Vernon Dursley war glücklich an diesem Morgen. Nicht nur, dass es ein wunderschöner Julitag war – solche Kleinigkeiten kümmerten Mr. Dursley wenig. Auch das vorzügliche Frühstück war kaum von Belang (natürlich hätte es ihm den Tag verdorben, wäre es nicht vorzüglich gewesen). Nein, was ihn glücklich machte, waren drei Briefe, die er heute in seinem Briefkasten gefunden hatte.
Die erste Nachricht war von Mr. Yokuhama, der japanische Geschäftsmann orderte einen großen Posten Bohrer.
„Also hat sich dieses schreckliche Essen, in diesem merkwürdigen Restaurant wirklich gelohnt, Petunia", bemerkte Vernon gut gelaunt. „Ja, ja, als Geschäftsmann muss man Opfer bringen."
Nicht alle Menschen hätten ein Geschäftsessen in einem exquisiten japanischen Restaurant als Opfer bezeichnet. Doch Vernon Dursley hatte nun mal ernsthafte Bedenken gegen jede andere, als die gute alte englische Küche.
Der zweite Brief kam aus Smeltings. Dudley hatte seinen Abschluss geschafft – nicht dass Vernon jemals daran gezweifelt hätte (schließlich hatte er der Schule einen Swimming Pool gestiftet). Aber diese Zeugnisbemerkungen „Versetzung gefährdet" oder „Abschluss fraglich" waren doch nervraubend gewesen.
Der dritte Brief schließlich war von seinem Neffen. Nie hätte Vernon Dursley es für möglich gehalten, dass ihn eine Nachricht von Harry Potter fröhlich stimmen könnte. Doch diesmal war es der Fall. Dieser nichtsnutzige Bengel hatte doch tatsächlich den Abschluss an seiner seltsamen Schule geschafft (na ja, die stellten bestimmt auch keine so hohen Anforderungen wie Smeltings) und würde nun nach London gehen um Auror zu werden (was auch immer das war, viel konnte es auf jeden Fall nicht sein. Vielleicht so etwas ähnliches wie Müllmann oder Straßenfeger?). Auf jeden Fall, hieß es in dem Brief, würde Harry in London eine Wohnung beziehen und nie mehr in den Ligusterweg zurückkehren – und das machte Mr. Dursley nun wirklich glücklich.
„Ach Petunia, ist das Leben nicht..." Vernon Dursley blieb das „wundervoll" im Hals stecken, als seine Frau plötzlich aufsprang und mit vor den Mund gedrückter Hand in Richtung Badezimmer verschwand.
Als Vernon im Badezimmer eintraf, saß Petunia kreidebleich auf dem Rand der Badewanne.
„Petunia, was ist los? Geht es dir gut?", erkundigte er sich besorgt.
„Ich weiß nicht, mir ist plötzlich so schlecht..." Petunia wandte sich schnell wieder der Kloschüssel zu.
„Lebensmittelvergiftung!", diagnostizierte Mr. Dursley fachmännisch. „Wer weiß, was uns diese Schlitzaugen gestern ins Essen gegeben haben. Denen kann man einfach nicht trauen, die essen Hunde und Katzen und rohen Fisch und wer weiß was sonst noch alles..." Er schüttelte sich. „Wir fahren sofort ins Krankenhaus! Oder nein, besser wir rufen einen Krankenwagen!"
Mr. Dursley waren soeben die teuren Ledersitze seines neuen Autos eingefallen.
„Was ist los? Wann pumpen sie ihr endlich den Magen aus?", herrschte Vernon Dursley den jungen Arzt an, der eben an das Bett seiner Frau getreten war. In diesem Krankenhaus herrschte eine einzigartige Schlamperei. Anstatt seinen Anweisungen sofort Folge zu leisten und Petunia den Magen auszupumpen, hatten die Ärzte darauf bestanden sie zunächst einmal zu untersuchen.
„Den Magen auspumpen? Aber nein, ihre Frau hat keine Lebensmittelvergiftung", strahle der Arzt Mr. Dursley an. „Sie erwartet ein Baby. Herzlichen Glückwunsch!"
Als die beiden endlich im Auto saßen, ließ Mr. Dursley seinen Gefühlen freien Lauf.
„Ein Baby? In unserm Alter? Was werden die Leute sagen? Warum kannst du nicht verhüten?", brüllte er seine Frau an.
„Und warum kannst du dich nicht beherrschen? Deine Ungeduld hat uns in diese Lage gebracht!", kreischt diese zurück. „Und wenn du mir rechtzeitig gesagt hättest, dass du dir Viagra besorgst, dann hätte ich Vorkehrungen treffen können. Aber so?"
Petunia begann hemmungslos zu schluchzen.
