Diese Geschichte wird sich von der Zeit des Jahres 56 vor der Schlacht von Yavin bis zur Zerstörung des ersten Todessterns, also bis zum Jahre Null der Schlacht von Yavin erstrecken und dabei ausgewählte Ereignisse im Leben von Obi-Wan Kenobi behandeln.

Disclaimer: Natürlich gehören alle Figuren George Lucas und Disney mit Ausnahme der beiden Nachtschwestern Mylis und Lalith, die ich mir ausgedacht habe.


Darth Sidious hatte Mühe, seine Wut im Zaum zu halten und so zu kanalisieren, wie es ihn sein Meister Darth Plagueis gelehrt hatte – nämlich sie in Kraft und Stärke zu verwandeln, um seine Feinde zu zerschmettern. Etwas ziellos schritt er über den Marktplatz der Blauen Wüstenstadt auf Dathomir, wo er sich seit zwei Monaten ein Zimmer gemietet hatte, welches auf ihn wartete, nur für den Fall, daß etwas in der Siedlung der Nachtschwestern schief gehen könnte, so wie jetzt. Aber selbst, als er die Wut kanalisiert hatte, mußte er sich eingestehen, daß eine Zerschmetterung seiner gestrigen Peinigerin noch nicht angezeigt war. Vorerst würde es reichen, sie zu demütigen, ihr wehzutun, so daß sie bis an ihr Lebensende an ihn denken würde müssen nach dem, was sie ihm angetan hatte.

„Das war alles?", hatte ihn Talzin höhnisch gefragt, nachdem er sein bestes Teil aus ihrer Mitte herausgezogen hatte, bereits nach fünf Standardminuten, die es gerademal dort verweilt hatte, bis er gekommen war.

„Und nicht kurz genug es gewesen ist", hätte der kleine grüne Kerl im Jedi-Tempel darüber gespottet, hätte er gewusst, was der angehende Dunkle Lord der Sith sich gerade in der Lagerstatt geleistet hatte, die von der obersten Nachtschwester für dieses Ereignis aufwändig hergerichtet worden war.

„Ist das bei euch Menschen immer nur so kurz?", hatte Talzin sich mokiert.

Aber woher sollte er das denn wissen? Das war kein Thema, über welches er von seinem Muun-Meister etwas hätte erfahren können. Und auch keines, in welchem er bereits einschlägige Erfahrung hätte sammeln können. Ein Sith-Schüler hatte wichtigeres zu tun.

„Beim nächsten Mal wird es bestimmt länger dauern", hatte er ihr mit einem verheißungsvollen Aufschlag seiner blauen Augen versprochen. „Und wenn man bedenkt, welch mächtiges Kind aus einer solchen Verbindung hervorgehen könnte, dann kann es gar nicht genug Wiederholungen geben", hatte er versucht, Mutter Talzin zu locken.

„Vielen Dank, aber ich brauche keinen Bastard ohne Hörner in der Nachtbrudersiedlung", war ihre scharfe Replik gewesen. Er hatte gerade zu einer Antwort angesetzt, daß es ja auch ein Mädchen werden könnte, aber er war nur soweit gekommen, seinen schmallippigen Mund zu öffnen, als Talzin bereits weitersprach:

„Und auch nicht so eine Nachtschwester. Wenn Ihr uns jetzt bitte verlassen würdet. Ich habe noch viel zu tun!"

Derart schnöde hatte sie ihn aus der Lagerstatt und aus der Nachtschwesternsiedlung hinausgejagt. Und das, nachdem er ihr die Grundlagen des Lichtschwertkampfes beigebracht hatte, wie man ein Sith-Holocron öffnet. Er hatte ihr auch gezeigt, wie man Leute wortlos mit einem Machtgriff irgendwo hinschleudern konnte.

„Mit Zaubersprüchen geht das aber viel einfacher", hatte sie bei jener Übung erwidert.

Immerhin wußte er jetzt, wie man seine Essenz in einem Nebel verflüchtigen konnte, falls jemand den Körper vernichten würde. Um dann in angemessener Zeit ein neues Gefäß zu suchen, von wo aus er dann an seiner körperlichen Wiederherstellung arbeiten könnte. Zumindest kannte er das Verfahren jetzt rein theoretisch. Die Praxis für diese Art Zauber würde hoffentlich noch lange auf sich warten lassen. Nützlich und hochaktuell war hingegen seine neue Fähigkeit, Wesen auf interplanetare Distanz zu beeinflussen, ihnen Träume einzugeben und sie damit zu bestimmten Handlungen zu treiben. Damit hatte ihm Mutter Talzin für seine bereits ohnehin beachtlichen Manipulationskünste eine ganz neue Dimension erschlossen. Noch nicht einmal Darth Plagueis konnte so etwas. Oder hatte er es ihm bislang nur nicht beigebracht?

Aber das war jetzt unwichtig geworden. Denn jetzt hatte er in nützliches Werkzeug erspäht, welches ihm bei seiner Rache an Mutter Talzin für ihre Beleidigungen helfen würde. Also entfaltete Sidious seine gesamte Präsenz als Machtbenutzer und ging auf die verhärmte, verbitterte Nachtschwester zu, welche einsam am Rand des Marktes saß und ihn, der sich ihr gemessenen Schrittes näherte, mit aufkeimender Hoffnung in ihren silberfarbenen Augen ansah.

„Werter Herr", sagte sie, gewiß ihrer Annahme, daß der vornehm gekleidete Herr schon von selbst sein Anliegen erläutern wollte.

„Du siehst aus, als könntest Du etwas Hilfe gebrauchen, meine Liebe", sagte Palpatine mit einem gewinnenden Lächeln. „Genau wie ich."

„Wie Ihr?", fragte die Nachtschwester den blassen rothaarigen Mann mit den wasserblauen Augen.

„Ihr zuerst – aber nicht hier."

Mit diesen Worten bedeutete er ihr, sich zu erheben und ihm zu folgen. Mit gespanntem Körper hatte sich die Nachtschwester vorsichtig in den blauen Sessel gesetzt, den er ihr angeboten hatte. Mit nervösen fahrigen langbekrallten Fingern ihrer schmalen Hände hatte sie das Glas Wasser genommen und in einem Zug leergetrunken, bevor es aus ihr heraussprudelte: „Mein Name ist Kycina. Talzin hatte von mir verlangt, den Vater meines Sohnes zu töten. Aber ich konnte es nicht."

‚Du hast ihn im Zweikampf besiegt, um ihn mit dir in die Nachtschwestersiedlung zu nehmen, um von ihm ein Kind zu empfangen! Und jetzt kannst du ihn auf einmal nicht töten? Das glaube ich dir nicht!', hatte Talzin Kycina angeherrscht, nachdem diese ihr erzählt hatte, daß sich der Vater ihres Sohnes der rituellen Tötung nach der Geburt des Kindes durch einen Kampf entzogen habe und geflüchtet sei.

Nur zwei Tage hatte es gedauert, bis Talzin den flüchtigen Nachtbruder gestellt und selbst getötet hatte, um der grausamen Tradition Genüge zu tun. Das Ganze hatte sich gerade erst vor zwei Tagen abgespielt. Sidious erinnerte sich, daß er an genau diesem Tag versucht hatte, einen Rancor zu zähmen, um auf ihm zu reiten, so wie es ihm Talzin erklärt hatte. So wie es alle Nachtschwestern konnten und taten, um auf diesen gewaltigen Raubtieren in luftiger Höhe durch die Wildnis Dathomirs zu reiten. Leider war ihm das nicht gelungen. Der Rancor hatte sich seiner Gedankenmanipulation widersetzt und war auf ihn losgegangen. Also hatte er das riesige Tier mithilfe der Macht gegen einen nahegelegenen Felsen geschmettert und also getötet.

„Aber Carnage war die Liebe meines Leben!", beteuerte Kycina aufgewühlt. „Ich wollte ihn nicht töten. Was die alte Hexe will, ist mir egal!", sagte sie trotzig, während der Sith-Schüler vor ihr sie verständnisvoll ansah und gelegentlich nickte, um sie zum Weiterreden zu bewegen. „Aber, was, wenn ich mich während der nächsten Schwangerschaft wieder verliebe? Sie wird mich umbringen, hat sie gedroht!" Sidious fand, daß er nun genug Verständnis geheuchelt hatte, um nun endlich eine Gegenleistung dafür zu verlangen. „Ich werde dir zeigen, wie du die neue Liebe deines Lebens retten kannst, ohne, daß Talzin dir je wieder etwas anhaben kann", versprach er vollmundig, während die Nachtschwester ihn nun mit unglaublich glänzenden silberfarbenen Augen anstarrte. „Wenn es soweit ist", setzte er hinzu.

„Wann wird es soweit sein?", fragte Kycina zweifelnd.

„Wenn der nächste Sohn Talzins drei Jahre alt geworden ist", erwiderte Sidious.

Er gab ihr einen kleinen Beutel mit Credits. „Dies hier als Vorschuß für deine Bemühungen. Melde dich, wenn die Zeit reif ist."

„Jawohl mein Herr", erwiderte Kycina gehorsam, bevor sie aus Sidious' gemietetem Apartment verschwand.

Neun Monate später im Jahre 57 vor der Schlacht von Yavin

Mutter Talzin fluchte. Sie verfluchte die Geflügelte Göttin, den Klauengott, die Sith und vor allem Darth Sidious, als sich nach langen Stunden Pressen endlich der rotschopfige Kopf ihres jüngsten Sohnes zwischen ihren Beinen zeigte. Diese Geburt war anders als ihre letzte. Damals war das Kind mehr oder weniger aus ihr herausgeflutscht. Aber jetzt war alles viel schwieriger und vor allem viel schmerzhafter. Bestimmt hatte dieser rothaarige Teufel ihr irgendeinen Zauber dieser Art auf Distanz zukommen lassen – hatte irgendwelche Fingernägelreste von ihr mitgehen lassen – oder etwas in der Art. Auf dieselbe Art und Weise, wie sie es ihn in ihrer Naivität damals vor neun Monaten gelehrt hatte. Mit ihrer Zauberkraft hatte sie die Schmerzen ihrer Wehen nur geringfügig lindern können. Sie fluchte erneut. Diesmal auf den Senator von Naboo.

Natürlich hätte sie jederzeit zu den Behörden der Republik oder gar zu den Jedi gehen können, um ihnen zu hinterbringen, daß ein Lord der Sith sich daran machte, die Republik als harmlos wirkender Senator zu unterwandern, um bald darauf die gesamte Galaxis seinem Willen zu unterwerfen. Aber als Nachtschwester ging man nicht zu ignoranten, völlig machtunsensitiven Behörden, die das Wort Sith noch nicht einmal buchstabieren konnten. Oder gar zu den Jedi, die dem Orden der Nachtschwestern gegenüber mehr als argwöhnisch eingestellt waren. Zumal sich Senator Palpatine keinerlei Fehler erlaubte, die es ihr ermöglicht hätten, ihn irgendwo anzuschwärzen oder gar in Ungnade zu bringen. Aber als Nachtschwester und gar als deren Oberin behielt man dererlei Kenntnisse für sich und klärte solche Angelegenheiten von Machtbenutzer zu Machtbenutzer.

Jetzt entrang sich ihr ein gewaltiger Schrei. Und dann lag das Bündel Mensch auch schon in ihren Armen um von ihr angewidert angeschaut zu werden.

„Er sieht genauso aus wie ER", spie sie zwischen ihren dunkelgrauen Lippen hervor.

„Wie wer?", fragte Kycina.

„Wie wer? Wie wer? Das geht dich gar nichts an!", herrschte sie Kycina an.

Jetzt schlug das Kind seine wasserblauen Augen auf und schaute seine Mutter an. Mutter Talzin verzog ihren Mund erneut, ihre Augen verengten sich.

„Schaff ihn fort!", befahl sie Kycina.

„Wohin?", fragte diese irritiert.

„Du weißt doch am besten, wie man Männer fortschafft und versteckt", ätzte Talzin zurück.

„Sieh zu, daß du irgendwelche Machtbenutzer triffst, die ihn aufziehen und unterweisen können. Aber bloß keine Jedi! In einer Woche bist du wieder hier", schärfte sie der untergebenen Nachtschwester ein, die eifrig nickte.

„Wie soll er denn heißen?", fragte Kycina nun unsicher.

„Hideous!", zischte Talzin sie an.

Kycina huschte davon, um dem kleinen Hideous ein neues Zuhause zu suchen. Sie fragte sich, was der Vater dieses Jungen wohl getan hatte, daß Mutter Talzin dieses Bündel Mensch so haßte, das so gar nichts zabrakiges an sich hatte? Daß sie ihm so einen abscheulichen Namen gegeben hatte! Versonnen strich sie dem Kind eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht, dann bestieg sie ihren Speeder und machte sich auf den Weg in die Blaue Wüstenstadt. Sie versuchte einige Male, den rothaarigen Machtbenutzer von vor neun Monaten zu kontaktieren.

Palpatine sah, wie sich die blau schimmernde Silhouette der Nachtschwester über seinem Komlink materialisierte. Er war gerade im Begriff, die Verbindung anzunehmen, da öffnete sich die Tür seines Zimmers, welches er für gewöhnlich auf Schloss Aborah bewohnte, wenn er im Domizil seines Meisters auf Muunilinst weilte. Sofort drückte er die Verbindung weg.

„Wer war das?", fragte Darth Plagueis neugierig.

„Senator Vidar Kim", erwiderte der Sith-Schüler und sah seinen Meister mit einem leicht genervten Blick an.

„Warum hast du die Verbindung nicht angenommen?", bohrte Plagueis weiter.

„Niemand in meinem Leben ist wichtiger als Ihr, Meister", erwiderte Sidious in nur leicht schmeichlerischem Tonfall.

Plagueis zeigte die Andeutung eines Lächelns.

„Außerdem ist mein Landsmann in letzter Zeit etwas zu anhänglich geworden. Ich bin mir allerdings noch unschlüssig darüber, ob ein gelegentliches Ignorieren seiner Kontaktversuche nicht das Gegenteil dessen bewirken könnte, was wir eigentlich beabsichtigen", setzte Sidious mit besorgter Stimme nach.

„Nun, Sidious. Ihr habt ihm soeben einen Stups gegeben. Die Zeit wird zeigen, wohin Euer ehemaliger politischer Ziehvater tendieren wird. Doch nun – gebt mir Euer Komlink!"

Sidious hielt verdutzt einen Moment inne. Ob sein Meister gespürt hatte, dass sein Schüler dabei war, ihn zu hintergehen? Die Zeit würde auch dies zutage fördern. Dann löste er sein Komlink von seinem Handgelenk und übergab es gehorsam seinem Meister.

„Wir werden uns jetzt auf eine Mission begeben, wo wir über mehrere Tage nicht gestört werden sollten", erklärte Plagueis seine Aufforderung.