Es war ein fortgeschrittener Abend, als es urplötzlich an Levys Zimmertür klopfte.
Diese war jedoch zu vertieft in ihr Buch, als dass sie das Klopfen vernommen hätte. Mit einem verträumten Lächeln saß sie auf ihrem Bett, bis es erneut klopfte.
Erschrocken legte sie ihr Buch auf den Nachtschrank und blickte verwirrt zu ihrer Zimmertür.
„Ja? Wer ist da?"
„Erza" ertönte es gedämpft durch die Tür.
„Moment, ich komme gleich", rief sie, bevor sie sich überlegte, ob sie die Tür so öffnen konnte. Schließlich hatte sie nur ihr geliebtes, viel zu großes T-Shirt und ihre Unterwäsche an. Aber wenn sie Erza noch länger warten lassen würde- und außerdem war sie ja auch nur eine Frau, also nichts was die nicht schon einmal gesehen hatte. Schnell ging Levy zur Tür und öffnete diese.
Von Erza war jedoch keine Spur, jemand anderes stand stattdessen vor ihr und kicherte pausenlos.
„Lu-chan?"
Erneut ein Kichern.
„Hi Levy", begrüßte Lucy sie hicksend.
Was war da bloß passiert? Erheitert trat sie hinaus auf den Gang, wo sie Erza sah, die auf sie zu eilte.
„Gott sei Dank, Levy. Ich habe schon das halbe Wohnheim durch gefragt. Aber weder Bisca noch Laki sind zu Hause" stammelte Erza und seufzte genervt.
„Was ist denn überhaupt passiert?"
Erneut kicherte Lucy.
„Naja" verlegen schaute Erza an ihr vorbei. „Lucy hat meine Flasche Wasser mit der Wodkaflasche verwechselt, die ich Gray letztens abgenommen habe und hat sie komplett geleert." Bei dieser Erinnerung und wie eklig das Zeug schmeckte, bekam sie noch immer eine Gänsehaut.
„Wodka? Was?"
„Hochprozentiger Alkohol!"
Wieder ein Kichern.
„Oh" machte Levy nun sichtlich amüsiert. „Und warum hast du nun geklopft?"
„Naja, ich bekomme sie alleine nicht zu sich nach Hause. Deswegen wollte ich Natsu holen, damit er sie heim tragen kann. Allerdings wollte ich sie in dem Zustand ungerne alleine in meinem Zimmer alleine lassen. Du weißt schon, wegen meinen ganzen teuren Rüstungen und so."
„Ah", langsam begriff Levy worauf Erza anspielte. „Also soll ich auf unsere Schriftstellerin aufpassen?"
Erza nickte.
„Okay, ja klar mache ich das."
„Danke", hauchte Erza, bevor sie auf den Ausgang zuhielt und schließlich verschwand.
Erneut kicherte Lucy und lallte wirres Zeug, was Levy jedoch nicht verstand.
Behutsam griff sie nach dem Arm der Blondine und zog sie zu sich ins Zimmer.
„So Lu-chan, du kannst dich dorthin setzen," sagte sie und deutete auf ihren alten Ohrensessel. „Brauchst du dann noch irgendwas? Ein Glas Wasser vielleicht? Das hilft ungemein, wenn man zu viel getrunken hat."
Levy musste grinsen. Sie hatte Lucy bis jetzt nur einmal so erlebt und da war sie selber nicht so auf der Höhe ihrer Wahrnehmung.
„So lang es nicht wieder eine Flasche Wodka ist" lallte sie und begann wieder zu kichern.
„Keine Sorge Lucy."
Schnell war Levy in die Küche des Wohnheims gelaufen und hatte ein sauberes Glas besorgt. Als sie zurück kam saß Lucy aber nicht da, wo sie sich hinsetzen sollte.
„Arw Levy, dein Bett ist viel bequemer als meins" schnurrte die Blondine und schaute Levy anzüglich an.
„Erm," stotterte sie überrascht und ging langsam auf ihr Bett zu. „Hier ist das Glas, ich hol dir noch schnell die Flasche Wasser."
Sie stellte das Glas auf ihren Nachtschrank und wollte wieder gehen, als sie von Lucy an ihrem Arm fest gehalten wurde.
„Levy?" schnurrte Lucy.
„Ja? Brauchst du sonst noch was?" Ihr Arm begann zu schmerzen.
„Mhm, läufst du immer halbnackt in deinem Zimmer rum?"
Sanft zog die Betrunkene an ihrem Arm, so dass Levy nun halb über Lucy gebeugt stand und sich zwischen ihren Gesichtern nur noch ein Abstand von wenigen Zentimetern befand.
„Wah, Lu-chan?!"
„Bekomme ich keine Antwort?" fragte Lucy schmollend und zog Levy nun komplett auf das Bett, so dass Levy zur Hälfte auf Lucy und zur Hälfte auf ihrer Matratze lag.
„Ich komm ja nicht dazu dir zu antworten, Lu-chan", sagte sie und versuchte sich aus Lucys Griff zu befreien.
„Jetzt hättest du Zeit..."
„Okay, danach lässt du mich aber los, ja? Schließlich wollte ich dir noch Wasser holen."
„Mhm."
Machte Lucy und drehte sich auf die Seite, so dass Levy von ihr herunterrutschte.
„Aber vorher..." Lucy ließ den Satz unbeendet, beugte sich stattdessen über Levy und blickte ihr direkt in die Augen.
„Vorher?" hauchte Levy unsicher und versuchte dem Blick auszuweichen.
Sie bekam keine Antwort, dafür weiteten sich ihre Augen, als sie Lucys Lippen auf ihren spürte. Sanft drückten sich die äußerst weichen Lippen gegen ihre und forderten sie zu einem Spiel auf. Zögernd ging sie, mit rasendem Herzen, darauf ein.
Was zum Teufel tat Lucy da?
Verwechselte Lucy sie etwa mit Natsu?
Nach einiger Zeit löste Lucy sich von ihr und grinste sie verschmitzt an.
Erst jetzt wurde es Levy bewusst: Sie hatte ihren ersten Kuss, den wichtigsten von allen, an Lucy verloren und doch konnte sie nicht ernsthaft behaupten, dass sie sauer auf diese war.
Lange konnte sie allerdings nicht über diese Tatsache sinnieren, denn schon im nächsten Moment änderte sich etwas.
Etwas, was sie nur noch mehr verwirrte.
Lucy hatte sich soweit vorgebeugt, dass ihre Lippen direkt neben Levys Ohr waren.
„Ich liebe dich, Levy!" hauchte Lucy sanft, nur um kurz darauf mit den Armen weg zu knicken und einzuschlafen.
Levy lag noch eine Weile still neben ihr, lauschte dem beruhigenden Atem von Lucy und fragte sich, ob sie sich verhört hatte. Ihr Herz raste immer noch, als sie sich vorsichtig aus dem Bett schälte, um das Zimmer zu verlassen.
Sie fühlte sich ruhelos. Unaufhörlich lief sie im Gang vor ihrem Zimmer auf und ab. Doch es half alles nichts, sie konnte sich einfach nicht beruhigen.
Levy kam es wie ein Déjà-vu vor, als Erza erneut vor ihrer Tür stand und leise klopfte, nachdem sie wieder zurück in ihr Zimmer gegangen war.
Schnell trat sie nach draußen und zog die Tür hinter sich vorsichtig zu.
„Mensch hat das lange gedauert!" flüsterte sie aufgeregt.
„Ist irgendwas passiert?" Fragte Erza skeptisch und blickte auf die verschlossene Tür.
„Nein!" Etwas zu schnell schoss das Wort für Erzas Geschmack aus Levys Mund.
„Sicher?"
Levy nickte.
„Wo ist Natsu?"
„Der müsste gleich da sein", wich Erza aus.
„Wie geht's Lucy?"
„Schläft."
Erza hob ihre Brauen, Levy wirkte irgendwie gehetzt.
„Hat Lucy irgendwas angestellt?"
Wieder ein zu schnelles „Nein" für ihren Geschmack.
Erza fragte nicht weiter nach, sondern machte eine Feststellung, die Levy endgültig konfus werden ließ.
„Sie hat dir ihre Liebe gestanden."
Betreten nickte die Blauhaarige.
„Erza, was soll ich denn jetzt machen?" Fragte Levy und schaute die Rothaarige verzweifelt an.
„Hm… magst du Lucy?"
„Ja schon.."
„Hat dir der Kuss gefallen?"
„Ja schon…Moment! Woher-," Erza unterbrach sie.
„Geh schlafen und rede morgen mit ihr, wenn sie wieder nüchtern ist. Ich geh jetzt jedenfalls schlafen."
„Eh? Und Natsu?"
„Der kommt nicht."
„Wie?"
Eine Antwort bekam sie nicht mehr, denn Erza war mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht, was Levy natürlich nicht sah, in ihrem Zimmer verschwunden.
Teil I von III
