Anmerkung: Gewissermaßen angesetzt an das Ende von Staffel 2, Spoiler bis hin zur ersten Folge von Staffel 3. Leicht AU, da Aramis mit seinen Kollegen an der Front ist. Eine kurze, vierteilige Story (zu mindestens so geplant). Natürlich ist noch zu erwähnen, dass die hier beschriebenen Ereignisse ebenfalls meiner Fantasie entspringen und in der Weise keinen historischen Beleg finden.
Warnung vor intensiven Schlachtfeld-Beschreibungen (und Dingen, die eben dazu gehören.) T-rated aufgrund von Gewalt und Sprache.
Mir gehören die Charaktere nicht.
Jedes Kapitel aus der Sicht eines anderen Musketiers. Wir starten mit Aramis. Ich hoffe es gefällt!
Das Donnern der Kanonen fand kein Ende. Seit Stunden saßen sie das aus, und sie hatten keine Möglichkeit dagegen vorzugehen.
Sie waren gewissermaßen in die Ecke gedrängt. Das Gelände auf dem sie sich befanden war hügelig und mittlerweile von Kanonenfeuer zerfetzt worden. Die Soldaten des Regiments sowie die des Königs selber hatten sich in Gruben und hinter Hügeln verschanzt, keiner traute sich auch nur einen Kopf zu heben um nach dem Rechten zu sehen.
Die Schreie von Männern, die vom Kanonenfeuer getroffen wurden, hingen in der Luft, aber es war ein Lärm, den Aramis mittlerweile gelernt hatte, aus seinen Gedanken auszublenden. Auch wenn jeder Muskel in seinem Körper schrie, er solle doch den Männern helfen, ihre Wunden heilen oder auch nur eine tröstende Präsenz in ihren letzten Momenten darstellen, so war ihm bewusst das er nichts tun konnte außer das alles auszusitzen und auf eine Feuerpause zu warten.
Er war beinahe sein gesamtes Leben lang schon im Dienste Frankreichs tätig, er kannte die Gefahren des Krieges, und die Hitze des Gefechts. Es wurde trotzdem nicht leichter.
Das Schlimmste war die absolute Dunkelheit. Auch wenn gelegentlich das Feuer von Kanonen helle Blitze über den Himmel warf, so war es eine schwarze, sternenlose Nacht, in der nicht einmal der Mond ihnen ein Quäntchen Licht spendete.
Aramis lag in einer Kuhle neben d'Artagnan, wenige Längen neben ihnen hielten es Porthos und Athos aus. Der junge Mann zu Aramis' Seite hatte die Augen fest zusammengekniffen, in absoluter Kapitulation vor dem Kanonenfeuer.
Aramis' Blick fand den von Athos, dessen Augen durch die Dunkelheit in seine Richtung blitzten. Als Kapitän der Musketiere hatte er schließlich die Befehlsgewalt, aber Aramis konnte es seinem Freund nicht verübeln als dieser vollkommen leer und ahnungslos seinen Blick erwiderte. Jeden Befehl, den er jetzt geben konnte, würde zweifelsohne in einem sinnlosen Opferungsmassaker enden. Er war machtlos bis das Donnern aufhörte.
Also tat Aramis das einzige was ihm aktuell helfen konnte.
Seine behandschuhten Finger tasteten seine Uniform ab und er fischte das schwere, goldene Kruzifix aus den Falten seines Hemdes und umschloss es fest mit beiden Händen. Abgesehen von der symbolischen Bedeutung eines solchen Anhängers hatte dieses verzierte, goldene Kreuz auch eine persönliche Bedeutung für ihn. Selbst jetzt, wo er kilometerweit von Paris weg war, strahlte es für ihn eine Wärme aus die er sonst immer nur spürte in der Gegenwart der Königin oder seines Sohnes, und ihre Gesichter waren klar und deutlich in seinem Kopf, als hätte er sie erst gestern gesehen.
Er holte tief Luft eher er anfing, seine Gebete zu sprechen. Er merkte wie d'Artagnan neben ihm kurz aufsah, aber sein junger Freund hatte genug Achtung vor Aramis' Glauben dass er nichts kommentierte.
Und er betete. Er flehte Gott um Kraft an, betete für einen guten Ausgang dieser Nacht. Dass sie so schmerzfrei wie möglich verlief, für jedermann.
Er war Soldat, und er fand Kraft und Energie im Kampf und auf dem Schlachtfeld gegen Gegner Frankreichs, aber er war kein Unmensch. Niemand wünschte sich das Leiden eines anderen Unschuldigen, niemand, ob Franzose oder Spanier, hatte das verdient, und Aramis hatte auch noch nie Genugtuung dabei empfunden. Ausgenommen vielleicht Rochefort, doch selbst bei dem Grafen hatte Aramis' spirituelle Seite ihm befohlen, Gnade zu zeigen.
Und er betete für seine Brüder, im Besonderen für seine engsten Freunde. Porthos, Athos und d'Artagnan waren alle drei ausgezeichnete Kämpfer, aber das machte sie nicht unverwundbar. Gott bewahre dass ihnen etwas zustieße, und er hoffte auf die Kraft für sich und seine Freunde.
Die nächste Minute betete er weiter, murmelte die alteingesessenen Worte des katholischen Gebetes, und schloss es schließlich mit einem „Amen!" und er führte das Kruzifix kurz an seine Lippen.
Sekunden später nur krachte eine Kanonenkugel nur wenige Meter neben ihnen in den Boden und riss die Büsche und die Erde auseinander, sodass Dreck und Gesteine in alle Richtungen flogen.
„Amen", echote d'Artagnan neben ihm leise und Aramis wandte sich ein wenig überrascht zu seinem Freund um. Dieser presste nur in seiner Verzweiflung die Lippen aufeinander und gab ihm einen Klaps gegen die Schulter. Diese kleine Geste reichte aus um zu zeigen, dass es ihm gut ging. So gut wie es einem auf einem Schlachtfeld nun einmal gehen konnte.
Wenn sie doch nur ein wenig von der Natur gegebenes Licht hätten. Aber der Mond und die Sterne blieben verhangen, und die Schreie und der Knall der durch die Nacht donnerte wirkten umso bedrohlicher.
Aramis neigte den Kopf nach hinten gegen den Dreck und kniff die Augen zusammen. Wie hatte es nur so weit kommen können?
Ihre eigenen Kanonen waren auf diesem Gebiet absolut nutzlos. Da sie in einer unfassbar hügeligen Landschaft festsaßen hatten ihre Kanonen keinen festen Stand und vor allem kein sicheres Ziel. Aber auch die feindlichen Kanonen würden irgendwann nicht mehr feuern können, und darauf warteten sie alle. Dass sie ihre Positionen wechseln konnten und gegebenenfalls einen Gegenangriff starten konnten.
Sie alle waren müde. Seit Tagen lieferten sich die Truppen eine gegenseitige Hetzjagd, und nicht ein Moment der Ruhe war ihnen in den vergangenen Tagen gegönnt worden.
Die Momente zogen sich hin wie eine halbe Ewigkeit. Wann immer eine Kugel zu nah bei ihnen einschlug zuckten sie heftig zusammen und hofften einfach nur, dass keiner von ihnen getroffen wurde.
Aramis spürte die Rastlosigkeit von d'Artagnan neben sich. Es war auch nicht mehr d'Artagnan's erstes Gefecht, dieses hatte bereits vor Monaten stattgefunden, aber der Mann aus der Gascogne war noch nie ein Mann der Untätigkeit gewesen, und Aramis hatte ihn bereits zweimal zurück in ihre Sicherheitsgrube ziehen müssen als sein Waffenbruder voller Tatendrang versucht hatte aus seiner Deckung zu entkommen um einen Blick zu erhaschen.
Mit einem ohrenbetäubenden Krachen schlug eine Kanonenkugel ungeheuerlich nah bei Aramis und d'Artagnan ein. Aramis zog reflexartig schützend eine Hand über den Kopf und rollte sich zur Seite, aber die Wucht des Aufpralls warf ihn in d'Artagnan's Richtung und überschüttete die Beiden mit einer dünnen Schicht Erde die sich von dem lockeren Grund gelöst hatte.
Aramis hustete den Staub wieder aus und wischte so viel Erde von seiner Uniform wie er konnte ohne dass er sich dem Feuer offenbarte. Er drehte den Kopf kurz zur Seite um zu sehen ob es d'Artagnan gut ging, aber sein Kamerad erwiderte den Blick nur und wank ab, um zu signalisieren, dass es ihm gut ging.
Und endlich, nach was sich wie eine Ewigkeit angefühlt hatte, verklang der Knall. Und es folgte kein weiterer. Durch den fehlenden Lärm der Kanonen folgte jedoch, dass die Schreie der verwundeten Männer deutlicher durch die Luft schallten.
Aramis wusste, sie mussten jetzt handeln. Und deswegen blickte er zu Athos.
Ihr Anführer hatte sich bereits halb aus dem Graben erhoben und brüllte Anweisungen.
„Bringt die Verletzten zum Lager. Alle anderen, wir haben jetzt die Möglichkeit anzugreifen!"
Athos warf einen kurzen Blick auf seine drei engsten Vertrauten, offenbar zögerlich bezüglich dessen was er jetzt sagen würde.
„Aramis, Porthos, nehmt euch die eine Hälfte der Männer und führt den Angriff auf ihre Westflanke. D'Artagnan begleitet mich zum Angriff auf die andere Seite, und schalten ihre Kanonen aus!"
Porthos packte seinen Kommandeur an der Schulter.
„Keine Chance. Wir trennen uns nicht."
Athos blickte finster drein.
„Hat einer von euch einen besseren Plan?"
Porthos biss sich unsicher auf der Unterlippe herum und d'Artagnan schlug frustriert auf den Boden ein.
„Also dann", fuhr Athos fort und seine Gesichtszüge wurden weicher, „Ihr schafft das. Ich habe vollstes Vertrauen in euch."
Aramis packte d'Artagnan am Nacken und zog ihn kurz aber innig in seine Arme.
„Kommt heile wieder!" murmelte der Jüngere beinahe drohend in sein Ohr und tätschelte kurz den Nacken seines Freundes. Aramis brachte ein schiefes Grinsen zu Stande.
„Keine Sorge. Wir halten euch den Rücken frei", erwiderte Aramis mit einem leicht spöttelnden Unterton, aber die Ernsthaftigkeit ihrer Lage war ihm vom Gesicht abzulesen.
Auch Athos trat kurz auf ihn zu und in einer kurzen, aber bedeutungsvollen Geste verabschiedeten sie sich vorübergehend voneinander. Aramis packte Athos am Unterarm und sein Waffenbruder zog ihn daraufhin in eine kurze Umarmung.
„Wir sehen uns!" brummte Athos noch und packte dann d'Artagnan an der Schulter um ihn zum Gehen zu motivieren.
Aramis riss seinen Degen in die Höhe und signalisierte den erforderlichen Männern, ihm zu folgen. Porthos war an seiner Seite und gemeinsam schlugen sie sich durch die Büsche und den Schlamm den Abhang wieder hinauf in westlicher Richtung.
Aramis' Sinne waren dennoch noch immer in höchster Alarmbereitschaft, bereit, Schutz zu suchen sollte erneut ein Kanonenfeuer auf sie herabregnen, aber es kam nichts. Er spürte die Blicke der Männer, die dank Athos auf ihn und Porthos zu hören hatten, in seinem Rücken, und er versuchte sich dem Verantwortungsgefühl wenigstens geistig ein wenig zu entziehen.
Als sie endlich den Weg bis zum ebenmäßigeren Gelände hochgestolpert waren, erwartete sie eine Überraschung. Der Boden war glatter, wenn auch noch immer von Bäumen verziert, aber in dem Moment in dem Aramis und Porthos, die nun einmal an der Spitze der Gruppe liefen, sich das letzte Stück Hügel hochzogen, blickten sie auch schon auf die auf sie gerichteten Läufe von Musketen.
„Runter!" brüllte Porthos und er und Aramis warfen sich wieder auf den abfallenden Boden und rissen dabei zwei weitere Musketiere um. Genau in dem Moment donnerten die Musketen los und zerpflückten die Luft genau an der Stelle, an der gerade eben noch Porthos und Aramis gewesen waren.
Porthos zog unverzüglich seine Pistole vom Gürtel, während Aramis und etwa die Hälfte der restlichen Männer die sie mit sich hatten, ihre Arkebusen zückten und schussbereit machten. Kaum war der Kugelhagel über sie hinweg gezischt gab Aramis das Signal und sie nutzten die obere Kante des Abhanges um ihre Waffen gerade zu halten und erwiderten das Feuer. Dass sie nicht viel mehr als vielleicht die Beine des Feindes trafen war egal, weil sie hinderten ihm am Nachladen.
Wie erwartet stürmte die kleine Feindesgruppe mit Gebrüll auf sie los sobald sie sich alle wieder auf den ebenmäßigen Grund gezogen hatten. Aramis war vorbereitet und feuerte seine Pistole ab, ehe er seinen Parierdolch zog und in den Nahkampf überging.
Porthos neben ihm toste wie ein Tornado durch die Reihen ihrer Feinde. Mit seinem breiten Schwert und seiner schieren Mannskraft fegte er über sie hinweg und nahm es mit Leichtigkeit mit drei Feinden auf einmal auf.
Aramis parierte den Angriff eines Feindes, indem er ihm am Schwertarm packte und herumwirbelte, ehe er ihn mit einem Tritt den Abhang hinab beförderte.
Desweiteren hörte er dank seines guten Gehörs auch über Porthos' einschüchternde Kampfesschreie das Ziehen eines Schwertes hinter seinem Rücken. Ohne weiteres Nachdenken stach er mit dem Dolch in seiner linken Hand nach hinten und duckte sich noch gerade so, als die Antwort in Form eines eindrucksvollen Schwerthiebs seinen Kopf nur um Zentimeter verfehlte. Der Bauch seines Gegners war damit jedoch freigegeben und Aramis beendete das Duell schnell und schmerzlos.
Als zwei Männer direkt von vorne auf ihn zurannten war es ein Leichtes, mit jeweils einem Arm ihre halbherzigen Angriffe zu parieren. Den ersten hatte er schnell entwaffnet, während er den anderen noch mit seinem Parierdolch in Schach hielt. Kaum machte der zweite Anstalten, zu einem vermutlich tödlichen Schlag auszuholen, duckte sich Aramis hinter dem ersten Gegner. Die Verwirrung und Irritation war seinem Feind ins Gesicht geschrieben und so warf Aramis den leicht betäubten ersten Mann mit einem Schlag gegen den Kopf zu Boden und schlitterte in einer gekonnten Bewegung, die er im Training perfektioniert hatte, unterhalb des üblichen Schwertlevels auf den Gegner zu und beendete es mit einer raschen Bewegung.
Hektisch blickte er sich um und mit Entsetzen fiel sein Blick auf Porthos, der auf dem Boden lag, die Hände eines bulligen Mannes um seine Kehle, das Gesicht vor Anstrengung verzerrt.
Ohne auch nur einen winzigen Moment zu zögern packte Aramis seinen Dolch in der linken Hand fester und machte einen riesigen Satz auf die beiden zu. Mit einem wütenden Schrei bohrte er den Dolch tief in die Schulter des Angreifers, welcher überrascht nach Luft schnappte und Porthos los lies. Mit einem weiteren, heftigen Tritt war er außer Gefecht gesetzt.
Nach kurzer Inspektion der Lage durch einen Rundumblick stellte Aramis ihren Sieg über diese Gruppe fest und bedeutete den Männern, gegebenenfalls Munition aufzustocken.
Dann wandte er sich mit einem Grinsen an Porthos und streckte seine Hand aus.
„Wenn du mich nicht hättest, was?" witzelte er und zog seinen Freund mit einer einzigen Bewegung auf die Füße.
Porthos verzog kurz das Gesicht.
„Dann wäre mir schon viel Ärger erspart worden!"
Er starrte Aramis kurz nieder, bevor sich aber auch auf seinem Gesicht ein Lachen ausbreitete, in das Aramis, trotz der Umstände, mit einstimmte. Wie schon so oft schafften er und Porthos es, mit ein wenig Alltagskommunikation sich auf dem Schlachtfeld auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen, und ein wenig die Spannung aus ihren Schultern zu nehmen.
Seite an Seite sahen sie nun auf. Sie blickten durch die Bäume hindurch auf ein offeneres Feld, das war ihnen bewusst, und sie wussten auch dass sich dort die Truppen der Feinde aufhielten und die Streitkräfte von Ludwig XIII. zum offenen Kampf aufforderten.
Die Dunkelheit jedoch verwehrte ihnen jede genauere Einsicht, und Aramis hoffte inständig, der Mond oder die Sterne würden durch die Wolken brechen und ihnen das bisschen Licht geben was sie brauchten, um den Kampf richtig angehen zu können. Der Himmel über ihnen schien leer.
Aramis merkte, wie Porthos zu seiner Rechten ebenfalls vehement ihre Möglichkeiten durchging und nach der besten Gelegenheit suchte, Athos' Befehle ordnungsgemäß auszuführen.
Es war in dem Moment in dem die Fläche plötzlich in schwaches, bläuliches Licht getaucht wurde und Aramis blickte auf zu dem beinahe Vollmond, dessen Anlitz hinter einer Wolke hervortrat und ihnen nach Stunden der totalen Dunkelheit endlich das erste Mal Licht spendete.
Und sie hatten Einsicht auf die Truppen ihrer Feinde, mitsamt der Kanonen am südlichen Ende, welche sie die vergangenen Stunden in Atem gehalten hatten.
Sie wussten was sie zu tun hatten. Und sie wussten sie konnten das tun. Die feindlichen Truppen schienen noch immer auf den Punkt fixiert zu sein, an welchem sie sich noch bis vor wenigen Augenblicken als Einheit aufgehalten hatten, und schienen trotz des Lärmes den sie veranstaltet hatten nicht nach Gefahr in ihrer Richtung Ausschau zu halten.
Aramis riet, dass Athos und d'Artagnan's Trupp vermutlich nicht weniger Lärm auf der anderen Seite veranstaltet hatten. Sie hatten einen Weg gewählt, bei welchem sie sich beim Angriff auf die Abordnung der spanischen Streitkräfte in den Ruinen eines verlassenen, winzigen Dorfes Deckung suchen konnten.
Ein Keuchen unweit von ihm ließ ihn zusammenfahren und er wirbelte herum um nach der Quelle zu suchen. All seine Männer standen noch, mehr oder weniger, aber das gurgelnde Geräusch kam von einem Mann in spanischer Uniform, der ausgestreckt auf dem Boden lag, seine Hände griffen in den Matsch als er versuchte sich scheinbar an irgendetwas fest zu halten.
Aus den Augenwinkeln sah Aramis, wie Duval, ein junger Musketierkadett, seine Pistole hob und auf den sterbenden Mann richtete.
Unwirsch wollte Aramis schon einen Schritt auf ihn zu machen, aber Porthos kam ihm zuvor und legte mahnend eine Hand auf den Lauf der Waffe und schüttelte den Kopf.
Der Kadett senkte die Pistole.
Aramis atmete tief durch, ehe er sich neben dem Mann auf die Knie fallen ließ und die Hand, die so verwirrt und verloren im Matsch herum grub, nahm er fest zwischen die seinen.
„Dios…" keuchte der Mann und seine Augen waren voller Angst auf Aramis gerichtet, wanderten von dessen Schulterplatte mit der Königslilie zurück zu dem Gesicht des Musketiers.
„No tenga miedo", flüsterte Aramis und strich beruhigend über die Hand.
„Lucía…", murmelte der Mann gedankenverloren und rang nach Luft, „mi Lucía."
Aramis presste die Lippen aufeinander und er packte den Soldaten fest aber sanft am Nacken, nur um zu zeigen, dass er sich nicht fürchten brauchte. Er war trotz allem nicht allein.
Der Mann schien das zu verstehen und Aramis hätte schwören können, dass ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte ehe seine Augen sich starr Richtung Himmel richteten.
Aramis schloss sie und sprach ein kurzes, stilles Gebet, ehe er sich wieder aufrichtete. Er hatte Mitleid, aber er akzeptierte Szenen wie diese mittlerweile. Und das machte ihm Angst.
Als er sich umsah bemerkte er den leicht verdatterten Blick von Duval, der noch immer die Hand fest um die Waffe geschlossen hatte.
Aramis starrte ihn zwischen wirren Haarsträhnen hervor in den Boden, und beantwortete die Frage die sich Duval anscheinend nicht traute zu stellen.
„Wir sind hier um für Frankreich und den König zu kämpfen, und um die Familien die auf diesem Land leben zu schützen. Glaubst du ihm ging es da umgekehrt anders?"
„Respekt sollte man immer haben, Duval!" fügte Porthos noch mahnend hinzu und Aramis nickte ihm dankbar zu.
Duval's Kiefer zuckte, aber er sagte nichts und sah nur leicht betreten auf den Boden.
Aramis wandte sich von ihm ab und trat wieder neben Porthos, der wieder auf das in Dunkelheit gehüllte offene Land vor ihnen blickte.
Er spürte Porthos' Ellenbogenschlag in seiner Seite und er sah zu seinem Freund auf, während dieser gerade seine Waffe nachlud.
„Hättest vielleicht im Kloster bleiben sollen."
Aramis zog eine fragende Augenbraue hoch, ein wenig erschüttert über diese Aussage. Sollte das heißen Porthos wollte ihn nicht hierhaben?
Gerade als Aramis schon die Wut in sich aufsteigen spürte bemerkte er, wie ein amüsiertes Grinsen Porthos' Lippen umspielte.
„Weißt schon. Dann müsste ich nicht ständig verpflichtet fühlen, deinen Arsch zu retten. Du hättest bestimmt ein sichereres Leben dort geführt."
Aramis guckte ihn unbeeindruckt an.
„Das gerade war ja wohl mehr ein Weckruf für dich, mein Freund", kommentierte er trocken mit einem rauen, sarkastischen Unterton, „Und außerdem wer würde denn auf dich aufpassen, wenn ich nicht da bin?" Er feixte.
„Athos und d'Artagnan sind ja auch noch da", meinte Porthos und sah verlegen zu Boden.
Aramis lachte trocken, was sich mehr in ein Räuspern verwandelte.
„Athos hat schon genug zu tun den guten, übermütigen d'Artagnan im Griff zu behalten. Ich glaube der Gute spielt schon unserem Athos mit den Nerven."
Porthos verzog zustimmend das Gesicht und zuckte nur kaum merklich mit den Schultern.
„Willst du dass ich meine Fähigkeiten woanders unter Beweis stelle?" fragte Aramis ein wenig schärfer als beabsichtigt und ein wenig beleidigt über die Einstellung, die ihm gegenüber von seinem engsten Freund entgegengebracht wurde.
Porthos' Kopf fuhr erschrocken hoch.
„Nein, nein, ich…" Nervös druckste der große Mann herum. „Also was ich sagen will ist Danke."
Jetzt war es an Aramis, überrascht zu sein.
„Danke wofür?"
„Dass du hier bist. Und naja, mir den Rücken freihältst."
Porthos war noch nie ein Mann der großen Worte gewesen, also lockerte Aramis die Situation wieder ein wenig auf, auch wenn er als Antwort seinem Freund dankbar die Schulter klopfte.
„Dank mir noch nicht. Wir können feiern und auf alles anstoßen wenn morgen noch alles an uns dran ist!"
Porthos gluckste zustimmend und warf ihm ein Grinsen zu, ehe sein Blick von den Feinden zu seinen eigenen Männern wanderte.
„Was sagst du? Athos erwartet, dass wir ihnen die Hölle heißmachen."
Aramis nickte und drehte sich zu den anderen Männern um, im vollen Bewusstsein, dass jeder Blick auf ihn gerichtet war.
„Und wir wollen unseren Hauptmann ja nicht enttäuschen, nicht wahr?"
Die Männer nickten eifrig und zogen ihre Waffen.
Aramis zwinkerte Porthos zu und lehnte sich kurz zu ihm rüber.
„Weißt du was ich an Athos so schätze?" fragte Aramis amüsiert.
Porthos hob eine Augenbraue.
„Du meinst abgesehen von seinem unglaublichen Charme und Taktgefühl?"
Aramis grinste bezüglich dieser sarkastisch angehauchten Bemerkung.
„Ich meinte mehr seine Fähigkeit, Menschen mit einem einzigen Blick Angst zu machen. Keiner dieser Männer stellt den Plan in Frage wenn sie damit den Zorn des Hauptmannes beschwören könnten."
Porthos schnaubte zustimmend und sein Blick fand wieder die feindlichen Truppen.
„Weise Männer."
Aramis hatte seine neu geladene Waffe fest in der Hand, das Metall dass gegen sein Bein klirrte mit jedem Schritt beruhigte ihn.
„Dann los."
Übersetzungen:
No tenga miedo = Hab keine Angst.
