Die folgende Geschichte habe ich für einen Wettbewerb in meinem Lieblingsforum geschrieben. Dazu gab es folgende Vorgaben:
Thema: Feuer und Wasser
Fandom: VoE, HP, SM, WK, Ranma, Gargoyles
Genre: Thriller oder Romance
Wörter, die vorkommen müssen: Wasserspeier, Handtuch, Zimt, Streichhölzer, Fisch, Schirm
Disclaimer: Die hier verwendeten Figuren des Harry Potter-Universums gehören nicht mir, sondern sind das geistige Eigentum von JKR. Ich habe sie lediglich entliehen und verdiene damit kein Geld. Mir gehört lediglich die Idee dieser Geschichte.
Zukunft?
„Na
toll!" Frustriert blickte Hermione auf die winzigen Flocken Asche,
welche die Überreste eines soeben in Flammen aufgegangenen
Weingummidrachens darstellten.
Es waren noch etwa zwei Wochen,
dann würden die Briefe für das neue Schuljahr von Hogwarts
verschickt werden, und bis dahin sollten die neusten Süßigkeiten
für das Sortiment von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze
Serienreife erreicht haben. Doch bislang weigerten sich die
Fruchtgummis beharrlich mit Hermione zusammenzuarbeiten. Zwar war es
ihr gelungen, die kleinen Figuren zum Leben zu erwecken, doch sobald
die Drachen wie ihre großen Vorbilder begannen Feuer zu
spucken, verbrannten sie an den eigenen Flammen.
Auch der heutige
Ansatz, bei welchem sie versucht hatte mittels Wachholder die Flammen
auf ein harmloses Maß zu reduzieren, hatte nichts gebracht.
„Was soll's", seufzte sie und räumte die Schüssel mit
der Gummimasse in die Spüle, „immerhin musste dieses Mal
wenigstens nicht die halbe Küche dran glauben." Bei einem
Versuch vor wenigen Tagen mit Pfefferminze als regulierender
Ingredienz hatte sie beinahe die ganze Küche in Brand gesetzt.
Überhaupt wusste sie so langsam nicht mehr weiter. Sie hatte
schon so viel ausprobiert, von A wie Anis bis Z wie Zimt. Mit
ersterem war es ihr zwar gelungen die Flammen zu reduzieren,
allerdings hatte sich der Weingummidrache beim Verzehr auf das
zehnfache seiner ursprünglichen Größe ausgedehnt, so
dass man die Süßigkeit beim besten Willen nicht mehr
schlucken konnte. Vanille als Zutat hatte sich als so schwer
erwiesen, dass die kleinen Drachen dermaßen lethargisch wurden,
dass sie sich nicht mehr von Muggelnaschwerk unterschieden, und Zimt
schließlich hatte die Masse so hart werden lassen, dass sie
sich nicht mehr in die Formen gießen ließ. Die Liste der
Misserfolge ließ sich fast endlos fortsetzen.
Mit einigen
gekonnten Ratzeputz- und anderen Reinigungszaubern schaffte Hermione
wieder Ordnung in ihrer Versuchsküche, ehe sie sich dem Regal
zuwandte, um sich die Zutaten für einen neuen Ansatz
zusammenzusuchen. Doch keine der Reagenzien in dem Schrank passte zu
dem bisherigen Konzept, welches an sich sehr erfolgreich war, so dass
Hermione noch nicht gewillt war, die gesamte Rezeptur umzustellen.
Außerdem hatte sie dieses nagende Gefühl, dass es durchaus
ein Kraut oder ähnliches gab, welches das Problem, vor dem sie
stand, lösen würde. Doch welches? Sie hatte nun schon so
oft ihre Bücher durchgeblättert, dass allein der bloße
Anblick ihrer treuen gebundenen Freunde sie in Rage versetzte.
Vielleicht war es ja an der Zeit, einfach mal einen Spaziergang zu
machen und somit etwas Abstand zu dem Projekt zu gewinnen.
Kurzentschlossen griff sich Hermione ihren Regenmantel und ihren
Schirm, denn noch nicht einmal der seit einigen Tagen andauernde
Regen würde sie davon abhalten, jetzt einen Spaziergang zu
machen.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, war
Hogsmeade bei diesem Wetter förmlich ausgestorben. In den
Straßengräben floss das Wasser knietief in einem regen,
gurgelnden Treiben dahin, so dass es Hermione nicht weiter gewundert
hätte, wenn sie eine Forelle oder einen anderen Fisch beim
Luftschnappen in dem Wasserlauf entdeckt hätte. Das gleichmäßige
Prasseln des Regens auf ihrem Schirm hatte etwas beruhigendes, und
der Geruch frischer feuchter Erde ließ sie nach dem langen
Experimentieren in ihrer Wohnung über dem Laden tief aufatmen.
Sie erlaubte ihren Gedanken sich selbstständig zu machen und
davon zu driften, während sie den Weg entlang schlenderte, ohne
recht auf ihre Umgebung zu achten.
Als sie wieder zu sich kam,
hatten ihre Füße sie bis vor die schmiedeeisernen Tore von
Hogwarts getragen. Augenblicklich kam Hermione die große
Bibliothek in den Sinn, in der sie während ihrer Schulzeit so
manche Stunde zugebracht hatte. Sicherlich würde sie dort auch
etwas finden, dass ihr bei ihrem Drachenproblem weiterhelfen könnte.
Allerdings war sie keine Schülerin mehr, und selbst wenn man ihr
gestatten würde das Reich von Madame Pince für ihre
Recherche zu nutzen, waren immer noch Ferien und die großen
Tore geschlossen. Natürlich gab es diverse Geheimgänge zur
Burg, die Hermione dank der verschiedenen Abenteuer mit Harry und Ron
und der Karte der Rumtreiber kannte, aber so verzweifelt war sie dann
auch wieder nicht. Weshalb sie diese Idee auch sofort wieder verwarf.
Trotzdem warf sie einen sehnsüchtigen Blick zu den im Nebel nur
schemenhaft zu erkennenden Türmen der trutzigen Burg. Dabei
entdeckte sie etwas, das ihr augenblicklich ein Lächeln aufs
Gesicht zauberte. Eigentlich etwas eher Alltägliches für
Hogwarts, und dennoch etwas, das man nur allzu schnell wieder vergaß:
Wie üblich bei einem solchen Wetter, hatten sich einige der
geflügelten Wasserspeier selbstständig gemacht und jagten
einander in wildem Spiel um die Zinnen.
Hermione war so vertieft
in den Anblick der herumtollenden steinernen Ungeheuer, dass sie die
herannahende Gestalt gar nicht bemerkte.
„Miss Granger." Eine
tiefe, ironische Stimme ließ Hermione zusammenfahren.
Selbst
unter Tausenden hätte sie die Stimme von Professor Snape, dem
Lehrer für Zaubertränke in Hogwarts und Schrecken der
meisten Schüler, erkannt. Sie zwang sich, sich zu beruhigen und
möglichst gelassen zu erwidern. „Professor."
„Was
machen Sie hier?"
Während ihrer Schulzeit hätte die
harsche Frage Hermione vermutlich einen Schauer der Angst über
den Rücken gejagt, sie dazu gebracht, sich äußerst
unwohl zu fühlen, ertappt, selbst, wenn sie das Recht hatte,
sich dort aufzuhalten, wo sie sich aufhielt. Doch jetzt, hier und
heute, während sie über eine Antwort nachdachte, erkannte
sie mit einem Schlag, dass sie ihre Schulzeit hinter sich gelassen
hatte. Der Zaubertrankmeister konnte ihr nichts mehr anhaben. Weder
konnte er ihr kostbare Hauspunkte abziehen, noch sie zu Nachsitzen
oder Strafarbeiten verdonnern, und auch die nervliche Anspannung, ob
ihr Aufsatz von ihm mit einem O oder einem T bewertet würde,
existierte nicht mehr. Hermione blickte auf und direkt in das
mürrische Gesicht des Professors. „Ich genieße das
schöne Wetter", sagte sie herausfordernd. „Und Sie?"
„Ich
erfreue mich einer jeden Minute, da ich noch ungestört durch die
Flure und über die Länderein der Schule streifen kann, ohne
über, die Vorschriften missachtende, Schüler zu stolpern.
Zugegeben, ein etwas sonnigeres Wetter wäre mir angenehmer, aber
die Zeit des Friedens ist nun mal äußerst knapp bemessen,
ehe ich mich wieder mit fangzähnigen Frisbees und
Nasenblutnougat herumschlagen darf."
Kurz flackerte so etwas
wie Schuldbewusstsein über Hermiones Gesicht, stammte doch über
die Hälfte der Dinge, mit denen die Schüler den Lehrern in
Hogwarts das Leben schwer machten, aus dem Laden der
Weasley-Zwillinge in der Winkelgasse, oder der Filiale in Hogsmeade,
die Hermione betreute.
Als hätte sich Snape ebenfalls daran
erinnert, sagte er: „Ich vergaß, Sie gehören ja
inzwischen auch zu dem Konzern dieser beiden dummen Nichtsnutze."
„Es tut mir leid, Professor", erwiderte Hermione, doch ehe
Snape ihre Antwort als Entschuldigung dafür werten konnte, dass
die beste Schülerin ihres Jahrgangs die Erwartung so ziemlich
aller Lehrer mit ihrer Berufswahl enttäuscht hatte, fuhr sie
schon fort. „Es tut mir leid, dass ein so kluger Mensch wie Sie
nicht in der Lage ist, hinter die Fassade zu blicken. Haben Sie sich
nie gefragt, warum Fred und George Weasley, die trotz aller Scherze
und Streiche bei den Prüfungen, wie ihre Brüder, stets gute
Noten erreichten, ausgerechnet bei den ZAGs so miserabel abschnitten?
Haben Sie je vom wissenschaftlichen Standpunkt aus eines ihrer
Produkte, etwa ein Nasenblutnougat oder eine Kotzpastille,
untersucht? Offenbar nicht, denn sonst hätten Sie längst
das Potenzial, welches dahinter steht, erkannt." Die Enttäuschung
war Hermione deutlich ins Gesicht geschrieben.
Wortlos blickte
Professor Snape seine ehemalige Schülerin an. Ihre Worte hatten
ihn erschüttert, nicht so sehr vom Inhalt her, auch wenn es an
seinem Ego kratzte, dass sie ihm unterstellte Potenzial nicht erkannt
zu haben, sondern die Art, die Kraft, die bedachte Würde, die
aus den Anschuldigungen herausklang. Keiner seiner ehemaligen
Schüler, nicht einmal seine angeblichen Lieblinge aus Slytherin,
hatten je gewagt so mit ihm zu reden, ihm das Gefühl zu geben,
dass der Respekt, den sie für ihn gehegt hatten, eine herbe
Einbuße erlitten hatte. Und gerade Hermione Granger hatte ihm
einen Respekt entgegen gebracht, der nicht der Furcht, sondern der
Hochachtung vor seinem Wissen entsprang. „Also schön",
knurrte er schließlich, „Sie haben gewonnen. Ich werde eines
der Produkte der Herren Weasley untersuchen. Sie haben nicht zufällig
eines dabei?"
Hermione konnte sich ein triumphierendes
Aufblitzen in ihren Augen gerade noch verkneifen, dann suchte sie in
den Taschen ihres Regenmantels und förderte eine kleine
Schachtel mit einem Tagtraumzauber hervor. „Bitte sehr, Professor."
Snape zögerte für einen Moment, dann fragte er:
„Möchten Sie bei der Untersuchung dabei sein? Damit Sie mir
hinterher keine Manipulation der Ergebnisse vorwerfen können."
Der angehängte Nachsatz ließ Hermione schmunzeln. Sie
kannte den Professor gut genug, um zu wissen, dass seine
Professionalität ihm jede Manipulation hierbei verbot, dennoch
schien er jedes Entgegenkommen vor sich selbst rechtfertigen zu
müssen. „Gerne Professor."
Ohne, dass ein weiteres
Wort zwischen ihnen beiden gesprochen wurde, öffnete Professor
Snape das Tor, und gemeinsam gingen sie hinunter in Snapes privates
Labor, welches an sein Büro grenzte. Während der Professor
alles Notwendige für die Untersuchung vorbereitete, setzte sich
Hermione auf einen hohen Schemel und sah von der Ecke aus zu. Sie
genoss es, Severus Snape bei seiner disziplinierten Arbeitsweise zu
beobachten.
Der Zaubertrankmeister ging sehr methodisch vor,
sprach zunächst einen Bann, der verhindern sollte, dass der
Tagtraumzauber seine Wirkung tat und sich dabei selbst zerstörte.
Dann machte er sich daran Schicht um Schicht das Zaubergeflecht zu
entwirren. Nur ein einziges Mal geriet er ins Stocken. Er hatte sich
seit Jahren nur recht oberflächlich mit Arithmantik beschäftigt,
nun aber hatte er es mit einem ihm unbekannten, komplizierten Zauber
zu tun.
„Es ist ein Salvarius-Zauber, den die Zwillinge selbst
entwickelt haben. Das Ungewöhnliche an ihm sind seine Zahlen,
die 0, die 5 und die 2. Diese Zahlen werden in dieser Kombination
eigentlich so nicht verwendet, aber im Kern des Tagtraumzaubers ist
eine Zutat enthalten, die eine Verbindung ermöglicht", sagte
Hermione leise von ihrer Ecke heraus.
„Wie zum Henker...",
murmelte Snape in seinen nicht vorhandenen Bart, während er auch
diesen Zauber löste. Danach blieb nur noch eine kleine Kugel,
welche den Kern des Zaubers bildete. Diesen gab der Professor in
einen Kessel, wo er zusammen mit anderen Zutaten zu einem Trank
zerkochen sollte, der sich hinterher leicht in seine einzelnen
Bestandteile zerlegen ließ. Zuletzt warf er noch einige
bläuliche Streichhölzer in den Kessel, gerade so viele wie
nötig waren, um exakt für eine Stunde die Flammen des
Feuers auf Temperatur zu halten und danach zu löschen. Erst als
ihm nichts anderes übrig blieb als zu warten, bis der Trank
fertig war, wandte er sich wieder Hermione zu.
„Vielen Dank für
den Hinweis mit dem Salvarius-Zauber. Es war zwar nicht nötig,
aber dennoch." Auch wenn der Dank aufrichtig gemeint war, schaffte
Severus es nicht, den Sarkasmus aus seiner Stimme zu vertreiben.
„Ich weiß, dass es nicht nötig war, schließlich
haben Sie selbst schon während ihrer Schulzeit eigene Zauber
entwickelt. Aber es gab keinen Grund Sie unnötig bei der Analyse
aufzuhalten", erwiderte Hermione schulterzuckend.
„Nun ja,
wie es aussieht, haben wir jetzt dennoch etwas Zeit... Würden
Sie vielleicht gerne eine Tasse Tee trinken?"
Überrascht
von dem freundlichen Angebot, nahm Hermione dankend an. Tatsächlich
war es in den Kellergewölben ziemlich kühl, und ein heißes
Getränk daher sehr willkommen.
Professor Snape entfachte
unter einem zweiten Kessel Feuer und füllte ihn mittels eines
simplen „Aguamenti"-Zaubers mit Wasser. Dann trat er erneut an
die große Regalwand, welche seine Zaubertrankzutaten enthielt.
Vor zwei etwas abseits stehenden Weithalsflaschen machte er Halt.
„Schwarztee oder Kräutertee?", fragte er Hermione.
„Kräutertee, bitte. Mein Körper reagiert mit Zittern
auf das Teein, und ich möchte heute Abend noch ein wenig
weiterarbeiten, da brauche ich eine ruhige Hand."
Überrascht
sah der Professor seine ehemalige Schülerin an. Gerade bei dem
Pensum, dass sie sich während ihrer Schulzeit auferlegt hatte,
hätte er gewettet, dass sie ein Koffeinjunkie war. „Also gut,
einmal Kräuterspezial. Gute Wahl übrigens", meinte er
noch, während er die Glasflasche auf den Tisch stellte und in
zwei Teebecher die Kräutermischung löffelte.
Kurz
darauf saßen beide mit einer Tasse dampfendem Tee da und
beobachteten den vor sich hin köchelnden Kessel mit der
Tagtraumlösung. Eigentlich albern, aber Hermione war nicht
gewillt von sich aus das Schweigen zu brechen. Sie wusste, dass sie
an diesem Tag schon sehr viel erreicht hatte. Nicht nur, dass der
Professor eines der Weasley-Produkte analysierte, er begegnete ihr
auch mit freiwilliger Höflichkeit, etwas, das während ihrer
Schulzeit ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre, deswegen
aber nicht weniger angenehm war. Diesen Erfolg musste sie nicht durch
nervöse Plapperei aufs Spiel setzen.
Stattdessen
konzentrierte sie sich darauf, herauszuschmecken, welche Kräuter
Professor Snape für seinen Tee zusammengemischt hatte. Die
Fruchtkomponente war leicht zu erkennen, es handelte sich um
Erdbeere. Eine weitere Zutat war Süßholz, da war sich
Hermione ziemlich sicher. Aber da war noch etwas anderes, eine dritte
Zutat, die sie nicht zuordnen konnte. Sie war sich sicher, dass sie
das Kraut kannte, konnte aber keinen Zusammenhang mit einem anderen
Getränk oder einer Speise oder einem Zaubertrank herstellen, so
dass sie vielleicht den Geschmack darüber hätte
identifizieren können.
„Verraten Sie mir, was in der
Kräutermischung außer Erdbeere und Süßholz
ist?", fragte sie schließlich, und brach damit doch das
Schweigen.
„Zwei von drei, und das ganz ohne Magie. Nicht
schlecht, Miss Granger", gab Snape zur Antwort. „Meinetwegen, ich
werde Ihnen auch noch die dritte Zutat nennen, aber nur, wenn Sie mir
zuvor verraten, wie eine so herausragende Schülerin, wie Sie es
waren, sich für etwas so Niveauloses wie die
Scherzartikelbranche entscheidet."
Hermione war überrascht,
aber auch ein wenig geschmeichelt, dass diese Frage Professor Snape
tatsächlich zu beschäftigen schien. Sie überlegte
kurz, suchte nach den richtigen Formulierungen, um ihrem ehemaligen
Lehrer ihre Handlungsgründe darzulegen, ohne in seinen Augen
noch tiefer zu sinken. „Niveau", fing sie an, „ist etwas
Subjektives, Sir. Für Sie sind Dinge wie Nasch- und
Schwänzleckerein oder ein Tagtraumzauber verschwendete Energie.
Für die Schüler bedeuten sie ein Stück Lebensqualität.
Die meisten erkennen sehr bald, dass sie den Stoff einer geschwänzten
oder auf andere Weise versäumten Schulstunde zu einem anderen
Zeitpunkt nachholen müssen. Wenn sie aber durch einen gelungenen
Streich, einen lustigen Scherz ihrem Humor ein wenig Freiraum geben,
dadurch für einen Moment alles andere, was sie belastet,
vergessen können, und dann hinterher um so zielstrebiger,
ausgeglichener weiterlernen können, dann ist das in meinen Augen
nicht niveaulos. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um so
fortschrittliche Produkte wie die der Weasley-Zwillinge handelt."
„Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst, Miss Granger?" Prüfend
zog Professor Snape eine Augenbraue hoch.
„Im Kern schon. Das
einzige, was gegen diese Art des Humorauslebens spricht, ist die
Tatsache, dass Scherze und Streiche nicht nur den Urheber betreffen,
sondern auch, zumeist ungewollt, andere. Und es ist dieser Umstand,
und nicht etwa der Streich selbst, der zum Beispiel Sie, Sir, gegen
solche Scherzbolde aufbringt. Im Zauberscherzgeschäft gilt es
daher abzuwägen, ob der Humorgewinn den möglichen Schaden
um ein Vielfaches übersteigt. Und dies ist meiner Meinung nach
bei Weasleys Zauberhaften Zauberscherzen der Fall. Außerdem
habe ich während des Kampfes gegen Voldemort gelernt, dass
manchmal Lachen ebenso wichtig ist wie Atmen."
Professor Snape
beschloss diese Aussage fürs Erste so stehen zu lassen. „Das
erklärt aber immer noch nicht, warum die überragende
Jahrgangsbeste, der alle Möglichkeiten in der magischen Welt,
und wie ich Sie kenne, vermutlich auch der nichtmagischen Welt, offen
standen, inklusive sogar in absehbarer Zeit die Leitung von St.
Mungo's oder gar der Posten als Zaubereiministerin, ausgerechnet
das ‚Zauberscherzgeschäft' wählt."
„Wissen Sie,
dass ich Sie beneide, Sir?"
Mit allem hätte Severus Snape
wohl gerechnet, aber nicht damit, dass ausgerechnet eine neunmalkluge
Gryffindor ihn beneiden würde.
„Sie konnten sich
entscheiden. Sie haben etwas gefunden, dass Sie so sehr fasziniert,
dass Sie ihr Leben damit verbringen können. Das eine als Hobby,
das andere als Beruf. Denn erzählen Sie mir nicht, dass Sie sich
in ihrer Freizeit als Ausgleich zum Zaubertrankunterricht nicht mit
Verteidigung gegen die dunklen Künste beschäftigen, oder
umgekehrt, wie etwa während meines sechsten Schuljahrs. Sie
haben unter allen Aspekten der magischen Welt zwei Dinge gefunden,
mit denen Sie sich jeden Tag aus Neue beschäftigen wollen. Sie
waren fähig eine so begrenzte Auswahl zu treffen, sich darauf zu
spezialisieren. Ich konnte das nicht." Hermione trank einen Schluck
des wirklich hervorragend schmeckenden Tees, ehe sie fortfuhr.
„Hogwarts bietet ein wirklich großartiges Spektrum, das
den Schülern bei dieser Auswahl helfen soll. Ich konnte nie eine
derartige Wahl treffen. Während meiner gesamten Schulzeit habe
ich nur ein einziges Fach nicht aus Zeitgründen abgewählt,
und das auch nur, weil ich schnell erkannte, dass ich keinerlei
Begabung dafür hatte, und es sich bei diesem Fach nun mal um ein
Gebiet handelte, bei dem man ohne Begabung nichts lernen konnte, und
auch die Begabung nicht erlernbar war – Wahrsagen. Alle anderen
Fächer jedoch haben mich in gleichem Maße fasziniert.
Und
genau das war das Problem, als es darum ging, einen Beruf zu wählen.
Jeder Beruf, ob Heiler, Auror, oder das Ministerium für den
Missbrauch von Muggelartefakten, hätte Teilbereiche der Magie
abgedeckt, die mich unbedingt faszinierten. Aber leider eben nur
Teilbereiche. Einen Beruf unter vielen zu wählen, hätte
bedeutet, auf all die anderen Bereiche der Magie zu verzichten,
beziehungsweise nur in sehr eingeschränktem Maße zu
nutzen. In jedem Fall aber hätte ich das Gefühl gehabt,
dass mir etwas Wichtiges in meinem Leben fehlt."
Gebannt hörte
Severus zu. Denn gerade die Tatsache, dass Hermione Granger sich in
allen ihren Prüfungsfächern dermaßen ausgezeichnet
hatte, hatte unter seinen Kollegen die wildesten Spekulationen
hervorgerufen, wenn es um die berufliche Zukunft dieser Schülerin
ging. Und umso größer war der Unglaube gewesen, als ihre
Wahl bekannt wurde.
„Dann wurde ich zufällig Zeuge, als
Fred und George Weasley ein neues Produkt entwickelten. Fred war in
ein Buch über Arithmantik, fortgeschrittene Arithmantik um genau
zu sein, vertieft, während George einen Stapel YTT-Magazine, die
monatliche Runenzeitschrift, nach etwas durchsuchte. Vor ihnen, auf
dem Tisch, lagen Zaubertrankrezepturen und Versuchsprotokolle
ausgebreitet. Sicher, ich hatte gewusst, oder zumindest vermutet,
dass die beiden Asse auf den Gebieten Zaubertränke, Verwandlung
und Zauberkunst sein mussten, aber Alte Runden und Arithmantik?
Fächer, die sie während ihrer Schulzeit gar nicht belegt
hatten? Spontan bot ich ihnen meine Hilfe an, und je mehr ich mich
mit dem Projekt befasste, desto mehr erkannte ich, wie fassettenreich
ihre Arbeit war. Mir wurde klar, dass ich mich in diesem Geschäft
nicht entscheiden müsste. Eins führte zum anderen, so dass
ich heute festes Mitglied im Entwicklungsstab bin, und nebenbei die
Filiale in Hogsmeade leite.
Die mangelnde Fähigkeit sich für
ein Teilgebiet zu entscheiden, ist übrigens auch der Grund,
warum die Zwillinge letztendlich ihre Streiche zu ihrem Beruf gemacht
haben. Abgesehen von ihrem natürlichen Hang zu Schabernack und
Uzereien. Anders als ich aber, durften sie ihre vielseitigen
Neigungen und Begabungen nicht ernsthaft offen zeigen, da ihnen
anderenfalls ihre Mutter niemals auch nur im Entferntesten erlaubt
hätte, einen Laden für Zauberscherzartikel zu eröffnen.
Sie hätte ihnen solange die Hölle heiß gemacht, bis
sie mindestens Abteilungsleiter im Ministerium geworden wären
oder so. Auch jetzt war es schon schwer genug Molly zu überzeugen."
Nur zu gut erinnerte sich Professor Snape an Molly Weasley, die
mit ihrer energischen Art das ganze Hauptquartier des Phönixordens
in privaten Belangen kommandiert hatte. Sogar ihm war es nicht immer
gelungen sich ohne ein anständiges Abendessen wieder davon zu
stehlen.
„Und nun, Professor, ist es an Ihnen, mir die dritte
Zutat des Tees zu verraten", erinnerte Hermione den
Zaubertrankmeister.
„Waldmeister, Miss Granger. Die dritte
Zutat ist Waldmeister."
Waldmeister? Das Maikraut? Perplex
starrte Hermione erst Snape, dann ihre Teetasse an. Waldmeister!
„Danke, Professor! Vielen Dank!" Das war die Lösung! Vor
Freude fiel sie dem mürrischen Zaubertranklehrer kurz um den
Hals, und noch ehe sie sich dieser Tat bewusst werden konnte, war sie
auch schon aus dem Keller gestürmt. Die regulierende Zutat für
die Weingummidrachen war Waldmeister!
Zurück blieb ein
äußerst verwirrter Severus Snape. Was war nur in Miss
Granger gefahren? Und wie kam sie dazu, ihm um den Hals zu fallen?
Noch dazu, als hätte sie keine Angst vor ihm? Wobei, genau
betrachtet, hatte sie den ganzen Nachmittag über kein Anzeichen
von Angst gezeigt. Vielmehr hatte sie sich ihm gegenüber voller
Selbstbewusstsein behauptet, ohne dabei im geringsten aufdringlich
oder überheblich zu wirken. Herausfordernd, ja, aber er wusste,
dass hinter einer solchen Herausforderung auch ein passender
Intellekt stand. Und obgleich er noch immer nicht mit ihrer
Berufswahl so ganz einverstanden war, einfach weil er das
Zauberscherzgeschäft nach wie vor für unter ihrem Niveau
hielt, konnte er ihre Argumente doch bis zu einem gewissen Grad
nachvollziehen.
Kein Zweifel, die kleine Schülerin, die vor
ihm gezittert hatte, gab es nicht mehr. Sie war erwachsen geworden,
und zum ersten Mal stand er dieser Entwicklung, die zwangsläufig
alle seine ehemaligen Schüler durchgemacht hatten, nicht
gleichgültig gegenüber – ja, wenn er ehrlich zu sich
selbst war, stand er Hermione Granger allgemein nicht gleichgültig
gegenüber.
Es war bereits spät am Abend und
Hermione hatte soeben die fertigen Weingummidrachen aus den Formen
geschüttelt, als es an der Hintertür zum Laden klopfte.
„Wer mag das sein?", überlegte sie laut. Die Zwillinge
schieden aus, denn diese hätten sich einfach direkt in den Laden
oder ihre Wohnung appariert. Einen Besuch vorher anzukündigen
hielten sie für verschwendete Zeit. Was das Ankündigen
betraf, so hielten es Ron, Ginny und Harry ähnlich, bevorzugten
aber den Kamin. Tatsächlich fiel ihr niemand ein, der auf diese
Weise bei ihr um diese Zeit anklopfte. Doch da sie nun mal keinerlei
hellseherische Fähigkeiten besaß, konnte sie nur durch
simples Öffnen der Tür herausfinden, wer der späte
Besucher war. Also ging sie hinunter, während auf ihrem
Küchentisch kleine Weingummidrachen umherstolperten, die winzige
grüne Flämmchen ausstießen – ohne sich dabei selbst
zu verbrennen.
Zu ihrer großen Überraschung war es
Professor Snape. „Professor? Was führt Sie hierher?"
Hermione trat beiseite und ließ Snape eintreten.
„Ich
dachte, Sie wären vielleicht an den Ergebnissen meiner
Untersuchung interessiert. Außerdem haben Sie bei ihrem
überstürzten Aufbruch vorhin ihren Schirm in meinem Labor
vergessen." Und er hielt ihr den Regenschirm entgegen.
Tatsächlich
hatte Hermione das Fehlen des Schirms noch gar nicht bemerkt, da sie
kurzerhand den Geheimgang in Richtung ‚drei Besen' benutzt hatte,
und sich nach etwa der Hälfte des Weges aus Ungeduld direkt in
ihre Versuchsküche appariert hatte. Lächelnd nahm sie nun
den Schirm entgegen. „Danke, Sir. Aber...", sie besah sich den
Lehrer, der vom Regen triefnass war, von Kopf bis Fuß, „warum
haben Sie den Schirm nicht benutzt?"
Auch Professor Snape sah
an sich herunter, dann ergriff er irritiert das Handtuch, welches
Hermione ihm hinhielt. „Ich weiß es nicht..."
