Prolog
Schmerzen, Hitze, Rauch.......Parker!!!
Seeley Booth öffnete die Augen. Hämmernde Schmerzen fuhren ihm durch den Schädel. Beißender Rauch machte das Atmen schwer.
Er lag auf dem Boden des Museums im Jeffersonian und um ihn herum waren Schreie zu hören, das Prasseln von Flammen. Vage Schatten huschten durch den Rauch.
Parker!! Wo war sein Sohn??
Das letzte woran er sich erinnerte, war das er mit einem Wachmann des Jeffersonian gescherzt hatte. Parker war weiter vorne gewesen und hatte sich einen Schaukasten angesehen.
Parkers Schulklasse war zu einer Besichtigung des Instituts da gewesen. Begeistert hatten sich die Kinder erst das Labor zeigen lassen, bevor es mit der Besichtigung des Museums weiterging.
Natürlich hatten die Kinder im Labor keine echten Leichen zu sehen bekommen, aber auch die ganze Technik hatte sie fasziniert und Bones und ihre Blinzler hatten sich alle Mühe gegeben, diesen Tag für die Kinder zu etwas Besonderen zu machen.
Booth erinnerte sich, sogar Zack lächeln gesehen zu haben, als er den Kindern seine Arbeit zu erklären versuchte.
Doch das alles schien weit weg und unwirklich zu sein, denn die Wirklichkeit -das 'Jetzt' - waren Lärm, Feuer und Rauch!
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-1- Unschuld
„Hallo." begrüßte Cam die Klasse, „mein Name ist Dr. Saroyan, ich bin die Leiterin des Labors im Jeffersonian. Wir versuchen hier, zusammen mit der Polizei und dem FBI, das hier von Agent Booth vertreten wird ..." sie deutete zu Booth hinüber.
„Das ist mein Dad!" posaunte Parker stolz heraus und die anderen Kinder kicherten.
Cam schmunzelte als sie fort fuhr: „ Wir versuchen also zusammen mit der Polizei und dem FBI Verbrechen aufzuklären. Unsere Aufgabe dabei ist es, die Beweise, die die Polizei..."
„..Und das FBI" warf Booth leise ein und erntete einen scharfen Blick von Dr. Saroyan dafür.
„..findet, auszuwerten und an den Knochen.." Sie vermied das Wort 'Überreste' um die Kinder nicht zu verschrecken, „..eventuell noch weitere Beweise zu sichern, die uns auf die Spur der Verbrecher führen können.
Ihr könnt euch jetzt hier ein wenig umsehen und wenn ihr Fragen habt, wendet euch ruhig an die Mitarbeiter hier. Sie werden versuchen, euch eure Fragen zu beantworten."
Cam lächelte den Kindern freundlich zu und bekam von ihnen Applaus für ihre kleine Ansprache. Dann stürzten sich die Kinder auf die Blinzle; schauten, fragten und lachten.
Jack Hodgins wurde von mehreren Kindern belagert, die sich mit wohligem Gruseln von ihm „Käfer und Schleim" erklären ließen. Seine Verlobte Angela Montenegro hatte ein paar Mädchen bei sich sitzen, die sich kichernd von ihr zeichnen ließen.
Mit einem liebevollen Blick sah sie zu Jack. Sicherlich würde er mal ein wunderbarer Vater sein, dachte sie bei sich, so ruhig und geduldig, wie er den Kindern die Welt der Insekten erklärte.
Als hätte dieser ihren Blick gespürt, sah er gerade in diesem Moment auf und erwiderte ihr Lächeln. Bei ihrem Anblick, wie sie mit den Kindern lachte und scherzte, gingen ihm ähnliche Gedanken durch den Kopf.
Zack war ebenfalls von einer kleinen Gruppe Kinder umringt, denen er zu erklären versuchte, wie man anhand der Knochen vorher erlittene Verletzungen erkennen konnte, aber die Jungen und Mädchen schauten nur ratlos.
Verzweifelt wandte sich der junge Mann an Dr. Saroyan: „Sie verstehen mich nicht!! Ich habe keine Ahnung wie ich ihnen die Komplexität der Aufgaben hier plausibel machen soll!!" flüsterte er ihr zu und warf einen unbehaglichen Blick auf die ratlosen Kindergesichter.
Cam schmunzelte und legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Sie haben doch eine Menge Nichten und Neffen, Zack. Stellen Sie sich einfach vor, Sie müssten es denen erklären." Sie lächelte ihm aufmunternd zu und wandte sich wieder zum Gehen.
„Aber....!" begann Zack Addy, schloss aber dann den Mund und versuchte sich erneut an seiner Aufgabe.
Offenbar diesmal mit etwas mehr Erfolg, denn schon bald stellten die Kinder auch ihm neugierige Fragen zum Thema und nach einer Weile lächelte Zack sogar zurück, als ihn ein Mädchen anstrahlte: „Du bist wirklich lustig!!"
Zack sah sie verdutzt an: „Lustig? Ich? Wie heißt du?"
Die Kleine grinste keck: „Mia."
„Gut, du findest mich also lustig, Mia?"
„Ja, du kannst Sachen so komisch erklären, wie Mr. Buthering, unser Sachkundelehrer.....aber der ist schon alt und hat fast keine Haare mehr."
„Der Verlust der Kopfbehaarung ist in den allermeisten Fällen hormonbedingt und nicht zwingend ein Indiz für das Alter der betreffenden Person." entgegnete Zack leicht verwirrt.
Mia prustete los. „Du bist wirklich witzig!"
Sie schenkte ihm noch ein strahlendes Lächeln und flitzte dann zu der Gruppe die Angela belagerte und Zack sah ihr kopfschüttelnd nach.
Booth hatte seine Partnerin schon vor einer ganzen Weile aus den Augen verloren und sah sich jetzt suchend um während er versuchte sie irgendwo auszumachen. Er fand sie oben in der Lounge am Geländer stehend mit einem Becher Kaffee in den Händen.
Mit einem leisen Lächeln schaute sie über das Labor und die Plattform, sah quirliges Leben, wo sonst der Tod das Sagen hatte und hörte Lachen, wo sonst konzentriertes Schweigen herrschte.
„Drückst du dich etwa?" fragte er sie grinsend, als er die Lounge erreichte.
Sie drehte sich zu ihm um. „Du weißt, dass ich mit Kindern nicht so gut umgehen kann."
Booth ließ diese Entschuldigung nicht gelten. „Du versuchst es ja nicht einmal. Schau, sogar Zack schafft das.", meinte er mit mildem Vorwurf und wies auf den jungen Doktoranden, der immer noch von einer kleinen Gruppe umringt war. Ab und zu gelang es ihm sogar seinem 'Publikum' ein Lachen entlockte.
Bones verzog ein wenig das Gesicht und nahm einen Schluck Kaffee. „Er ist ihnen im Alter auch wesentlich näher."
„Ganz schlechtes Argument!"
„Ich weiß einfach nicht, wie ich ihnen das alles nah bringen soll." Sie sah Booth an, „ Ich meine, manchmal verstehst selbst du nicht, was ich dir erkläre. Und du bist um einiges älter als diese Kinder." Ihr Mundwinkel zuckte leicht und in ihren Augen erschien ein spitzbübisches Funkeln. „Oder willst du behaupten, diese Kinder seien intelligenter als ein erwachsener FBI-Agent???"
Der FBI-Agent überging ihre Frozzelei. „Bones, du bist auch Schriftstellerin. Du solltest mit Worten umgehen können." argumentierte er.
„Worte für Erwachsenen, Booth!" konterte sie. „Ich schreibe keine Kinderbücher."
Ihm gingen langsam die Argumente aus. Wenn er mit Logik bei ihr nicht weiter kam, musste er wohl an ihr Gewissen appellieren und wenn das auch nicht half, würde er auch betteln. Schon seinem Sohn zu liebe, der seit Tagen von nichts anderem mehr redete, als von dem Besuch im Institut. Parkers Mutter Rebecca, Booths Ex-Freundin, hatte sich bereits ein paar Mal in den letzten Tagen darüber bei Booth - wenn auch nicht ganz ernst gemeint- beklagt.
„Willst du es nicht wenigstens einmal versuchen, Bones? Parker löchert mich und Rebecca schon seit Tagen. Er war so aufgeregt, das seine Klasse das Institut besuchen darf."
„Booth, ich......." Weiter kam sie nicht. Booth, der seine Felle davon schwimmen sah, fand, dass es Zeit für die Bettelstrategie war.
„Biiiitteeeee?" er sah sie mit großen Augen an und Bones musste lachen.
„Also gut. Ich werde es versuchen. Jetzt zufrieden??!"
„Ja." Er nahm ihr den Becher aus der Hand, stellte ihn auf einem Tisch ab und führte Bones zur Treppe.
Unten an der Treppe wurde die Anthropologin sofort von Parker und ein paar seiner Freunde mit Beschlag belegt und mit Fragen bombardiert. Unsicher warf sie einen Blick auf Booth, der ihr aufmunternd zublinzelte. Bones schluckte und wandte sich den Kindern zu.
Mit möglichst einfachen Worten versuchte sie ihre Arbeit zu beschreiben. Und wider ihren eigenen Erwartungen schien ihr das sogar zu gelingen. Parker und seine Freunde hingen gebannt an ihren Lippen, stellten zwischendurch einige, wie Temperance fand, bemerkenswert intelligente Fragen für ihr Alter, und die Zeit verging wie im Flug.
Fast ein wenig enttäuscht hörte Temperance, wie Parkers Lehrerin ihre Schützlinge aufforderte sich bei ihren 'Gastgebern' zu bedanken und sich zu verabschieden, denn man wolle ja auch noch das Museum des Jeffersonians besichtigen.
Bevor sich alle Kinder wieder um die Lehrerin sammelten, zupfte Parker seinen Vater nochmal am Ärmel: „Kommst du auch noch mit ins Museum??"
Booth nickte und sagte ihm, das er der Gruppe einen Moment später folgen würde.
Nachdem die Kinder den Laborbereich verlassen hatten, war es beinahe unheimlich still. Nur das leise Surren elektrischer Geräte und das gelegentliche Klappern von Reagenzgläsern und Petrischalen unterbrach die Stille.
Booth sah seine Partnerin an. „War doch gar nicht so schlimm, oder?"
„Es ging." Sie stieß langsam den Atem aus. „Nicht die Art von Arbeit, die ich jeden Tag haben müsste. Dann doch lieber Knochen, die stellen nicht so viele Fragen."
Lachend sah Booth sie an: „Wenn die Knochen nicht fragen würden, hättest du keine Arbeit."
„Philosophie für Anfänger??" Sie sah Booth schräg an und verzog den Mund.
„Ich habe viele verborgenen Talente," grinste dieser und verließ das Labor in Richtung Museum.
Kopfschüttelnd sah die Anthropologin ihm nach.
Auf der Plattform des Labors wandte sich Angela an Zack: „Das hast du gut gemacht, Zack. Ich glaube, diese Kleine..."
„Mia." warf Zack ein.
„Diese Mia schien richtig vernarrt in dich gewesen zu sein." Angela grinste, „sie hat mich richtiggehend ausgequetscht über dich."
Zack sah verlegen zu Boden.
„Sieht so aus, als hättest du 'nen Fan, Zaccheroni." lachte Jack Hodgins, „Gratuliere."
Er wandte sich an Angela. „Engel, du hast so was von sexy ausgesehen, inmitten von diesen Kindern. Wir sollten uns unbedingtauch ein paar zulegen!" raunte er.
Zärtlich küsste er ihren Nacken bis sie schnurrte: „Jetzt gleich??!"
„Aber nicht während der Arbeitszeit!" unterbrach Cam grinsend das Geturtel der Beiden.
Seufzend löste sich Jack von seiner Verlobten. „Ok, zurück an die Arbeit."
Bevor er zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte, drehte er sich nochmal zu Angela um, die ihm einen Kuss zuwarf.
Dr. Saroyan und Temperance verließen gemeinsam die Plattform und machten sich auf den Weg zu ihren Büros.
„Was meinen Sie, ob wir solche Führungen öfter machen sollten?" wandte sich Cam an Temperance, als sie die Tür zu deren Büro erreicht hatten. Diese sah sie nur entsetzt an und schüttelte energisch den Kopf während Camille Saroyan schmunzelnd ihren Weg zu ihrem eigenen Büro fortsetzte .
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Booth holte die Klasse seines Sohnes im Museum ein. Ein Mitarbeiter des Museums führte die Gruppe herum und erzählte ihnen Wissenswertes zu den einzelnen Exponaten.
Ein anderer Wachmann erkannte Booth und grüßte ihn freundlich. „Hallo, Agent Booth. Ihre Kollegen werden ja immer jünger." und deutete auf die Schülergruppe.
Booth lachte: „Man kann gar nicht früh genug mit der Ausbildung anfangen."
Parker glühte förmlich vor Begeisterung: „Dad, schau mal!! Hier haben sie ein echtes Skelett von einem echten Piraten!!" rief er, als er seinen Vater erblickte. Aufgeregt zappelte er vor einem Schaukasten herum.
„Ich weiß, das hab' ich auch schon mal gesehen, als..." Der Rest seiner Anwort ging in einem grellen Blitz und tosendem Donner unter. Es war, als hätte sich die Hölle aufgetan und das Jeffersonian war ihr Zentrum.
