Ich bin vor ca. einem dreiviertel Jahr auf MsBinns Geschichte "Australia" gestoßen und finde sie bis zum heutigen Tag noch unglaublich toll *-* Sie ist ziemlich lang (bisher schon 18 Kapitel, aber jedes länger als das andere - dieses hier ist eigentlich eine kurze Ausnahme) und sehr detailliert, aber auch unglaublich passend und auf die Charaktere abgestimmt. Daher dachte ich mir, dass ich sie übersetze, damit auch die deutsche FF-Gemeinschaft ihre Freude daran hat :) Viel Spaß beim Lesen! Für Übersetzungskritik bin ich natürlich offen und ich freu mich auch, zu hören, was ihr von der Geschichte haltet (damit ich auch weiß, ob es sich lohnt, weiter zu übersetzen ;-) )
Kapitel 1
Die meisten Körper, die in der Großen Halle lagen, sahen friedlich und ungestört aus. Da war kein Blut auf ihnen, kein Beweis für den Fluch, der den fatalen Schaden angerichtet hatte; nur blasse Körper, die leblos dalagen. Colin Creevey sah einfach nur aus, als schliefe er auf einer Decke aus Bettvorhängen. Bei Lavender war es anders. Ron stand über ihrem stillen Körper, seine Hand Hermines umklammernd, und er konnte nicht einmal sagen, ob sie tot war oder nicht. Ihr Gesicht war fast nicht wieder zu erkennen hinter den tiefen Schnittwunden und dem getrockneten Blut und es war unmöglich festzustellen, bei all dem zerrissenen Fleisch und Blut, ob sie in der Tat zu den Toten gehörte oder doch eher in den Krankenflügel zu Madame Pomfrey. Seine Augen blickten flüchtig über den verstümmelten Körper des Mädchens, mit dem er die meiste Zeit der Sechsten Klasse geknutscht hatte. Des Mädchens, das, wie so viele anderen, mutig geblieben war, um Hogwarts zu verteidigen und einen schrecklichen Preis dafür bezahlt hatte. Obwohl tatsächlich erst wenig Zeit vergangen war, seit der entsetzliche Kampf zu Ende gegangen war und Tom Riddle zu Boden gegangen war, kam es Ron vor, als wäre es schon Stunden her.
Da waren Luca Caruso und Matthew Kettletoft. Anthony Goldstein, ein Mitglied der D.A., mit dem Ron vor gerade mal zehn Stunden gesprochen hatte, und Jack Sloper, dessen dunkle Bartstoppeln verdeckt hatten, dass er gerade mal 16 Jahre alt gewesen war.
„Hab ich dir davon erzählt, als er sich mit seinem eigenen Schläger k.o. geschlagen hat?", Ron sah zu Jack, dessen Körper neben dem von Lavender lag. Sein struppiges Haar fiel ihm vorne über die geschlossenen Augen und seine Lippen waren leicht geöffnet, als wenn er etwas sagen wollte, obwohl Ron wusste, dass er nie wieder etwas sagen würde. „Er und Kirke waren verdammt schlecht.", Seine Mundwinkel verzogen sich schwach nach oben bei der Erinnerung an Slopers kurze Zeit im Gryffindor Quidditchteam. „Er war so aufgeregt, dass er spielen durfte. Er hat gesagt, dass er der erste in seiner Familie war, der in einer Hausmannschaft spielen durfte."
Seine schwitzige Hand umklammerte Hermines noch ein wenig fester, als er seine Aufmerksamkeit wieder Lavender zuwandte. Ihr blondes Haar war durch das Blut matt geworden und drei große Schnitt liefen horizontal über ihr Gesicht, einer verfehlte ihre Augenlider nur knapp. Ihre zarten Hände, die ordentlich über ihrem Körper zusammengefaltet waren, hatten tiefe Einschnitte, die aussahen, als wären sie das Resultat eines aussichtslosen Versuchs, ihren Angreifer abzuwehren.
Der Anblick zerrte an seinem Magen und er war gerade dabei, sich wegzudrehen, als er ein unverkennbares Zucken in ihrer linken Hand sah.
„Hermine.", Er erstarrte und sah lange und intensiv zu Lavender. Ihre Hand bewegte sich nicht wieder, aber er war sich sicher, dass er gerade gesehen hatte, wie sie einen Atemzug genommen hatte. „Hermine, ich denke, sie ist lebt."
„Das kann nicht sein.", Hermine verengte ihre Augen und sah genau zu dem Körper, der zwischen den anderen Toten lag. Ein lauter Atemzug kam von Hermine und der entsetzte Ausdruck auf ihrem Gesicht bestätigte Rons Vermutung.
„Hilfe!", rief er blind aus und sah sich verzweifelt in der Großen Halle nach Unterstützung um. „Wir brauchen hier Hilfe!"
„Hilfe!", schaltete Hermine sich mit ein, ihre Stimme lauter und beherrschter als Rons. Sie rief Laut in Richtung der Ladefläche, auf der die Verletzten versorgt wurden. „Jemand muss helfen, sie lebt noch!" Drei Hexen, Hannah Abbott und Parvati Patil waren unter ihnen, rannten zu ihnen.
Sie reagierten schnell und schoben Ron und Hermine zur Seite, um auf dem kürzesten Weg zu Lavender zu gelangen. Ron sah stumm zu, wie eine von ihnen ihr Handgelenk mit ihrem Zauberstab berührte und eine andere ihren zu ihrer Schläfe führte. Ihre Bewegungen waren eilig und sie sprachen miteinander in gedämpftem und ernstem Tonfall. Er fragte sich, ob Parvati in all ihrer Hast überhaupt bemerkte, dass es sich bei der zugrunde gerichteten Person um ihre beste Freundin handelte.
Er konnte nicht anders, als daran zu denken, dass die methodische Art und Weise, wie sie reagierten, aussah, als hätten sie es schon tausend Mal an diesem Morgen gemacht. Er fühlte sich nutzlos und konnte lediglich an den Boden gewurzelt dastehen während er und Hermine zusahen, wie Lavender zur erhobenen Ladefläche, auf der die Heiler sich versammelt hatten, glitt.
„Weißt du überhaupt, was ihr passiert ist?", murmelte er, obwohl er sich sicher war, dass es nur eine Kreatur gab, die solch grauenvolle Verletzungen zufügen konnte.
„Sie ist vom Balkon gefallen.", Hermine schauderte. „Und dann … Greyback..."
Ron zuckte zusammen, als der Name erwähnt wurde. Er warf einen flüchtigen Blick durch die Halle, an trauernden Familien und Freunden vorbei bis seine Augen für einen Moment auf seiner eigenen Familie haften blieben. Sie waren letzte Nacht alle zusammen gewesen bevor die Hölle ausgebrochen war, aber jetzt waren sie alle in kleinen Gruppen in der Großen Halle zerstreut.
Ginny saß auf einer Bank und schluchzte an der Brust seiner Mutter auf der einen Seite des Raumes. Percy saß wie betäubt auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Kopf in seinen Händen. Sein Vater stand steif neben Bill und Charlie, und dann, fast so als würde er auf Fred aufpassen, war da George. Er saß auf dem kalten Steinboden neben Fred, seine Hände lagen beschützend auf dem Laken, der ihn bedeckte. Ron drückte seine Augen zusammen und sah weg.
„Möchtest du dich ihnen anschließen?", fragte Hermine leise.
Ron öffnete seinen Mund, um zu antworten, aber kein Ton kam heraus. Stattdessen, nahm er einen zittrigen Atemzug und wandte seinen Blick nach oben zur verzauberten Decke. Er war überrascht, als er sah, dass der Morgenhimmel klar und wolkenlos war. Er dachte sich insgeheim, dass ihm Wolken lieber gewesen wären. Die Decke an sich war nicht einmal mehr ganz. Das gewaltige gerippte Gewölbe war in Stücken hinunter gekracht und die hintere Hälfte war komplett abgebrochen. Seine Augen wanderten in der Halle umher. Überall, wo er hinsah, war etwas kaputt, tot oder zerstört. Da war der Hauself, den Hermine hoffentlich nicht gesehen hatte, mit einer fatalen Schnittwunde über seine Brust und der kastanienbraune Zentaur, dessen linkes Vorderbein in einem grotesken Winkel verdreht war. Der große Kamin an der hinteren Wand war in sich selbst zusammengefallen, und die geflügelten Skulpturen, die die vielen Öllampen gestützt hatten, waren in manchen Stellen von der Wand gesprengt worden. Das Podest, auf dem ihr Schulleiter früher gesessen hatte, war jetzt voller Notfallheiler, die sich nun um Lavender Brown versammelten. Die Halle war absolut unerkennbar im Vergleich zu der, die ihn jeden Herbst willkommen geheißen hatte. Überall, wo er hinsah, war nur noch Verlust.
Und dennoch, überall um sie herum, kamen langsam Lebenszeichen auf. Das schwache Geräusch eines Lachens kam sogar von ein paar Schülern, die neben einem der zerbrochenen Fenster, Essen in Grawps offenen Mund warfen. Rons Kopf schnellte in die Richtung des Geräusches, entsetzt über das Lachen, wenn es doch immer noch mindestens fünfzig Körper gab, die in der Großen Halle lagen.
Hermine schien seine Aufregung zu bemerken und führte in langsam an der Hand in eine Ecke weg von den Toten. Eine Fackel war von der Wand gefallen und hatte den größten Teil der Mauer mit sich genommen. Hermine ließ sich auf eine Bank in der Nähe nieder und zog an seinem arm, als wenn sie ihn dazu bewegen wollte, dasselbe zu tun. Er blieb jedoch stehen und starrte schweigend in den Schutt.
„Wir haben ihn erwischt.", sagte Ron starr und seine Augen verloren sich im Haufen der Steine. „Ich und Neville."
„Wen?", fragte Hermine und klang ein wenig verwirrt wegen seiner beiläufigen Bemerkung.
„Greyback.", klärte er sie sanft auf.
„Du meinst, ihr habt ihn getötet?", keuchte sie. Er nickte schwach, aber begegnete noch immer nicht ihrem Blick.
„Haben seinen Kopf mit einem Stück von Lachlan dem Schlaksigen zerquetscht." Seine Stimme war weder prahlerisch noch reumütig; da war nur eine Spur von resignierter Gleichgültigkeit dem gegenüber, was er getan hatte.
„Du hast vermutlich viele Leben gerettet.", bot Hermine an.
Ron starrte einfach nur weiter in den Schutt. Die Spuren der Tränen, die letzte Nacht gefallen waren nachdem sein Bruder zu Boden gesunken war, waren auf seinem Gesicht noch immer sichtbar; blasse Linien auf einem kriegsgezeichneten Gesicht, verkrustet mit Schmutz und Ruß.
Er fragte sich, ob sie sich daran erinnerte, wie sie ihn hinter den Vorhängen letzte Nacht versucht hatte zurückzuhalten, als er wahnsinnig gegen sie gekämpft hatte. Er konnte sich an die Nacht lediglich in Häppchen und Stücken erinnern. Da war das Portrait im Eberkopf, durch das sie gegangen waren und der Wasserhahn, zu dem er in Parsel gesprochen hatte. Er konnte sich an den schrecklichen Schrei erinnern, der aus Helga Hufflepuffs Kelch erklungen war, als Hermine den Basilikenzahn hineingestoßen hatte, und er konnte sich an das zu kurze Gefühl ihrer Lippen auf seinen erinnern, das nicht lange später gefolgt war. Und dann war da Harry, der Fred hinter eine Statue zerrte und die Nacht wurde unscharf. Alles woran er sich erinnern konnte, war, wie Hermine verzweifelt versuchte, ihn auf den bevorstehenden Job fokussiert zu halten.
„Nicht als es darum ging.", er versuchte die Tränen, die in ihm aufkamen, in sich zu drücken; der Ärger war hörbar in seiner Stimme.
„Du kannst das nicht wirklich denken, Ron. Da war nichts, was du -"
„Jaah, ich hätte können."
„Du hättest nicht können.", beharrte Hermine. Sein Kinn zitterte und die Muskeln in seinem Gesicht schmerzten, als er in den Haufen Steine starrte, nicht fähig, das Bild seines unbeweglich lächelnden Bruders aus seinem Kopf zu bekommen. Vor letzter Nacht, war das einzige Mal, dass er nahe daran war, vor Hermine zu weinen, an Dumbledores Beerdigung gewesen. Damals hatte er es bewerkstelligt, die meisten Tränen verdeckt zu halten, während er sie an sich gehalten hatte, aber letzte Nacht hatte er versagt. Er weigerte sich, jetzt noch einmal zu versagen. Steif, ließ er seinen Körper neben ihr auf der Bank nieder.
Sie saßen da und starrten die bröckelnde Mauer schweigend an. Die bloße physische Anwesenheit von Hermines Körper strahlte eine Wärme durch ihn, beruhigte sein ganzes Dasein.
Es fühlte sich gut an, nicht reden zu müssen. Die Art, wie sie sich an seine Schulter lehnte, fast so als würde ihr kleiner Körper ihn aufrecht erhalten, erinnerte ihn an die Art, wie er das Gleiche zurück in Shell Cottage getan hatte. Obwohl es vor nicht mehr als einem Monat war, war Dobbys Beerdigung noch immer präsent in seinem Kopf. Sie war so schwach gewesen, dass er sie praktsich hatte nach draußen in den Garten zu Dobbys Grab tragen müssen. Jetzt war sie es, die sein Gewicht stützte. Er blickte hinunter zu ihren verschränkten Händen, die in seinem Schoß lagen und dachte daran, wie oft er sie beinahe verloren hätte in den letzten paar Monaten. Wie oft er beinahe Harry verloren hätte. Seine ganze Familie. Er fühlte ein Stechen tief in seiner Brust, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, dass er glücklich war, lediglich Fred verloren zu haben.
Glücklich.
Er schnaubte, angeekelt von sich selbst, dass er auch nur denken konnte, dass irgendetwas am Tod seines Bruders glücklich sein könnte.
„Glaubst du, er hatte Schmerzen?", unterbrach er die Stille.
„Nein.", sie senkte ihren Kopf zu seiner Schulter. „Nein, ich denke nicht, dass er überhaupt irgendwelche Schmerzen hatte."
Ron neigte seinen Kopf so, dass er an ihrem lehnte, beruhigt durch ihre Worte. Minuten gingen in Stille vorbei und Ron blickte zu Hermine und fragte sich, ob sie an ihn gelehnt eingeschlafen war.
„Findest du, wir sollten Harry suchen?". Eine Welle der Schuld kam über ihn, dass er nicht schon früher auf den Gedanken gekommen war, nach seinem Freund zu schauen. Eltern, Schüler, Lehrer, Elfen und Zentauren kamen nach und nach in die Halle. Selbst ab und zu eine Rüstung, deren Verzauberung noch verebben musste, kam scheppernd hinein, aber kein Zeichen von Harry.
Professor McGonagall hatte begonnen, die Haustische an ihre richtigen Stellen wieder zurückzustellen und Gespräche füllten die eingefallene Halle wieder. Ein trauervolles Aufheulten erklang gelegentlich über der Menge, aber allmählich ähnelte der Raum wieder der Großen Halle an jedem anderen typischen Maimorgen. Das Aroma von frisch zubereitetem Frühstück begann sogar durch die Halle zu wehen, als ein oder zwei Hauselfen mit Tabletts, die mit Speck, Eiern und gebratenen Pilzen beladen waren, hineinkamen. Der Anblick erinnerte Ron daran, wie anders alles war. Die Welt hatte sich verändert. Alles – beginnend mit der Art, wie Hermine sich an ihn lehnte und schwach an seiner Schulter atmete bis hin zum „Danke", das hinter ihnen erklang, als das Essen geliefert wurde – schien das zu zeigen.
„Vielleicht möchte er alleine sein.", murmelte Hermine. Sie klang genauso zufrieden wie Ron, einfach nur inmitten des Schutts für den Rest des morgens zusammen zu sitzen. Kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, als schon Harrys Stimme über ihrer Schulter erklang.
„Ich bin´s."
