Ja. Ich bin zurück.

Also, das hier ist das, woran ich in den letzten Wochen noch nebenbei gearbeitet habe. Ursprünglich war dies eine Anfrage einer meiner Reviewer für "All alone" anlässlich des fünfzigsten Kommentars und sollte lediglich ein One-shot werden, aber der Plot ist so umfangreich, dass ich beschlossen habe, auch hieraus eine längere Story zu machen…

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Zusammenfassung der Story (Die Idee stammt von Doitsujin! Danke für deine tollen Reviews!):

Der Vampir Antonio lernt durch den erst kürzlich von ihm verwandelten Lovino die schöne Alice kennen, verliebt sich in sie und fängt an, sie zu daten. Sie weiß nicht, dass er oder Lovino Vampire sind. Das Problem ist: Maarten, Alices Bruder, kann Antonio überhaupt nicht leiden. Dazu ist er noch ein Supernatural Hunter, weswegen er Anzeichen für Antonios wahre Identität erkennt und dessen Hintergrund untersucht. Logischerweise denkt er, Antonio will Alice töten. Doch anstatt es seiner Schwester zu erzählen, versucht er alles Mögliche, um ihre Beziehung zu beenden und Antonio zu töten, ohne dass seine Schwester etwas erfährt…

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Charaktere + Alter (ph (physisch)= äußerlich; ps (psychisch)= wirkliche Lebensspanne):

Antonio (ph 25; ps 81) – Spanien

Alice (22) – Belgien

Maarten (28) – Niederlande

Lovino (ph + ps 20) – Süditalien

Francis (ph 26; ps 89) – Frankreich

Gilbert (ph 25; ps 77) – Preußen

Eduard (30) – Estland

Übersetzungen:

Questo bastardo perverso – Dieser perverse Bastard (Ital.)

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Er sah sie in einer dunklen Gasse, mit blutüberströmter Kleidung und gebleckten Fangzähnen.

Eisiger Wind heulte durch die Stadt, spielte mit ihren blonden Haaren und trug ihren Duft, ihren süßen Duft direkt in die Nase des Jägers. Er sog ihn tief ein, bis seine Sinne erfüllt waren von Erwartung und Verlangen. Langsam, aber stetig verzogen sich seine vollen Lippen zu einem Grinsen, das seine perlweißen Zähne das spärliche Laternenlicht reflektieren ließ. Seine smaragdenen Augen folgten jeder Regung der schemenhaften Frau, die mit schnellen Schritten über Pflastersteine lief.

Träge fuhr er sich durch die schokoladenfarbenen Locken, dann spannte er seine Muskeln an.

Sie würde die Nacht nicht überleben.

Alice schauderte, als sie ihren karamellfarbenen Mantel fester um sich zog. Ihre schlanken Beine warfen lange, tanzende Schemen auf die Straße, die sie hastig überquerte. Die junge Frau drückte sich an den Hauswänden entlang und blickte sich immer wieder nervös um.

Sie hatte ihr Ziel noch lange nicht erreicht. Es war keine gute Idee gewesen, von ihrer Arbeit nach Hause zu laufen, anstatt sich ein Taxi zu nehmen, doch sie hatte ihr Handy daheim vergessen und ihre Kollegen waren alle schon gegangen. Also hatte sie weder ein Taxi noch ihren Bruder anrufen können. Außerdem war sie sich ziemlich sicher, dass Maarten unterwegs war, um einen Auftrag für die „Agentur" zu erledigen. Bei dem Gedanken schlich sich ein mulmiges Gefühl in ihre Magengegend, doch sie verscheuchte es automatisch. Ihr Bruder konnte auf sich aufpassen.

Maarten Stevens war in einer Branche tätig, die den meisten Leuten unbekannt war. Er hatte sich auf die Jagd spezialisiert, doch nicht etwa auf die Tierjagd oder auf das Aufspüren von wertvollen Gegenständen. Er jagte Kreaturen, an die nicht einmal mehr Kinder glaubten.

Supernatural Hunter.

So lautete sein offizieller Titel in der „Agentur", und er trug ihn zu Recht. Ob Hexen, Vampire oder Werwölfe – Er jagte alle ohne Ausnahme, sammelte Informationen, verfolgte sie und sorgte dafür, dass es ein übernatürliches Wesen nach dem anderen weniger in der Welt gab.

Alice war stolz auf ihn; sein Beruf mochte gefährlich sein, er war oft abwesend und natürlich barg es auch für sie ein gewisses Risiko (wie oft hatte er schon vorgeschlagen, zusammen umzuziehen, weil er glaubte, dass eine Kreatur hinter ihm oder ihr her war, obwohl es sich nie bewahrheitet hatte), doch er sorgte dafür, dass die Menschheit immer sicherer leben konnte.

Maarten ging bis zum Äußersten, um seine Ziele durchzusetzen, denn er hing mit Herz und Seele an seiner Arbeit. Schon seit über zehn Jahren übte er sie aus, und davon hatte er die Hälfte der Zeit in den Niederlanden verbracht, um einen Dämon ausfindig zu machen, der sich einen Spaß daraus gemacht hatte, die Körper anderer Menschen zu bewohnen. Auch dieser Dämon war ihrem Bruder zum Opfer gefallen, und Maarten war es nicht leicht gefallen, am Ende des Auftrags wieder zu seiner Schwester nach Belgien zurück zu kehren, denn die Niederlande waren zu seiner zweiten Heimat geworden.

Doch Alice war froh, dass er wieder bei ihr war; andernfalls wäre ihr Leben sehr einsam gewesen, denn die Eltern des Geschwisterpaars waren schon früh gestorben. Da die Belgierin eher eine Einzelkämpferin war, hatte sie keine engen Freunde und nur wenige Bekannte; ihr Bruder war die einzig wichtige Person in ihrem Leben.

Aufatmend kam sie an ihrer Wohnungstür an, steckte den kleinen silbernen Schlüssel in das Schloss und öffnete die Tür. Sie hatte sich eine Handvoll Schlaf redlich verdient.

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Geduckt schlich er durch den verwilderten Vorgarten, über die steinernen Stufen vor der Haustür und an den tief liegenden Fenstern vorbei, die das unscheinbar wirkende Haus umsäumten. Es war spät; die Dämmerung war der Dunkelheit schon lange gewichen und der Mond tat sein Bestes, um den bleiernen Dunst zu durchdringen, der über der Stadt lag.

Der Abend war erfolgreich gewesen; seine beiden Opfer hatten keine Gelegenheit gehabt, Widerstand zu leisten, ihr Blut würde für die kommende Woche reichen. Bei dem Gedanken an die Frauen regte sich kein Funken Mitleid oder Abscheu vor dem, was er getan hatte, in ihm. Zu lange schon war er verwandelt, zu viele Menschen hatte er getötet, um noch ein Gewissen zu haben.

Mit der flachen Hand drückte er die Verandatür auf und betrat das finstere Gebäude. Alles schien ruhig, doch die geschärften Sinne des Vampirs sagten ihm, dass etwas nicht stimmte. Er blieb stocksteif stehen, den Kopf vorgereckt und die Ohren gespitzt, und suchte nach einem Zeichen einer fremden Anwesenheit. Ein Herzschlag, ein Atmen, eine Gewichtsverlagerung, irgendetwas. Eine Diele knarrte, doch bevor er sich umdrehen konnte, fühlte er heißen Atem in seinem Nacken und zwei spitze Zähne, die kurz davor waren, sich in sein Fleisch zu bohren.

Ein anerkennendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Bedachtsam ließ er die Anspannung aus seinem Körper weichen und zog seinen Kopf langsam von den Zähnen weg.

„Du wirst immer besser, Lovi."

„Ich weiß."

Der Vampir drehte sich in die Richtung, aus der die spöttische Stimme gekommen war. Dank seiner geschärften Sinne fand er sich selbst in der finstersten Nacht überall zurecht. Seine grünen Augen suchten die mahagonifarbenen des Italieners, der sich an die Wand gelehnt hatte und seinen Gefährten beobachtete.

„Nicht mehr lange, und du bist so gut wie ich."

„Halt die Klappe, Antonio", murrte Lovino, doch an dem kaum merklichen Heben seiner Mundwinkel und der gelockerten Haltung erkannte der Angesprochene, dass das Kompliment seine Wirkung nicht verfehlt hatte.

Der Spanier hatte den Italiener erst wenige Wochen zuvor verwandelt. Als junger Vampir hatte er sich an einiges gewöhnen müssen, und am Anfang hatte er Antonio regelrecht gehasst, doch er hatte sich überraschend schnell auf sein neues Leben eingelassen. Er hatte seine Wohnung gekündigt und war zu dem älteren Vampir gezogen, seine Arbeit jedoch hatte er nicht aufgegeben.

„Ist dir jemand gefolgt?"

Antonio hob verächtlich den Kopf. „Als ob mir jemand folgen könnte. Du hast selbst gesehen, wie schnell ich bin. Außerdem glaube ich nicht, dass dieser Jäger uns schon aufgespürt hat. Der Mann mag ein außergewöhnliches Talent dafür haben, seinem Job nachzugehen, aber ich bin vorsichtiger als Francis, keine Sorge. Apropos… Wie geht es ihm?"

„Was weiß ich? So gut jedenfalls, dass er den Nerv hatte, mich den ganzen Tag wie seinen Sklaven zu behandeln! Wieso hast du ihn hier aufgenommen? Questo bastardo perverso sollte schon längst wieder auf den Beinen sein!"

„Ich weiß, Lovi, aber du weißt, was für eine Diva er manchmal sein kann. Außerdem ist er ein Freund. Ich konnte ihn doch nicht so hängen lassen, nachdem er vom Jäger beinahe umgebracht worden ist!"

Knurrend stapfte der Italiener aus dem Raum. Der Spanier blickte ihm nachsichtig hinterher; es war schwer für Lovino, ununterbrochen Kontakt mit anderen zu haben, und Francis´ Persönlichkeit machte es nicht gerade einfacher. Der französische Vampir war für seine Freizügigkeit und seine Vorliebe für sexuelle Aktivitäten bekannt, und er besaß einen Charme, dem keine Frau und selbst Männer nur schwer widerstehen konnten. Diese Eigenschaften hatten ihm aber nicht viel gebracht, als er vom Jäger enttarnt worden und so schwer verletzt worden war, dass er nur mit Mühe hatte fliehen und sich bei Antonio verstecken können. Nun wurde er aufgepäppelt, und dem Italiener fiel es immer schwerer, dessen Anspielungen und Flirtversuche zu ertragen. Offenbar hatte ihm das Erlebnis nicht viel ausgemacht, wofür der Spanier dankbar war. Nur selten entkam jemand dem Jäger.

Niemand wusste viel über den Jäger. Sein Name war seinen potentiellen Opfern unbekannt, ebenso wie sein Aussehen, sein Aufenthaltsort, sein Auftraggeber (sofern er einen hatte und nicht auf eigene Faust arbeitete), seine Familie und so weiter. Er tötete alle außergewöhnlichen Lebewesen, die er systematisch in die Fänge bekam, doch über seine Motive wusste niemand etwas.

Man wusste nur eins: Er war gefährlich.

Antonio setzte alles daran, unerkannt zu bleiben. Er wohnte mit Lovino zusammen in einem völlig normalen Haus, er hatte ein paar Gelegenheitsjobs, er jagte niemals vor der Abenddämmerung. Bisher war seine Strategie erfolgreich gewesen, und er hoffte, dass es auch in Zukunft so bleiben würde.

Er ahnte nicht, dass er dem Jäger schon bald Auge in Auge gegenüberstehen würde.

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„Was machst du denn noch so spät am Abend, Schwesterherz? Noch dazu in dieser Aufmachung?"

Ohne aufzublicken, zwängte sie den letzten Knopf ihrer weißen Spitzenbluse in die dafür vorgesehene Öffnung und strich den Stoff glatt. „Wenn man dich so hört, klingst du viel zu paranoid. Ich habe heute ein Arbeitstreffen mit meinen Kollegen. Wir müssen die Hausmeister-Frage klären, das habe ich dir doch schon erzählt." „Hast du? Oh, das muss ich vergessen haben." Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, das sie nur aus den Augenwinkeln wahrnahm, da sie ihre Handtasche suchte.

„Verzeih mir die Frage. Es ist nur so, ich-…" „Du machst dir nur Sorgen und möchtest kein Risiko eingehen, ich weiß, ich weiß." Sie streckte ihm spielerisch die Zunge entgegen und durchkramte ihr Handtäschchen, das sie unter der achtlos beiseite geworfenen Jacke ihres Bruders entdeckt hatte. „Du kennst mich viel zu gut, Alice", stellte er amüsiert fest, und sie zerzauste ihm die hellbraune, sorgfältig nach oben gegelte Haarpracht. „Hey!"

Sie wandte sich ab, um sich ein Grinsen zu verkneifen, und streifte ihren Mantel über. „Wenn jemand Grund hat, sich Sorgen zu machen, dann bin ich es. Wer weiß, was du alles in meiner Abwesenheit anstellst, Brüderchen?" „Ich? Ich muss noch einen Job für die „Agentur" erledigen, aber danach stehe ich dir wieder voll und ganz zur Verfügung! Wenn du möchtest, kann ich dich bei deinem Treffen abliefern, bevor ich anfange."

„Nett von dir, Maarten."

„Kein Problem, Schwesterherz."

Er zog sich Schuhe und Jacke an, und als sie ein letztes Mal ihr dezentes Make-up im Flurspiegel kontrollierte, verdrehte er die Augen. „Keine Sorge, du siehst wundervoll aus. Wenn alle Lehrerinnen so hübsch wären wie du, dann hätte ich mich schon längst um diesen Hausmeisterjob beworben."

Alice schenkte ihm ein dankbares Lächeln. „Na los, du Charmeur, gehen wir. Aber beachte diesmal bitte die Geschwindigkeitsbegrenzung, in Ordnung?" Maarten plusterte seine Wangen auf und schmollte, doch wie sich herausstellte, konnte er ein umsichtiger Fahrer sein, wenn er nur wollte.

Ihr Bruder setzte sie vor dem Schulgebäude ab und brauste wie wild davon. Soviel zu seinem ruhigen, sicheren Fahrstil. Alice atmete tief durch und sah an sich hinab, fand aber keine Makel an ihrem Outfit. Es war nicht ihr erstes kollegiales Treffen, aber sie war noch nicht allzu lange als Lehrerin tätig und wollte stets einen guten Eindruck machen.

Mit selbstbewussten Schritten schritt sie durch die Eingangstür, wo sie von ihrem mürrischen Kollegen empfangen wurde. „Ah, hallo, Lovino. Wie schön, dass du auch gekommen bist!", begrüßte sie ihn freundlich. Der Angesprochene zuckte mit den Achseln und verzog das Gesicht. „Das ist mein verdammter Job, oder? Ich kann ein Arbeitstreffen ja wohl schlecht sausen lassen", grummelte er, wandte sich um und schlurfte in Richtung des Raumes, in dem sie ihr Meeting abhalten würden. Die Belgierin schüttelte ungläubig den Kopf; wie konnte ein junger Mann wie er so griesgrämig sein?

Nun, es war zwar nicht ihr Beruf, die Psychologin zu spielen, aber sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Italiener zu einem etwas freundlicheren und lebenslustigeren Menschen zu machen. Sie beschloss, das Treffen einfach hinter sich zu bringen und jede sich bietende Gelegenheit für Operation „Lovinos Charakteränderung" zu nutzen.

Eine halbe Stunde später hing sie in ihrem Stuhl, die Ellbogen achtlos auf den Tisch gestützt, mit dem Gesicht in ihren Handflächen und halb geschlossenen Augen. Sie liebte ihre Arbeit, aber die meisten ihrer Kollegen waren steinalt und unendlich langweilig; bei solchen Treffen schweiften die Männer häufig vom Thema ab und kamen auf Themen zu sprechen, die Alice nicht im Geringsten interessierten, um diese dann mit schleppenden, eintönigen Stimmen zu diskutieren.

Sie sehnte sich nach einer Pause, und als diese endlich einberufen wurde, streckte sie sich ausgiebig, bis ihre Knochen knackten. Dann gähnte sie verhohlen und sah sich nach Lovino um, der sich garantiert wieder allein in eine Ecke verkrochen hatte, um bloß keinen menschlichen Kontakt ertragen zu müssen. Diesen Zustand würde sie ändern müssen.

Doch zu ihrem grenzenlosen Staunen befand sich eine Person bei ihrem Arbeitskollegen, ein junger Mann mit dunkelbraunen Locken und leicht gebräunten Gesichtszügen, der aufgeregt auf den Italiener einzureden schien. Die beiden schienen miteinander vertraut zu sein, und Alice fragte sich unwillkürlich nach der Beziehung der beiden. Waren sie Brüder? Oder Cousins? Es bestand eine gewisse Ähnlichkeit, aber es war gut möglich, dass der Fremde einfach nur ein Freund Lovinos war, auch wenn sie niemals vermutet hätte, dass der Italiener Freunde hatte. Was hatte der andere überhaupt hier zu suchen? Wie war er hereingekommen?

Wie auch immer, sie würde das Rätsel um den geheimnisvollen jungen Mann lüften. Die Belgierin erhob sich von ihrem Stuhl und lief elegant und zielstrebig auf die beiden Männer zu, die jetzt ein getuscheltes Gespräch miteinander führten, bis sie direkt vor Lovino stand, der ihr den Rücken zukehrt hatte. Er drehte sich um, und seine Augen weiteten sich für einen Moment. Er sah ausnahmsweise nicht verärgert aus, eher ein wenig… ängstlich? Nervös? Angespannt?

„Lovino?" Schnell versuchte er, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bekommen. „Was ist, Alice? Geht es schon wieder weiter? Verdammt, es sind doch höchstens zehn Minuten-…" „Nein, nein", beruhigte sie ihn und versuchte, einen näheren Blick auf den Fremden zu erhaschen. „Ich war nur neugierig, wen du da bei dir hast. Ein Verwandter von dir? Möchtest du uns nicht vorstellen?"

Er zögerte für einen Moment, dann trat er widerwillig einen Schritt zur Seite und gestattete Alice die Betrachtung des jungen Mannes, der ihr die Hand entgegenstreckte. Während sie sie ergriff und einen Händedruck mit ihm austauschte, erklärte Lovino: „Alice, das ist Antonio Carriedo, ein, äh, Freund von mir. Antonio, das ist Alice Stevens, eine Arbeitskollegin."

„Angenehm. Es freut mich, Sie kennen zu lernen", sagte er mit einer sanften Tenorstimme mit leichtem südländischen Akzent, die zu seinem freundlichen, arglosen Aussehen passte. Er besaß grüne Augen, eine Schattierung heller als ihre eigenen, und sie konnte makellose Zähne erkennen, als er sie anlächelte.

„Uh, äh, die Freude ist ga-ganz meinerseits, Herr Carriedo." Wieso zitterten ihr auf einmal die Knie, als sie in sein ebenmäßiges, offenes Gesicht blickte? Es musste an seinem Äußeren liegen. Er sah außergewöhnlich gut aus, und sie hatte nicht allzu viel Erfahrung mit freundlichen, jungen Männern, die ihr ihre Aufmerksamkeit schenkten.

Antonio stieß seinem Freund scherzhaft in die Seite. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du so hübsche Arbeitskolleginnen hast? Ich hätte schon viel früher vorbei geschaut!" Während Lovino sich die Seite rieb, nutzte Alice die Gelegenheit, um nachzuhaken. „Wieso haben Sie denn vorbei geschaut? Nicht dass ich etwas gegen Ihre Anwesenheit hätte, aber dies ist ein offizielles Treffen der Lehrerschaft dieser Schule, und soviel ich weiß, gehören Sie nicht dazu. Konnten sie Ihren Freund nicht auch zu einem günstigeren Zeitpunkt aufsuchen?", fragte sie neugierig und hoffte, dass es nicht zu unhöflich klang. Sie hatte wirklich nichts gegen den Besuch des Mannes. Er bot eine willkommene Abwechslung von dem Anblick alter, besserwisserischer Professoren.

„Das stimmt natürlich, aber ich habe etwas Dringendes mit ihm zu besprechen. Wenn Sie uns bitte für einen Moment entschuldigen würden…" Er sah sie vielsagend an, und Alice zog sich entschuldigend zurück, beobachtete die beiden aber weiterhin unauffällig.

„Was für eine hübsche Frau", sagte Antonio träumerisch, während er zusah, wie die Belgierin sich entfernte. „Sie ist interessant. Ungewöhnlich scharfsinnig und aufmerksam. Hast du gemerkt, wie sie uns angestarrt hat? Also, entweder sie fährt auf dich ab oder sie findet mich attraktiv." Er nahm eine selbstbewusste Pose ein, die Hände in die Hüften gestützt und die Nase stolz nach oben gereckt. „Ich bin zum Anbeißen, oder, Lovi?"

„Hör auf!", zischte der Italiener und boxte dem Spanier in die Seite. Der wimmerte kurz, wurde aber gleich darauf wieder ernst. „Zurück zur Sache. Wie schon gesagt, es gibt untrügliche Anzeichen dafür, dass uns der Jäger auf der Spur ist."

„Du bist dir wirklich sicher? Was ist, wenn du dich irrst?"

„Ich irre mich nicht, Lovi. Wir müssen den Jäger finden, bevor er uns findet. Sei doppelt so vorsichtig, wenn du nach Hause gehst, ja? Dann besprechen wir alles weitere mit Francis."

„…Von mir aus."

Der Spanier lächelte aufmunternd und schickte sich an, den Raum zu verlassen, als Lovino murmelte: „Pass auf dich auf, Toni." Wäre der Spanier ein normaler Mensch gewesen, hätte er die Worte nicht mehr gehört, aber seinen Ohren entging nur wenig, und er grinste. Trotz der akuten Bedrohung fühlte er sich viel besser, und er war froh, dass Lovino ihn nicht länger hasste, ihn sogar irgendwie mochte.

Der Besuch Lovinos war eine gute Idee gewesen; er fühlte sich wesentlich besser, weil er wusste, dass der Italiener Bescheid wusste. Und nebenbei hatte die junge Lehrerin mit ihrer reizenden, wachen Art seine Laune gehoben. Er würde sie bei Gelegenheit auf einen Kaffee einladen.

Alice traf Antonio erneut, als ihr Arbeitstag endlich zu Ende war und sie gemeinsam mit Lovino aus dem Schulgebäude trat. Der Südländer wartete schon; vermutlich wollte er ihren Kollegen sprechen. Einem Instinkt folgend begleitete sie den Italiener, der zuließ, dass sie ihm bis zu Antonio folgte.

„Zweimal in einer Woche? Das grenzt ja fast schon an ein Wunder! Wo haben Sie all die vorigen Wochen gesteckt?", fragte sie scherzhaft; wie merkwürdig, dass sie vor dem Treffen nichts von ihm zu Gesicht bekommen hatte und ihn nun vergleichsweise häufig sah. Er grinste verschmitzt. „Wer weiß, vielleicht war ich von der Begegnung mit Ihnen ja so verzaubert, dass ich es gar nicht erwarten konnte, Sie wiederzusehen…"

Die junge Frau errötete bis zum blonden Haaransatz. Das Kompliment kam unerwartet. Verlegen versteckte sie ihr Gesicht hinter den mittellangen Haaren, bis nur noch ihre Nasenspitze herausragte. Vorsichtig blinzelte sie durch den hellen Vorhang hindurch hinauf in das amüsierte Gesicht Antonios.

„Wenn du endlich fertig mit Flirten bist, können wir dann gehen? Ich habe wirklich keine Lust, den ganzen Tag hier zu versauern!"

„Einen Moment noch, Lovi." Er wandte sich an die Belgierin. „Würden Sie vielleicht mal nach Ihrer Arbeit einen Kaffee mit mir trinken gehen?"

„W-was? Sie… Sie meinen, ein Date? Mit Ihnen? Aber… wir haben uns doch erst einmal gesehen!"

„Zweimal", korrigierte der Spanier ruhig. „Und es spricht für Sie, dass Sie mein Interesse schon beim ersten Mal geweckt haben. Also, wie sieht es aus?"

„In Ordnung", flüsterte sie und biss sich auf die Unterlippe. Sie kam sich plötzlich sehr klein und nervös vor. Wo war ihr Selbstbewusstsein abgeblieben?

„Dann ist es abgemacht! Wie wäre es mit morgen? Ja? Perfekt!" Strahlend schüttelte der junge Mann ihre Hand, ohne eine Antwort abzuwarten, und wandte sich zum Gehen um. „Komm schon, Lovi, wir sollten Miss Stevens wirklich nicht länger belästigen!"

Mit offenem Mund glotzte Alice den sich entfernenden Männern nach. Was war gerade passiert? Und warum beschäftigte sich ihr Gehirn auf einmal nur noch mit der Frage, was sie am morgigen Tag anziehen würde? Seufzend überlegte sie sich, wie sie die Neuigkeit ihrem Bruder beibringen würde. Maarten tendierte dazu, sehr beschützerisch ihr gegenüber zu sein, und während dies nicht unbedingt eine schlechte Sache war, so brachte es sie doch manchmal in Verlegenheit. Sie war immerhin eine erwachsene Frau!

Kaum waren sie außer Hörweite, drehte sich der jüngere Mann um und grollte: „Was sollte das gerade eben? Willst du sie auch noch mit hineinziehen? Was, wenn dir der Jäger gefolgt ist und sie jetzt zu seinen Zielpersonen gehört? Willst du das?"

„Beruhige dich, Lovi! Ich bin sicher, dass ihr nichts passieren wird. Außerdem bin ich einfach neugierig, was in dieser Frau steckt. Sie ist eine eigenartige Person. Und ich mag sie. Außerdem ist sie sehr hübsch."

„Und deswegen musstest du sie gleich nach einem Date fragen?"

„Jammer nicht. Oder bist du etwa… eifersüchtig, weil du mich jetzt mit einer Frau teilen musst?" Er lachte vergnügt, während Lovino Flüche ausstieß, die einem Seemann die Röte ins Gesicht getrieben hätten.

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To be continued...