Körper, und fröstelte. Sie nahm den Packen Briefe. Alles Muggelpost. Die Umschläge sahen alle gleich aus, alle dieselbe Form, alle aus dem gleichen Papier. Blaue Tinte auf Kalkweiß. Und sie wusste vorher, dass jeder Brief dieselben Worte enthalten würde.
In einer plötzlich aufkommenden Welle der Verzweiflung schleuderte Lily die Briefe weg von sich. Einige fielen ins Kaminfeuer, und gingen in hellen Flammen auf. Die anderen Briefe bedeckten den Boden.
Lily brach in Tränen aus. Sie konnte diese Briefe nicht lesen, sie konnte keine Antworten schreiben. Sie beruhigte sich jedoch schnell wieder. Ihre Tränen verloren in den letzten Tagen mehr und mehr an Hartnäckigkeit und versiegten immer schneller. Sie stand auf, und hockte sich vor ihren Sessel um die Briefe, die ihren Ausbruch überlebt hatten, einzusammeln.
Tick-tick.
Verwundert blickte Lily auf. Eine graue Eule hockte vor dem Fenster, und ihr Schnabel tickte gegen das Glas. Ein weiterer Brief war um ihr Bein gebunden.
Lily öffnete das Fenster. Sie sah, dass es ein Umschlag aus gelbem Pergament war, und sich rote Tinte darauf befand.
An
Miss Lily Evans
Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei
Gryffindorturm
Hinterster Sessel
Gespannt drehte sich den Umschlag um. Wer schrieb ihr wohl über dem Zauberwege? Sie erkannte die Schrift ihrer Schwester Petunia.
"Petunia? Was willst du denn von mir?", fragte Lily in Gedanken versunken die Stille im Gemeinschaftsraum.
Sie öffnete den Umschlag und entfaltete den Bogen.
Liebe Lily,
du wunderst dich bestimmt, von mir zu hören. Seit damals haben wir uns ja nicht mehr geschrieben, geschweige denn gesehen.
Das konnte man wohl sagen!
Du weißt, dass ich niemals etwas gegen dich persönlich hatte.
Obwohl sie das eigentlich nicht gewusst hatte, nickte Lily der unsichtbaren Petunia zu.
Dumbledore hat mich gestern besucht. Er hat mir von dieser Sache erzählt. Obwohl ich nie das beste Verhältnis zu unseren Eltern hatte, war ich tief geschockt. Es tut mir wirklich sehr leid, dass du das alles miterleben musstest.
Ich möchte dir wirklich gerne helfen. Ich weiß, dass du zur Zeit den Unterricht nicht verpassen solltest, aber wir wollen dir gerne in dieser schweren Zeit beistehen. Möchtest du nicht zu uns aufs Herrenhaus kommen? Wir würden uns sehr freuen, wenn wir dich ein paar Wochen unterstützen könnten.
Bitte melde dich so schnell es geht,
Petunia
Lily verzog das Gesicht. Auf der einen Seite fand sie es sehr lieb von Petunia, dass sie ihre Schwester zu der sie drei Jahre keinen Kontakt hatte, eingeladen hatte. Aber aufs Herrenhaus fahren? Weg von Hogwarts?
Weg von James?
Den sie nun seit nunmehr einer Woche nicht gesehen hatte. Bei dem sie sich noch immer nicht richtig sicher war, wie es nun weitergehen sollte.
Außerdem: mit Petunias Mann hatte sie sich noch nie verstanden. Es war ihr schleierhaft, wie Petunia damals-
Doch bevor sie ihren Gedanken vollenden konnte, wurde ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem geweckt.
Von der Wendeltreppe zum Jungenschlafsaal waren Schritte zuhören. War es James? Alle anderen waren ja im Unterricht. Aufgeregt schaute sie zum Treppenabsatz, und eine sanfte Freude durchrieselte sie, als sie James Potters Schuhe erkannte.
James bemerkte sie zuerst gar nicht. Er trat leise ans Fenster. Die Sonne schien auf sein dunkles Haar. Er seufzte leise, und drehte sich dann um. Sein Blick fiel auf Lily.
Sie lächelte ihm unsicher zu. Er lächelte zurück, und kam langsam zu ihr hinüber. Er setzte sich auf ihre Armlehne. Wie gerne würde sie sich jetzt an ihn schmiegen, von ihm Trost erhalten. Doch er legte seinen Arm nicht um sie, und Lily fiel ein, dass auch er Trost brauchte. Sie legte ihre Hand auf sein Knie.
"Und, wie geht's dir?", fragte sie. Er schnitt eine Grimasse.
"Wie soll's mir schon gehen?"
"Blöde Frage, stimmt." Er lächelte ihr zu.
"War Dumbledore inzwischen bei dir?" Lily nickte.
"Direkt am Tag danach. Aber ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, was er mir alles erzählt hat. Dieser Schlaftrunk von Madam Pomfrey hat mir irgendwie das Gedächtnis vernebelt."
"Geht mir genauso."
Sie schwiegen eine Zeit lang. Lily wollte ihre Hand gerade wieder zurück ziehen, als James seinen Arm auf ihre Schulter legte, und sie an sich zog. Lily legte dankbar den Kopf auf seine Schulter. Als er zu ihr hinunter in den großen Sessel rutschte, und sie fest in die Arme schloss, konnte Lily nicht anders. Wiederum liefen ihr Tränen über die Wangen. Sie gab keinen Laut von sich, aber James bemerkte es wohl trotzdem. Er griff nach der Wolldecke, die zu ihren Füßen lag. Er zog sie um sie beide und Lily umgab nun eine wohlige Wärme. Doch sie konnte trotzdem nicht aufhören zu weinen. Auf einmal bemerkte sie, dass auch einige Tränen auf die Decke tropften, die nicht von ihr waren.
Unwillkürlich musste sie grinsen. Wenn sie irgendeinem Mädchen der Schule erzählen würde, dass sie dabei war, als James Potter sich einige Tränen nicht verkneifen konnte, würde sie glatt für verrückt erklärt werden.
Das sagte sie ihm auch, und er lächelte ihr zu.
"Genug jetzt.", sagte James streng und keine neuen Tränen benetzten sein Gesicht. "Gehst du morgen wieder in den Unterricht?"
"Ich glaube schon. Es wird langsam Zeit, oder?" Lily wunderte sich über sich selbst, als diese Wörter ihren Mund verlassen hatten. Noch heute Morgen hatte sie niemals gedacht, dass sie je wieder aufstehen würde- und jetzt?
"Stimmt. Wir haben schon viel verpasst. Besonders in den UTZ-Fächern. Wir werden einiges nacharbeiten müssen, glaube ich.", antworte James. Er strich Lily langsam übers Haar.
"Hast du noch andere Fächer, außer denen, die du mit mir zusammen hast?", fragte James. Lily überlegte kurz. Sie hatten Zaubertränke, Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zauberkunst zusammen.
"Ich habe noch Arithmantik, und du?"
"Ich hab nur die vier."
Sie unterhielten sich eine Zeit lang über dieses und jenes, immer bemüht nicht auf das Thema zu kommen, vor dem beide sich fürchteten.
So saßen sie lange nebeneinander in dem breiten Sessel, gekuschelt unter die Decke und halfen sich gegenseitig, ohne es zu merken. Bald traute sich Lily, eine, für ihre Entscheidung ob sie nun zu Petunia fahren sollte, wichtige Frage zustellen.
"Fährst du zu deiner Familie?"
"Ich glaube nicht. Meiner Großeltern leben schon lange nicht mehr, und meine Eltern waren beide Einzelkinder. Derjenige, den ich noch als wichtiges Familienmitglied bezeichnen würde, ist hier: Sirius."
"Sirius?"
"Er ist praktisch mein Bruder." James erzählte Lily alles über Sirius, über seine Eltern und sein Zuhause. "Seitdem wohnt er bei mir.", schloss er seinen Bericht. Lily beneidete Sirius und James beinahe um ihre gute Freundschaft. Sie und Alice waren zwar auch gute Freunde, allerdings würden es zwischen ihnen niemals so werden, wie es zwischen den beiden Rumtreibern war.
"Und du?"
"Ich könnte zu meiner Schwester fahren."
"Zu dieser abgedrehten- wie hieß sie noch mal?"
"Petunia."
"Genau. Hhm, das ist auch schon lange her, dass sie..."
"Ja, über drei Jahre jetzt schon."
"Und, fährst du?"
"Ich weiß nicht... ich komme mit ihrem Mann nicht klar. Und dann noch auf den Landsitz seiner Familie fahren..."
"Hat sie ihn etwa geheiratet?"
Lily nickte. "Aber eigentlich finde ich es lieb von ihr, dass sie mich einlädt. Jetzt, da meine Eltern-" Lily brach ab, und bekam es nicht über die Lippen. James nickte verständnisvoll.
Und in dem Moment, als das Portrait zur Seite schwang, und die ersten Schüler von Nachmittagsunterricht zurück in den Gemeinschaftsraum kamen, beendete Lily ihren Satz: "Also werde ich wohl bald für ein paar Tage ins Herrenhaus der Malfoys fahren."
