Das Leben auf hoher See war hart und lebensfeindlich. Stürme und Ungeheuer forderten ihre Opfer genauso wie Unterernährung und Vitaminmangel. Wem dies erspart blieb, der warf sich in den Kampf bis entweder ein Gegenschlag oder das Alter ihn dahinrafften. Doch herrschte von Zeit zu Zeit auch Ruhe auf den Schiffen der Seefahrer.
Unter dem Hauptmast eines ganz Bestimmten ruhte ein rothaariger junger Mann, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und den Strohhut tief ins Gesicht gezogen. Seine Haut wies von dem kontinuierlichen Sonnenschein der letzten Tage leichte Rötungen auf und an manchen Stellen hatte sie begonnen, sich abzulösen. Blauer Himmel und vereinzeltes Möwengeschrei umgaben Shanks, der es sich angesichts dieser Idylle gut gehen ließ.
Viel weniger gemütlich als der lockere Kabinenjunge verbrachte Buggy seinen halbwegs freien Tag. Immer wieder wurde er von anderen Crewmitgliedern gerufen, sollte neue Rumfässer bringen und Becher reinigen. Genervt von diesen blöden Arbeiten zog er ein grimmiges Gesicht.
„Ey Buggy!", rief ihm einer zu und grinste dabei angeheitert, „mi'm Läch'ln im Gesischt is das Leb'n glei dobbld so schön."
„Ich geb dir gleich ‚Lächeln im Gesicht'", brummelte Buggy vor sich hin, jedoch darauf bedacht, dass ihn niemand hörte.
„Haha!", lachte der ältere Pirat kurze Zeit später, „ich frag mich ob de irgndwann noch anfängsd das Leb'n zu geniesn?"
Eine kleine Ader, die bei dem Blauhaarigen nie etwas Gutes verhieß, begann bedrohlich zu puckern. Wie sollte er denn dieses verdammte Leben genießen, wenn er den ganzen Tag Alkohol durch das Schiff rollen und abwaschen musste? Wenn man ihn so bedienen würde, wäre er natürlich auch gut drauf! Aber welcher versklavte Kabinenjunge war denn bitte angesichts solch einer Arbeit glücklich? Nicht einmal Shanks, und das sollte bei diesem Trottel schon etwas heißen.
Buggy blinzelte und sah sich um. Wo war dieser faule Idiot eigentlich schon wieder? Der konnte sich doch nicht immer vor seinen Aufgaben drücken! Verärgert krempelte er seine kurzen Ärmel hoch, bereit aus dem Raum zu stürmen und Shanks nicht nur verbal die Meinung zu geigen. Wenn es darum ging sich zu beschweren und aufzuregen, war Buggy nicht auf den Mund gefallen, was er um ein weiteres unter Beweis stellen wollte, als eine große Hand seine Schulter packte.
„Keine gute Idee, Buggy", entgegnete eine raue aber dennoch warme Männerstimme, welche dem kleinen Hitzkopf nur allzu vertraut war.
„Rayleigh!", entfuhr es ihm ertappt. Dieser Kerl tauchte auch wirklich immer in den ungünstigsten Momenten auf! Shanks hatte die Abreibung mehr als verdient und er sah nicht ein, ihn schon wieder mit seiner Bequemlichkeit durchkommen zu lassen.
„Aber-", setzte Buggy deshalb an. Allerdings nur halbherzig. Ihm war bewusst, dass es bei Silvers kein wenn-und-aber gab. Leider.
„Halt die Fäuste still und hilf lieber das Schiff für den nächsten Hafen fertig zu machen", verlangte Rayleigh trocken, ehe sich ein leichtes Grinsen auf seine Lippen zeichnete. Im selben Atemzug lockerte sich sein Griff, sodass Buggy befreit davon nach hinten taumelte. Er rieb sich die gequetschte Stelle nahe seines Nackens und murmelte etwas Unverständliches gen Boden. Ob es eine schwache Beschwerde oder ein Zustimmen war, konnte Rayleigh nicht deuten, doch im Endeffekt würde der Junge ohnehin keine Wahl haben. Das war nun einmal das Schicksal eines Kabinenjungens.
„Worauf wartest du noch?", hakte der der erste Maat entspannt grinsend nach, einen Krug voll Alkohol bereits in der Hand.
„Was soll der Scheiß?", brüllte Buggy augenblicklich, als ihm gewahr wurde, dass Rayleigh sich zu den anderen Schluckspechten gesellt hatte. Er hielt ihn von einer gerechten Bestrafung ab, halste ihm zusätzliche Arbeit auf und rührte dann nicht einmal den kleinen Finger? Wollten sie ihn denn alle verarschen?
