Das hier ist die Fortsetzung zu "Sirius Black und das Geheimnis der Peitschenden Weide". Wie das letzte Mal werde ich jeden Samstag neue Teile hochladen. (Und die nächsten Teile werden länger, versprochen. ;) ) Viel Spaß beim Lesen! :)
DISCLAIMER: WELT UND PERSONEN GEHÖREN J. K. ROWLING.
Sirius Black und der Diener des dunklen Lords
Andromeda
Sirius Black saß in seinem Zimmer im Grimmauldplatz und schrieb einen Brief an seinen besten Freund James Potter. Er hatte zehn herrliche Tage bei den Potters in Godric's Hollow verbracht, die ihn zu seinem Erstaunen freundlich aufgenommen hatte, wie James es ihm vorausgesagt hatte. Dies war insofern bemerkenswert, als dass Sirius der Erbe der ältesten und reinblütigsten Zaubererfamilie Großbritanniens war, die den dunklen Künsten bekanntermaßen nicht abgeneigt war, während die Potters von ihnen als Blutsverräter bezeichnet wurden und James' Vater Leiter der Aurorenzentrale war.
Für Sirus war die Einsicht schmerzlich gewesen, dass die ganze Sache anders herum nie möglich sein würde. James würde niemals einen Fuß in den Grimmauldplatz setzen. Orion und Walburga Black würden es nicht zulassen. Wenn es nach Walburga gegangen wäre, hätte Sirius noch nicht einmal James besuchen dürfen. Doch Orion Black, stets um das rechte Ansehen der Blacks in der Öffentlichkeit bedacht, hatte es schließlich erlaubt. Wenn auch Blutsverräter, so waren die Potters doch eine reiche, mächtige und vor allem reinblütige, alte Zaubererfamilie. Abgesehen von ihren politischen Eskapaden war der Erbe der Potters der Gesellschaft des Erben der Blacks durchaus angemessen. Aber Sirius war natürlich auch klar, dass er niemals auch nur daran denken dürfte, seine anderen beiden Freunde aus Hogwarts besuchen, Remus Lupin und Peter Pettigrew. Remus hatte eine Muggle-Mutter und die Pettigrews waren zwar reinblütig, aber arm und hatten keine besonders lange Linie vorzuweisen. Sie waren der Beachtung der Blacks nicht wert.
Sirius' Türschloss knackte und eine Sekunde später schwang seine Zimmertür auf. Kreacher kam unaufgefordert hineingeschlurft und hielt erst an, als er direkt vor Sirius stand. Mit seinen wässrigen, blutunterlaufenen Augen blickte er sich misstrauisch im Zimmer um.
„Was willst du, Kreacher?", fuhr Sirius ihn an, der den Hauselfen noch nie besonders gemocht hatte.
„Die Herrin schickt mich. Der junge Herr soll nach unten kommen."
Sirius verspürte nicht die geringste Lust, sein Zimmer zu verlassen.
„Ich komme gleich", knurrte er, aber der Hauself machte keine Anstalten, sein Zimmer zu verlassen. „Was ist denn noch?", fauchte Sirius ihn gereizt an. „Verschwinde endlich!"
„Die Herrin hat gesagt, der junge Herr soll sofort nach unten kommen."
Genervt legte Sirius Feder und Tinte zur Seite.
„Ich komme sofort. Aber jetzt hau endlich ab!"
Er packte den dürren Elfen verärgert am Arm, warf ihn vor die Tür und schloss hinter ihm ab. Sirius mochte es überhaupt nicht, wenn jemand einfach so in sein Zimmer eindrang. Vor allem nicht, wenn es Kreacher war. Er wusste, dass der Hauself Walburga Black alles berichten würde, was er gesehen hatte.
Früher hat er wenigstens angeklopft, dachte Sirius bitter. Aber das hatte aufgehört, nachdem er nach Gryffindor gekommen war.
Als Sirius aus seinem Zimmer kam, stand Regulus bereits im Flur und wartete auf ihn.
„Da bist du ja endlich. Was hast du denn so lange noch gemacht? Mutter wartet."
„Ich musste mich noch umziehen", log Sirius. Zusammen gingen sie die Treppe hinunter.
„Du musst Kreacher nicht immer so anschreien", sagte Regulus. „Ich hab deine Stimme durch die Wand gehört. Er tut doch nur, was Mutter ihm aufträgt."
„Er ist ein nerviger, kleiner Bastard, der mir hinterher spioniert", gab Sirius gereizt zurück. „Und ich schreie ihn an, so lange ich will. Er ist nur ein verdammter Hauself."
Regulus sagte nichts dazu.
In der Eingangshalle wartete Walburga Black.
„Warum hat das so lange gedauert, Kreacher?", fuhr sie den Hauselfen an. „Ich habe gesagt, sie sollen sofort kommen!"
„Entschuldige, Mutter, wir mussten uns noch fertig machen. Kreacher trifft keine Schuld", antwortete Regulus diplomatisch. Sirius schnaubte verächtlich, hielt aber den Mund. Glücklicherweise bemerkte Walburga Black davon nichts und gab sich mit Regulus' Antwort zufrieden.
„Wir gehen in die Winkelgasse", verkündete sie. „Ihr braucht beide neue Umhänge und wir müssen eure Schulsachen kaufen."
Sirius' Gesicht hellte sich unwillkürlich auf. Alles war besser als im Grimmauldplatz zu hocken und die Winkelgasse war nicht das schlechteste Ziel für einen Ausflug.
Walburga Black winkte Kreacher zu und der Hauself streute Flohpulver in den Kamin. Nacheinander traten die Blacks in die grünen Flammen.
„Winkelgasse."
Nachdem sie einen stattlichen Geldbetrag von Gringotts geholt hatten, gingen sie zunächst zu Flourish & Blotts, um die Schulbücher für Sirius und Regulus zu kaufen. Danach brachte Walburga Black sie zu Madam Malkins Anzüge für alle Gelegenheiten, wo sie persönlich das Maßnehmen beaufsichtigte und die gewünschten Umhänge in Auftrag gab. Als Sirius und Regulus fertig waren, ließ Walburga Black bei sich noch Maß nehmen, sodass Sirius und Regulus eine herrliche Stunde für sich allein in der Winkelgasse hatten unter der Bedingung, dass sie zusammenblieben.
Als erstes schleppte Sirius Regulus zu Freud & Leid, dem Scherzartikelladen in der Winkelgasse, wo er seinen Vorrat an Stinkbomben und Dr. Filibusters Feuerwerkskörpern auffüllte. Regulus, der draußen auf Sirius wartete, bedachte ihn mit einem missbilligenden Blick, als er aus dem Laden kam.
„Was?", wollte Sirius gereizt wissen. In letzter Zeit konnte ihn jede Kleinigkeit seitens seiner Familie zur Weißglut bringen, auch was Regulus anging. Gerade was Regulus angeht. Seit wann ist er so anders? Als er nach Hogwarts gegangen war, hatte sein kleiner Bruder noch so viel jünger gewirkt; auch in den Weihnachtsferien hatte sich nicht viel daran geändert gehabt. Nur die Kluft zwischen ihnen war größer geworden. An Bellatrix' Hochzeit ist es mir das erste Mal aufgefallen...
„Nichts", riss ihn Regulus aus seinen Gedanken. „Ich frage mich nur, ob du in Hogwarts nichts Besseres zu tun hast, als deine Zeit mit kindischen Streichen zu vergeuden. Mutter war nicht gerade erfreut über die vielen Briefe."
„Mutter ist über gar nichts erfreut, was ich tue", gab Sirius unwirsch zurück.
„Sie wäre es, wenn du dir bessere Freunde als Schlammblüter und Blutsverräter suchen und dich deinem Status entsprechend verhalten würdest."
Sirius fuhr herum.
„Pass auf, was du sagst, Regulus!"
„Ich spreche nur die Wahrheit aus. Wenn dir das nicht passt, ist es nicht meine Schuld. Du bist immer noch der Erbe, Sirius, und Mutter und Vater wären stolz auf dich, wenn du dich so verhalten würdest."
Sirius zog es vor, darauf nicht zu antworten. In reichlich frostiger Stimmung gingen die beiden Brüder hinüber zu Qualität für Quidditch, wo sich zahlreiche Bewunderer um den neusten Rennbesen drängten. Sirius schenkte ihnen keine Beachtung. Sein Onkel Alphard hatte diesen Sommer jedem von ihnen den Nimbus 1001 geschenkt.
„Sirius! Hey, Sirius!", rief plötzlich eine Stimme und ein schlanker Junge mit zerzausten Haaren und Brille winkte ihm begeistert zu.
„James!" Sirius strahlte. „Was machst du denn hier?"
„Ich war mit Mum Bücher kaufen und bei Madam Malkins. Sie ist jetzt noch bei Flourish & Blotts und in einer Stunde treffen wir uns, um bei Florean Fortescues Eissalon einen Fruchteisbecher zu essen. Hast du Lust mitzukommen?"
Sirius schüttelte den Kopf.
„In einer halben Stunde muss ich mich mit meiner Mutter im Tropfenden Kessel treffen."
„Ach so..." James klang enttäuscht. „Hast du Lust, zu Freud & Leid mitzukommen?", fragte er nach einer kurzen Pause des Schweigens. „Ich muss meine Vorräte auffüllen."
Sirius war zwar schon da gewesen, aber er hatte nichts dagegen, dem Scherzartikelladen noch einen zweiten Besuch abzustatten.
„Klar."
Sie gingen zum Ausgang.
„Sirius!" Regulus lief ihnen hinterher. „Mutter hat gesagt, wir sollen zusammenbleiben!"
„Dann komm doch mit", gab Sirius genervt zurück.
„Wir waren schon bei Freud & Leid. Ich will hier bleiben."
„Schön, dann bleib hier."
Sirius drängte sich nach draußen, bevor Regulus noch etwas sagen konnte.
„Wer war das denn?", wollte James wissen.
„Regulus, mein kleiner Bruder", erklärte Sirius. „Seit den Osterferien nervt er total."
„Meinst du, er kommt wie du nach Gryffindor?", fragte James. Seine Stimme klang, als hätte er da so seine Zweifel.
Sirius überlegte einen Augenblick.
„Nein", sagte er dann, „ich glaube nicht."
Die Einsicht war nicht überraschend, trotzdem schmerzte sie irgendwie, ohne dass er hätte sagen können, weshalb.
Als James sich mit Scherzartikeln aller Art eingedeckt hatte (unter anderem Warzhautpulver für den Mädchenschlafsaal, Sirius hatte sich auch noch eine Packung eingesteckt) und sie den Laden wieder verließen, entdeckten sie Lucius Malfoy.
„Was macht der denn hier?", entfuhr es James. Seine Stimme brachte seine Abscheu deutlich zum Ausdruck. Sirius zuckte mit den Schultern.
„Schulsachen kaufen?", vermutete er.
„Guck mal!" James' Augen waren auf ein silbernes Abzeichen auf Malfoys Brust gerichtet. „Ich glaub's nicht, Dumbledore hat ihn zum Schulsprecher ernannt!"
„Naja, immerhin war er seit der fünften Klasse Vertrauensschüler", meinte Sirius wenig beeindruckt.
„Aber er ist ein Slytherin! Und sein Vater unterstützt diese Todesser und er ist auch nicht besser!"
Er ist der Erbe der Malfoys, er ist zum Führen erzogen worden und die Slytherins respektieren ihn. Er hat gute Noten, er hat sein Amt als Vertrauensschüler nicht über das Maß hinaus missbraucht – zumindest nicht so, dass die Lehrer es bemerkt hätten – und nach Hogwarts ist ihm ein Job im Ministerium so gut wie sicher.
„Du kannst ja Dumbledore nach seinen Gründen fragen."
„Vielleicht hat er das Abzeichen ja an die falsche Person geschickt", hoffte James, aber besonders überzeugt klang seine Stimme nicht.
„Sirius!"
Es war Regulus mit Rosier im Schlepptau. Letzterer verabschiedete sich jedoch, als Regulus auf Sirius und James zuging.
„Heute sind wirklich alle hier, was?", hörte Sirius James neben sich sagen. „Evans hab ich vorhin auch schon mal gesehen. Und rate mal, mit wem: mit Snape!"
Regulus hatte sie erreicht, bevor Sirius antworten konnte.
„Die Stunde ist rum. Wir müssen zum Tropfenden Kessel", verkündete sein kleiner Bruder.
James ignorierte er komplett. Dieser wiederum musterte Regulus mit offener Abneigung.
„Also dann, wir sehen uns im Hogwarts-Express", meinte Sirius lahm, bevor James Regulus womöglich eine Beleidigung an den Kopf warf. James klopfte ihm auf die Schulter.
„Nur noch eine Woche. Bis dann, Kumpel."
Kaum waren sie wieder zu Hause, da war plötzlich die Hölle los. Innerhalb kürzester Zeit trafen Tante Druella und Onkel Cygnus mit Narzissa und Bellatrix ein. Druella und Cygnus wirkten bestürzt und schockiert, Narzissa weinte und Bellatrix spuckte Gift und Galle. Kurze Zeit später wusste Sirius warum: Andromeda war seit mehreren Tagen verschwunden. Heute war ein Brief von ihr eingetroffen, in dem sie von ihrer Heirat mit Ted Tonks erzählte und ihre Familie um Verständnis bat.
„Ein Schlammblut!", kreischte Bellatrix außer sich vor Zaun. „Wie kann sie es nur so ein dreckiges Schlammblut heiraten! Abschaum! Sie beschmutzt nicht nur ihr eigenes Blut, sie verrät uns alle! Sie beschmutzt die Familienehre!"
Seltsam teilnahmslos hörte Sirius Bellatrix geifern und dachte daran, wie sie sich zum letzten Mal in Hogwarts unterhalten hatten. Ich wollte mich von dir verabschieden, Sirius. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder. Er hatte die ganzen ersten Wochen der Sommerferien auf den Eklat, den ihr Verhalten zweifellos hervorrufen würde, gewartet, aber als nichts geschah, hatte er es einfach vergessen.
„Wir hätten sie umbringen sollen! Schon damals, als sie nach Ravenclaw gekommen ist! Spätestens da hätten wir wissen müssen, dass sie nicht ganz richtig im Kopf ist! Du!" Sie zeigte so plötzlich auf Sirius, dass dieser unwillkürlich einen Schritt zurückwich. „Du hast es gewusst! Ich weiß es! Du bist in Gryffindor, du bist genauso verdorben wie sie!"
Plötzlich waren alle Augen auf Sirius gerichtet. Er spürte, wie ihm kalt wurde. Ja, er hatte Bescheid gewusst. Aber wie sollte Bellatrix davon erfahren haben?
„Sirius!" Walburgas Stimme klang wie ein Peitschenknall. „Ist das wahr?"
Dass ich verdorben bin?, hätte er am liebsten gefragt, aber bevor er etwas sagen konnte, mischte sich sein Vater ein: „Jetzt aber mal halblang, Bellatrix. Andromeda ist sechs Jahre älter als Sirius. Die beiden hatten nie viel miteinander zu tun. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass Sirius irgendetwas gewusst haben könnte."
„Ich weiß es!", beharrte Bellatrix. „Die beiden..."
„Kannst du es beweisen?", unterbrach Orion Black sie kühl. Bellatrix schwieg.
„Als Oberhaupt dieser Familie und als Sirius' Vater obliegt es mir, ihn zu bestrafen", fuhr Orion Black mit kalter Stimme fort. „Ohne Beweis deinerseits, Bellatrix, sehe ich dazu keinen Anlass."
„Und was ist mit diesem Miststück Andromeda? Sollen wir ihren Verrat etwa einfach ignorieren?", fauchte Bellatrix.
„Nein", ergriff Cygnus zum ersten Mal das Wort. „Ich verstoße sie. Von nun an habe ich nur noch zwei Töchter. Und sollte sie sich jemals wieder meinem Haus nähern, dann werde ich sie eigenhändig umbringen, das schwöre ich, und jeden, der ihr hilft!"
Bellatrix' Gesicht nahm einen triumphierenden Ausdruck an. Narzissa weinte stumm vor sich hin. Druellas Gesicht war eine undurchdringliche Maske. Orion Black geleitete sie persönlich zum Kamin, damit sie nach Hause zurückkehren konnte. Nachdem Tante, Onkel und Cousinen gegangen waren, packte Walburga Black ihren ältesten Sohn am Arm.
„Sieh dir das gut an, Junge! Das passiert mit allen, die das fürnehme und gar alte Haus der Blacks verraten!"
Sie schwang ihren Zauberstab und richtete ihn auf den Wandteppich in der Eingangshalle. Ein flammender Strahl traf den Stammbaum der Blacks und hinterließ ein schwarzes Loch. Andromeda Black existierte nicht mehr.
