Während der letzten Wochen im Zug hat sich mein Notizbuch mehr und mehr gefüllt und ich schaffe es einfach nicht die ganzen Kapitel für Totentanz, Zwergenfreundschaft, Julie und der Tränkemeister abzutippen und hochzuladen. Und bestimmt werdet ihr mit mir schimpfen, dass das, was ich abgetippt habe, dann ausgerechnet eine neue Geschichte geworden ist.

Allerdings war diese Geschichte nur als kleiner Oneshot gedacht und als eine reine friendship-Geschichte. Inzwischen habe ich schon über 30 Seiten geschrieben und meine Geschichte wird immer mehr slashy. Hier also der erste Teil des One-Shots, der vielleicht zehn Kapitel umfassen wird ;)

Meine erste Slash-Geschichte! Ich kann zu meiner Verteidigung nur sagen, dass ich Gimlis und Legolas Charme einfach erlegen bin. Eine so große Liebe, ob nun aus Freundschaft entstanden, darf man einfach nicht unerfüllt lassen! Ich bin eine hoffnungslose Romantikerin und meine Schwiegermutter hat mich tatsächlich allen Ernstes nach der Lektüre von Krieg und Betrug die "neue Rosamunde Pilcher von Lübeck" genannt! Schande!!!

Also... es wird wieder kitschig werden ;)

Bitte schreibt mir ein Review!


Erfüllung des Schicksals

Gimlis Axt sang ein grausames Lied als sie immer und immer wieder auf die Orks niederfuhr, Gliedmaßen von den schwarzen, quiekenden Gestalten trennte und einen ehemaligen Diener Saurons nach dem anderen fällte. Gimlis Atem war stetig und seine Sinne richteten sich mit einer Klarheit, die er nur im Kampf empfand, auf seine Umgebung. Neben sich sah er in Abständen das Aufblitzen von Faramirs Schwert und auf seiner anderen Seite hörte er das regelmäßige Surren von Legolas Pfeilen, die die Sehne seines Bogens mit tödlicher Genauigkeit verließen. Sie brachten Ork um Ork zur Strecke, säuberten das Land von den einstigen Horden Saurons und Sarumans, während Aragorn als neuer König Gondors sein Königreich aus den Trümmern neu zu errichten begann.

Mit einem kampfeslüsternen Aufschrei machte der Zwerg einen Schritt nach vorne, hob seine schwere Streitaxt und grub sie einem größeren Uruk-hai in die Schulter.

„Nimm das, du Abschaum Sarumans! Dein Herr ist tot und Du wirst ihm folgen!"

Gimlis Muskeln spannten sich hart unter seiner Rüstung, nur getrennt durch ein ledernes Hemd von den stabilen Platten des kühlen Metalls, das seinen Körper schützte. Gimli grunzte unwillig, als die Brustplatte ihn daran hinderte, seinen Arm in einer Form zu schwingen, wie er es mit freiem Oberkörper gekonnt hätte, doch er trug sie nichts desto trotz, wohl wissend, dass bei seiner kleineren Körpergröße jeder Streich eines Feindes unwillkürlich seinen breiten Oberkörper treffen würde.

Er hatte versucht auch seinen elbischen Freund davon zu überzeugen, zumindest ein Kettenhemd zu tragen, doch Legolas hatte nur gelacht und beteuert, dass er es gar nicht so weit kommen lassen würde, als dass die Feinde nahe genug an ihn heran kommen konnten, um ihre Nahkampfwaffen einzusetzen, sein Bogen würde alle vorher niederstrecken.

Egal wie sehr Gimli auf seinen Gefährten einredete, dieser ließ sich nicht auf die Bitten des Zwerges ein.

Ein Bogenschütze braucht die Bewegungsfreiheit, Gimli. Meine Lederrüstung reicht völlig aus. Was habe ich außerdem zu fürchten, wenn du an meiner Seite kämpfst, mein Freund?'

Legolas hatte ja keine Ahnung gehabt, was er mit diesen Worten in dem treuen Zwerg ausgelöst hatte. Auch jetzt, als er sich das unbeirrbare Lächeln des Elben und den gleichzeitig fast trotzigen Blick in dessen Augen vor sich sah, kamen unwillkürlich Erinnerungen in ihm hoch, die er am liebsten verdrängt hätte und doch niemals vergessen durfte.

Nun, Herr Zwerg, wollt auch Ihr einen Blick in den Spiegel wagen?" Galadriel lächelte freundlich und Gimli wurde es warm ums Herz bei dem Anblick der schönen Elbenfrau. ‚Vielleicht' so sagte er sich ‚vielleicht sind Elben doch erträglicher, als ich dachte.'

Ein wenig unbeholfen verbeugte sich der Zwerg, der unauffällig Frodo gefolgt war, als dieser mitten in der Nacht das Lager der Gefährten verlassen hatte und der Elbenherrin Galadriel in die Gärten nachgegangen war.

Warum soll ich mich selbst im Spiegel betrachten, Herrin, wenn ich doch vor mir einen so viel schöneren Anblick habe."

Galadriel lachte hell auf und neigte den Kopf zum Dank.

Ihr sprecht schöne Komplimente, Herr Zwerg, dafür dass Ihr die Elben nicht mögt, wie Ihr behauptet." Eine heiße Röte stieg Gimli in die Wangen und er war dankbar für seinen, dichten kupferroten Bart, als er betreten seinen Blick zu Boden lenkte.

Nun, vielleicht gibt es doch noch mehr zu lernen über Euch Elben, als ich mir gedacht habe."

Es gibt immer viel zu lernen, Gimli, Gloins Sohn. Auch über sich selbst. Kommt und schaut in den Spiegel."

Galadriel winkte den Zwerg heran und deutete auf das silbrig glänzende Wasserbecken, in das Frodo nur wenige Minuten zuvor gestarrt hatte. Ein Schauer lief über Gimlis Rücken, als er sich an die Reaktion des Hobbits erinnerte. Elbenzauber! Doch wie sollte er die Bitte der schönen Frau ablehnen. Seufzend trat Gimli näher und blickte auf die kristallklare Oberfläche des Beckens.

Ein leiser Wind schien über das Wasser zu wehen und dann zeigte es eine grüne Steppe, überzogen von Geröll, wie sie überall in den Landen Mittelerdes anzutreffen war. So sehr sich der Zwerg auch bemühte und seinen Blick über die Oberfläche gleiten ließ, fand er keine Anhaltspunkte, die ihm sagten, wo sich das Gezeigte abspielte. Einen Moment lang war er halb erleichtert, halb enttäuscht, dass er nichts weiter sah, als diese grünen Gräser und die paar Steine, als plötzlich das Bild verschwamm und kurz darauf die gleiche Stelle zeigte, übersät mit den Körpern von toten Orks.

Viele waren von Schwertstreichen oder Axthieben niedergestreckt, aus ebenso vielen jedoch ragten Pfeile wie Streichhölzer empor. Eine zufrieden schnaufende Gestalt stand über einem Ork und zog seine Axt aus dem niedergestreckten Körper. Sie schien vom Kampf nicht annähernd erschöpft, und als sie sich umdrehte, erkannte Gimli mit Erstaunen seine eigene Person, ein befriedigtes Grinsen auf seinem Gesicht.

Ein plötzlicher schwarzer Schatten im Rücken des Zwerges ließ Gimli, der die Szene beobachtete, erschrocken einatmen. Hinter seinem Ebenbild hatte sich ein Ork herangeschlichen, einen Dolch umklammert und bereit in den Nacken des Zwergs zu stoßen.

Die Atmung des beobachtenden Gimlis beschleunigte sich. Würde er hier Zeuge seines eigenen Todes werden? Doch dann hallte ein entsetzter Schrei über das Schlachtfeld.

Gimli!"

Irritiert kniff der Zwerg, der in das Wasserbecken starrte, die Augen zusammen. War dies die nicht die Stimme des Elben Legolas, der mit ihm und dem Ringträger reiste? Der Gimli im Spiegel wirbelte herum und entdeckte die Gefahr in seinem Rücken. Trotz der schnellen Reaktion des Zwerges, der seine Axt nach oben riss, wäre es zu spät gewesen, wenn nicht ein surrender Pfeil von Legolas den Hals des Orks durchbohrt hätte und das Untier röchelnd vor Gimlis Füßen zusammengebrochen wäre.

Gimlis Ebenbild wandte sich dem Elben zu, um ihm zu danken, doch sowohl der Gimli in den Wäldern Loriens, als auch der Zwerg in den Wassern des Spiegels erstarrten vor Schreck. Entsetzt beobachteten sie, wie der Elb mit aufgerissenen Augen auf die Knie fiel und dann noch vorne über sackte, einen Dolch in seinem eigenen Rücken zwischen den Schulterblättern.

Der vom Kampf verdreckte Gimli schrie auf und der Zwerg, der sich an dem steinernen Becken festkrallte und die Szene beobachtete, war verwirrt über die Wut und den Schmerz in seiner eigenen Stimme.

Gimlis kämpfendes Selbst schwang seine Axt hoch und ließ sie durch die Luft zischend auf den Ork zusausen, der noch mit einem triumphierenden Grinsen hinter dem niedergestreckten Elb stand und dann mit der Axt im Schädel lautlos zusammenbrach. Dann rannte der Zwerg über die verteilten Leichen der Orks hin zu dem Elben Legolas und rollte ihn auf die Seite. Hellrotes Elbenblut klebte an Gimlis Händen, als er dem Gefährten mit den Fingern über das Gesicht strich, doch die Augen öffneten sich nicht.

Keuchend stieß sich Gimli von dem Spiegel ab und taumelte einige Schritte zurück. Mit geschlossenen Augen rang er um Fassung, aber er konnte den Anblick des leichenblassen Elben unter seinen Händen nicht verdrängen. Als er seine Lider nach einer Weile wieder öffnete, blickte er in die hellblauen Augen der Herrin Galadriel, die ihn neugierig musterte.

Was war das!? Ist das das Schicksal des Elben?"

Es zeigt was sein kann, nicht was unbedingt sein muss." wiederholte die Lady die Worte, die sie zuvor in ähnlicher Weise zu Frodo gesagt hatte.

Gimli umfasste seinen Oberkörper mit seinen eigenen Armen, um das Zittern zu unterdrücken, das ihn unweigerlich befiel. „Er hat mir das Leben gerettet und hat sich damit selbst dem Tod ausgeliefert." flüsterte er.

Die Erkenntnis über die Selbstlosigkeit des Elben, den er seit dem Aufbruch aus Bruchtal mit Misstrauen beobachtet hatte, traf Gimli in seiner Seele. Wieder erschien das Bild des schmerzverzerrten Gesichts des bildschönen Elben vor seinem Inneren Auge. So viel Schönheit und zeitloses Leben aufgegeben für ihn, Gimli, einen Zwerg?

Wie kann ich das verhindern, Frau Galadriel? Sagt mir, wie ich das verhindern kann!" Er ging einige Schritte auf die Elbin zu, die sanft lächelte.

Die Antwort liegt in Eurem Herzen, Gimli. Wie weit würdet Ihr gehen, um ihn zu retten, den Sohn Eures Vaters Feindes? Was würdet Ihr geben für sein Leben?"

Gimli starrte in die Augen der schönen Frau und wollte antworten, doch Galadriel legte ihm nur einen Finger auf die Lippen.

Antwortet nicht, mein lieber Herr Zwerg. Noch kennt Ihr Euer Herz nicht gut genug, um Euch Eurer Antwort sicher zu sein."

Damit ließ sie den erschütterten Gimli mit rauschendem Blut in seinen Adern auf der Lichtung zurück. Der Zwerg verharrte noch wenige Augenblicke, dann folgte er der Lady und ging zum Lager der Gefährten. Alle lagen in ihren Betten und Gimli tat sich nicht schwer damit, selbst in der Dunkelheit unter den Kameraden die Silhouette des schlafenden Legolas auszumachen. Das silberblonde Haar glänzte im Mondlicht und verteilte sich auf der Decke, die um die schlanke Gestalt des Elben gehüllt war. Gimli lehnte am Eingang des Fletts und konnte den Blick nicht von dem Elbenmann lösen, dessen Schultern sich stetig mit dem Atem hoben und senkten.

Warum beobachtest Du mich, Zwerg?" Die Stimme des Elben war leise und doch glockenklar in der Nacht.

Gimli brummte ungehalten. „Ich hätte ahnen müssen, dass Spitzohren wie Du nicht schlafen wie jeder andere."

Legolas drehte sich um und betrachtete den Zwerg, der sich unangenehm berührt unter dem intensiven, dunkelblauen Blick wandte. „Selbst in den Wäldern Loriens ist es nicht ratsam ohne Wachsamkeit zu ruhen. Trotzdem beantwortet es nicht meine Frage, Gimli. Warum beobachtest Du mich?"

Die sanfte Stimme des Elben, als er den Zwerg bei seinem Rufnamen nannte, entlockte Gimli einen überraschten Blick. Dann seufzte der Zwerg.

Schlaf, Legolas." Der Name des Elben schwang ungewohnt auf seiner Zunge. „Ich werde auf Dich Acht geben."

Legolas zog die Augenbraue hoch und schon zum zweiten Mal in dieser Nacht stieg dem Zwerg heiße Röte in die Wangen. Er räusperte sich unwirsch.

Auf uns alle, meine ich natürlich! Nun schlaf schon, es langt, wenn einer von uns kein Auge zutut. Träum von Blumen und närrischen Gesängen, oder wovon ihr selbstverliebten Elben sonst so träumt."

Ein leises Lachen kam aus Legolas Richtung, aber der Zwerg beobachtete zufrieden, wie der Elb gehorsam die Augen schloss und nach kurzer Zeit seine Atmung tief und gleichmäßig wurde.

„Gimli!"

Der warnende Schrei hallte über die Ebene und der Zwerg glaubte einen Moment lang, dass es noch einmal die Stimme des Elben aus seiner Erinnerung war, die ihn seitdem so quälte, doch nur Sekundenbruchteile später wurde ihm klar, dass er das Rufen des Elben im Hier und Jetzt vernommen hatte. Entsetzt fuhr er herum, das Herz bis zum Hals schlagend. Er schickte Stoßgebete zu allen Göttern Mittelerdes, dass hinter ihm kein Ork stand, einen Dolch in seiner Hand, zum Zustoß bereit. Doch noch in der Bewegung sah Gimli bereits den dunklen Schatten, der bereit war, sein Leben zu beenden. Es geschah alles genau wie in der Vorhersehung Galadriels, aber statt sich zu wehren, ließ Gimli die Axt fallen und blickte hilflos mit an, wie ein Pfeil durch die Luft surrte und den Ork in die Gurgel traf.

Noch bevor der Ork zu Boden sank und Gimli sich dem Elben zuwenden konnte, schrie er so laut er konnte:

„Legolas! Hinter Dir!"

Gimlis Augen entdeckten ein Wehen von goldblonden Haaren aus seinem Augenwinkel und als er sich umwandte, sah er wie Legolas halb um seine eigene Achse gedreht einem kleineren Ork in die pechschwarzen Augen starrte. Der Ork krähte triumphierend und Gimlis schlimmster Albtraum begann sich vor seinen Augen abzuspielen, als sich Legolas Mund zu einem stummen Schrei öffnete und seine Beine zu schwanken begannen. Aus seiner linken Schulter ragte ein Dolch empor und der schöne Elb ging wie in Zeitlupe zu Boden.

„Neeeeiiiin!"

Der Schrei des Zwerges war so voller Wut und Angst, dass alle Verbliebenen auf dem Schlachtfeld, Orks und Menschen, erstarrten, und ihre Augen auf Gimli richteten, dessen Axt mit rasender Geschwindigkeit auf den Meuchelmörder zuflog und den verwirrten Ork mitten in den Schädel traf.

Gimli war an der Seite des Elben, bevor sich Orks und Menschen auf dem Schlachtfeld überhaupt wieder bewegt hatten, doch die Schlacht nahm keine Rücksicht auf einen gefallenen Elben und seinen zwergischen Freund. Ein Atemzug mehr verstrich und Gimli war wieder umgeben von den Geräuschen der Schlacht, dem Klirren von Metall auf Metall und den Schreien sterbender Orks. Ein verzweifeltes Schluchzen entrang sich seiner Kehle, als er neben dem Elben auf die Knie sank und ihn vorsichtig herumdrehte.

„Legolas… Legolas…" murmelte der Zwerg leise und betrachtete voll Zorn den Dolch des Orks in der Schulter seines Freundes. Die Klinge reichte tief ins Fleisch hinein und zielte auf das Herz des Elben.

Einen Augenblick erschien es Gimli, als würde dem Elben ein Atemzug entweichen, als er die Klinge mit einem Ruck aus dem Körper seines Freundes zog und der Zwerg hielt mit pochendem Herzen inne, als ihm hellrotes Blut aus der Wunde pulsierend über die Hand lief. Konnte es sein? Konnte es möglich sein, dass die Klinge Legolas Herz verfehlt hatte? War seine Warnung noch rechtzeitig gekommen? Hatte er das Schicksal des Elben doch noch abwenden können?

Gimli hielt den Atem an, als er sein Ohr auf die Brust seines geliebten Freundes presste und atemlos nach dem Herzschlag des Elben lauschte. Für einen Moment, der Gimli wie eine qualvolle Unendlichkeit erschien, geschah nichts. Doch dann ganz leise und schwach hörte er den Schlag des Herzens in Legolas Brust, kaum hörbar, doch für Gimli die schönste Musik, die er je vernommen hatte.

„Hannon le, Elbereth! Cuinal Legolas mellon nîn!" /Ich danke Dir, Sternenkönigin! Du bist am Leben, Legolas mein Freund!/

Der Elb in seinen Armen zuckte zusammen und ein qualvolles Röcheln entkam seiner Lunge und Gimli hob den Körper des Freundes an, um ihm das Atmen zu erleichtern. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf die seltsam verzerrten Lippen des Elben, die ein von Schmerz überzeichnetes Lächeln formten. Seine Stimme war leise und gepresst und nichts desto trotz voller Wärme, als Legolas mit geschlossenen Augen sprach.

„Ein Zwerg der meine Götter anruft und meine Sprache spricht. Bin ich denn schon tot?"

Tränen standen in Gimlis Augen, als er dem Erstgeborenen der Valar die silberblonden Haare mit blutverschmierten Fingern aus dem Gesicht strich.

„Noch bist Du es nicht, törichtes Spitzohr. Und ich werde nicht zulassen, dass Du solch einen Unsinn hier begehst."

Gimli sah, wie Legolas mit Mühe die Augen aufschlug und versuchte die Welt um sich herum zu erfassen, doch sein Blick irrte ziellos umher, als würde er durch eine Nebelwand schauen und nichts erkennen können. Gimli legte seine Hand an die Wange des Elben und drehte den Kopf seines Freundes so zur Seite, dass dieser ihm direkt in die Augen blicken konnte. Einen kurzen Moment starrten sie sich schweigend an.

„Gimli… Woher wusstest Du, dass hinter mir…" ein plötzlicher Schmerz schien Legolas zu durchfahren, denn er krümmte sich zusammen und schrie leise auf. Gimli schloss gequält die Augen.

„Sprich nicht weiter, Legolas. Schone Deine Kräfte. Ich werde Dir alles berichten, sobald Du wieder auf Deinen lästig langen Beinen stehst." Der Zwerg versuchte seine Angst und Sorge um den Freund in seinen gewohnten bärbeißigen Kommentaren zu ersticken.

Das stille Lachen des Elben in seinem Schoß erkannte er nur an dem leichten Zittern seiner Schultern. Wie konnte dieses nervtötende Spitzohr in einer solchen Situation im Angesicht des Todes, während sein Lebenselixier aus seiner Wunde floss, nur lachen! Unwillig grunzte Gimli und eine tiefe Sorgenfalte meißelte sich in seine Stirn, als er spürte, wie Legolas Atem begann, flacher und hektischer zu werden. Er beugte sich zu dem Elben herab und suchte mit seinen Augen den Blick seines Freundes.

„Wie schlimm ist es, Legolas? Wie tief hat Dich das Messer getroffen?"

„Nur ein Kratzer, mein Freund." murmelte Legolas, doch Gimli las in den Augen seines Freundes die Wahrheit und die war alles andere als rosig. Der Elb war schwer verwundet. Trotzdem klammerte er sich wie ein Ertrinkender an die leichtherzigen Worte von Legolas.

„Warum stehst Du dann nicht auf, Spitzohr? Hier ist nicht der richtige Ort für Deinen Schönheitsschlaf."

Ein Lächeln stahl sich erneut auf Legolas Gesicht, doch plötzlich wurde er ernst und mit aller Kraft schien er seine Hand um Gimlis zu klammern.

„Es wird ein kalter Schlaf sein." wisperte er. „Ich fühle nicht den Schmerz der Wunde, aber eine eisige Kälte breitet sich von dort in meinem Blut aus. Ich sehe die Dunkelheit vor mir."

„Es ist nur der Schock, Legolas, Du verlierst sehr viel Blut." versuchte Gimli seinen Freund zu beruhigen, doch der Elb schüttelte schwach den Kopf.

„Meinem Herz wird bange." Seine Augenlider begannen wieder zuzuflattern und der Griff um die raue Hand des Zwerges ließ nach.

„Legolas! Legolas!" Panik stieg in Gimli hoch, als der Elb wie ein verwundetes Tier aufschrie und sich unter Gimlis Händen wand.

„Gimli… bitte… bleib bei mir." Legolas Stimme war kaum mehr als ein Hauch, bevor er in Gimlis Armen zusammensackte.

Dem zwergischen Krieger liefen heiße Tränen über die Wangen.

„Ich bin hier, Legolas. Und ich werde immer an Deiner Seite sein, aber bitte verlass Du mich nicht!"

Der Elb antwortete nicht mehr. Nur das wilde Zucken seiner Augenlider und der flache hektische Atem zeugten davon, dass Legolas Mittelerde noch nicht verlassen hatte.

„Gimli! Was ist geschehen?" Faramir hatte sich schwer atmend zu den beiden Gefährten hindurchgeschlagen. „Was ist mit Legolas? Ist er…?"

Gimli schüttelte nur den Kopf. „Aber er wird es bald sein, wenn er nicht Hilfe bekommt. Ich fürchte, er braucht eine Medizin, die er hier nicht bekommen kann."

Faramir nickte und starrte besorgt auf den Elben in Gimlis Armen, während der Zwerg mechanisch immer wieder über die Wange seines besten Freundes strich.

„Wir sind an der Grenze zu Dunland zwischen Fluss Isen und den Graufluten. Es sind fast drei Tagesritte in scharfem Galopp durch Rohan bis nach Minas Tirith."

„Und nicht einmal zwei bis nach Bruchtal." ergänzte der Zwerg nachdenklich.

„Nach Bruchtal! Gimli! Du weißt nicht, ob Herr Elrond noch da sein wird. Königin Arwen berichtete, dass ihr Vater in den Westen segeln will. Das ist zu riskant!"

„Und es ist zu riskant drei Tage nach Minas Tirith zu reiten!" fuhr der Zwerg mit einem Zorn auf, der Faramir erschrocken zurückweichen ließ.

Gimli überkam eine große Müdigkeit. „Ich fürchte, Legolas hat keine drei Tage mehr ohne einen Heiler. Wir müssen es riskieren."

Faramirs Schulter sackten hinunter. „Das ist nicht gut, Herr Zwerg. Ich kenne den Weg nach Bruchtal nicht."

„Du? Es langt doch, wenn ich ihn kenne. Reite Du mit Deinen Männern zurück sobald diese Orks besiegt sind und informiere Aragorn. Ich bringe Legolas nach Bruchtal."

„Gimli… ich weiß, wie sehr Dein Herz an Legolas hängt. Aber meinst Du nicht, es wäre besser ein Mensch, der sich mit Pferden auskennt…"

Gimlis Wutschrei war beängstigend.

„Ich werde Legolas nicht verlassen, Faramir, Sohn von Denethor! Erfülle Deine Pflicht und bring Deine Männer heil zu Deinem König zurück und lass mich meine Pflicht erfüllen!"

Faramir schwieg einen Moment und neigte dann widerspruchslos den Kopf. „Sag mir was ich tun soll, Gimli."

Der Zwerg dachte mit Unruhe an den bevorstehenden Ritt. Faramir hatte nicht Unrecht, dass er nicht dafür geschaffen war, einen schnellen, scharfen Galopp zu meistern und das noch mit einem bewusstlosen Elben im Arm. Aber er würde Legolas nicht allein lassen. Er hatte es ihm verprochen, und selbst, wenn der Elb nicht danach gefragt hätte, hätte Gimli keinen Gedanken daran verschwendet, zurückzubleiben. Es musste einen Weg geben.

„Du könntest mich am Sattel festbinden, sobald ich aufgesessen bin und den Elben vor mich in den Sattel heben." Dann drehte er sich in die Richtung um, in der die Männer ihre Pferde vor wenigen Stunden - oder waren es Minuten - zurückgelassen hatten. „Arod!"

Gimli befürchtete bereits, dass das eigenwillige Pferd auf sein Rufen nicht kommen würde und er es holen musste, doch erstaunlicher Weise dauerte es nur Sekunden bis der Schimmel hinter einem sanften Hügel erschien und auf die beiden Männer und den niedergestreckten Elb zugaloppierte. Arod wieherte heiser, als er seinen Herrn am Boden liegen sah und blieb mit bebenden Flanken vor Gimli stehen, der ihm ungeschickt die Nüstern tätschelte.

„Hör zu, Arod. Ich weiß, wir stehen nicht auf bestem Fuße miteinander, aber wir müssen Legolas nach Bruchtal bringen. Gemeinsam, hast Du mich verstanden?"

Das Pferd schnaubte und zur Überraschung des Zwerges knickte Arod seine Vorderbeine ein und kniete sich vor Gimli, der mit einem erleichterten Aufseufzen aufsaß und Faramir zunickte, der mit Elbenseil Gimli mit wenigen, straffen Knoten am Sattel festband. Dann hob der Krieger aus Gondor den Elben auf, dessen Kopf willenlos hin und her schwang, und setzte ihn vor Gimli, der seine starken Arme beschützend um den Freund legte, der ihm auf einmal so zart und zerbrechlich erschien wie ein Kind. Einer plötzlichen Eingebung folgend streckte er die Hand aus und zeigte auf die Orkwaffe am Boden.

„Faramir, der Dolch. Gib mir den Dolch!"

Gimli nahm den Dolch entgegen, starrte ihn einen Augenblick hasserfüllt an und stopfte die Klinge dann in die Satteltasche. Aus der anderen Tasche nahm er ein sauberes Hemd, zum ersten Mal glücklich darüber, dass die Vorliebe der Elben für Reinlichkeit auch vor Legolas nicht Halt gemacht hatte, und positionierte das Tuch zwischen der blutenden Wunde in Legolas Schulter und seiner Brust, an die er den Elben presste, nicht nur um die Blutung zu stillen, sondern auch um den flachen Atem und schwachen Herzschlag des Elben spüren zu können.

„Gimli, was wirst Du tun, wenn Elrond Bruchtal bereits verlassen hat?"

Gimli schüttelte nur grimmig mit dem Kopf.

„Lord Elrond wird da sein. Sie wird dafür gesorgt haben." Gimli war sich inzwischen sicher, dass die schöne Frau Galadriel sein Versagen schon damals gekannt haben musste. Sie würde in Bruchtal auf ihn warten.

Was würdest Du geben für sein Leben?' hatte sie ihn gefragt und ihn nicht antworten lassen, ihn keinen Schwur ablegen lassen, den er nicht erfüllen würde. Er hatte sich von seiner Kampfeslust ablenken lassen, er hatte seinen lieben Freund aus den Augen verloren. Er hatte geglaubt, er würde alles geben, um Legolas zu retten. Doch nicht einmal seinen verfluchten Kriegerstolz hatte er abgelegt, um den Elben zu beschützen. Er hatte jämmerlich versagt, hatte das noble Geschenk der Herrin Galadriel, das Wissen um die Zukunft, für seine Eitelkeit zunichte gemacht. Die Schuld lastete schwer auf seinen Schultern und er flüsterte dem ohnmächtigen Elben leise ins Ohr:

„Ich verdiene nicht Dein Freund zu sein, Legolas. Aber wenn dieser Schwur noch helfen kann, dich zu retten, mein Junge, dann sei Dir hiermit sicher: Ich, Gimli, Gloins Sohn, werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Dich dem Tod zu entreißen. Ich schwöre bei Aule, ich werde Dich nicht noch einmal im Stich lassen, Legolas."

Gimli warf Faramir einen letzten Blick zu und drückte dann seine Hacken in die Flanken des Schimmels.

„Los, Arod! Nach Bruchtal! Laufe um das Leben Deines Herrn!"

Mit einem Wiehern richtete sich Arod auf und wendete sich gen Norden. Gimli klammerte sich mit seinen Beinen am Sattel fest und versucht den Elben so weich wie möglich in seinen Armen zu halten, als Arods Höllenritt nach Bruchtal begann.


Fortsetzung folgt