Kapitel 1- Im Dunkel der Nacht
James flüchtete die Gänge entlang. Immer wieder hörte er Mrs Norris hinter sich.
Verdammtes Vieh, dachte er. Filch kann auch nicht weit sein.
Sirius, Remus und Peter waren in einen anderen Gang abgebogen. James war Schulsprecher, wenn Filch ihn schnappte, würde er sich leicht heraus reden können. Wie schon so viele Male leierte er in Gedanken den Satz herunter. Ich war auf Kontrollgang. Er konnte ihn schon selber nicht mehr hören.
Doch diesmal war es anders. Sollte Filch ihn erwischen war er dran! Der Hausmeister hatte im vor ein paar Wochen die Karte abgenommen. OK, Filch war ein Squib. Aber vollkommen verblödet war er auch nicht. James hatte gesehen, wie der Hausmeister misstrauisch an dem alten Pergament geschnüffelt und jeden Zentimeter genauestens abgetastet hatte.
Außerdem war es mitten in der Nacht. Selbst um diese Uhrzeit konnte man ihm seine übliche Ausrede nicht mehr abnehmen.
Wieder bog er um eine Ecke und da stand plötzlich Mrs Norris vor ihm.
„Wie schaffst du das nur?", fragte er griesgrämig, aber anerkennend das zerzauste Fellbündel. „Du warst doch vorhin noch hinter mir!"
Wieder ertönte ein lautes Maunzen.
„Wenn das eine Antwort gewesen sein soll, soll mich Evans küssen.", sagte er.
Schon wieder maunzte die Katze. „Dir war doch klar, dass das eine unmögliche Bedingung war.", tadelte er den Vierbeiner.
Schritte ertönten, sowie ein leises Grummeln und Fluchen. James ergriff die Flucht. Eilig ging er weiter, bis er einen Wandbehang erblickt.
Kurz entschlossen stieß er ihn beiseite und ein Durchgang wurde frei. Er war sich sicher, dass Filch diesen Gang nicht kannte. Und wenn doch, würde er ihn hier drin niemals finden. Dieses Versteck findet niemand, sagte sich James stolz.
Schnell ging er im Dunkeln weiter. Zwar verband dieser Gang zwei Korridore, aber Prongs fand, dass er sich erstmal verstecken sollte. Er tastete die raue Steinwand entlang, bis er die unsichtbare Türklinke fand. Selbst bei Licht hätte man sie nur so finden können und so ersparte sich James, seinen Zauberstab hervor zuholen und Lumos zu sagen. Er öffnete die Tür und huschte in die kleine Kammer.
Da stand er nun. Sein Atem ging schnell und er lehnte an der Wand.
„Puh, das war knapp.", sagte er zu sich selbst.
„Wirklich?", wollte eine leise Stimme wissen.
„AHHH!", schrie er auf.
„Psst!", machte die sanfte Stimme und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. „Sei leise!"
Bei James saß der Schock tief. „Willst du mich umbringen?", atmete er schnell.
„Tut mir leid. Ich war aber selber erschrocken als du die Tür geöffnet hast."
„Na ja, das war auch keine Absicht.", langsam beruhigte sich James wieder.
„Siehst du, da sind wir ja quitt.", sagte sie freundlich und nahm ihre Hand von seinem Arm.
„Was machst du hier?", wollte James nun wissen.
„Nach was sieht es denn aus?", lachte sie.
„Ha, ja. Doofe Frage.", stimmte er zu und lachte ebenfalls. „Woher kennst du den Gang?", harkte er nun neugierig nach.
„Ich hab mich mal gegen den Wandbehang gelehnt. Tja, und dann bin ich durch gefallen.", schmunzelte sie.
„Echt? Wie hast du die Kammer gefunden?"
„Ich habe mich an der Wand entlang getastet, weil es so dunkel war.", erklärte sie logisch.
Eine kurze Pause trat ein.
„Vor wem versteckst du dich denn?", wollte sie nun wissen.
„Mrs Norris.", antwortete James. „Sie war gerade dabei Filch zu rufen. Da musste ich mich aus dem Staub machen."
„Ja, dieses miese kleine Biest.", fauchte sie. Für einen kurzen Moment kam ihm die Stimme bekannt vor, aber dann sprach sie wieder in dem sanften Ton. „Ich würde ihr mal gerne einen guten Fluch aufhalsen."
„Oh, da gibt es viele.", grinste James. „Wie wäre es mit Pusteln? Haarausfall oder einem zweiten Schwanz? Farbe würde ihr auch gut tun. Oder man könnte einen blutrünstigen Hund besorgen. Hagrid hat bestimmt einen.", verlor er sich in Gedanken.
Wieder lachte sie. „Ich werde mal drüber nachdenken. Danke."
„Oh, bitte. Keine Ursache. Jeder Zeit wieder."
Kurz darauf entschieden sie, dass die Luft rein sein müsste. Sie standen in dem dunkeln Gang.
„War nett mit dir zu plaudern.", sagte sie und es klang ernst. „Man versteckt sich nicht alle Tage mit jemand nettem in einer versteckten Kammer.
„Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.", bedankte sich James. „Ich muss jetzt hier lang.", er zeigte vor sich.
„Ja, ich muss da lang.", antwortete sie und machte einen Schritt nach vorne.
Natürlich war es in dem Gang stockdunkel und ihre Gesten hatte keiner von ihnen gesehen und so stießen sie aneinander.
Für einen kurzen Moment roch James ein betörendes frisches Parfüm.
„Oh, entschuldige.", nuschelte sie etwas verlegen.
„Macht nichts. Also, dann. Man sieht sich.", witzelte er.
„Ja, vielleicht treffen wir uns bald wieder."
Noch einmal streifte sie kurz seinen Arm und dann war sie verschwunden.
Nett., dachte er für einen kurzen Moment. Als er auf der anderen Seite des Ganges wieder auftauchte blendete ihn der Fackelschein. Noch einmal lauschte er angestrengt. Kein Laut drang an sein Ohr und er ging zum Gryffindorturm.
„Passwort!", fragte die Fette Dame mürrisch und brabbelte etwas von „Schon wieder einer aus dem Bett!"
„Calipoli.", antwortete James und das Portrait schwang zur Seite. Er gähnte herzhaft, als er durch den Gemeinschaftsraum ging.
„Was machst du so spät noch auf?", sagte eine schneidende Stimmte. Sie kam ihm sehr bekannt vor und er drehte sich gelangweilt um.
„Geht dich das etwas an, Evans?"
„Sicher! Immerhin bin ich Schulsprecherin und du Schulsprecher! Wir würden beide Ärger bekommen."
„Wenn es dich beruhigt,", antwortete er kühl. „ich habe nichts angestellt, ich habe nur einen Kontrollgang gemacht. Zufrieden?"
Lily erhob sich von ihrem Sessel am Feuer und beäugte ihn skeptisch. „Wer es glaubt."
„Du bestimmt nicht."
„Natürlich nicht."
„Hat sich also nichts geändert."
„Sicherlich nicht."
„Na dann, Nacht Evans."
„Nacht, Potter.", und sie ging die Stufen zu den Mädchenschalsälen empor.
Als James vor seinem eigenen Schlafsaal stand schoss ihm etwas durch den Kopf. „Warum hatte Evans ihren Umhang an?"
