Graue Augen
Grelles Neonlicht blendet meine Augen. Ich versuche die Hand zu heben und ein schrecklicher Schmerz durchfährt meine Glieder. Ich rieche Desinfektionsmittel und höre hektische Stimmen. Wo bin ich? Was ist passiert? Irgendetwas sticht mir in den Arm und ich werde müde. Meine Augen werden entsetzlich schwer und ich vernehme nur noch am Rande das piepen.
Als ich meine Augen erneut aufschlug und mich in dem Raum umsah wurde mir bewusst, dass ich mich in einem Krankenhaus befand. Die Erinnerung stürzte schmerzhaft auf meinen Kopf ein. Wie Stromstöße durchzuckten mich die Bilder, die mich in diese Lage gebracht hatten. Ich war gerade auf den Weg, mich mit einer Freundin zu treffen und verabschiedete mich von einem Kollegen. Als ein Auto die Kontrolle verlor und auf mich zuraste.
Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen und versuchte die Bilder wieder loszuwerden. An so etwas wollte ich mich nicht erinnern. Doch ich musste mich erinnern. Meine innere Stimme zwang mich dazu. Ich schloß erneut die Augen und atmete tief durch. Die Bilder kamen unkontrolliert und hektisch. Mich hätte es nicht gewundert, wenn mir gleich der Schädel explodiert wäre.
Und da sah ich es. Da sah ich ihn. Meinen Retter. Wie in Zeitlupe liefen nun die Bilder vor meinem inneren Auge ab. Er stand auf der anderen Straßenseite und sah das Auto auf mich zukommen. Sein Blick war geschockt. Er ließ seine Tasche fallen und rannte auf mich zu. In dem Moment sah auch ich das Auto auf mich zukommen. Er warf sich auf mich und drückte mich so zurück zum Gehweg. Ich schlug mit dem Arm auf die Kante auf, was auch den Schmerz in diesem erklärte. Und landete dann mit dem Kopf auf dem Asphalt. Kurz sah ich noch in seine Augen. Tiefes grau. Dann verlor ich das Bewusstsein.
Ich öffnete die Augen und sah diese unwahrscheinlich grauen Augen vor mir. Wer war er? Irgendwoher kannte ich diese Augen, dieses Gesicht? Aber woher?
Ich hatte den unbändigen Wunsch es herauszufinden und konnte mich nicht länger in diesem Zimmer aushalten. Den Schmerz ignorierend und die Infusion abmachend kletterte ich aus dem Bett und verließ wankend das Zimmer. Mir wurde schwarz vor Augen und eine Übelkeit durchzuckte meinen Körper. Ich schloß die Augen und atmete tief durch. Ich muss zu ihm. Ich muss wissen wer er ist. Mit neuem Mut bewaffnet torkelte ich weiter den Gang entlang, als zwei starke Arme meine Schultern packten und mich so zum stehen brachten. Schwach und entnervt schaute ich nach oben. In das Gesicht meiner Barriere. Er grinste mich an. Diese Augen sie waren da. Leibhaftig. Ich konnte nur grinsen und sackte dann in mich zusammen.
Ich spürte eine Hand an meiner Stirn, ein sachtes streicheln und hörte murmelnde Worte voller Wärme. Ich hoffte und betete inständig dass diese Hand und diese engelsgleiche Stimme zu meinen grauen Augen voller Wärme gehörten. Ich öffnete zaghaft meine Augen. Ich wollte nicht mit einer anderen Realität bekanntschaft machen. Ich wurde nicht enttäuscht. Diese warmen Augen waren immer noch da und blickten liebevoll auf mich herab. Ich beobachtete, wie er mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich und lächelte. In dem Moment wurde es mir klar. Ich wusste wer er war. Ich wusste, ich kannte ihn. Ich wusste, dass ich diese Augen schon mal gesehen hatte. Diese Stimme schon einmal vernommen hatte. Diese zärtlichen Berührungen genossen hatte.
Meine nie erlaubte aber immer währende Liebe.
