Folgende Story gehört mir nicht! Sie wurde geschrieben und in englischer Sprache veröffentlicht von „Mainewriter". Sie ist eine Fanfic-schreiberin aus den USA und kommt aus dem Bundesstaat Maine, daher der Name ;) Wenn ihr die englische Fassung lesen wollt, such einfach mal auf google danach, da findet ihr sie auf diversen Seiten.
Ich bin lediglich die, die diese tolle Story übersetzen darf. Kommentare werde ich natürlich an sie weiterleiten. Ich hoffe, ich habe es geschafft, die tolle Stimmung ihrer Geschichte zu vermitteln.
Titel: A love born from steel – Eine Liebe, entstanden durch Stahl
Autor: "Mainewriter"
Übersetzung: meine Wenigkeit, KatzeCheetah
Warnings: Romance, Drama, (Lemon)
Achtung: Der folgende Text ist Eigentum von Mainewriter
Kapitel 1
Mai, 1976
Ennis Del Mar stand an die Seite seines Trucks gelehnt, rauchte eine Zigarette und starrte auf die weite Fläche der SR-789, welche vor ihm lag. Er befand sich auf einer winzigen Raststätte – eher einem Parkplatz– mit drei weißen Streifen, welche die Parkbuchten markierten und einem großen Müllcontainer, an den ein „Verschmutzung-des-Platzes-untersagt"- Schild angeheftet war. Ennis wartete auf Jack Twist, seinen „Angel"-Kumpel und besten Freund, der zur Zeit in Childress, Texas lebte. Ennis und Jack trafen sich zwei- bis dreimal jährlich, um fischen oder jagen zu gehen…doch in Wirklichkeit widmeten sie sich ganz dem Sex, mit einer gehörigen Menge an Alkohol zur Einstimmung.
Ennis drückte die Zigarette mit seinem Stiefelabsatz aus. Wo zum Teufel blieb Jack überhaupt? Normalerweise was es Ennis, der zu spät kam. Er trug niemals eine Uhr und hatte definitiv kein Zeitverständnis. Seit der Scheidung von Alma hatte er ein wenig besser auf die Zeit achten müssen, denn nun fehlte ihm die Person, bei der er sich hatte erkundigen können, welcher Wochentag gerade sei. Jetzt, so erkannte Ennis, hatte er absolut keine Idee, wie viel Uhr es war. Dennoch fühlte er, dass er lange genug hier an seinen Truck gelehnt gestanden hatte, um zu verstehen, dass Jack zu spät kam.
Er zündete sich eine weitere Zigarette an und wog die Möglichkeit ab, sich ein Bier aus der Kühlbox zu nehmen, die hinter ihm im Truck lag. Der Gedanke an das Bier besiegte ihn. Die Frühlingssonne brannte stark und Ennis war zu warm und außerdem hatte er einen höllischen Durst. Als er an dem Bier nippte und einen Zug von seiner Zigarette nahm, schweiften seine Gedanken beinahe automatisch ab.
Er führte sich eine Reihe mentaler Eindrücke Jacks vor Augen. Er mochte es, diese durch sein Gehirn springen zu lassen, als betrachte er ein altes Fotoalbum. Während er sie durchging, bemerkte der, dass die meisten Bilder Erinnerungen an den Sommer von 1963 waren, als sie gemeinsam Schafe in Brokeback Mountain gehütet hatten. Jack, als er ihn zum ersten Mal traf, Jack, der auf der Mundharmonika spielte, Jack, der sich über das Zelt beschwert hatte, welches roch,"als hätte eine Katze hineingepisst oder schlimmer". Jack, mit diesem speziellen Ausdruck der Zärtlichkeit und Besorgnis in den Augen, als er Ennis das Blut vom Gesicht gewischt hatte, als dieser vom Pferd gefallen war. Dieses Bild mochte Ennis ganz besonders. Es war das erste Mal gewesen, dass ihm dieser Ausdruck in Jacks Blick aufgefallen war – ein Ausdruck, der tausende verschiedene Gefühle zu vermitteln schien. Noch immer war Ennis damit beschäftigt, sie alle zu erfassen.
Einige aktuellere Bilder fanden Einzug in Ennis' Bewusstsein – Jack im letzten Monat. Dieses allerdings rief eher unangenehme Erinnerungen wach. Er sah den Schmerz und die Verwirrung in Jacks Zügen, das Unverständnis, als er sagte: „Aber En, ich dachte…?"
Ennis Scheidung hatte sich im November vollzogen. Er hatte Jack eine Postkarte geschrieben und als der diese gesehen hatte, war er sofort in seinen Truck gesprungen und hatte ihn nach Wyoming gesteuert. Ennis war sehr überrascht gewesen, als er an seinem Reihenhaus erschienen war – sie hatten doch eine „Angeltour" geplant, also warum tauchte Jack einen Monat zu früh auf? So sehr Ennis auch gewollt hatte, dass Jack bei ihm blieb…es war unmöglich – seine Töchter waren an diesem Wochenende zu Besuch gewesen, außerdem hatte er unbedingt seine Freizeit dazu aufbringen müssen, die Unterstände seiner Pferde abzudecken.
Ennis wusste genau, dass er Jack mit seiner Reaktion verletzt hatte, deshalb hatte er versucht, dieses Wochenende zu etwas Besonderem zu machen. Er hatte einen Bekannten, Don Wroe, welcher einige Ranchs besaß und dieser hatte eine freie Hütte in den Owl Creek Mountains. Schon drei Jahre zuvor hatte Don ihm diese Hütte eine Woche zur Verfügung gestellt für einen Jagdausflug mit Jack. Im Gegenzug hatte Ennis ihm geholfen, das Dach seines Hauses im Sommer neu zu decken. Die Zeit mit Jack dort war großartig gewesen. Sie waren jagen gegangen, hatten einen großen Elch geschossen und außerdem im Schnee gespielt wie zwei Schuljungen. Dies hatte Ennis die Vorteile eine Hütte im Gegensatz zu Camping vor Augen geführt. Sie hatten sich keine Sorgen um das Feuer machen müssen und da sie zu der Unterkunft hatten fahren können, waren sogar die Pferde überflüssig gewesen. Natürlich liebte er es, in den Bergen zu reiten, dennoch bedeuteten Pferde stets zusätzliche Arbeit, wie man die Sache auch betrachtete. Und Ennis konnte sich bestens daran erinnern, wie sie ihre Extra-Freizeit im „Sex-und-Nagel-Apartement" zu vertreiben gewusst hatten.
Also hatte er einige Wochen zuvor Don erneut gefragt, ob er die Hütte für eine Angeltour nutzen dürfe. „Sicher", hatte Don gesagt, „ich habe nicht vor, dort hinauf zu fahren, wenigstens bis zum Memorial-Day." Als Ennis gefragt hatte, was er denn im Gegenzug für Don tun könne, hatte der geantwortet, dass er ihm reiche, dass er das Camp für den Sommer auf Vordermann bringe. „Ich werde nicht da sein bis November", sage er, „ bitte achte darauf, dass sich kein Ungeziefer im Schornstein oder in den wänden einnistet. Schlag mir eine genügende Menge an Holz und dann reicht das." Ennis war ihm für seine Großzügigkeit sehr dankbar. Er hatte nicht viele freunde, die so etwas für ihn tun würden.
Jack und Ennis gingen nunmehr schon seit neun Jahren zusammen angeln – seit sie sich 1967 wieder getroffen hatten – doch in Wirklichkeit waren sie niemals mit Wasser auch nur in Berührung gekommen. Nicht, dass es Ennis nicht gemocht hätte zu angeln – das tat er – aber jedes Mal, wenn er mit Jack zusammen war, fielen ihnen bessere Dinge ein, die sie tun konnten. Ja, Sex machte einen großen Teil davon aus aber manchmal saßen sie auch einfach am Feuer und erzählten sich Geschichten oder Witze. Jack war die einzige Person auf der Welt, bei der sich Ennis wirklich geborgen fühlte, frei von Verstellungen oder Lügen. Selbst als Ennis noch nicht genau gewusst hatte, wo in seinem Leben er Jack nun einordnen sollte, hatte er doch eines genau gewusst: Jack war der beste Freund, den er je hatte.
Seitdem Alma nicht mehr da war, die ihn stets dabei beobachtete, wie er für seinen Trip gepackt hatte, hatte er nicht einmal mehr seine Angelausrüstung bei sich. Er wusste, sie würden diese Hütte haben, wusste, es würde sehr viel angenehmer sein als auf dem Zeltboden zu schlafen. Manchmal, wenn Ennis so vor sich her fantasierte, stellte er sich vor, Jack so lange, so hart und oft zu nageln, dass sie beide vor Erschöpfung ohnmächtig würden. Wie das wohl sein würde – gebadet in klebrigem Schweiß und Sperma, die Lippen durch unzählige Küsse rau und aufgesprungen, die Gesichter gerötet und wund von ihren brennenden Bartstoppeln. Er fühlte eine heiße Erregung in sich aufsteigen, als er daran dachte. „Hm, Jack Twist," dachte er bei sich, „vielleicht wird das ja die Woche werden, in der ich dir endlich dein Hirn rausficke…"
Erneut schaute er auf die Straße. Er sah einen kleinen Punkt in der Ferne schimmern, welcher stetig größer wurde, als er ihn fixierte. „Bitte sei Jack…", sagte er. „Ich bin schon soweit, dass ich es mit dir hier auf der Straße treiben würde." Er warf seine leere Bierdose in den Müllcontainer und richtete sich in ungeduldiger Erwartung höher auf.
Es war Jack. Ennis beobachtete, wie der blaue Ford Pick Up Truck aus der F-Serie heranfuhr und in den Parkplatz einbog. Ennis ging schnellen Schrittes zur Fahrertür und riss sie auf. „Jack, verflucht noch mal, Twist!", bellte er seine übliche Begrüßung.
„Hundesohn", sagte Jack, wenn auch etwas weniger enthusiastisch als Ennis. Dieser riss Jack in einer Bärenumarmung aus dem Truck, nahm dann sein Gesicht in die Hände und zog es zu einem Kuss näher zu sich. Ennis presste seine Lippen auf Jacks, doch dieser wand sich aus seiner Umarmung. „Nicht hier, En, wir sind in der Öffentlichkeit."
"Was zum...? Scheiße Jack, du bist das erste Fahrzeug, dass hier vorbeikam seit einer Stunde und ich weiß so sicher wie die Hölle, dass keine anderen Leute in der Nähe sind." Erneut lehnte er sich Jack entgegen und dieser erwiderte den Kuss, doch seine Lippen fühlten sich kalt und leblos an.
Ennis unterbrach den Kuss. „Ich mache mir keine Sorgen," sprach er zu sich selbst. Immer hatte es eine Gewisse Distanz zwischen ihnen gegeben, wenn sie sich nach mehreren Monaten der Trennung wieder gesehen hatten. Manchmal dauerte es einige Stunden, einmal auch einen ganzen Tag. Ennis hätte es bevorzugt, wenn sie ihren Konsens in einem Schäferstündchen wieder gefunden hätten, doch er hatte vor, sich in Geduld zu üben. Er wusste, er würde für den „Scheidungs-Postkarten-Besuch" büßen müssen.
Er schaute skeptisch in Jacks Gesicht. „Kumpel, du siehst erschöpft aus." Er bemerkte die dicken ringe unter Jacks Augen, welche blutunterlaufen und verschlafen waren.
„Ja, das bin ich auch.", antwortete Jack, „Ich habe eine Stunde an der Colorado-Wyoming Grenze geschlafen. Ich dachte, ich würde von der Straße abkommen, wenn ich noch weiter fahre."
„Hm, dann gib mir die Schlüssel, ich werd fahren." Ennis streckte seine Hand aus.
Jack sah sich um und realisierte zum ersten Male, dass Ennis seine Pferde nicht dabei hatte. Ennis registrierte Jacks Verwirrung. „Ich hab uns'ne Hütte besorgt, Kumpel.", sagte er. "Habs geschafft Don Wroes Unterkunft nochmal auszuborgen. Weißt du noch, als wir die zuletzt benutzt haben? Wir haben ein weiches schönes Bett, ein warmes Feuer. Müssen uns keine Sorgen machen, ob's nun regnet oder schneit."
„Mhm, das ist großartig, Ennis." Jack rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Verdammt großartig."
Ennis begann damit, seine Ausrüstung von seinem Truck in Jacks umzuladen. Die Kühlbox, die Camping Tasche und verschiedene Taschen mit Lebensmitteln. Normalerweise war es Jack, der die Camping Ausrüstung mitbrachte, aber auf ihrer Hütte war alles, was sie wirklich brauchten, ihre Schlafsäcke. Es war wirklich hervorragend ausgestattet mit allem, was das Herz begehrte. Als endlich alles eingeladen war, wollten sie sich in Richtung des Führerhauses begeben , doch Jack hielt inne. „Haste da Bier in der Kühlbox?"
„Na klar doch," sagte Ennis.
„Kann ich eins haben, während wir auf der Straße sind?"
„Sicher, Jack, das brauchste doch nicht zu fragen. Bedien dich!" Jack griff nach hinten und nahm sich eine gekühlte Flasche, wandte sich dann zum Führerhaus und stieg zu Ennis in den Wagen. Ennis startete diesen und hielt sich nördlich auf der SR-789, Richtung Owl Creek.
Jack wachte auf und spürte, wie eine große Hand sein Glied rieb. Der Raum war stockdunkel und er hatte absolut keine Orientierung. In letzter Zeit war es stets Lureen gewesen, die die Initiative zum Sex ergriffen hatte doch wenn sie das tat, geschah dies nicht mitten in der Nacht durch Reiben seines Schwanzes! Aber als er seine Hand ausstreckte, fühlte er die weiche Matratze und registrierte, dass er in einem Bett lag. Sex plus ein harter Boden bedeutete Ennis. Sex plus ein weiches Bett bedeutete Lureen. Ergo – er sagte ihren Namen.
Er hörte ein tiefes Glucksen. „Du nennst mich wie deine Frau?", sagte Ennis, „Also, das ist das erste Mal."
Jack war verwirrt. „Wo sind wir?", fragte er.
„Don Wroes Hütte…", antwortete Ennis.
„Und wie spät ist es?"
„Keine Ahnung…spät," kam die Antwort.
Jack marterte sein Hirn und da fiel es ihm wieder ein. Sie waren gestern gegen Abend hier eingetroffen. Nachdem sie den Truck ausgeladen und ihr Zeug verstaut hatten, hatte Jack Ennis erklärt, er mache ein kleines Nickerchen. „Ich bin hundemüde vom Fahren," hatte er gesagt. „Weck mich zum Abendessen." Jetzt sprach er zu Ennis: "Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst mich wecken?"
„Cowboy, so fest, wie du geschlafen hast, glaub ich nicht, dass ein Kanonenschlag direkt hier in der Hütte dich geweckt hätte. Außerdem hast du so friedlich und ausgeruht ausgesehen – so, dass ich mir gedacht hab es wär besser, dich einfach schlafen zu lassen.
„Oh." Jack nahm Ennis' Hand von seinem Glied. „Warte, Kumpel, ich muss pinkeln." Als er sich aufrichtete, bemerkte er seinen Hunger. „Hast du irgendwas zu Abend gegessen?"
"Ja, ich hab mir'n paar Sandwiches gemacht. Ich habs nicht eingesehen, für mich allein einen Topf dreckig zu machen, weil du geschlafen hast. Warum? Haste Hunger?"
"Jap, ich verhungere, wenn du's genau wissen willst."
„Okay," Ennis setzte sich auf. „du gehst pissen, ich besorg was zu essen." Er stand auf und ging in die Mitte des Raumes, wo er eine Kerosinlampe auf dem Tisch entzündete.
Jack beobachtete ihn. Er war nackt und die Schatten flackerten über seinen Körper. Jack kam es so vor, als habe er niemals einen perfekteren Mann gesehen. Er hatte breite Schultern und einen muskulösen Rücken, der sich zu einer schmalen Taille verengte und einen festen, kleinen Hintern. Jack wusste, er mochte es, andere Männer anzusehen, aber für ihn gab es keinen, der besser ausgesehen hätte als Ennis Del Mar.
Jack stand auf und verließ die Hütte. Er selbst war noch immer angezogen, doch sein Gürtel war offen und flog umher. Er stellte sich neben die Eingangstür und pinkelte in die rabenschwarze Nacht. Als er wieder hinein trat, sah er, wie Ennis einen Teller auf den Tisch stellte, auf dem ein paar Sandwiches mit einigen Pommes daneben lagen. „Man, draußen ist es arschkalt." sagte Jack.
„Es ist eben nicht Texas. Hier oben, in den Bergen Wyomings ist es frostig."
„Das weiß ich selbst, schließlich bin ich in Wyoming aufgewachsen!" sagte Jack scharf.
Ennis zog die Stirn in Falten, als er Jacks Ton bemerkte. „Du brauchst keinen Streit vom Zaun zu brechen, Kumpel. Das war nur ne Feststellung."
Jack setzte sich an den Tisch und begann, die Sandwiches hinunter zu schlingen. „Die schmecken gut," stellte er fest.
Ennis kam mit zwei Flaschen Bier heran und setzte sich neben ihn. „Camping-Essen," kommentierte er.
"Was?" fragte Jack.
"Camping-Essen – Erdnussbutter und Gelee. Schmeckt immer gut im Wald." Er lächelte Jack zu.
Jack öffnete sein Bier und nahm einen großen Schluck. Er schaute zu Ennis. Für ihn, war Ennis der hübscheste Mann, den er je getroffen hatte. Die Kombination von blondem Haar und braunen Augen, dazu die Lippen, welche ein eigenartiges, leichtes Lächeln zeigten – genauso, wie er es im Augenblick tat – all dies vereint machte ihn zu einem unverschämt gut aussehenden Hundesohn. Jack sprach zu sich selbst: „Ich würd sterben, wenn ich nie mehr sein Gesicht sehen könnte." Dann etwas lauter: „En, ich…" doch er unterbrach sich.
„Was ist?"
„Nichts, ist jetzt egal. Vielleicht später." Jack hielt inne. Er war zu diesem Trip gekommen mit der Absicht, eine Entscheidung zu erzwingen. Entweder zusammen sein oder ganz auseinander. Er hatte schließlich eingesehen, dass es so nicht würde weitergehen können. Er musste das zur Sprache bringen aber als er Ennis so dasitzen sah mit diesem Hundeblick, wusste er, dass dies nicht der richtige Augenblick war.
Für Jack war der vergangene Monat die Hölle auf Erden gewesen. Nachdem er in Riverton von Ennis abserviert worden war, war Jack in seinen Truck gesprungen und zurück nach Texas gejagt. Ohne in Childress zu halten, war er durchgefahren nach Juarez, Mexiko. Dort hatte er irgendeinen Kerl an der Straßenecke aufgelesen und mit ihm anonymen Sex gehabt. Doch der Akt hatte Jack nicht im geringsten befriedigt, sondern lediglich ein Gefühl des Selbsthasses und der Verzweiflung in ihm hervorgerufen.
Er war zurück nach Childress gefahren, wo er den Monat meistens betrunken oder bekifft oder beides verlebt hatte. Er hatte einige Schmerzkiller von einem alten Rezept im Medizinschrank gefunden. Zwei davon heruntergespült mit Whiskey gaben einen netten Trip ab, ehe er im Bett das Bewusstsein verlor. Er war zu spät zur Arbeit gekommen und zu früh wieder gegangen. Zuhause hatte er dann sofort begonnen zu trinken. Einmal war er in dem selben Shirt zur Arbeit gegangen, das er schon seit drei Tagen getragen hatte und Lureen hatte ihn nach Hause geschickt, um sich umzuziehen. Er aber hatte dies als Ausrede benutzt, schon um 2 Uhr nachmittags mit dem Trinken anzufangen. Er hatte ohnmächtig auf der Couch gelegen, als sie abends um 6 Uhr nach Hause gekommen war.
Etwas früher in dieser Woche, hatte er realisiert, dass er sich würde zusammenreißen müssen, wenn er in einem Stück nach Wyoming gelangen wollte. Also hatte er sich am Nachmittag aus dem Bett gequält, eine lange, heiße Dusche genommen und war dann in die Stadt gefahren für einen neuen Haarschnitt samt Rasur. Er hatte ein spätes Mittagessen in einem Cafe der Main Street eingenommen und war dann aus der Stadt hinaus gefahren, hatte seinen Abend damit verbracht, in seinem Truck zu rauchen, zu beobachten, wie der Wind den Staub in Richtung der texanischen Prärie geweht hatte und er hatte über Ennis nachgedacht und über sein Leben.
Am frühen Abend war er nach Hause gekommen und hatte begonnen, die Ausrüstung für seinen Trip zusammen zu suchen. Lureen war aufgefallen, um wie viel besser er in diesem Moment ausgesehen hatte als in den letzten Wochen. „Aber nur in der Zeit, in der du deinen Angel-Kumpel siehst!" war ihr sarkastischer Kommentar.
„Ja, tut mir Leid, Lureen," hatte er geantwortet. „Das war ein echt übler Monat. Wir werden reden, wenn ich zurück bin. Das habe wir nötig."
Sie hatte genickt. Ganz genau hatte sie nicht gewusst, was Jack aus seinem Dauerrausch gerissen hatte aber gefunden, es sei das beste, einfach abzuwarten. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass Jack am Ende zur Besinnung kommen würde und nun sah es aus, als wäre dies eingetroffen. Jack hatte seinen Truck beladen, Lureen flüchtig auf die Wange geküsst und war in nördlicher Richtung in die Nacht gebraust, wobei er die „AM Station" im Radio angehört hatte, welche in einem klaren Signal von Denver kam.
„Hey bist du noch da, Kumpel?", sagte Ennis und brachte Jack in die Gegenwart zurück. „Du siehst aus, als wärste ne Millionen Meilen entfernt." Jack schüttelte den Kopf. Noch immer hatte er das dumpfe und betäubende Gefühl, ohne jegliche Orientierung zu sein und nicht zu wissen, wo er sei. Ennis stand auf und räumte den Teller und die leeren Flaschen ab. „Willste noch eins?", fragte er.
Jack schüttelte den Kopf. "Nein, ich hab genug."
Ennis sah ihn an. „Hm, also wenn du weder Essen noch Schlafen noch Trinken willst, Rodeo, siehts aus, als bliebe uns nur eine Sache zu tun übrig…wenn du verstehst, was ich sagen will." Er zwinkerte ihm zu. Jack lächelte zurück.
„Okay, Cowboy," sagte Jack, als er sich auszog. Sie kletterten zurück ins Bett und zogen die Decke über sich. Ennis positionierte sich hinter Jack, so wie er es immer tat, seine Arme in einer dichten Umarmung um ihn gelegt. Er tastete sich an Jacks Körper hinab und nahm ein weiteres Mal Jacks Glied in seine Hand. Dann massierte er es mit seinen langen Fingern. Jack fühlte diese Wärme und den erregenden Schauer von seinem Körper Besitz ergreifen. Aber bevor sie zu dem Punkt gelangen konnten, an dem es wirklich Ernst wurde, fiel Jack zurück in einen tiefen, tiefen Schlaf.
Am nächsten Abend saßen die beiden vor dem Feuer in zwei einfachen und abgenutzen Stühlen. Ennis trank Whiskey aus einer Tasse, Jack aus der Flasche. Dass beide in unterschiedlichen Stühlen saßen anstatt sich in den Armen zu halten, nackt auf dem Boden zu liegen oder im Bett zu vögeln, was Ennis deutlich bevorzugt hätte, war ein äußeres Merkmal für ihre innere Distanz zueinander. Aber er nahm Notiz von Jack, dem allem Anschein nach der Sinn danach stand, einfach dazusitzen und in die Flammen zu starren.
Der Tag war mit einem Wort seltsam gewesen. Am Morgen waren sie aufgewacht und noch immer hatte es nicht den Anschein, als sei Jack an Sex interessiert oder wenigstens daran, ein wenig zu kuscheln oder herumzumachen. Sie hatten gefrühstückt und Jack hatte vorgeschlagen, eine Wanderung durch den Wald zu machen, vielleicht auch ein kleines Picknick einzupacken. Sie waren einen Weg entlang gewandert, der hinter ihrer Hütte begann aber es war zu früh in der Saison und der Weg war schlammig gewesen. Schwarze Fliegen und Moskitos waren um ihre Köpfe geschwirrt. Nach einer Stunde hatten sie kehrt gemacht und am Ende vor ihrer Tür zu Mittag gegessen.
Nach dem Essen hatte Jack verlauten lassen, er würde ein weiteres Nickerchen machen. Ennis hatte gelangweilt die Hütte durchstöbert und hatte Angelausrüstung weit hinten in einem Wandschrank gefunden. Er hatte die Ironie bemerkt, wenn er jetzt angeln gehen würde auf einem ihrer Angelausflüge und hatte sich gewünscht, er hätte seine eigene Ausrüstung mitgebracht. Er hatte den Rest des Nachmittages damit zugebracht, an dem kleinen Bach zu stehen, der an der Hütte vorbei floss und es war ihm gelungen, einige braune Forellen zu fangen, die er für das Abendessen gebraten hatte. Auch dieses war, ebenso wie das Mittagessen, eine fast vollkommen stille Angelegenheit geworden und allem Anschein nach würde sich diese Stille bis in den Abend hinein fortsetzen.
Jack rührte sich und beendete die Stille. Seine Stimme klang schwach aber klar: „Hast du eigentlich jemals auf die Worte der Radiosongs geachtet, Ennis?", fragte er träge.
„Nicht wirklich. Du weißt ja, dass ich nicht sonderlich viel Musik höre."
"Stimmt – hm, als ich hier hochgefahren bin, lief da ständig dieses Lied. Schätze, es ist wohl die Nummer 1 in den Charts oder so was, ich habs wohl an die tausend Mal gehört, also hab ich angefangen genauer auf die Worte zu achten. Es war interessant. Über diesen Typ und das Mädchen, die sich selber umbringen wollten…der Typ hat versucht, das Mädchen zu überzeugen, dass es in Ordnung ist…nichts, wovor man Angst haben müsste."
„Jesus, wie deprimierend," sagte Ennis. „Was ist nur aus Sex und Drogen geworden?"
„Oh ja…Sex!" sagte Jack, mit einem verbitterten Lachen. „Nein, er sang über Romeo und Julia, die bis in alle Ewigkeit zusammen waren." Er wandte sich an Ennis und schaute ihn direkt an. „Das könnten wir auch, weiß du."
„Könnten was?", fragte Ennis, der Jacks Gedankengang nicht völlig nachvollziehen konnte.
„Na uns selber umbringen. Wie in dem Lied. Und bis in alle Ewigkeit zusammen sein."
„Scheiße, Jack! Sag sowas nicht!" sagte Ennis und fühlte einen Anflug von Panik in seiner Kehle. „Ich will mich nicht selbst umbringen."
"Warum denn nicht?" fragte Jack und drehte sich wieder zum Feuer. „Warum nicht? Wir sind erwachsene Männer, wir könnten es tun." Seine Stimme hatte diese matte, träge Tonlage, welche Ennis alarmierte. In einer anderen Unterhaltung hätte er über Sportergebnisse oder das Wetter reden können aber hier redete er über das Verüben von Selbstmord! „Es wär doch ne Möglichkeit für uns, zusammen zu sein."
„Gottverdammt!", sagte Ennis. „Du weißt, wohin du nach dem Tod kommst! Sag nicht,w ir würden zusammen sein, wie in dem beschissenen Lied! Wir könnten in der Hölle schmoren oder in der Erde einfrieren! Wir wären nicht zusammen, erzähl nicht so ne Scheiße!"
„Hm, aber wir sind jetzt auch nicht zusammen, also wo wäre der Unterschied, ob ich nun tot bin oder lebe?", sagte Jack und nahm einen Schluck aus der Flasche.
„Das sind wir doch, Jack", sagte Ennis, „aber du ruinierst alles mit diesem ganzen Gerede über Selbstmord!"
„ICH ruiniere es? ICH bin derjenige der es verdammt nochmal ruiniert?", fragte Jack in einer angriffslustigen Tonlage.
„Und was zum Teufel heißt das nun wieder?",fragte Ennis. Die Panik ergiff Besitz von ihm, auch wenn er versuchte, ruhig zu bleiben.
„Du weißt, was es heißt", sagte Jack. „Das brauch ich nicht erklären."
Eine Zeit lang hüllten sie sich in Schweigen, dann sprach Jack erneut in der selben trägen, unheimlichen Tonlage. „Ich würde es mit ner Pistole tun", grübelte er „würde ne Pistole in den Mund stecken. Das würde schnell gehen und nicht weh tun. Wahrscheinlich richtig sexy, findeste nicht? Kaltes, hartes Stahl in meinem Mund? Ich könnte ja so tun, als wärst du es."
Ennis fühlte, wie die Panik in übermannte. Er wusste nicht, was er sagen wollte. Im Zustand seiner Verzweiflung fragte er sich, ob in der Hütte eine Pistole lag. Er hatte keine mitgebracht, denn es war keine Jagdsaison, aber wer wusste denn, was Don Wroe so herumliegen hatte? „Heilige Scheiße", dachte er „hoffentlich ist sein Knarre gesichert." „Dann entsann er sich, dass er in Jacks Truck hier herauf gefahren war. Was zur Hölle…konnte es sein, dass da eine Pistole im Truck war? „Himmlischer Jesus", betete er für sich. „bitte, lass keine Knarre im Truck sein."
Ennis stand auf, schritt zu Jacks Stuhl und nahm sein Gesicht in die Hände. „Hör auf, so eine Scheiße zu erzählen, Jack", sagte er. „Du machst mir Angst Ich weiß, du willst dich nicht umbringen, hör auf so zu reden."
Jack starrte ihn mit einem kalten, harten Ausdruck in den Augen an. „Du weißt, dass ich mich nicht umbringen will? Woher weißt du denn, was ich will?"
"Weil, Jack...", begann Ennis, nicht sicher, was er sagen sollte, "Weil..."
Jack schlug Ennis' Hände von seinem Gesicht und packte ihn unsanft an den Handgelenken. „Okay, lass mich dir sagen, was ich will, Ennis. Was ich will, ist mit dir zusammen zu sein, das will ich. Und das weiß du verdammt nochmal ganz genau aber du willst es nicht, also will ich vielleicht lieber tot sein!"
„Oh Jesus, Jack, wir sind doch zusammen", sagte Ennis, der fühlte wie Tränen in ihm aufstiegen. „ Kannst du das nicht verstehen?"
„Nein, Ennis, das sind wir nicht! Für eine Woche Fickfreunde zu sein, ein- oder zweimal im Jahr ist kein Zusammensein. Ich will dich, will alles von dir, immer. Ich will dich in meinem Leben, will dass du mein Leben BIST!"
Ennis senkte den Kopf. Er fühlte Tränen seine Wangen hinab laufen aber Jack hielt immer noch seine Handgelenke so fest umklammert, dass er sie nicht wegwischen konnte.
Jack schaute zu Ennis hinab, der vor ihm kniete. Er spürte eine eiserne Hand sein Herz zusammenpressen, alles Leben aus ihm quetschen. „Dieser Tag im letzten Monat war der verdammt schlimmste Tag in meinem ganzen miserablen Leben." Sagte er.
„Welcher Tag?", hauchte Ennis.
"Du weißt ganz genau, welchen verdammten Tag ich meine, du Arschloch!" Der Hass in Jacks Stimme schmerzte in Ennis' Seele. „Du hast mir ne Postkarte geschickt, in der stand, dass du geschieden bist. Ich bin vierzehn verdammte Stunden gefahren und du hast mich an der Tür abserviert, wie einen verdammten Vertreter. Hast es nicht mal fertig gebracht, mir zehn verdammte Minuten deiner kostbaren zeit zu opfern!"
„Jesus, Jack, sag so was nicht!", sagte Ennis erneut, diesmal jedoch rannen Tränen seine Wangen hinab. Er presste seine Fäuste auf die Augen, so als ob es helfen würde sie auszuquetschen, um aufhören zu weinen.
„Ich werde das weiterhin sagen, Ennis, denn du musst es verdammt noch mal hören! Jedes Mal, wenn ich gesagt hab, lass uns zusammen sein, dann war da immer dein Leben in Riverton, Alma und die Mädchen. Ja wenn ich das richtig sehe, dann hast du kein verfluchtes Leben in Riverton mehr aber du sagst verflucht noch mal immer noch nein zu mir! Was haste denn diesmal für ne Ausrede, Ennis! Geld? Deinen Job? Mir ist endlich klar geworden, wo zur Hölle ich auf deiner Prioritätenliste stehe und das ist ganz sicher nicht ganz oben!"
„Jungs können nicht zusammen leben, Jack!", stöhnte Ennis mit kaum hörbarer Stimme. „Das weißt du doch. Ich hab dir doch von Rich und Earl erzählt. Wir würden getötet werden!"
Jack schmetterte die Whiskey-Flasche gegen den Kamin – sie zersprang in eine Million winziger Scherben und der Whiskey lief die Granitsteine hinab. Er sprang auf und packte Ennis hart bei den Schultern, dann stieß er ihn vor seine Füße. „Hör dir mal selbst zu, du gottverdammtes, dämliches Arschloch! Wenigstens hatten Rich und Earl ein gemeinsames Leben, bevor sie als Leichen endeten! Wir haben kein Leben und sterben tu ich in jedem Fall! Und derjenige, der mich verdammt noch mal tötet, bist du!" Er wirbelte herum und ließ Ennis allein zurück, der auf seinen Stiefeln rückwärts strauchelte.
„Was?" fragte Ennis mit Verwirrung in der Stimme.
„Ach! Du hast dir immer vorgestellt, dass, wenn wir verdammt noch mal zusammen wären, irgendein Fremder aus der Dunkelheit der Nacht käme und uns im Bett erschlagen würde, stimmts nicht! Ist es nicht fürchterlich ironisch, dass es kein Fremder ist sondern du? Du brichst mir das Herz, Ennis, wenn noch mal ein einziges Teil davon abbricht, dann tötet es mich, so sicher, als hättest du ein Messer hinein gestochen! Ich könnte ja ne Pistole nehmen, sie mir in den Mund stecken und dann wäre alles aus und vorbei und zur Hölle, es wäre ne ganze Ecke schmerzloser, als das, was du mir zumutest!" Seine schultern sanken herab, als hätte ihn sämtliche Energie verlassen. Er registrierte, wie die dunkle Wolke der Depression begann, den schwarzen Raum hinter seinen Augen auszufüllen. Er seufzte und sah sich um. „Was zur Hölle mach ich bloß hier?"
Ennis trat hinter ihn und legte die Arme um ihn. Er zog ihn ganz dicht zu sich, lehnte sich an ihn und flüsterte: „Komm schon, lass uns ins Bett gehen, du wirst dich sicher besser fühlen nach einer Mütze voll Schlaf."
Jack schnaubte verächtlich. „Ja, schlafen. Das bringts auf den Punkt und macht alles wieder gut. Lass mich dir enes sagen, Ennis. Schlaf sorgt nicht dafür, dass der Schmerz verschwindet, weil du am morgen aufwachst und er immer noch da ist. Trinken kann ihn auch nicht vertreiben. Ich fühl mich, als wär ich nen Monat betrunken gewesen aber der Schmerz ist immer noch da. Auch nach Mexiko zu gehen und Prostituierte zu ficken, hilft nicht." Sagte er. „Vielleicht ist nur die Pistole eine Lösung."
Ennis erstarrte. Er glaubte, sich verhört zu haben. Mexiko? Prostituierte? Er fühlte einen Anflug von Wut, die sich in seinem Gesicht und seinem Nacken festsetzte. „Ja…" begann er, klappte dann seinen Mund wieder zu. „Nicht nötig dort hinzugehen," dachte er „zumindest noch nicht."
Jack bemerkte, wie Ennis erstarrte und hörte das „ga" in seiner Kehle. Jack wusste, er konnte sich einfach umdrehen, konnte zu Ennis sagen: „Ja, zur Hölle! Ich war in Mexiko, ich hab mich in Mexiko von Typen ficken lassen und niemals war es auch nur ansatzweise so, wie von dir gefickt zu werden, Ennis!" Doch er tat es nicht. Er konnte nicht. Da war diese unsichtbare Linie. Eine Linie, die Jack nicht übertreten würde, denn er wusste, damit würde er zu weit gehen.
Er stand einfach da und ließ sich in Ennis Arme sinken. „Komm schon, Jack, du bist erschöpft. Lass mich dir helfen, dich fürs Bett fertig zu machen." Ennis knöpfte Jacks Shirt auf und zog es ihm über Schultern und Arme, dann hängte er es über eine Stuhllehne. Auch Jacks Gürtel öffnete er, zog ihn auf und begann seine Jeans hinab zu ziehen über Jacks Hüften, als dieser ihm hart mit dem Ellenbogen in die rippen stieß. „Verpiss dich, verdammt! Ich kann mich selbst ausziehen!" Ennis trat verdattert zurück. Er fühlte, wie die Wut in ihm aufkochte, dieses Mal in seiner Brust und wie sie von dort auf seinen gesamten Körper übergriff. Er stand da. Jack riss seine Jeans herunter, schmiss sie ärgerlich über den Boden und ging zum Bett. „Lass mich in Ruhe, gottverdammt!", knurrte er. Dann, in einer von Sarkasmus durchtränkten Stimme, sagte er: "Kein Sex, heute Nacht, Liebling, ich hab Kopfschmerzen!"
Ennis stand da, angeschlagen. Er presste seine rechte Hand an die Schläfen und zog sie sachte über seinen Nasenrücken. Als er sah, dass Jack sich die Decke über den Kopf zog, machte er kehrt und ging zurück zu seinem abgenutzten einfachen Stuhl vor dem Feuer. Er zündete sich eine Zigarette aus der Packung in seiner Tasche an, nahm die Tasse, die noch immer einen Schluck Whiskey enthielt und nippte daran. Er ließ sich auf den Stuhl fallen und starrte auf die langsam erstickenden Flammen.
Jack erwachte am nächsten Morgen durch die schwache Sonne, die durch das Fensterglas schimmerte. Jeder Muskel seines Körpers schmerzte. Er rieb seine Augen, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die sich dick und pelzig anfühlte, beeinträchtigt von der Nacht. Er rieb seinen Kopf, merkte jedoch, dass er keinen Kater hatte – das erste Mal seit langer Zeit, dass er mit klaren Kopf erwachte seit dem letzten Monat. Aber dann huschten ihm seine Worte vom vergangenen Abend durch die Gedanken. Er erinnerte sich an jedes einzelne. „Ah, Scheiße!" dachte er und wünschte sich, genug getrunken zu haben, um sich an nichts zu erinnern.
Er drehte sich um – Ennis war nicht in der Hütte. Er richtete sich auf und sah ihn einiges ihrer Ausrüstung in den Truck laden. Jack fiel gegen den Bettrahmen und Verzweiflung rann durch seinen Körper. „Das wars," dachte er. „Jetzt ist es vorbei." Er wusste, er war zu diesem Trip gekommen, um mit Ennis abzuschließen aber jetzt, wo es zu passieren schien war, fühlte er nichts als Trauer. „Was zur Hölle hab ich getan?" heulte er in Gedanken, als er sein Gesicht ins Kissen presste.
Lange lag er so da und hörte, wie Ennis draußen umherlief. Er hörte ihn Holzhacken, das „Wumm – Bumm" der Axt, sich in einem einfachen Rhythmus wiederholend. Erneut richtete Jack sich auf und sah sich in der Hütte um. Er sah, dass das zerbrochene Glas weggeräumt war. Seine Augen schweiften hinüber zum Tisch, auf dem Jack eine Schüssel sah, ein Glas Saft und einen Milchkarton. Auch ein Löffel lag neben der Schüssel. „Was zum…?" dachte Jack. Der Kaffeetopf stand auf dem hölzernen Untersatz und ein kleines Feuer brannte im Kamin.
Schwach quälte Jack sich aus dem Bett. Er sammelte seine Hose aus der Ecke auf, in die er sie letzte Nacht geschmissen hatte, und nahm sein Shirt von der Stuhllehne. Während er sein Hemd zuknöpfte, ging er zum Tisch und sah, dass Ennis schon Cornflakes in die Schüssel geschüttet hatte. „Was zum..?" dache er erneut. Ennis machte nie das Frühstück und auch, wenn das Schütten von Cornflakes in eine Schüssel nicht unbedingt eines Gourmets würdig war, so war es doch ein kleiner Akt von Nettigkeit, den Jack nicht erwartet hätte.
Er setzte sich an den Tisch und goss etwas Milch über die Cornflakes. Er nahm seinen Löffel und begann, apathisch zu essen. Dabei nahm er große Schlucke Orangensaft zwischen den Bissen.
Ennis betrat die Hütte. „Oh gut, du bist wach." Sagte er lächelnd.
„Ennis?" fragte Jack.
"Warte, wir reden in ner Minute." Antwortete dieser und kam zum Tisch. „Iss du dein frühstück. Ich hab noch was zu tun." Die Fronttür knallte zu, als er erneut aus der Hütte schritt.
Jack fühlte eine Hilflosigkeit in sich aufsteigen wie Krebs. „Er hat verdammt noch mal gelächelt," dachte er. „Er ist so froh, mich los zu sein, dass er lächelt, wie die Katze, die den Kanarienvogel erwischt hat."
Ein paar Minuten später kam Ennis zurück in die Hütte. Er leerte einen Arm voller Holzscheite in die Holzkiste, ging dann hinüber zum Regal und nahm zwei schwere Keramikbecher, die er mit Kaffee aus dem Topf auf dem hölzernen Untersetzer füllte. Er ging hinüber zum Tisch und stellte einen Becher vor Jack. Dann stand er da und schaute ihn an.
Jack starrte ihn verwirrt an. "Was geht hier vor, Ennis? Wir hauen schon ab?"
„Jap", sagte Ennis, während er auf dem Stuhl neben Jack Platz nahm. „Wir haben nen lange Strecke zu fahren."
„Aber es ist nicht so weit zu dir, nur so zwei Stunden."
„Stimmt, Kumpel, aber wir werden nach Texas gehen." Jack war verwirrt. Texas?
Ennis drehte seinen Stuhl, sodass er Jack ins Gesicht sehen konnte, dann rückte er näher und ihre Knie berührten sich. „Okay, jetzt werden wir reden." Jack sah, dass Ennis nicht mehr lächelte – sein Gesicht war todernst. „Du weißt, Jack, ich hab die ganze Nacht in diesem Stuhl da gehockt", er nickte in Richtung des Stuhles vor dem Feuer. „Und hab sehr viel nachgedacht. Du hast ziemlich viele schmerzhafte Dinge zu mir gesagt, Dinge, die schlichtweg grausam waren."
„Tut mir…", setzte Jack an, doch Ennis hob seine Hand und schüttelte den Kopf.
„Lass mich ausreden." Er hielt inne und fuhr dann fort: „Ich hab lange und intensiv darüber nachgedacht, was du gesagt hast, Jack. Ich glaub, ich kann jedes Wort rezitieren, sie alle haben sich in mein Gehirn eingebrannt." Jacks Augen fielen zu. Er wusste, er war ekelhaft gewesen.
Ennis langte nach vorne und legte seine Hand auf Jacks Schenkel, umfasste ihn sanft mit seinen großen Fingern. Seine Stimme flaute ein wenig ab. „Ich dachte, du hättest all das gesagt, um mich zu verletzen und das hast du. Ich dachte, du wärst gemein gewesen, damit ich wegfahre." Ennis verlagerte sein Gewicht. „Aber dann, Jack, hab ich gemerkt, dass, selbst wenn wir nicht immer korrekt zueinander waren, du mich doch nie angelogen hast. Zumindest glaube ich, du hast mich nie angelogen."
„Nein, Ennis", flüsterte Jack. „Ich hab dich niemals angelogen."
"Und ich dich auch nie. Und deshalb hab ich, als ich darüber nachdachte, realisiert, dass letzte Nacht wahrscheinlich nicht der Zeitpunkt war, wo du damit angefangen hast – also musste alles, was du gesagt hast de Wahrheit sein." Jack nickte und schaute Ennis unverwandt in die Augen.
Ennis lehnte sich noch ein Stück weiter nach vorne und nahm nun beide Hände von jack in seine eigenen. „Jack, du hast davon geredet, dich selbst umzubringen. Ich konnte das nicht glauben, Jack – aber da war diese Pistole - "
Jack unterbrach ihn, seine Stimme noch immer nicht mehr als ein Flüstern. „Da ist ne Pistole im Handschuhfach vom Truck."
Ennis nickte. „Das weiß ich, jack. Ich hab sie gefunden. Da ist sie nicht mehr." Jack schaute alarmiert. "Keine Angst, sie ist sicher, nur woanders, wo du sie nicht so leicht findest."
Noch einmal rückte Ennis näher an Jack heran. Er hielt Jacks rechte Hand in seiner linken und benutze den rechten Zeigefinger, um Jacks Kinn aufzurichten. „Schau mich an, Kumpel!" Ihre Augen hefteten sich aneinander. „Jack, wenn du sterben würdest, könnte ich nicht weiter leben. Und wenn du dich wegen mir umbringen würdest, ja dann müsste ich mich auch umbringen, denn mit einer solchen Last auf den Schultern könnte ich nicht leben." Er hielt inne. „Und was ich auch erkannt habe, ist, dass wir, wenn wir uns selber umbringen würden und dann tot wären, könnten wir genauso gut versuchen, miteinander zu leben, bevor wir das sind, denn wo läge der Sinn darin, tot zu sein, wenn wir doch gar nicht das getan haben, weswegen wir uns in erster Linie umgebracht haben?"
Jack schaute verwirrt. „Ennis, wovon zur Hölle redest du?"
„Ich sagte ja, Jack. Ich sage ja zu der Frage, die du mir jedes Mal gestellt hast, wenn wir zusammen waren in den vergangenen neun Jahren. Ich sage ja zu einem netten Leben, ja zu einer Kuh und dem Versuch ein Kälbchen zu züchten, ja zu jeder anderen verdammt noch mal verrückten Idee, die du vielleicht hast."
„Oh Ennis," Jack rang nach Luft. „Sei doch nicht grausam!"
„Das bin ich nicht, Jack! Ich erzähl dir die Wahrheit! Du hast letzte Nacht gesagt: ‚Ich will dich, will alles von dir, immer. Ich will dich in meinem Leben, will, dass du mein Leben bist.' Jack, genau das will ich auch."
„Oh mein Gott, Ennis." Jack spürte, dass er zu zittern begann.
Ennis nahm Jacks Gesicht in beide Hände. „Ich liebe dich, Jack, so einfach ist das."
An diesem Punkt war es für Jack endgültig vorbei. Er ließ sich vorwärts in Ennis' Arme fallen mit flatterndem Atem und bebender Brust, dreizehn Jahre angestaute Gefühle zerrten an seinem Körper. Gigantische Schluchzer entwichen seinem Mund und Tränen rannen seine Wangen hinab. Jack fühlte sich beinahe so, als würde er sich jeden Moment selbst einnässen. „Oh Gott, Ennis, oh Gott…"
Ennis zog ihn an sich und strich ihm durch sein Haar. „Ist ja gut, Cowboy. Ich bin da und wird dich nie mehr allein lassen." Mit seiner anderen Hand zog er rhythmische Kreise auf Jacks Rücken. „Ist ja gut, kleiner Liebling, ist gut, Babe, ich liebe dich…"
Jack glaubte er müsse sterben angesichts der Worte, die Ennis' Mund verließen. Normalerweise presste Ennis gerade einmal die Tageszeit heraus, wenn man ihn danach fragte. Derselbe Mann rezitierte nun Liebkosungen und Ich-liebe-dichs als seien sie ein Mantra. „Oh Ennis, Ich liebe dich."
„Ich weiß, dass du das tust, Cowboy. Ich liebe dich." Eine lange Zeit saßen sie so da, bei Jack wechselten Weinen und Schluchzen, während Ennis damit fort fuhr, ihm beruhigende Worte ins Ohr zu murmeln. Schließlich zog Jack sich aus Ennis Umarmung zurück und nahm einen tiefen, zitternden Atemzug. Er schaute Ennis an mit verweintem Gesicht und geröteten Augen. „Und was wird nun geschehen?"
„Also, ich hab mir gedacht, wir könnten nach Texas fahren und dein Zeug abholen. Wir können mit Lureen reden, ihr sagen, was los ist, und dass du die Scheidung willst."
„Ähm, WIR sagen ihr, dass ich die Scheidung will?"
„Hm, ich schlage vor, darüber sprichst du mit ihr aber ich dachte es wäre richtig, ihr die Chance zu geben, den Kerl zu treffen, der ihre Ehe zerstört hat." Jacks Gedanken drehten sich im Kreis. „Dann werden wir zurück nach Riverton kommen und meine Sachen holen. Das wird nicht lang dauern, ich hab nicht viel Krempel und bei der Bude, in der ich wohn, wird der Mietvertrag monatlich neu verlängert. Ich muss auch mit Alma reden und mit ihr ein paar Vereinbarungen bezüglich der Mädchen treffen."
„Und was dann?", fragte Jack.
Ennis fuhr fort. „Um uns zu überlegen, was wir dann tun werden und wo, haben wir den ganzen Sommer."
„Aber das Geld…und die Jobs….", murmelte Jack.
„Wie ich schon sagte, Jack, wir haben ja den Sommer. Das ist genug Zeit, um zu überlegen, was wir für den Rest unseres Lebens tun werden…oder zumindest, was unser nächster Schritt sein wird."
Eine weitere Minute verstrich, dann stand Ennis auf und räumte den Tisch ab. Er spülte das Geschirr draußen vor der Tür in dem Bottich ab und kam dann zurück in die Hütte. Jack sah ihn an. „Also werden wir heute verschwinden?"
Ennis zog die Schultern hoch. „Das, was ich geplant hatte, die Hütte, die Angeltour – das ist unser altes Leben. Was heute beginnt, ist unser neues Leben. Und jetzt, da ich mir darüber im Klaren bin, was ich will, möchte ich das neue Leben sofort beginnen. Denke, es wird ziemlich aufregend."
"Das denke ich auch.", sagte Jack. „Aber…können wir nicht zur Feier des Tages einen letzten Fick haben, ehe wir abhauen?"
„Einen letzten Fick unter Fickfreunden?", fragte Ennis und hob eine Augenbraue an. Jack nickte.
„Tut mir Leid, Kumpel, keine Ficks unter Fickfreunden mehr. Diese Tage sind vorbei. Jetzt haben wir Ficks unter Liebhabern und ich kann dir garantieren, die werden eine höllische Menge besser sein als die Ficks unter Fickfreunden es je waren."
Jack lachte schließlich. „Ficks unter Fickfreunden oder Liebhabern oder was-was-ich-wem, Ennis, können wir nicht einfach eine letzte gute Nummer schieben, bevor wir auf die Straße fahren?"
Ennis stieß Jack rückwärts durch den Raum, während er sein Hemd aufknöpfte. „Ich dachte schon, du würdest mich nie fragen!"
So, das war das erste Kapitel. Hoffe es gefällt euch genauso gut wie mir. Werde mich bald an die Arbeit machen, das zweite Kapitel zu übersetzen. ;) Über Kommentare wären ich und Mainewriter sehr dankbar!
