Lily. Sein erster Gedanke, als er am Morgen aufwachte. Jeden Tag derselbe. Aufgeregt kroch der Junge aus dem Bett und zog sich an. Seine Kleidung war nichts besonderes, da sein Vater ihn nichts Besseres kaufen ließ. Sein T-Shirt zerschlissen und zu klein und seine Jean hatte einige Löcher. Sein Vater war der Meinung, dass er es nicht wert war, etwas anderes zu tragen. Sein Vater. Es gab keinen Menschen denn er mehr hasste, außer vielleicht Black und Potter.

Der junge Severus Snape trat vor den kaputten Spiegel, der in seinem Zimmer hing. Sein schwarzes Haar hing ihm Strähnig in sein viel zu blasses Gesicht. Er wirkte schwächlicher und zerbrechlicher als andere 13-jährige. Severus war keine Schönheit, das wusste er, dennoch hoffte er, dass bei Lily irgendwann mal landen könnte. Die Rothaarige hatte ihm bereits den Kopf verdreht, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.

Vorsichtig schlich er sich aus dem Haus. Severus musste extrem leise sein. Sein Vater würde es nicht gut heißen. Er konnte nichts und niemanden leiden, schon gar nicht Lily. Erst gestern hatte er sich wieder eine Tracht Prügel von seinem Vater zugezogen. Jede Bewegung bereitete ihm Schmerzen, dennoch wollte er zu ihr. Der Gedanke an sie, ließ ihn alles vergessen.

Schon von weitem lächelte sie ihm zu, als zu dem grünen Hügel kam. Die Wiese war schon seit ihrer Frühen Kindheit ihr Treffpunkt gewesen. Hier hatte er sie auch zu ersten Mal gesehen. Nichts konnte ihm den Morgen mehr versüßen als ihr Anblick. Bei ihr fühlte er sich wohl und geborgen.

„Hi Sev!" begrüßte sie ihn vergnügt und küsste ihn auf die Wange. Es war ihre alltägliche Geste, doch der Junge errötete Tag für Tag.

„Hi Lily! Wie geht es dir heute?", verschmitzt grinste er sie an.

„Wie jeden Tag blendend!", lachte sie. Ihre Stimme klang so hell und klar und ihr Lachen wirkte ansteckend. Lachend und Hand in Hand liefen sie zu dem Spielpatz, am Fuße des Hügels. Die Rothaarige nahm auf der Schaukel Platz, während er sich auf einer Bank davor niederließ.

„Ich bin froh. Dass wir endlich Ferien haben. Versteh mich nicht falsch, ich liebe Hogwarts. Aber einmal braucht selbst ein Zauberer Pause vom zaubern! Oder?" Severus zuckte mit den Schultern. Einerseits war es wirklich schön, mal was anderes zu machen als zu lernen, andererseits war er wieder zu Hause wo auch sein Vater war.

Tobias Snape hasste alles was anders war. Vor allem die Magie und Zauberei war der oberste Punkt seiner Liste. Er war Muggle und war ein verbitterter Mensch. Seine Wut entlud er oft an Frau und Kind. Seinen Sohn hasste er dafür, dass er nach Hogwarts ging und schlug ihn deswegen noch härter.

Lily bemerkte das Unbehagen des Schwarzhaarigen und wechselte das Thema. Sie wollte ihn nicht unnötig noch mehr leid zu fügen.

„Wie ich dich kenne, Sevilein, hast du bestimmt schon die 2 Pergamentrollen für Binns fertig oder?" Severus war froh über den Themenwechsel. „Ja gestern Nacht fertig bekommen", meinte er erfreut. Nur nachts konnte er die Hausaufgaben machen, die sie manchmal über die Ferien auf bekamen. Er gähnte und streckte sich. Dabei rutschte das viel zu kurze Shirt nach oben und entblößte einen riesigen Bluterguss, der sich über den ganzen Oberkörper zog. Schmerzerfüllt stöhnte er auf und zuckte zusammen. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht.

Lily hatte es gesehen und kam sofort auf ihn zu. Er tat so, als wäre nichts gewesen, doch sie zog das T-Shirt noch einmal kurz hoch. Mehr als ein Seufzen kam zunächst nicht von ihr.

„Er hat dich wieder geschlagen!?" Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Die Antwort kannte sie ja sowieso. Er setzte einen tapferen Gesichtsausdruck auf und sah sie ihr tief in die Augen.

„Das macht er doch immer, das ist nichts Neues!" Seine Stimme klang hart, doch seine Tränen gefüllten Augen verrieten ihn. Sofort nahm sie ihn in ihre Arme. Wie viel konnte oder musste er noch ertragen? Der Junge tat ihr so leid. Sie hatte das Glück gehabt, verständnisvolle Eltern zu haben. Eine Mutter die sie liebte und einen Vater der sie unterstützte. Severus hatte nur die Liebe seiner Mutter und die Wut seines Vaters.

Severus ließ sich von ihr trösten. Nur Lily und seine Mutter kannten seine Gefühle. Anderem würde er niemals vertrauen. Mitfühlend sahen ihre grünen Augen ihn an.

„Wir müssen etwas dagegen unternehmen!", stellte sie fest.

„Was denn? Und du schon gar nicht! Ich möchte nicht, dass du ihm auch noch zum Opfer fehlst. Zauber dürfen wir auch nicht. Und andere Möglichkeiten sehe ich nicht." Lily seufzte. Sie konnte sich noch an seinen Fluchtversuch erinnern.

Damals waren sie beide 11 Jahre alt gewesen. Der Hogwartsbrief war am Morgen eingetroffen und hatte bei Lilys Eltern furchtbare Freude ausgelöst. Es war der Tag, an dem Tobias Snape seinem Sohn verbat, jemals diese Schule zu besuchen. Severus war daraufhin weggelaufen, doch sein Vater hatte ihn gefunden und ihn fast zu Tode geprügelt. Lily erinnerte sich kaum noch daran, wie seine Nase vorher ausgesehen hatte. Tobias hatte Sev nämlich aus Wut mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Die Nase des Jungen war seither krumm und erinnerte ihn immer wieder an diesen Tag.

„Nur noch ein Monat, dann fährt der Hogwarts Express wieder ab", tröstete sie ihn. Wie gerne würde sie ihm helfen, doch sie wusste nicht wie.

„Gestern ist Petunia mal wieder völlig durchgedreht und hat ihre halbes Zimmer verwüstet! Daher hat sie jetzt für geraume Zeit Hausarrest." Er wusste warum sie ihm von ihrer schrecklichen Schwester erzählte. Die beiden konnten sich nicht sonderlich leiden. Deswegen erfreute ihn die Nachricht ein wenig. Sie saßen sich nun gegenüber. Lily schien etwas zu bedrücken.

„Jetzt bist du dran. Dich bedrückt doch auch etwas!", stellte er fest. Sie sah ihm kurz schweigend an.

„Bitte versprich mir, dass du nicht ausflippst." Er nickte kurz. „James und Sirius werden mich morgen besuchen."

Seine Welt brach wieder einmal zusammen. Er verbarg jedoch jegliche Gefühlsregung. „Ich wünsche auch dann viel Spaß!"

„Ich weiß nicht, was ihr drei habt? Warum hasst ihr euch so?" Lily sahen ihren besten Freund geschockt an. Sev schüttelte den Kopf. Er konnte und wollte ihr nicht erklären, warum sie sich hassten.