Schattenmacht
Morgen würden es genau zehn Jahre, zehn Mal 365 und zwei Schalttage, sein, seit ich Edward Cullen zuletzt gesehen hatte. Er war davongelaufen, weil er mich nicht länger liebte. Er war davongelaufen, weil ich ihm langweilig geworden war, nachdem er ein halbes Jahr lang nur mit mir gespielt hatte. Er war davongelaufen, weil er meine Seele retten wollte. Meine beschissene Seele! Wer glaubte denn schon an diesen Scheiß?
Indem er mich verlassen hatte, hatte er mir Grausameres angetan, als wenn er mich gleich getötet hätte. Er hatte mir das Herz aus der Brust gerissen und war darauf herumgetrampelt.
Von diesem Tag an hatte ich meine Rache geplant.
Ich wusste, es würde nicht einfach werden, eine Familie zu finden, die spurlos verschwinden konnte. Ich wusste, es würde nicht einfach werden, einen Vampir zu zerstören.
Also tat ich das Einzige, das mir in meiner ausweglosen Lage einfiel: Ich täuschte meinen Selbstmord vor, indem ich meinen Chevy bei La Push von den Klippen rollen ließ. Die Stichflamme war meilenweit zu sehen und die roten Autoteile waren eindeutig zu identifizieren sein. Charlie würde Edward die Schuld an meinem Tod geben.
Mein gespartes College-Geld, das ich zuvor abgehoben hatte, benutzte ich, um ein Flugticket nach Italien zu kaufen.
Ich reiste nach Volterra.
Die Vampirkönige zu finden war ein Kinderspiel. Die Burg sah noch immer exakt so aus wie auf dem Gemälde, das Carlisle besaß.
Ich ließ Aro, Caius und Marcus keine andere Wahl, als mich zu töten.
Für einen Menschen, der ihr Geheimnis kannte, gab es nur den Tod.
Ich wusste, dass ich ebenso gut als ihre nächste Mahlzeit hätte enden können. Aber mein Plan ging auf: Ich wurde selbst ein Vampir.
Ich bekam die Antwort auf die Frage, warum Edward niemals in der Lage gewesen war, meine Gedanken zu lesen. Ich besaß ein Vampirtalent: Meine Fähigkeit war es, als Schild gegen andere Talente zu wirken.
Bevor ich ein geschätztes Mitglied seiner Wache wurde, glaubte Aro, er selbst sei gesegnet und er habe mit Jane und Alec einen Glücksgriff getan. Ihre Macht erwies sich als nutzlos, wenn sie gegen mich antraten.
Die Cullen-Familie war den Volturi schon seit einiger Zeit ein Dorn im Auge, weil sie sich über die Gesetze der Vampire erhaben glaubten. Vegetarische Vampire! Wie dumm und naiv ich doch gewesen war, auf diesen Scheiß zu hören. Von Edward geblendet hatte ich an jedem Wort gehangen, das er zu mir sprach. Der Wunsch, eine Cullen zu werden, war reine Verblendung gewesen. So edel Carlisles Motiv, Menschen vor Vampiren zu schützen, gewesen sein mochte, so sinnlos war es, die Macht zu verleugnen, die rechtmäßig uns gehörte.
Edward hatte mich davor bewahren wollen, ein Monster zu werden. Er hatte mir keine Wahl gelassen, als etwas viel Schlimmeres zu werden.
In meinem ersten Jahr in Volterra hütete mich die Wache wie einen wertvollen Schatz. Es wurden sogar Häscher ausgeschickt, um Victoria und Laurent zu exekutieren. Bei den täglichen Mahlzeiten war ich unersättlich. Ebenso maßlos war ich auch, wenn es darum ging, meinen anderen Appetit zu stillen. Kein männlicher Vampir in der Burg verweigerte sich mir je. Blut, Sex und noch mehr Blut beherrschten meine Existenz von nun an.
Im zweiten Jahr beherrschte ich meine Fähigkeit so vollständig, dass ich gleichzeitig siebzehn begabte Vampire abwehren konnte. Siebzehn deshalb, weil es die höchste Zahl an Kampftalenten war, die Aro und Caius aufbieten konnten, nicht, weil ich damit mein Limit erreicht hätte.
Im dritten Jahr wählte ich Demetri als meinen ständigen Liebhaber. Nach einigen Wochen wurde er mir lästig, also riss ich ihm den Kopf von den Schultern. Als Marcus von seinen Brüdern forderte, ich müsse unter Kontrolle gebracht werden, tötete ich ihn ebenfalls.
Von nun an gehörte der dritte Thron in Volterra mir.
Die Vampirwelt lag mir zu Füßen, und doch wusste keiner, woher ihre neue Königin gekommen war.
Zeit spielte von da an keine Rolle mehr. Edward und die Cullens wussten nichts davon, was aus mir geworden war, oder dass ich auf Rache sann. Arme Alice, sie hatte keine Ahnung, dass ich nicht durch meinen Tod aus ihren Visionen verschwunden war.
Ich bedauerte, dass ich auch diejenigen der Cullens töten würde müssen, gegen die ich eigentlich keinen Groll hegte, aber entweder gaben sie Edward freiwillig auf oder ich würde ihn mir holen, indem ich über ihre Leichen ging. Was er mir angetan hatte, würde sie allesamt zu Fall bringen.
Wie auch immer mein Kreuzzug enden würde, eines stand unerschütterlich fest: Edward Cullen würde brennen.
Es kümmerte mich nicht, dass Jane nun neben mir in unserem Privatjet saß und auf ihr eigenes Vergnügen bei meiner Unternehmung hoffte. Es passte ihr nicht, dass ich Aro näher stand, als sie es je geschafft hatte, aber ich hatte sie lieber in meinem Blickfeld als irgendwo hinter meinem Rücken, wo sie mit Sulpicia und Athenodora, den eifersüchtigen Hexen, Intrigen gegen mich spinnen konnte. Den beiden alten Damen, wie ich sie nannte, gefiel ihr Exil in einem Landhaus außerhalb Volterras nicht besonders. Sie besaßen keine Talente, mit denen sie den Königen nützlich waren. Sie dienten mir lediglich als Druckmittel gegen Aro und Caius. Bald würden sie völlig überflüssig sein. Schon jetzt teilte Caius einzig mit mir das Bett, nur Aro war störrisch und suchte seine Gemahlin noch gelegentlich auf.
Wenn ich mich um Edward gekümmert hatte, würde ich mich vielleicht auch um Aro kümmern. Eine Alleinherrschaft mit Caius an meiner Seite wurde immer verlockender. Der Gute wusste nur noch nicht, wofür ich ihn auserkoren hatte.
Gering schätzend warf ich einen Seitenblick auf die kleine Jane. Auch wenn es nur ein Wunschtraum war, ein bisschen spekulierte ich darauf, dass Jasper oder Emmet das dürre Genick ihres Puppenkörpers brechen würden. Es würde mich amüsieren.
Wie ich geplant hatte, hatte Carlisle auf das Schreiben mit der Bitte um ein Treffen, das Aro ihm sandte, geantwortet. Er war schon immer gutgläubig gewesen und vermutete in jedem Wesen einen unschuldigen Kern. Vielleicht hoffte er sogar darauf, dass die neue Vampirkönigin eine Wende in Hinsicht auf die Menschenjagd bringen würde. Es würde ihm ähnlich sehen.
Carlisle bot an, mit Esme nach Volterra zu reisen, wohl um unsere Aufmerksamkeit von seinen Kindern abzulenken, doch das lag nicht in meinem Sinn.
In einem zweiten von mir aufgesetzten Brief unterbreitete Aro den Vorschlag, dass eine Gesandtschaft der Wache die Cullens in ihrem festen Heim besuchen würde. Carlisle blieb keine andere Wahl als zu akzeptieren.
Das waren die Ereignisse, die mich hierher gebracht hatten. Seit Wochen lag mein Schild permanent über Jane und Alec, die heute bei mir waren. Neben meinem Talent benötigte ich Alecs Fähigkeit, um meinen Plan durchzuführen. Alec war es eine Ehre, mich zu begleiten. Er war mir hörig und wusste nicht, an wen mich sein jugendlicher Körper erinnerte, wenn ich ihn nahm. Mit Alec vertrieb ich mir auch die Zeit des Fluges, als mir langweilig wurde. So ein guter Junge.
Ich fragte mich, ob die Cullens noch manchmal an mich dachten. Ihre Vampirgedächtnisse ließen zwar nicht zu, dass sie mich vergessen konnten, aber ob sie sich bewusst an mich erinnerten, ob sie um mich getrauert hatten, als sie aus Zeitung und Internet von meinem Selbstmord erfahren hatten, war eine Überlegung, die mich in den vergangenen zehn Jahren beschäftigt hatte.
Das Flugzeug landete im Zwielicht.
Der Tag meiner Rache hatte begonnen.
Wir kleideten uns. Jane und Alec in das Dunkelgrau, das ihnen als ranghöchste Mitglieder der Wache zustand. Ich wählte nicht mein übliches Purpurrot, sondern einen Umhang aus hellgrauem, fast silbernem Samt, der mich scheinbar im Rang unter Jane und Alec stellte. Auf meiner Brust lag die schwere Kette mit dem Volturi-Wappen, geziert von einem Rubin, blutrot wie meine Augen. Die Kapuze zog ich tief ins Gesicht, bis ich den Zeitpunkt für meine Enthüllung gekommen hielt.
Würde es lange dauern, bis die Cullens mich erkannten?
Die Art, wie ich mich bewegte, meine Stimme, sogar mein Aussehen hatten sich verändert, jedoch nur so sehr, wie es die Verwandlung in einen Vampir mit sich brachte. Eigentlich war ich noch immer dieselbe Bella, die ich gewesen war, als er mich kannte, nur mit dem Unterschied, dass meine Rache für mich als Vampir ein erreichbares Ziel war.
Woran würde Edward mich erkennen? Daran, dass er mich nicht wahrnehmen konnte? Auch Jane und Alec würden vor ihm verborgen sein.
Würde er meinen Geruch erkennen? Erdbeeren und Freesien waren es, die einem jeden meiner Liebhaber um den Verstand brachten.
Alice konnte nicht wissen, was auf ihre Familie zukam. Die Cullens hatten sich ohnehin immer viel zu sehr auf ihr fehleranfälliges Talent verlassen.
Würden sie den Umstand, dass heute der zehnte Jahrestag ihres Verschwindens aus Forks war, als Zeichen deuten oder hielten sie es für einen Zufall?
Den Privatflughafen verließen wir in einer Luxuslimousine, die einer unserer unwissenden menschlichen Lakaien steuerte. Vielleicht wünschte ich auf dem Heimweg ja eine Mahlzeit. Vielleicht würde ich Edward zwingen, mir dabei zuzusehen.
Das Haus war so elegant wie jedes der Gebäude, die Esme auswählte und liebevoll dekorierte. Ich kannte inzwischen die Vergangenheit eines jeden der Cullens, war besser informiert, als sie es sich vorstellen konnten durch die Akten, die die Volturi über einen jeden Vampir auf diesem Planeten führten.
Ich ließ Jane und Alec den Vortritt und stieg als Letzte aus dem Wagen, setzte mich dann aber an die Spitze unserer Dreiergruppe, als Einzige mit verhülltem Haupt.
Carlisle, Emmet und Jasper bildeten die erste Linie, wie ich es erwartet hatte, ein jeder beschützend vor seiner Frau, allesamt bildschön wie in meiner Erinnerung. Die Sorge in Esmes Antlitz weckte in mir beinahe den Wunsch, ihr Mut zuzusprechen.
Nur Edward stand abseits.
Er war abgemagert, falls das für einen Vampir überhaupt möglich war, jedenfalls war das mein Eindruck. Er war blasser als er es je gewesen war. Fast ahnte ich seine Knochen unter der papierdünnen Haut. Seine Wangen schienen eingefallen. Seine Augen lagen tief in ihren dunklen Höhlen, die Irisse waren fast schwarz bis auf einen schmalen goldenen Ring, der mir zeigte, dass er sich kaum ernährte. Seine Stirn war gerunzelt und er musste die anderen schon darüber aufgeklärt haben, dass er unsere Gedanken nicht lesen konnte.
Nichts in seinem Engelsgesicht deutete darauf hin, dass er auch nur eine Ahnung hatte, wer ihm gegenüberstand.
Alice' Augen trübten sich immer wieder, als sie vergeblich versuchte, die Zukunft zu sehen. Ihre Anspannung übertrug sich auf Jasper, dessen Augen unablässig und nach einer Schwachstelle suchend über uns glitten.
Carlisle begrüßte Jane und Alec mit ausgewählter Höflichkeit, erst danach mich. Nach dem Protokoll der Wache, das er bestens kannte, war ich als Rangniedrigste zuletzt an der Reihe.
„Willkommen in unserem Heim.", begann er in fliesendem Italienisch zu mir zu sprechen. „Mein Name ist Carlisle, das ist meine Frau Esme." Er deutete die anderen Mitglieder der Familie an. „Unsere Kinder Rosalie und Emmet, Alice und Jasper, und Edward."
Mit schwerem italienischem Akzent antwortete ich auf Englisch. Meine Stimme zu verfälschen war eine Kleinigkeit. „Aro, Caius und die Königin senden dir und deiner Familie ihre Grüße, Carlisle. Mein Name ist Isabella. Möchtest du mich nicht hereinbitten?"
Der Name Isabella rief die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Edward zuckte zusammen. In Carlisles Augenwinkel stahl sich ein harter Zug, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen als er voraus schritt und mich ihm zu folgen bat. Kurz lag Trauer in Esmes und Alice' Augen, Jasper schien eher misstrauisch. Ich konnte fühlen, dass er an meinem Schild seine Kräfte probte und versuchte, meine Gefühle und die meiner Begleiter zu lesen. Es würde ihm nicht gelingen.
Rose und Emmet registrierten den Namen, nichts weiter. Emmet beugte sich zu seiner Frau und flüsterte ihr etwas ins Ohr, ehe sie nach allen anderen das Haus betraten. Er unbekümmert und sie hochnäsig wie eh und je.
Meine Falle schlug zu und auf mein Zeichen lähmte Alec die drei Paare. Ich sah, wie ihre Bewegungen vor meinen Augen gefroren.
Edward fuhr zu uns herum, fauchte auf, duckte sich wie zum Angriff.
Ich entließ Jane aus meinem Schild und Edward ging mit einem gellenden Schmerzensschrei zu Boden. Erst nach Minuten befahl ich ihr, die Folter zu beenden.
Zitternd und keuchend lag Edward auf dem Boden, seine Arme und Beine zuckten noch sanft im Echo der Pein.
„Hallo, Edward." Ich kniete mich zu ihm, legte ihm meine rechte Hand auf die Brust, um ihn am Aufstehen zu hindern, während er in ruckartigen Atemzügen die Luft einsog, als könne er so die Schmerzen lindern.
Ich schlug mit der Linken die Kapuze zurück. Mein langes Haar fiel in Kaskaden über meine Schultern nach vorne, strich ihm über Gesicht und Brust und verströmte den unverkennbaren Duft von Erdbeeren und Freesien.
Seine Augen weiteten sich im Schock, als er in meine roten Pupillen starrte.
Ich lächelte und fragte sanft: „Hast du mich vermisst?"
Sein Entsetzen, als er mich erkannte, durch meine eiskalte Berührung wahrlich begriff, dass ich leibhaftig im gleichen Raum wie er war, war besser als ich es mir ausgemalt hatte. Geradezu berauschend, als er versuchte, sich mit Händen und Füßen vom Boden abzustoßen und rückwärts kriechend meiner Berührung zu entkommen.
Ich warf den Kopf in den Nacken und lachte wie eine Wahnsinnige, als Edward mit dem Rücken gegen die Wand stieß, seine Finger sich in den Verputz krallten und er versuchte sich aufzurichten. Sein Atem war hektisch, nahe einer Panikattacke, wie ich sie bei tausenden Menschen gesehen hatte, ehe ich meine Zähne in ihre Kehlen schlug. Er sackte wieder zu Boden, als seine Beine unter ihm nachgaben. Putz rieselte von der Wand. Blanker Horror entstellte sein Gesicht.
Ich lachte wie eine Wahnsinnige. Wie die Wahnsinnige, die ich geworden war, als er mich zurückließ.
„B-Bella.", stotterte er. Er rang mit seiner Fassung, versuchte selbst, bei Verstand zu bleiben.
Mit einem Seufzen unterbrach ich mein Lachen und schob meinen Schild für einen winzigen Augenblick von mir.
Falls du dich gefragt hast, ob ich ein Talent besitze… Nur diesen einen Satz dachte ich.
Edward zuckte zusammen, als hätte ihn der Blitz getroffen.
So viel besser…
Mich schauderte vor Erregung.
Jane trat näher zu Edward, obwohl es für ihr Talent keinen Unterschied machte, wo er sich befand. Eine Warnung.
Ich befahl Alec, die anderen Cullens so weit aus seinem lähmenden Nebel zu lösen, dass sie ihre Köpfe bewegen, sehen, sprechen und hören konnten.
Esme schluchzte auf, als sie mich erkannte. Überraschung und fast so etwas wie Freude glommen bei meinem Anblick in ihren goldenen Augen auf, dann Entsetzen und nackte Angst, als sie nach ihrem Mann und ihren Kindern sah und die Gefahr erkannte, in der sie schwebten.
Carlisle schüttelte ungläubig den Kopf, versuchte gar nicht erst, sich gegen die lähmende Umklammerung zu wehren. Hatte er Alecs Talent schon einmal gespürt, fragte ich mich, oder es nur gesehen?
„Du…", wisperte er fassungslos und starrte meine blutroten Augen an. „Du bist die Königin."
Ich lachte trocken auf. „Tja, Carlisle, was soll ich sagen? Ich bin in der Nahrungskette etwas nach oben geklettert."
„Warum…", murmelte er.
Rose fauchte und versuchte sich zu befreien, ihr Blick suchte sofort nach Emmet, um zu sehen, ob er noch lebte. Ihr Fauchen wurde zu einem Grollen, als sie erkannte, dass sie in der gleichen Haltung eingefroren war wie sie den Raum betreten hatte, sogar ihre Hand noch in Emmets.
Emmet wehrte sich heftig, sein Kopf ruckte, seine Augen waren pechschwarz, seine Zähne schnappten ins Leere und er knurrte vernehmlich.
Alec betrachtete ihn herablassend und spielte mit ihm wie eine Katze mit einer ihr ausgelieferten Maus, als er immer wieder einzelne von Emmets Körperteilen freigab und dafür neue lähmte. Er wehrte sich mit aller Kraft, doch natürlich zwecklos. Er würde mitsamt Rose stürzen, wenn er so weitermachte.
„Alec, dafür ist später noch Zeit.", mahnte ich.
„Verzeiht, Herrin." Alec deutete eine Verbeugung an. Braver Junge. Später würde ich ihn belohnen.
Lediglich Jasper blieb ruhig, als er die auswegslose Lage erkannte, in der er und seine Familie sich befanden und er merkte, dass sein Talent gegen meinen Schild nutzlos war und er weder mich, noch Jane, noch Alec manipulieren konnte. Seine Augen huschten über alles und jeden im Raum, zweifellos analysierte er und suchte nach einer Kampfstrategie, legte sich Taktiken zurecht. Seine erste, oberste und einzige Priorität war Alice. Er würde Edward opfern ohne mit der Wimper zu zucken, um sie in Sicherheit zu bringen.
Und genau das war es, was Alice sah, als ich ihr für Momente die Kontrolle über ihre Visionen zurückgab. Ihre Augen trübten sich, als sie angsterfüllt die Zukunft ihrer Familie absuchte. Sie wimmerte zwischen den einzelnen, rasch auf einander folgenden Bildern. Sie schrie leise wie unter Schmerzen auf, als ich meinen Schild wieder über sie warf. Ich konnte doch nicht zulassen, dass sie vielleicht einen Ausweg erspähte.
Ich fragte mich, ob sie, um ihre Familie und Jasper zu retten, einen Posten in meiner Wache annehmen würde, wenn ich ihn ihr anbot. Sie würde ihre Diät ändern müssen, aber dennoch… Oder sollte ich gierig sein und außer Alice auch Jaspers Talent für mich fordern? Er würde ihr überall hin folgen. Sich von Menschen zu nähren wäre für ihn nur eine Rückkehr zu alten Gewohnheiten.
„Ich gebe euch keine Schuld an dem, was Edward mir angetan hat.", sprach ich, während ich vor den Cullens auf und ab ging. Meine silberne Robe bauschte sich hinter mir bei jedem meiner Schritte. „Ich trage euch nichts nach, auch wenn ihr es hättet besser wissen sollen, als mich zurückzulassen. Edward ist der Einzige, den ich will. Ihr habt die Wahl. Entweder ihr überlasst ihn mir freiwillig oder ich werde euch ohne Rücksicht mit ihm hinrichten."
Jegliches Geräusch im Raum verstummte, jedes Knurren, jedes Fauchen, sogar Esmes Schluchzen. Nur die Uhren tickten vor sich hin.
„Lass sie gehen." Edwards Stimme war ein ersticktes Krächzen.
Fast träge drehte ich den Kopf zu ihm.
„Lass sie gehen.", wiederholte Edward eindringlicher und rappelte sich auf die Knie auf. Er bemerkte Jane neben sich nicht einmal. „Ich werde alles tun, was du sagst. Bitte, Bella. Lass sie gehen und ich tue alles, was du willst."
„So nobel, der Ritter auf seinem strahlenden Ross.", spottete ich.
„Töte mich, wenn du willst.", stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Aber lass es sie nicht mit ansehen."
Wieder ein Schluchzen von Esme. „Bitte nicht, bitte nicht…", war das Einzige, was ich von ihren gemurmelten Worten verstand.
Ich hob die Hand und deutete auf Esme. Sie stolperte beinahe, als Alec sie freigab.
„Willst du um ihn kämpfen, deinen Sohn?", fauchte ich sie an.
„NEIN!" Der Schrei kam von Carlisle und Edward zugleich.
„Ich werde kämpfen." Esme starrte mich an, mit geballten Fäusten, mit der grimmigen Entschlossenheit einer Löwin, die ihr Junges, ihre Familie bis zum Letzten verteidigen würde.
Ihr Mut war bewundernswert, trotz ihrer offensichtlichen Angst.
In weniger als einem Sekundenbruchteil hatte ich sie gepackt und gegen die nächste Wand geklatscht, meine Hand auf ihrer Kehle. Risse breiteten sich im Gips aus. Schon auf ein Dutzend Arten hätte ich sie bis zu diesem Augenblick töten können.
Nur vage bekam ich mit, dass Carlisle Esmes Namen brüllte und sich gegen seine unsichtbaren Fesseln warf. Er konnte nicht sehen, was ich hinter seinem Rücken mit ihr tat. Was ich tun könnte.
Janes feingliedrige Porzellanfinger lagen auf Edwards Schulter. Er kniete vor Jane wie ein Verurteilter vor seinem Henker und er rührte sich nicht, knirschte nur mit den Zähnen. Ihr selbstgefälliges Lächeln zeigte mir, dass sie ihn quälte, jedoch nicht stark genug, als dass er die Kontrolle über seinen Körper verlor, sondern nur so sehr, dass er sich freiwillig nicht rührte.
„Vielleicht hättest du um mich kämpfen sollen, Esme.", zischte ich. Esmes Körper zitterte in meinem Griff wie Espenlaub. „Vielleicht hättest du für mich sprechen sollen, als Edward euch überredet hat, mich im Stich zu lassen!"
Ich ließ sie fallen und ihr Körper sank an der Wand in sich zusammen, als Alec sie wieder lähmte. Ich drehte mich um und trat wieder in den Teil des Raums, von wo aus alle Cullens mich sehen konnten.
„Aber das habe ich!"
Ich fuhr auf dem Absatz herum und starrte Esme an. Ihr Flüstern hatte mich härter getroffen als eine Faust in die Magengrube.
Mit einem Fingerzeig bedeutete ich Alec, sie freizulassen.
Sofort stand sie auf, trat einen zögernden Schritt auf mich zu, hob flehend ihre Hände. „Bella, bitte glaube mir. Ich habe um dich gekämpft wie ich jetzt um jedes meiner Kinder kämpfe. Ich habe Edward angefleht, seine Entscheidung, dich zu verlassen, nochmals zu überdenken. Ich habe gesehen, dass es ihn ebenso zerstören würde wie dich, aber er hat nicht auf mich gehört, weil er so sehr Angst hatte, dich zu töten. Es hat mir das Herz gebrochen, als ich glaubte, du hättest dich unseretwegen umgebracht. Ich habe um dich getrauert, weil ich eine Tochter verloren" –
„SCHWEIG!", fuhr ich ihr ins Wort. Es fehlte nicht viel und ich hätte ihr ins Gesicht geschlagen.
Esme zuckte vor mir zurück und verstummte. Zum ersten Mal färbten sich ihre Irisse dunkel.
„Ich habe genug von deinen Lügen!", herrschte ich sie an. „Alec!"
Er lähmte Esme wieder, nur ihre Augen und Lippen bewegten sie noch, aber sie wagte es nicht mehr, laut zu sprechen.
Aufgebracht durchquerte ich das Wohnzimmer. Niemand sollte den Schmerz sehen, den ich nicht aus meinem Gesicht bannen konnte. Ich war außer mir vor Wut.
Esmes Worte hatten mich tiefer getroffen, als ich es für möglich gehalten hatte. Entgegen meiner Behauptung glaubte ich nicht, dass sie gelogen hatte. Nicht Esme.
Schlicht durch die Wahrheit und ihre Aufrichtigkeit hatte sie es geschafft, mich zu besänftigen.
Aber das konnte ich nicht zulassen. Ich war hierher gekommen mit dem festen Entschluss, Edward leiden zu lassen, die Schmerzen, die er mir zugefügt hatte, zu verhundertfachen. Ich würde meine Rache nicht aufgeben.
Das Einzige, was Esme erreicht hatte, war, dass ich davon absah, Edward jetzt sofort zu töten.
Für alles gab es die richtige Zeit und den richtigen Ort.
Ich schloss kurz die Augen, straffte meine Schultern, nahm Haltung an, dann trat ich wieder in Sichtweite. Ruhig erkundigte ich mich: „Ich gehe davon aus, dass ihr weitere Häuser in der Nähe habt? In einem davon werde ich meine Unterhaltung mit Edward fortsetzen."
Esme antwortete. „Carlisle und ich haben ein Cottage jenseits des Flusses. Du kannst unserem Geruch folgen."
Ich nickte kurz. „Jane, Alec, ihr bleibt hier." Ich brauchte ihnen nicht zu sagen, was zu tun war. Jede Aufmüpfigkeit würde schwer bestraft werden. Und wenn Jane der Meinung war, dass sie bisher zu kurz gekommen war…
Ich lief voran ohne abzuwarten, ob Edward mir folgte. Jane würde ihn schon motivieren, sollte er es nicht tun. Doch noch ehe ich die Tür erreichte, erklangen seine Schritte hinter mir.
Esmes und Carlisles Spur zu folgen war einfach.
Das Cottage lag etwas über drei Meilen vom Haupthaus entfernt im Wald. Wie romantisch.
Edward sprach keinen Ton, während er mir folgte. Ich hatte vermutet, er würde wieder um Gnade für seine Familie bitten, doch er schwieg, wohl weil er erkannt hatte, dass es zwecklos war, mit mir zu handeln.
Das Cottage bestand nur aus einem großen Raum und einem kleinen Badezimmer, das ich durch die geöffnete Tür sehen konnte. Der Hauptraum sehr zweckdienlich eingerichtet. Es gab einen Kamin, einen flauschigen Teppich davor, ein riesiges Sofa, ein geradezu monströses Bett. Esme war schon immer eine effiziente Innenarchitektin gewesen. Ich wunderte mich, was für Dessous im Schrank, welche Spielzeuge ich in der Kommode finden würde, sollte ich nachsehen.
Wie ein Opferlamm war Edward mir zur Richtstätte gefolgt.
Welche Ironie.
Einst war ich das Lamm gewesen und er der Löwe. Jetzt würde ich herausfinden, wie masochistisch der Löwe wirklich veranlagt war.
Ich wusste, ich war stärker als Edward, der sich nur von Tieren ernährte und das auch nur unzureichend.
Es tat unglaublich gut, sein gequältes Gesicht zu sehen. Ein ängstlicher Zug lag um seine Augen, als würde er von einem Geist heimgesucht.
Auf eine gewisse Art stimmte das ja auch, ich war der Geist seiner Vergangenheit.
Er würde nicht wissen, wie ihm geschah, so schnell würde ich zuschlagen.
„Warum, Bella?", fragte Edward leise und zögernd, als erwarte er, ich würde ihm jeden Moment das Wort abschneiden. „Warum nur bist du nach Volterra gegangen?"
Ich lachte bitter auf. „Wird von Julia nicht erwartet, dass sie Romeo ins Grab folgt? Genau das habe ich getan, wenn auch nicht aus Liebe, sondern aus Rache."
Ein so unendlich trauriger Ausdruck erschien in seinen Augen, als trüge er die Last der Welt auf seinen Schultern. „Ich wäre zurückgekommen, Bella. Die drei Tage ohne dich waren die reinste Hölle." Edwards Stimme brach. Er weinte. „Sie haben versucht, es vor mir geheim zu halten, aber ich habe die Zeitung über deinen Unfall in Emmets Kopf gesehen. Sie konnten vor mir nicht verbergen, dass sie um dich trauerten, sogar Rosalie…" Er schüttelte verwundert den Kopf, als könne er so die Erinnerung vertreiben.
Schließlich blickte er auf und sah mich an. „Ich wollte selbst sterben. Es ist meine Schuld, dass du gestorben bist."
„Das tut nichts zur Sache.", entschied ich kalt, bevor er mit dem Blödsinn anfangen konnte, ich hätte seinetwegen meine Seele verloren.
Die Standfüße des Sofas brachen ein, als ich Edward auf die Polster stieß.
Ich kniete mich über ihn, rechts und links seiner Oberschenkel.
Meine Finger zerrten an seinem Gürtel und das Leder brach in meinen Fingern wie Bindfaden. Seine Jeans riss und ich zog sie bis in seine Kniekehlen herab, musste ihn dafür kurz freigeben.
„Was tust du?", keuchte Edward schockiert und überrascht. Seine Hände landeten auf meiner Hüfte, versuchten, mich von seinem Schoß zu heben.
„Rate!", fauchte ich und presste ihn mit Gewalt zurück. Er würde mich nicht loswerden. „Ich nehme mir, was ich will. Wie ein echter Vampir jemanden für sich beansprucht." Wieder stieß ich ihm meine Lenden entgegen.
Er mochte schockiert erscheinen, doch ein Teil seines Körpers verriet ihn. Was sich da gegen meinen Schamhügel drückte, war alles andere als eine ängstliche Reaktion.
„Es nennt sich das Recht des Stärkeren.", fügte ich hinzu.
Mit einem letzten Ruck riss ich seine Seidenshorts auseinander. Sein Penis sprang meiner Hand geradezu entgegen. Er war nicht so knabenhaft wie Alec, eher jugendlich schlank und lang wie Caius. Er würde mir genügen.
Edwards Atem verfing sich, er hielt erst die Luft an, als ich mit einer Hand über seine Erektion glitt, ihn pumpte. Dann konnte er ein Stöhnen nicht verhindern, als sein Lusttropfen über meine Finger sickerte. Ein Hauch von Moschus erfüllte den Raum. Seine Hände auf meiner Taille wehrten mich nicht länger ab, sondern hielten mich an Ort und Stelle, um mich ja nicht zu verlieren.
Er wimmerte, als ich sein Organ für Momente losließ, um zuerst gleichzeitig sein Hemd und Unterhemd von seiner Brust zu reißen, dann meine Robe von meinen Armen gleiten ließ, das kurze schlichte schwarze Seidenkleid über meinen Kopf zog.
Nackt bis auf das Volturi-Wappen zwischen meinen Brüsten und meine mattschwarzen Lederstiefel saß ich auf ihm. An einem anderen Tag hätte Alice mich wohl dazu beglückwünscht, dass ich Vivien-Westwood-Combat-Boots gewählt hatte.
Edward hatte nur Augen für meine rosigen harten Nippel, für meinen glatten haarlosen Venushügel und die Feuchte, die zwischen meinen Schamlippen glänzte. Seine Nasenflügel zitterten als er mich witterte. Gierig sog er immer wieder meinen Duft ein. Moschus, Erdbeeren und Freesien.
Noch nie hatte ich ihn nackt gesehen oder er mich. Für ihn war der Geschlechtsakt immer etwas Heiliges, Unerreichbares, nur Ehegatten Vorbehaltenes gewesen und eine absolute Unmöglichkeit zwischen Mensch und Vampir.
Wie eine Hure würde ich ihn und seine engstirnige Moralvorstellungen schänden. Hatte er nicht selbst gesagt, ich könne alles mit ihm tun?
Meine Hände glitten in sein bronzenes Haar, zogen sein Gesicht an meines, bis ich mit geöffneten Lippen über seinen Mund streichen konnte. Ich leckte über seine Unterlippe, fing sie mit den Zähnen, lachte über seinen überraschten Gesichtsausdruck. Aber ich hatte nicht vor, ihn zu küssen.
Meine Fingernägel kratzten über seine Schultern, seine Brustmuskeln, seinen flachen Bauch hinab. Mit der rechten Hand umschloss ich wieder seinen Penis, strich ein paar Mal auf und ab, ehe ich die Spitze an mein nasses Fleisch presste.
„Nein!", protestierte Edward schwach, doch seine Augen schrieen: „Ja! Mehr! Nimm mich! Mach' mich dein!"
Ich lehnte mich vor und sank auf ihn nieder, rammte seine Länge mit einem einzigen Stoß in mich. Wir beide stöhnten. Edwards süßer Atem strich über meine Brüste.
Seine Finger zitterten auf meinem Rücken, als ich mich zu bewegen begann, erst in langsamen, fast zärtlichen Kreisen, während er tief in mir war.
„So eng…", wisperte er erstaunt. Seine Augenlider flatterten, überwältigt vom Sinnesrausch. „Oh Gott, Bella!"
Mit einem gefährlichen Lächeln auf den Lippen schloss ich meine Muskeln um ihn, kontrahierte einige Male.
Edwards Kehle entstieg ein animalisches Keuchen. Immer wieder murmelte er meinen Namen. Sein Kopf sank nach vorn und er presste seine Lippen auf mein Brustbein in winzigen, hastigen Küssen, als wage er nicht, mich anders zu berühren. Ein paar Mal erwischte er den Anhänger mit dem Volturi-Wappen anstatt meiner Haut. Beinahe lachte ich darüber.
Wieder nahm ich seinen Kopf in beide Hände, drehte meinen Oberkörper leicht zur Seite, zwang meine linke Brustwarze – dort wo unter der Haut einst mein Herz geschlagen hatte – zwischen seine Lippen. Edward gefror, doch dann schlossen sich seine Lippen um die Knospe und er begann zu saugen und lecken, als hinge sein Leben davon ab.
Nun, vielleicht tat es das ja sogar.
Edward wurde selbstsicherer, seine Finger glitten mein Rückgrat auf und ab, kneteten mein Gesäß und folgten meinen Bewegungen, als ich mich auf ihm wiegte und er sacht in mich stieß. Wie niedlich.
Ein lustvolles Ziehen breitete sich in meinem Schoß aus.
Ich begann, mich von seinen Schenkeln zu erheben, bis er fast ganz aus mir glitt, sank wieder auf ihn herab, härter und schneller. Das Klatschen, mit dem unsere Körper einander trafen, unser ekstatisch fieberhafter Atem erfüllte den Raum. Wie eine schwere Nebelwolke hüllten uns Moschus und Gift ein, gepaart mit meinem Hauch von Erdbeeren und Freesien.
Wenn Edwards Schwanz aus mir glitt und beim Eindringen über meinen Kitzler strich, wimmerte ich. Alles drehte sich um mich.
Ich fickte und ritt ihn, hielt ihn zwischen meinen Armen und Schenkeln auf dem Sofa gefangen. Das Holz protestierte zwar unter unseren heftigen Bewegungen, doch ansonsten hielt es. Eine gute Wahl, Esme.
Edward traute sich jetzt, mich mit Zunge, Lippen und Händen überall zu berühren. Er leckte und nagte an meinen Brustwarzen, streichelte meinen Busen und meinen Bauchnabel. Seine Finger glitten sogar zwischen uns und berührten die höchste Stelle zwischen meinen Beinen, während er in mich drang und meine Hüften ihm entgegenzuckten.
Seine Lippen wanderten über meine Brüste, meinen Hals, bedeckten mein Kinn mit winzigen Küssen, dann war plötzlich sein Mund auf meinen Lippen und seine Zunge begehrte Einlass. Ich ließ es geschehen, völlig verloren in unserer Leidenschaft.
Als ich gewahr wurde, dass ich ihn ebenfalls küsste, seine zarten, liebevollen Küsse ebenso sanft erwiderte, während unsere Körper einander wie triebgesteuerte Tiere begatteten, verdunkelte Zorn meine Sinne. Ich stieß Edwards Kopf von mir. Er schien es gar nicht zu bemerken, sein Kopf sank auf die Sofalehne zurück und er stöhnte meinen Namen, während sein Rücken sich wölbte und seinen Penis heftiger als zuvor in mich pumpte.
Der süße Schmerz tief in mir überwältigte mich beinahe. Ich wusste, dass ich kurz davor war zu explodieren.
Ich beugte mich über ihn, leckte mit der Zunge über Edwards Hals, hinterließ eine gleißende Spur meines Gifts. Er fauchte und seine Hände glitten fahrig über meinen Rücken, als er meine Zähne über seine Haut kratzen fühlte. Mit den Lippen saugte ich an seiner Kehle und schlug dann mit den Zähnen zu. Mühelos durchbrach ich die Haut und verbiss mich in seine Gurgel.
Edward röchelte, presste meinen Namen hervor. „Bella, nein!"
Doch sein Schwanz zuckte in mir und verriet ihn. Es gefiel ihm, dass ich ihn biss. Es gefiel ihnen allen, wenn ich sie als meine Sklaven brandmarkte, wenn die halbmondförmigen Narben, die meine Zähne verursachten, davon kündeten, wie sehr sie bei der Königin in Gunst standen. Ich leckte erneut über die Wunde. Das Fleisch schloss sich, doch meine unverkennbaren Zahnabdrücke würden auf ewig als silberne Narben auf Edwards Kehle bleiben. Ich hatte die Stelle für den Biss so gewählt, dass ich Carlisles Zahnspuren überdeckte, auslöschte. Edward gehörte jetzt mir. Mir allein.
Tief in mir zuckte Ekstase auf, bebende Lust raste durch meinen Körper, als ich mit einem Aufschrei im Orgasmus versank. Edwards kalter Samen ergoss sich in mir und sein Kopf sank nach vorn, seine Stirn lehnte schwer zwischen meinen Brüsten, so dass ich die dicke Kette und das Volturi-Wappen zwischen uns fühlen konnte.
Sein Atem setzte meine Haut in Flammen, als er murmelte: „Bella, liebste Bella, nie wieder ohne dich…"
Edwards starke Hände hoben mich am Po an, zwangen mich weiter auf ihn.
Ein jeder Vampir wusste instinktiv, was zu tun war.
Er rutschte an der Sofalehne tiefer, veränderte unsere Position, so dass seine Erektion mich aufspießte und er bis zum Anschlag seines Schafts in mich sank. Sein Schamhaar rieb über meinen Kitzler und ich stöhnte. „Edward!"
Ich fluchte, als ich bemerkte, dass sein Namen meinen Lippen entkommen war.
Mein Fluch – sein Name – spornte ihn weiter an. Mit unmenschlicher Schnelle stieß er in mich und fickte mich, hielt mich in der Position, in der er mich wollte. Obwohl ich mich hätte wehren können, tat ich es nicht. Ich war zu sehr in der erregenden Hitze des Augenblicks gefangen, als dass es mich noch kümmerte. Sollte er dieses eine Mal seinen Willen haben.
Hätten wir das getan, als ich noch ein Mensch war, er hätte mir Hüfte und Rückgrat gebrochen, mich in Obsession und Blutrausch verschlungen. Dieser Gedanke erregte mich auf unglaubliche Weise und loderte wie eine Stichflamme in meinem Schoß.
Wieder schoss sein Samen in mich und es genügte, um mich mit ihm in den Abgrund zu reißen. Feuer verzehrte mich, als Edward sich unter mir versteifte und abspritze.
„Bella, ich liebe dich…", wisperte er heiser.
Ich schrie in lustvollem Entzücken und gleißendem Zorn, als meine Finger in sein Haar glitten, meine Fingernägel sich in seine Kopfhaut bohrten, ich seinen Kopf dorthin zwang, wo ich ihn wollte. Seine Lippen schlossen sich um meine linke Brustwarze, begannen zu saugen. Als er mich freigab und sich dem andern Nippel widmen wollte, ruckten meine Hände. Der Raum wurde erfüllt von einem scharfen Knacken, das sich anhörte als würde ein Marmorblock zerbersten.
In meinen Händen hielt ich Edwards Kopf.
Seine Augen waren nachtschwarz vor Erregung und Hunger, doch in ihnen lag auch ein Hauch von Überraschung. Sein Mund war zu einem stummen Schrei – Lust? Schmerz? – geöffnet, auf seinen Lippen glitzerte Gift, meines und seines.
Ich ließ seinen Kopf achtlos fallen, legte meine Hände auf die Schultern seines Körpers, der noch immer unter mir bebte, instinktiv in mich stieß. Ich ritt ihn weiter, bis mich eine erneute Welle der Ekstase in den Orgasmus riss.
Mit einem leisen Lachen stieg ich von ihm. Edwards Körper verrutschte an der Sofalehne und blieb seltsam verkrümmt auf der Seite liegen. Sein nun schlaffer Penis glänzte von meinem Saft.
Was für ein Anblick.
Wie eine Leiche in einer zweitklassigen Krimiserie sah er aus, nur ohne das Blut. Sein Hemd und das Unterhemd waren halb zerrissen um seine Arme gewickelt, seine Hose und die Shorts hingen in Fetzen in seinen Kniekehlen.
Sein Kopf war unter einen Beistelltisch gekullert, ich sah das unordentliche bronzene Haar durch die Glasplatte hindurch.
Die Szenerie eines Verbrechens aus Leidenschaft.
Für Momente erwog ich es, Edward vollends in Stücke zu reißen, ein Feuer im Kamin zu entfachen, wo ordentlich aufgestapelte Holzscheite nur auf ein Streichholz warteten, und ihn zu verbrennen.
Aber das würde mir keine Genugtuung bereiten. Genauso wenig wie ihn weiter zu verstümmeln.
Seine Genitalien in seinem Mund als Strafe für seinen unverschämten Kuss? Zu billig.
Nein.
Sollten sie ihn ruhig so finden und wieder zusammensetzen.
So, wie es geschehen war, war ich zufrieden.
Von seiner Familie gefunden zu werden, wäre für Edward Peinlichkeit genug. Das Wissen, dass ich ihn genommen und meinem Willen unterworfen hatte. Sie alle würden wissen, was geschehen war, wenn sie die frische Narbe auf seiner Kehle sahen.
Ich bemerkte, dass ich irgendwann in den letzten Minuten wohl die Kontrolle über meinen Schild verloren haben musste.
Nun, Alice hatte also mit angesehen, was ich mit Edward getrieben hatte. Jasper hatte dabei ihre Gefühle gelesen, welcher Natur auch immer sie gewesen sein mochten.
Alice würde dafür sorgen, dass sie und Jasper diejenigen waren, die Edward fanden und zusammensetzten, nicht etwa Esme. Sie würden ihrem Bruder wenigstens ein bisschen Würde lassen und es nie vor den anderen erwähnen.
Ich kleidete mich an und zog mein Mobiltelefon aus der silbernen Robe, ordnete die Kette mit dem Volturi-Wappen, wählte Alecs Nummer.
„Si?", fragte Alec. Im Hintergrund konnte ich Schreie hören. Es klang nach Rose und Emmet.
Ich verdrehte die Augen. „Alec, sag' deiner Schwester, dass sie mit dem Spielen aufhören soll." Die Schreie verstummten. Trotz der Formulierung war mir klar, dass Jane mich perfekt gehört hatte, so auch die anderen Vampire. Verdorbenes Gör.
„Wir fahren ab. Esme, dein Sohn befindet in eurem Haus." Eine neue Idee kam mir in den Sinn. Ich würde noch ein wenig mit ihm spielen. „Richte ihm aus, dass ich ihn in sieben Tagen in Volterra erwarte."
Ich wusste, Edward würde zu mir kommen. Nicht aus Angst, ich könnte seine Familie bestrafen lassen, wenn er sich weigerte, sondern weil er selbst es wollte. Weil er mich wollte. Weil er mich liebte.
„Carlisle, wir werden davon absehen, in der näheren Umgebung zu jagen. Seid auf der Hut, ich werde euch beobachten lassen."
Meine Pläne mit Edward nahmen eine neue Gestalt an, gingen weit über die bloße Befriedigung meiner Triebe hinaus.
Ich hatte nach Rache gesucht… und einen Sklaven gefunden.
„Und denkt immer daran, ich bin eine gnadenvolle Königin."
Mit Edward an meiner Seite hatte ich keinen Bedarf mehr für Aro.
