Kapitel

„Miss Croft?" Ertappt schreckte Miss Croft aus ihren tiefgründigen Gedanken auf und sah ihren zukünftigen Auftraggeber verwirrt ins Gesicht. Dieser runzelte seine sowieso schon runzelige Stirn, das ihn wie eine grübelnde Schildkröte aussehen ließ und Lara musste ein Kichern unterdrücken, als sie es sich vorstellte. Ihr Auftraggeber, Mr Lone, war ein untersetzter, kleiner Mann mit dickem Bauch und einem viel zu engen Hemd. Er hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Gartenzwerg.

Entschuldigend sah sie ihn an. „Es tut mir schrecklich Leid, Mr Lone. Ich war in Gedanken und konnte ihren Worten nicht folgen. Was sagten Sie gleich?" Entrüstet zerrte Mr Lone an seinem Hemd und sagte: „Miss Croft, ich kann wirklich keine Leute gebrauchen, die den lieben langen Tag in irgendwelchen Träumen hängen. Ich hatte eine bodenständige, aufmerksame Spezialistin ihres Faches erwartet, keine Tagträumerin!"

„Ich sagte doch, es tut mir Leid!"., entgegnete Lara und versuchte dabei, so höflich wie möglich zu wirken, wusste aber, das sie gereizt klang. „Mir Lone, ich war in Gedanken versunken, weil ich momentan viel Stress habe. Aber Sie können mir glauben, ich werde meine Arbeit sauber und präzise ausführen. Daran musste bis jetzt noch keiner meiner Auftraggeber zweifeln!"

„Natürlich, natürlich Miss Croft", erwiderte er, „ich habe auch nie an ihren Fähigkeiten gezweifelt. Aber ich hätte es doch lieber, wenn Sie mich etwas ernster nehmen würden und nicht stattdessen irgendwo in geistiger Umnachtung leben."

Lara wollte gerade eine bissige Antwort geben (sie hasste solche Vorurteile, wenn sie denn mal kamen), überlegte es sich doch. Schließlich wollte sie unbedingt den Auftrag bekommen. In letzter Zeit war sie außer Form gekommen, hatte zu viel zu Hause gegammelt und nun musste sie sich dringend wieder einmal um ihr Finanzleben kümmern.

Also erwiderte sie nichts darauf, sondern sagte: „Bitte erzählen Sie mir doch noch einmal von dem Auftrag. Dieses Mal werde ich sicher aufpassen!" Entsetzt bemerkte Lara, wie sie sich wie ein kleines Schulkind benahm. Oh mein Gott!, dachte sie, konzentrierte sich nun aber auf den Auftrag.

Immer noch etwas entrüstet, zerrte er wieder an seinem Hemd, als fürchte er, es würde sich wie ein Teppich hoch rollen. Er räusperte sich und als er sprach, wirkte er leicht zerstreut.

„Wie schon gesagt, es geht um die goldene Statue der Arianhrod." Lara nickte. „Die Herrin des silbernen Rads", erwiderte sie, „eine der Göttinnen der Kelten."

„Richtig", sagte Mr Lone, der nun anfing, zu schwitzen. „Sie ist vielleicht nicht sehr bekannt, unter den wahren Sammlern aber heiß begehrt, zu denen ich natürlich gehöre. Wie ich aus privaten Quellen erfahren habe, soll es Hinweise dafür geben, das sie im verschollenen Tempel der Großen Göttin aufbewahrt wird. Dieser allerdings ist vor ungefähr zweitausend Jahren zerstört worden, in denen Jahren, in dem sich das Christentum im Land ausbreitete. Ich habe die Koordination und den exakten Lageplan dieses Tempels erhalten."

Lara hatte ihm ruhig gelauscht und fragte nun: „Woher? Woher haben Sie den Plan? Wenn der Tempel als verschollen galt, dann hätte ihn jemand entdecken müssen, um diesen Plan zu machen, oder nicht?"

Mr Lone wurde nervös. "Nein… nein. Der Plan ist schon sehr alt und wurde vor dem Christentum entwor-", fing er an, aber Lara unterbrach ihn stirnrunzelnd.

„Die Anbeter der Großen Göttin haben keine Pläne von ihren Tempeln gemacht", sagte sie und Misstrauen mischte sich in ihren Tonfall.

„Von wem genau haben Sie denn die Pläne?", fragte sie. Mr Lone spielte nun nervös mit seinen Hemdknöpfen. „Nun... es ist mir etwas peinlich..."

„Sagen Sie es mir", forderte Lara ruhig und überschlug die Beine. Wieder räusperte er sich. „Nun... ich hab ich von..." Erwartungsvoll hob Lara ihre Augenbrauen. „Ja?"

„Aus einem Antiquitätenladen", gab er schließlich kleinlaut zu. Lara machte ein Geräusch der Belustigung und lehnte sich zurück. Es war wirklich eindeutig, das dieser Mann naiv war. Zu naiv.

„Zeigen Sie mir den Plan", verlangte sie und Mr Lone kramte in aus einigen Akten heraus, die auf seinem Schreibtisch lagen. Er reichte ihn ihr. Lara betrachtete ihn eingehend und schüttelte ungläublich den Kopf.

„Ich glaub es einfach nicht", murmelte sie.

„Was denn?", fragte nun der stämmige Mann etwas hoffnungsvoller.

Sie seufzte und sah schon fast entrüstet zu ihm auf. „Das ist die schlechteste Fälschung, die ich je gesehen habe.

Mr Lone schluckte. Damit konnte er den Auftrag wohl vergessen. Er hatte angenommen, Fälschungen von richtigen Karten unterscheiden zu können...

Lara Croft erhob sich galant aus ihrem Stuhl. „Ich denke, damit ist der Auftrag wohl wertlos", sagte sie enttäuscht und drückte ihm die nutzlose Kopie in die Hand. Was für ein Trottel!, dachte sie mitleidig.

Sie nahm ihren Mantel von ihrer Stuhllehne und zog ihn sich über. Sie wandte sich der Tür zu.

Was für ein Reinfall!, dachte sie niedergeschlagen, als sie die Klinke niederdrückte.

„Warten Sie! Bitte!" Lara hielt einen Moment inne, seufzte entnervt und wandte sich wieder um. „Ja?"

Wieder zog er an seinem Hemd und sagte: „Ich bitte Sie, vielleicht doch an den besagten Stellen nach dieser Figur zu suchen. Bitte." Lara runzelte die Stirn. „Warum sollte ich? Es würde nichts für mich herausspringen und es wäre nur Zeitverschwendung!"

„Eben nicht!", entgegnete Mr Lone eifrig. Misstrauisch zog Lara die Augenbrauen zusammen. „Ich fürchte, ich verstehe nicht, was Sie meinen.", sagte sie deutlich. „Nun... finanziert werden Sie auf jeden Fall und es bleibt bei den versprochenen achthunderttausend, die ich Ihnen versprochen habe. Aber bitte, ich flehe, untersuchen Sie diese Stelle. Ich bin mir doch so sicher, das dort etwas ist!" Seine Stimme hatte einen verzweifelten Unterton und Lara war nicht milde überrascht.

„Meinetwegen", gab sie schließlich zögernd nach und dachte noch immer über den Sinn dahinter. „Ich werde sehen, was sich tun lässt." Armer Narr! Es ist alles hoffnungslos!

Laras Haar wehte ihr aus dem Gesicht, als sie die prächtige Villa dieses reichen Narren verließ. Sie erkannte dunkle Wolken hinter den hohen Baumspitzen, die langsam in ihre Richtung zogen und bemerkte leises Donnern.

Während sie durch den Vorgarten schritt, kramte sie ihre Schlüssel hervor und warf einen flüchtigen Blick auf die Armbanduhr. Es war bereits acht Uhr abends. Sie fluchte lautstark und tat es immer noch, als sie sich in ihr Auto setzte. Um halb sieben hatte sie ein Date mit einem Typen gehabt. Und wegen diesem Vollidioten alias Mr Lone habe ich mein Date verpasst!, dachte sie sauer.

Nächster Tag, elf Uhr morgens

„Es tut mir doch Leid!"

Lara Croft, ein Handy an ihr Ohr gepresst, ging in ihrem Zimmer händeringend auf und ab.

„Das kannst du deiner Mutter erzählen", drang die dunkle Stimme von Jason, ihr verpasstes Date, an ihr Ohr, „schließlich war es nicht das erste Mal. Ich frage mich, warum ich mich eigentlich noch länger von dir verarschen lasse!"

„Ich verarsche dich doch nicht!", rief sie verzweifelt und entdeckte Zip im Türrahmen lehnen, mit einem schadenfrohen Grinsen auf dem Gesicht, das Lara mit einem vernichtenden Blick erwiderte.

„Hör mal. Es tut mir wirklich schrecklich Leid, das ich unser Date gestern Abend verpasst hatte. Ich war beschäftigt, Sorry. Weißt du, ich stehe momentan vor einer finanziellen Krise und da kann ich nicht nur an mein Vergnügen denken! Ich hatte ein wichtiges Treffen mit einem Auftraggeber-"

„Und unser Treffen war nicht wichtig?", fragte Jason gereizt.

„Doch, natürlich. Aber, ich weiß, das wirst du nie verstehen, wenn es um meine Arbeit geht, muss die Liebe nun einmal zurückstecken! Wir können uns doch ein anderes Mal treffen!"

Lara nagte verzweifelt an der Unterlippe, während sie auf eine Antwort wartete. Es schien eine Ewigkeit zu dauern und als erstes dachte sie entrüstet, er wäre am Telefon eingeschlafen, als er sich schließlich wieder zu Wort meldete.

„Na schön. Ich gebe dir noch eine Chance. Schließlich bin ich kein nachtragender Mensch. Vorausgesetzt, du zahlst!"

Lara war ziemlich erleichtert und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sie Zips stirnrunzelnde Miene auffing, die ganz klar zeigte, das es falsch war, was sie gerade tat.

Und dem wurde sich Lara auch gerade bewusst. Wer war sie denn, das sie einem Kerl hinterher rannte? Und dann auch noch zahlen musste?!

Lara holte tief Luft und antwortete mit zuckersüßer Stimme: „Natürlich, Jason. Aber du zahlst. Das ist doch selbstverständlich."

„Vergiss es. Ich bin pleite, wie du weißt. Wieso bezahlst du nicht? Du hast doch genug Kohle!"

„Weil eine Frau nie bezahlt, wenn sie zum Essen eingeladen wird!", fauchte sie sauer und sie spürte, wie ihr Blut begann zu brodeln begann.

„Ich habe dich aber nicht eingeladen, du hast mich um ein Date gebeten", war die kühle und gleichzeitig harte Antwort von Jason.

Jetzt stieg ihr das Blut bis in den Kopf und sie fauchte nur noch: „Leck mich!", bevor sie auflegte und ihr Handy in die Ecke pfefferte.

Einen Moment starrte Lara nur wütend auf den Boden mit verschränkten Armen, dann löste sie sich aus ihrer Haltung und ging aufgebracht im Zimmer herum. Irgendwo musste sie sich abregen. Doch sie fand einfach nichts, das sie kaputtmachen konnte, ohne Schuldgefühle zu bekommen.

Schließlich setzte sie sich seufzend auf ihr Bett und stützte den Kopf in den Händen. „Ich glaube, ich mache irgendetwas falsch", murmelte sie und blickte zu Zip, als wolle sie sagen: „Jetzt tröste mich doch mal!" Zip stieß sich elegant ab und setzte sich zu ihr auf das Bett.

„Na und? Wozu brauchst du einen Freund? Du bist die letzten Jahre ohne Männer ausgekommen, dann wird das doch jetzt kein Problem sein!"

„Du hast ja Recht. Aber irgendwann... ich sehe jeden Tag irgendwo Pärchen rumlaufen und nie kann ich mir sagen: Dieses Glück habe ich auch!"

Zip verdrehte genervt die Augen. „Lara. Seit wann machst du dir Gedanken darum? Du bist stinkreich, hast Aufmerksamkeit und am allerwichtigsten... du hast mich! Was willst du mehr? Die Männer laufen dir in Scharen hinterher. Außerdem... was könnte schöner sein als das Single-Leben? Von keinem Kerl gehalten, darfst flirten mit wem und so oft du willst, kannst machen was du willst... warum machst du dir jetzt Gedanken über einen Freund?"

Plötzlich stieg das alte Gefühl in Lara wieder auf, das sie immer so genossen hatte, gerade weil sie Single war und gleichzeitig unabhängig. „Du hast Recht", seufzte sie. Sie dachte noch einmal darüber nach, was sie die ganze Zeit getan hatte. „Ich denke mal, die Liebe kommt irgendwann von ganz allein. Ich bin noch jung. Manchmal bin ich echt bescheuert!", wisperte sie und starrte gedankenverloren ins nichts.

Zip nickte eifrig und lenkte dann vom Thema ab: „Lassen wir diesen Quatsch jetzt. Das löst in mir ein komisches Gefühl aus. Wie weit läuft es mit deinem Auftrag?"

„Noch nicht sehr weit. Ich denke mal, ich reise übermorgen ab, damit ich noch genug Zeit habe, präzise Pläne zu entwickeln. Hast du dich schon um die Reise gekümmert?", wollte sie wissen. Zip nickte.

„Ja, das habe ich. Leider habe ich für übermorgen keinen Platz mehr gefunden, deshalb habe ich dir einen Privatjet bestellt."

Lara atmete einmal tief ein und aus und erhob sich schwungvoll. Fröhlich klatschte sie in die Hände und blickte ihn begeistert an. „Dann werde ich mich mal darum kümmern!", sagte sie und trat auf die Zimmertür zu, als ihr Handy auf dem Boden zu vibrieren anfing und plötzlich eine leise, dudelnde Melodie erklang.

Stirnrunzelnd hob sie das Handy auf und betrachtete die Nummer des Anrufers. Ruf von Unbekannt, stand dort geschrieben. Nachdenklich nahm sie den Ruf an und sagte mit klarer Stimme: „Lady Lara Croft. Ja, bitte?"

„Lara? Lara Croft?", hörte sie eine rauchige Stimme sprechen.

„Wie schon gesagt", gab sie verwirrt zurück.

„Halte dich aus Angelegenheiten heraus, die dich nichts angehen! Du bist im Tempel nicht erwünscht! Betrete ihn und besiegele deinen Tod..."

„Was?", rief sie erschrocken. „Was sagten Sie da?" Sie konnte es nicht ganz glauben und noch ehe sie etwas anderes sagen konnte, klang ein schnelles Tut, tut, tut an ihr Ohr. Aufgelegt.

Verwirrt blickte sie auf ihr Handy. Hatte sie eben tatsächlich eine Nachricht erhalten.

„Zip?", rief sie zum Bett. „Wir müssen unsere Pläne ändern." Sie erhob sich und blickte ihn fest an.

„Ich werde übermorgen nicht fliegen.", erklärte sie entschlossen und bekam einen verwirrten und verstörten Blick von Zip.

Sie atmete tief durch und ein Lächeln blitzte über ihre vollen Lippen.

„Ich fliege gleich morgen."

Denn dieser Anruf hatte ihr bestätigt, das es im Tempel etwas zu holen gab. Es machte die ganze Sache nur interessanter.

Fortsetzung folgt...

Sry das dieses Kap so kurz ist... das nächste wird länger!