Als ich nun vor dem Shuttle stand, welches uns zur Akademie der Sternenflotte nach San Francisco bringen sollte, kamen mir doch erste Zweifel. Vielleicht hatte meine Mutter doch Recht gehabt? War ich tatsächlich für einen solchen „Job" geeignet? Als ich mich für die Sternenflotte entschieden hatte, war ich mir zu 100% sicher gewesen. Langsam stieg ich hinein, sah mich kurz um und fühlte mich prompt wie in einer Blechbüchse. Nicht, dass ich Flugangst hätte, aber auf engen Raum mit vielen anderen Menschen gedrängt zu sein klingt für niemanden verlockend.

Als ich meinen Platz gefunden hatte setzte ich mich, legte den Gurt an und hing meinen Gedanken nach. Meiner Vergangenheit. Meine Mutter hatte immer damit angegeben, wie „hyperschlau" ich doch sei. Mit 16 Jahren hatte ich die Highschool beendet und war direkt aufs College gegangen, um dort Psychologie zu studieren. Das ist jetzt 5 Jahre her. Ich hätte ohne große Mühe und Anstrengung einen tollen Job in diesem Bereich bekommen können, sicher, aber dann wurde mir klar: ich will das nicht, ich will mehr, ich will etwas anderes.

Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem ich meinen Eltern von meinem Plan erzählt hatte. Wir waren, wie gewöhnlich, beim gemeinsamen Abendessen, als ich mit der Neuigkeit, ich wolle zur Sternenflotte gehen, herausplatzte. Plötzlich wurde es still, meiner Mutter fiel die Gabel mit einem Scheppern aus der Hand und auf die Tischplatte. Ungläubig hatte sie mich angestarrt. „Wie bitte?", fragte sie mit fast schriller Stimme und ich erklärte es ihr nochmal. „Soll das ein Witz sein, Melody? Habe ich irgendetwas verpasst? Oder willst du mir allen Ernstes weiß machen, dass die letzten viereinhalb Jahre vollkommen umsonst waren? Dass die Kosten, die dein Studium verursacht haben jetzt plötzlich nichts mehr bedeuten nur weil du aus irgendeiner Laune heraus entschieden hast, diesem...diesem..Verein beizutreten?", zeterte sie los. „Denkst du nicht, du übertreibst Amanda?", fragte mein Dad nun. „Schließlich war ich auch mal bei diesem Verein. Unsere Kleine wird schon wissen, was sie tut."

Tja, und hier saß ich nun. Langsam füllte sich das Shuttle. Unbekannte Gesichter. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich die Außenseiterin war. Nicht nur, weil alle anderen in ihren Uniformen erschienen waren, sondern auch, weil jeder etwas zu sagen hatte, jeder auf jemanden wartete, um spannende Neuigkeiten loszuwerden. Schließlich setzte sich eine junge Frau, vielleicht ein, zwei Jahre älter als ich, neben mich. Sie hatte einen olivfarbenen Teint und seidig schwarzes Haar, welches sie zu einem strengen Pferdeschwanz nach hinten gebunden hatte. Sie lächelte mich ermutigend an. „Hi, ich bin Nyota. Nyota Uhura.", sagte sie. „Ich bin Mel Parker. Freut mich." „Du bist neu? Und, aufgeregt?" „Allerdings.", murmelte ich und sie lächelte mich mitleidig an. „Oh bitte, nicht der schon wieder.", meinte sie und sah mich entnervt an. Ihre Reaktion wurde durch einen jungen Mann hervorgerufen, der gerade das Shuttle betreten hatte und sich schräg gegenüber unserer Plätze niederließ. Sein dunkelblondes Haar wirkte etwas zerzaust, seine blauen Augen streiften über die Sitze, die nun fast alle besetzt waren. Als er Nyota bemerkte grinste er wissend, fast herausfordernd. Zugegebenermaßen sah er ziemlich mitleiderregend aus. Offensichtlich hatte er letzte Nacht einer üblen Schlägerei beigewohnt...so sah sein Gesicht jedenfalls aus. Ein weiterer Mann, den man zuerst hörte, bevor man ihn sah, betrat das Shuttle. „...ich bin Arzt!", meinte er und nahm dann neben dem Unbekannten platz. „Gut möglich, dass ich sie vollkotze.", meinte er und sah ihn warnend an. Als er ebenfalls begann, die Mitmenschen zu studieren und sich unsere Blicke trafen, lächelte ich, wie Nyota mich zuvor angelächelt hatte, aufmunternd. „Die Dinger sind ziemlich sicher wissen sie.", meinte der blonde Mann sachlich, konnte ihn damit aber nicht besonders aufheitern. Nachdem der Arzt noch mit aufgebrachter Stimme erläuterte, welche Haarsträubenden Ereignisse zu unserem Tod führen könnten, stellte er sich als Leonard McCoy vor. „Ich weiß nicht, wie es dieser aufgeblasene Neandertaler hierher geschafft hat. Wahrscheinlich hat der Captain ihn überzeugt. Das wird sicher eine wunderbare Zeit auf der Akademie", meinte Nyota mit sarkastischem Unterton. „Nimm dich bloß vor dem in Acht, Mel. Der baggert alles an, was bei drei nicht auf dem nächsten Baum sitzt." Ich sah sie bloß ratlos an. Bisher wirkte er noch recht vernünftig. Aber durch mein Studium wusste ich natürlich, dass es für einen Menschen nicht schwer war, vorzugeben etwas zu sein, was man nicht ist. Natürliche Schutzmechanismen, die Möglichkeit, die Lage erst mal unbehelligt abzuchecken und danach zu entscheiden, ob es riskant ist, auf den Putz zu hauen oder nicht. Viele Menschen tun das, nein, nicht nur Menschen. Das war vollkommen natürlich. Bis zu einem gewissen Grad. „Ach, Mel. Tu mir einen Gefallen und sprich mich bitte mit Uhura an, wenn der Neandertaler in der Nähe ist. Er will unbedingt meinen Vornamen wissen, aber den Triumph gönne ich ihm nicht.", meinte Nyota und sah mich grinsend an. Ich grinste zurück und hob die Brauen, ohne eine wirkliche Erklärung zu erwarten. Die wäre vermutlich auch nicht nötig gewesen. Nachdem der Captain nun angekündigt hatte, dass wir bereit zum Start sind und wir langsam spürten, wie sich das Shuttle in die Lüfte erhob, drehte ich mich kurz zu Nyota um. „Wer sagtest du war der Kerl nochmal?", fragte ich mit leiser Stimme und schielte zu ihm und dem Doktor hinüber. „James T. Kirk.", gab sie knapp und flüsternd zurück. Interessiert musterte ich ihn. Interessant.