The Wake Up
SERENAZu oft gab
es Zeiten in meinem Leben, in denen ich durch die Hölle ging. Dinge,
die ich gerne anders gemacht hätte. Entscheidungen, die ich lieber
nicht getroffen hätte. Situationen, in denen ich mich selbst kaum
ausstehen konnte.
Heute, mit 25, habe ich jedoch trotzdem das
Gefühl alles richtig gemacht zu haben. Endlich.
Als das
eindringliche Piepsen des digitalen Weckers meine Träume stört und
mich aus dem Schlaf reißt, vergrabe ich als erste Reaktion das
Gesicht murrend in meinem viel zu weichen Kissen. Als dieses Ding auf
meinem Nachtschrank jedoch offensichtlich nicht von selbst zur Ruhe
kommen will, sehe ich mich gezwungen träge den Kopf zu heben, den
einen Arm auszustrecken um dem nervenaufreibenden Geräusch selbst
ein Ende zu bereiten und mich schließlich im Bett aufzusetzen.
Ich
fahre mir seufzend mit beiden Händen durch das lange blonde Haar,
welches noch wirr und unfrisiert nur zögernd durch meine Finger
gleitet. Dann stelle ich mit einem schnellen Blick auf die
aufgewühlte Bettwäsche neben mir fest, dass er bereits aufgestanden
ist. Ich schiebe die Decke von mir, schwinge die Beine über den
Bettrand, erhebe mich schließlich und schlürfe auf nackten Füßen
über den dunkelblauen Teppichboden aus dem Schlafzimmer und einen
Gang entlang, ehe ich schließlich das geräumige Bad erreiche und
mich mit zusammengekniffenen Augen im Spiegel über dem Waschbecken
betrachte. Die Augen gerötet, Abdrücke des Kissens auf der rechten
Wange. Ich trage ein altes, braunes T-shirt von ihm und seine
rotkarierten Shorts.
Schnell drehe ich den Hahn auf und klatsche
mir eiskaltes Wasser ins Gesicht. Ich nehme eine Bürste und fahre
damit mit drei schnellen Bewegungen durch mein Haar, als ich ein mir
vertrautes Geräusch vernehme, welches mich augenblicklich aus dem
Bad lockt. Beinahe lautlos schleiche ich zu einer anderen, nicht weit
entfernten Tür und öffne diese vorsichtig ohne zu klopfen.
Da
sitzt er. Wie immer ist er so vertieft in sein Tun, dass er mich
nicht bemerkt. Seine Finger fliegen schnell über die Tastatur. Sein
Gesicht spiegelt seine Konzentration nur zu gut wieder. Er sitzt mit
dem Rücken zu mir an seinem Computer und ich trete an ihn heran und
lege ihm beide Hände über die Augen. Sofort legt er seine Hände
auf die meinen, doch er schiebt sie nicht weg.
Ich beuge mich zu
ihm nach vor. „Dreimal darfst du raten wer ich bin", flüstere
ich ihm geheimnisvoll wie ich bin ins Ohr. „Und die ersten beiden
Male zählen nicht."
Ein Lächeln umspielt seine Lippen. „Hm",
er runzelt scheinbar nachdenklich die Stirn. „Chuck, bist
du's?"
„Daniel Humphrey!", protestiere ich laut und reiße
empört die Arme hoch. „Wie kannst du es wagen?"
Er springt
auf, nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst sanft meine Stirn.
„Schon auf?", fragt er verwundert, meine Worte ignoriert er
gekonnt. Er kennt mich und weiß, dass Schlafen meine geheime
Leidenschaft ist.
„Der Wecker war noch gestellt", ich verdrehe
demonstrativ die Augen. „Und das am Sonntag!"
„Mein armes
Mädchen", sagt er neckend und küsst mich erneut, dieses Mal auf
die Lippen.
Ich hätte ihn am liebsten an mich gezogen und nicht
mehr losgelassen, doch dann spähe ich über seine Schulter auf den
flimmernden Bildschirm. „Wie geht's voran, du großer
Autor?"
„Ich denke bis zum Abgabetermin bin ich fertig",
weicht er schnell aus. An seine Bücher lässt er niemanden ehe diese
vollendet sind, nicht einmal mich. Um weiteren Fragen auszuweichen
beugt er sich zu meinem noch flachen Bauch herab, geht dabei beinahe
in die Knie, schieb das braune T-shirt hoch und küsst meine Haut
knapp über dem Nabel. Es kitzelt ein wenig und ich lache kurz
auf.
„Und wie geht es klein Matty?", fragt er während er sich
erhebt und seine Arme um mich legt. „Oder klein Allie?"
„Ihm
oder ihr geht's soweit gut", gebe ich Auskunft, doch sogleich
verziehe ich schmollend den Mund. „Aber wer weiß . . . wenn Mummy
nicht bald ihr Frühstück bekommt . . ."
„Daddy ist schon
unterwegs", versichert Dan.
Er lässt mich los und ist schon an
der Tür, als ich ihn noch einmal zurückhalte: „Dan!"
Er
dreht sich um und sieht mich mit hochgezogenen Brauen abwartend an:
„Ja?"
„Mummy und Daddy – wer hätte das gedacht, hm?",
ich lächle.
Nie war ich glücklicher.
Und er lächelt auch.
