Das Erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte, wonach er die Hand ausstreckt, das Kostbarste, was er im Leben besitzt, ist die Familie."

Prolog

„Albus! Albus, nein!" Finsternis umhüllte sie. Sie rannte, rannte so schnell sie konnte. Sie wollte ihm entgehen, dem Schatten der Welt, der sich über ihr Herz zu spannen schien und sie mit eiskaltem Griff festklammerte. Es war alles Irrsinn, das alles hier. Aussichtslos. Sie waren dazu verurteilt zu sterben. Doch, was machte es schon? Nichts. Albus war tot. Wie trüb und aussichtslos waren doch ihre Gedanken ohne ihn. Albus. Alles wofür sie je gelebt und gekämpft hatte, war in einem Moment verschwunden, vernichtet mit einem Zauberspruch, den es hätte gar nicht geben dürfen. Albus. Sie wälzte sich hin und her. Albus. Sie schrie und weinte, trat um sich. Sie hatte ihn gesehen, wie es vom Turm gestürzt war, sie hatte ihn auffangen wollen, aber nein, wofür war das noch nütze. Albus. Sie war auf ihn zugerannt, hatte sich neben ihn gekniet. Doch er war schon tot gewesen. Oder? Sie glaubte, für den Bruchteil einer Sekunde, ihn zwinkern gesehen zu haben. Nein, das war alles Illusion. Wu

nschdenken. Ohne, dass sie es gemerkt hatte, waren dicke schwere Tropfen aus ihren Augen auf seine Kleidung getropft. Sie hatte sie über ihn gebeugt. Wie lange waren sie Freunde gewesen? Wie lange hatten sie sich vertraut und sich alles erzählt. Wann hatte das aufgehört? Sie wäre für ihn gestorben. Sie wäre für ihn durch Himmel und Hölle gegangen. Doch nun war alles unwichtig. Sie strich ihm seine weißen langen Haare aus dem Gesicht. Dabei berührte sie seine Wangen, welche noch warm waren. Sie schluchzte laut auf, krallte sich in seine Kleidung fest und schlang ihr Arme um ihn, fing an bitterlich zu weinen. „Nein, nein, nein…geh nicht, geh nicht fort. Bitte, verlasse mich nicht." Sie stürzte in eine bodenlose Tiefe, erfüllt von unheimlicher Schwärze und schmerzender Last. Sie schluchzte abermals und schrie einmal laut auf. „Albus, nein. Bitte, bitte ich tue alles. Einfach alles, nur bitte…", sie schrie noch einmal auf, was aber in leisen Schluchzern abebbte und durch die Tränen verwischt wurde. „Bitte", flüsterte sie nun. „Bitte…verlasse mich nicht. Ich brauche dich doch." Sie fiel immer weiter in das unbekannte Grauen. Sie wollte weder atmen noch weiter leben, denn jeder Atemzug, stach ihr tausende von Dolchen in ihren Brustkorb. Nun schob sich ein anderes Bild in ihr Gedächtnis. St. Mungos. Fünf Schockzauber waren es gewesen, oder doch sechs? Sie wusste es nicht mehr. Er hatte ihr über das narbige Dekoltée gestrichen, eine freundschaftliche Geste wie sie vermutete. „Auch wenn sie schmerzen, so zeigen sie mir doch deine uneingeschränkte Loyalität. Das ist das Wichtigste, du bist das Wichtigste!" Sie hatte nur gelächelt und darüber gescherzt. Warum? Warum hatte er das getan? Es waren wieder die alten Gefühle von Beklemmung und Verwirrung aufgetaucht, aus den Untiefen ihres Bewusstseins. Und jäh holte sie die Schwärze wieder ein. Doch plötzlich leuchteten kleine Lichter auf und ein scharfer Schmerz zog sie durch ihre Brust. Sie keuchte auf und begann abermals zu schluchzen. Sie würde niemals wieder aus dem Nichts wiederkehren, da war sie sicher.

Doch plötzlich schlangen sich kräftige Arme um sie. Sie drückten sie fest an sich und murmelten beruhigende Worte von schlechten Träumen und Beschwichtigungen des „Alles wieder gut seins". Die Arme wiegten sie hin und her, bedachten sie manchmal mit einem beruhigenden Zischen und ihr Schluchzen wurde weniger und sie traute sich ihre Augen zu öffnen. Poppy Pomfreys Gesicht zeigte sich. Minerva McGonagall lag in ihren Armen, durchgeschwitzt und zitternd. Poppys Linke strich über ihren Rücken während ihre Rechte durch ihre Haare strich und die verirrten Strähnen zu Recht zupfte. Minerva begann wieder zu schluchzen, unfähig aufzuhören. Und Poppy verstand es und zog sie noch näher an sie heran. Sie hauchte ihrer besten Freundin einen Kuss auf die Stirn und schaute Minerva traurig an. Auch ihr liefen Tränen über das Gesicht, was sie allerdings geflissentlich zu verdecken versuchte. „Ich vermisse ihn so, Poppy. Ich vermisse ihn so.", schluchzte Minerva und drückte sich noch fester in die Umarmung. „Ich weiß, Min, ich weiß!", sagte nun die Angesprochene und schluckte vernehmlich. Lange Zeit sprach keiner ein Wort. Der Atem der Frauen ging langsamer und Minerva begann sich in ihrem Schlafzimmer umzusehen. Es war tiefste Nacht und der Mond schien durch die dicken roten Vorhänge hindurch. Sie löste sich etwas aus Poppys Armen und betrachtete ihre Freundin und Vertraute. „Was tust du hier?" Poppy lächelte traurig über die plötzliche Wandlung Minervas. „Die Hauselfen riefen mich. Sie hörten dich schluchzen und weinen. Sie machten sich große Sorgen!" Minerva schluckte und nickte resigniert. Traurig betrachtete sie den Baldachin ihres Bettes. „Ich vermisse ihn so sehr.", wiederholte sie. Poppy strich ihr über das Gesicht. „Ich weiß, Min. Wir alle tun das." Sie blickte nun zu Seite.

Nach einer Weile brach sie das Schweigen. „Was wird nun aus uns werden?", fragte sie sich so leise, das sie dachte, Minerva hätte es nicht gehört. Doch diese antwortete: „Der Tag an dem ich Severus Snape jemals wieder begegne, ist der Tag seines Todes.", zischte sie leise. Ihre Gegenüber nickte vernehmlich. „Und ich darf dich nach diesem Duell dann wieder zusammen flicken. Wenn er denn Mumm dazu besitzt, dann werden wir ihn auch so behandeln. Wie einen mutigen Narr." Minerva lächelte zaghaft. „Es tut mir Leid, dich aus dem Bett geholt zu haben." Poppy tat dies mit einer Handbewegung ab. „Ich habe nicht geschlafen. Ich durfte mir Prophezeiungen von Sybill anhören. Sie schien keine Ruhe finden zu können und brauchte jemanden zum Quälen, so schien es mir." Nun grinste sie. „Sie faselte etwas von der Wiederkehr einer der zwei Stammesväter." Sie lachte zaghaft. „Die spinnt. Ich habe noch von keinem Zauberer gehört, der zweitausend Jahre alt wurde, du?" Sie stupste Minerva leicht in die Seite, sodass diese aus ihren Gedanken schreckte und ihre Freundin verwirrt anblickte. „Zweitausend Jahre? Nein, habe ich auch noch nicht gehört." Poppy lächelte und unterdrückte ein Gähnen. „Soll ich bei dir bleiben, oder kommst du alleine zu Recht?", fragte sie, als wäre es alltäglich bei Minerva McGonagall zu übernachten. Diese wurde dementsprechend rot um ihre Wangen und schaute zu Boden. Sie käme zu Recht, hoffte sie. „Ich denke, du kannst dich in dein eigenes Bett legen. Ich schaffe das schon!", sagte sie leise und versuchte erst gar nicht, ihr Gähnen zu unterdrücken. Poppy nickte. „Na also dann, gute Nacht, Min. Braucht du noch einen Traumlostrank?", fragte sie besorgt. Minerva schüttelte den Kopf. „Danke, ich komme zu Recht. Gute Nacht, Poppy." Diese erhob sich und schritt ohne einen weiteren Laut von sich zu geben aus Minervas Gemächern.

Diese ließ sich tiefseufzend in ihre Kissen sinken. Die Last, die nun auf ihr ruhte, war groß. Vielleicht zu groß! Nein, sie schüttelte diesen Gedanken ab und schloss ihre Augen, da ihre Lider schwer wurden. Morgen, morgen würde sie weiter denken, morgen ergebe schon alles seinen Sinn. So war es schon immer gewesen und so würde es auch immer bleiben. Und mit diesen letzten Gedanken schlief sie ein und ihr Unterbewusstsein öffnete sich ein zweites Mal in dieser Nacht.