Raben kreisten verheißungsvoll krächzend über dem wohl einst prunkvollen Anwesen. Nun wucherte das Unkraut statt gepflegter Rosenhecken und der hohe Zaun rostete bereits. Nur der schwache Schein des Kaminfeuers verriet, dass das Gebäude noch bewohnt war.

Das Mädchen saß zu seinen Füßen, die Augen respektvoll niedergeschlagen und einen der schwarzen Vögel auf der Schulter .Ihr Teint war blass und die Augenringe waren der Beweis für etliche schlaflose Nächte. Das schwarze Spitzenkleid war zerknittert, aber immer noch von einer gewissen Eleganz, die wohl zweifelsohne durch die Trägerin des Kleides hervorgerufen wurde. „ 6 Jahre ... „ Ihre Stimme zitterte, „ 6 Jahre belüge ich sie schon. Sie vertrauen mir, wie keiner anderen .Ich bitte dich, i-ich …" Eine barsche Stimme unterbrach sie: „ Du bist noch nicht fertig mit deinem Auftrag! „ Eine Hand mit eiskalten Fingern berührte die Kette, die sie um den Hals trug: „ Du weißt wofür dieser Anhänger steht? „ Die Finger wanderten weiter, bis sie zu einem schwarzen Stein gelangten. Atemlos nickte das Mädchen und wagte es nicht, sich zu bewegen. Die Finger ergriffen den Stein und zogen an der feinen Silberschnur: „ Ein Symbol für den unauslöschbaren Bund zwischen uns, meine Liebe. Wenn ich dich nicht mehr brauche, dann …" Das Band zog sich enger um ihre Kehle, die Augen waren einzige stumme Hilfeschreie. In letzter Sekunde ließ der Fremde locker und seine Dienerin fiel röchelnd zu Boden , während sich ihr Rabe auf die Schulter des Lords setzte . „ Geh nach Hogwarts und erfülle deine Mission . Ich werde gut aufpassen !" Höhnisches Gelächter erscholl durch die mit schwarzem Samt verhängten Korridore des Hauses .

„ Ich hoffe, sie schaffen es noch. „ Besorgt spähte Lilly Potter aus dem Fenster ihres Abteils im Hogwarts Express auf den Bahnsteig, wo sich die letzten Familien von ihren Kindern verabschiedeten . „ Sie müssen doch kommen ! „ Verzweifelt wandte sie sich zu ihrem Bruder Albus , einem Jungen mit schmaler Brille und sandfarbenem Haar , der seit geraumer Zeit versuchte , seine kleine Schwester zu beschwichtigen : „ Ganz ruhig . Hugo und Rose schaffen es doch jedes Jahr , oder ? „ „ Da hat er Recht . „ , bekräftigte Serena Johnson , ein großes , athletisches Mädchen mit kurzem Haar aus Gryffindor und zudem eine der beiden besten Freundinnen des Potter Mädchens . „ Ich weiß , ich weiß . Aber trotzdem – der Zug fährt gleich ab und sie sind immer noch nicht da ! „ Obwohl ihre Cousine und ihr Lieblingscousin es zu jedem Schuljahresbeginn noch zum Zug schafften , war sie sich dieses Jahr nicht sicher . Rauch qualmte schon aus den Schornsteinen der Dampflock und die Räder begannen zu rattern ." Dieses Mal sind sie wohl zu spät . „ , meinte James Potter , der Älteste der Geschwister nur lapidar , und machte sich mit seinem entschuldigend lächelndem Freund Cyrill Wood und Serena zu einem anderen Abteil auf . Die drei Siebtklässler hatten noch wichtige Dinge zu bereden , Dinge , die keinen Aufschub duldeten , und die nicht für die Ohren anderer bestimmt waren . Tröstend legte Charlene Finnigan , von allen nur Charlie genannt , eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin und wollte gerade etwas sagen , als Al auf das Gleis deutete : „ Seht mal , wer da kommt . „

Völlig außer Atem stießen die beiden Weasleys zu ihren Freunden , die ihnen einen herzlichen Empfang bereiteten . „ Ich muss gestehen „ , keuchte Hugo Weasley , der seinem Vater Ron erstaunlich ähnlich sah , „ Dieses Jahr war es ein wenig knapp . „ „ Ein wenig ? Ein wenig ?! „ Lilly , nicht nur seine Cousine sondern auch gute Freundin tobte vor Wut . Sanft lächelnd stieß Al Rose Weasley in die Seite : „ Wollen wir uns – ähem , „ retten vor dem Zorn der Göttin „ ? „

„ Hervorragende Idee !" , kicherte sie und mit ihrem Kater Dawn auf dem Arm , brachen auch sie zu ihren Freunden auf . Albus Freunde waren in seiner Familie ein heikles Thema – immerhin war er der 

Einzige der Familie und dann noch der Sohn des Erben Gryffindors, der ins Haus Slytherin gekommen war. Dort war er auf David Zabini , ein eingebildeten Halbitaliener , und Scorpius Malfoy, der Sohn des Erzrivalen seines Vaters , gestoßen und seit dieser Begegnung hießen die Drei nur noch das Unzertrennliche Trio . Der geduldige und sanftmütige Junge konnte sich noch genau an den säuerlichen Blick seines Vaters erinnern , wie er zum ersten Mal von seinen Freunden sprach . Aber der berühmte Harry Potter hatte kein böses Wort darüber verloren , im Gegensatz zu James , der die Slytherins allesamt verabscheute . Aber ihm ging es ja noch gut , wenn man da die Situation Roses mit seiner verglich .

Ihr Vater , Ron Weasley , hasste zwar die Slytherins ebenso , doch besonders der Sprössling der Malfoys war ihm ein Dorn im Auge , genau wie seinem heißblütigen Sohn .

Rose gehörte zu Albus engsten Vertrauten , das liebenswerte und schüchterne Mädchen war stets an seiner Seite , wenn er sie brauchte . Sie und er teilten alle Geheimnisse miteinander .

Al schmunzelte geheimnisvoll . Er wusste viel , sehr viel . Aber zuerst wollte er sehen , wie sich das Ganze entwickelte . Dann könnte er schließlich immer noch eingreifen !

Sacht schob er sich an einigen aufgeregt plappernden Erstklässlern vorbei und klopfte einem besonders blassen Neuen auf den Kopf: „ Wie heißt du denn ? „ Große , blaue Augen starrten zu ihm hoch , bis eine zittrige Stimme sprach : „ Robert Jones , Sir . „ „ Gut, Bobby . Ich bin Al . Wenn du Fragen hast , dann komm zu mir , ja ? „ Robert strahlte regelrecht und nickte , bevor er sich umdrehte.

Rose tippelte hinter ihm her . Sie bewunderte Leute , die so offen waren . Jemanden Fremden ansprechen – schon bei dem Gedanken wurde ihr schlecht .Ganz anders als ihr Bruder Hugo ! Sie seufzte . Nun , sie hatte Freunde – nicht viele, aber zumindest echte . Menschenmengen machten ihr Angst, sich im Hintergrund zu halten war doch gar nicht so schlecht ! Aber es war nicht gut . Noch nie hatte sich ein Junge ernsthaft für sie interessiert, trotz ihres hübsches Gesicht und den haselnussbraunen Augen.

Angst war schon immer ihr Begleiter gewesen, gepaart mit Schüchternheit und Intelligenz eine gefährliche Mischung, oft der Grund für Hänseleien .Wenn sie Robin nicht hätte … Ihre beste Freundin , ein populäres ,hübsches Mädchen , das wusste , was es wollte . Und es auch bekam . Warum ausgerechnet so eine schulinterne Berühmtheit sie als Freundin auserkoren hatte , war der Weasley immer schleierhaft gewesen !

Albus blickte über seine Schulter zu der in Gedanken versunkenen Hexe , bevor er vor einer besonders dreckigen Abteiltür stehen blieb. Die Scheiben waren milchig und die Insassen waren nicht zu erkennen . Es knarrte , als der Potter mit einem Zauberstab dagegen tippte :" Passwort ? „ „ Ach , Gott. „ Er kramte einen zerknüllten Zettel aus seiner Hosentasche und las stirnrunzelnd vor : „ Casanova lebte ,lachte und liebte in der Stadt der tausend Brücken . – Meine Güte , Zabini . „ Die Tür schob sich ohne jedes Quietschen auf und gab den Blick auf einen grinsenden , gut aussehenden Jungen frei ,der direkt in der Tür stand : „ Nettes Passwort , was ? „ „ Kompliment. Casanova ….Sehr treffend . „ Al quetschte sich an David Zabini vorbei , der keinerlei Anstalten machte , zur Seite zu weichen , und auch Rose betrat das Abteil .Es hatte David nur ein wenig Geplänkel mit der Süßigkeitenverkäuferin gekostet , damit der Junge mit den sandfarbenen Haaren ein kleines , privates Refugium für die drei Freunde erschaffen durfte .Natürlich waren die Bezüge und Vorhänge 

in ihrer Hausfarbe gehalten – Smaragdgrün. Vorsichtig nahm das Mädchen gegenüber eines in die Landschaft vertieften jungen Zauberer Platz, während ihr brauner Kater sich zu ihren Füßen niederließ und ihn skeptisch beobachtete. Einzelne blonde Strähnen hingen ihm in die Stirn des schmalen Gesichtes , blaugraue Augen sahen mürrisch auf:" Du kommst spät, Al." Gelassen setzten sich auch die anderen beiden : „ Immer mit der Ruhe , Scorp. Wie war es in den Ferien ? „ „ Mein Vater hatte zu tun . Es war langweilig . „ „ Ich hatte viel Spaß ! Diese Französinnen – ein Traum . „

„ Krieg dich wieder ein , Zabini ! Denk an meine Schwester !" , scherzte Albus und die drei Jungen plauderten noch ein wenig vor sich hin .