Aaaalso, öh, ja...hmmm...hab eigentlich nix zu sagen aßer, dass mir hier
außer meinen kranken Hirnsynapsen (hö?) nix gehört...un...ja....lest
einfach mal...
Remus (*voll stolz über den geistreichen Titel sei* ;-) is aber so....)
Er ließ sich zurücksinken und tauchte mit dem Kopf unter Wasser. Sein Haar umspielte sanft sein Gesicht, während er sich so treiben ließ. Vollkommen entspannt lauschte er dem wundersamen tiefen Gluckern und Glucksen, das die Rohre unter dem Becken von sich gaben. Langsam sank sein Körper ab und tauchte aus dem über die Oberfläche wirbelnden Schaum ins warme Wasser ab. Wie er es genoss, sich hier so treiben zu lassen und einfach nur seinen Gedanken nachzuhängen. Gedanken, die nur ihn etwas angingen, die keiner außer ihm erfahren durfte. Niemals. Viele Geheimnisse umgaben ihn, doch er schien für seine Freunde ein offenes Buch zu sein, denn sein vielleicht größtes oder auf jeden Fall meistgehütetes Geheimnis hatten sie bereits gelüftet. Und so trieb ihn die Angst an einsame Orte, die Angst, sie könnten alles erraten, was er dachte und fühlte.
Er lief durch die stechend kalte Dunkelheit, die eisige Luft riss an seinem Fell und kühlte schmerzhaft seinen abgehetzten Körper. Er war frei. Und er spürte diese ungestillte Gier, die ihn dazu bewegt hatte, sein Versteck zu verlassen und sich dem blassen Mond hinzugeben. Seine Klauen brachen beim Laufen durch das scharfe, gefrorene Gras, das noch tiefer in seine Wunden schnitt. Die Wunden, die er sich selbst zugefügt hatte, wie er es immer tat, wenn die unbeschreibliche Gier, die ihn quälte, sich in hoffnungsloser Gefangenschaft auf sein eigenes Fleisch stürzte.
Mit weiten Augen erfasste er das Mädchen, das vom Mond verführerisch beschienen am kalten See spazieren ging. Er kannte sie nicht mehr. Er lief, wie man nur im Traum fähig ist zu laufen. Irgendwie vorwärts, bloß schneller als der Wind. Die Kälte erreichte ihn nicht mehr, die Hoffnung blieb hinter ihm zurück. Immer näher kam er ihr gegen den Wind. Immer stärker roch er ihr Fleisch und hörte er ihr zittriges Lied im Wind, das stechend seine Ohren traf.
Und urplötzlich war ihm, als sei er soeben in eine weiche, warme Wand gerannt, die seinem gehetzten Lauf entschieden Einhalt gebot. Sein Wille schwankte und drehte. Er blieb stehen. Seine Beine zitterten und gaben nach, durch seine gefrorene Kehle brannte heißer Atem. Augen glühten in der Dunkelheit. Die Augen eines Raubtiers, die vor Panik geweitet brannten. Doch es waren nicht die seinen. Es war ein Gefühl, das seine Seele in ihm umdrehte, dieses Gefühl, als sein menschlicher Verstand in ihn zurückkehrte und schon im nächsten Moment war es, als habe er ihn nie verlassen. Nun breitete sich Angst in ihm aus. Sein Gegenüber war ihm ebenbürtig. Es erstickte den Glauben von seiner eigenen Allmacht, seiner unerreichbaren Stärke. Das Licht des verhasst geliebten Mondes spielte auf dem struppigen Fell des riesigen Tieres vor ihm und gab seinen Augen einen wilden Glanz. Diese Augen. Keine Nacht und kein Mond konnte ihnen den vertrauten Ausdruck nehmen, der sich in sein Herz gebrannt hatte. Dieses Vertrauen...
Er tauchte auf und schnappte nach Luft. Er war viel zu lange unter Wasser geblieben und sein Körper hatte ihn gezwungen aufzutauchen. Es hatte nicht ausgereicht, um seine Gedanken zu betäuben. Immer noch hastig atmend watete er zum Rand des Beckens und stützte sich darauf. Ihm war schwindelig und er brauchte einige Zeit, um die Kraft aufzubringen, sich am Rand hoch zu ziehen.
Vorsichtig trocknete er sich ab. Seine Arme schmerzten erbärmlich, nachdem sie mit dem Seifenschaum in Berührung gekommen waren.
Nachdem er sich angezogen hatte, verließ er langsam das Vertrauensschülerbad und machte sich auf den Weg zurück in den Gryffindorturm. Gleich würde er seine Freunde wiedersehen müssen. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Fahrig strich er seine Haare zurecht, die noch wirr durcheinander hingen. Nichts anmerken lassen...
Schon hatte er das Portrait der fetten Dame erreicht und nachdem er ihre vierte schon sehr gereizte Frage nach dem Passwort endlich beantwortet hatte, ließ sie ihn ein und wünschte ihm mit einem eindeutigen Unterton eine geruhsame Nacht.
Der Gemeinschaftsraum war fast leer. Nur einige jüngere Schüler, von denen er nicht sagen konnte, ob sie die zweite oder dritte Klasse besuchten, tuschelten noch an einem kleinen Tisch über ihren Pergamentblättern miteinander. Sie sahen auf, als er eintrat und schwiegen erschrocken. Als er sich der Treppe zum Schlafsaal zuwand, sah er sie noch ihre Papiere zusammenrollen und verstauen, als sei ihnen gerade bewusst geworden, dass es ganz dringend Zeit fürs Bett war.
Müde ließ er sich auf sein Bett fallen, zog die Vorhänge zu und kramte unter dem Kissen nach seinem Buch und der verzauberten Kerze, die er mit einem besonderen Flammengefrierzauber belegt hatte, damit sie nichts anbrennen konnte. Dieser Zauber war für ihn einfach notwendig gewesen. James und Sirius belächelten ihn gerne, wenn er auch nach stundenlangem Lernen nicht einschlief, ohne vorher mindestens noch ein oder zwei Kapitel gelesen zu haben.
Er blies die Kerze an und schlug das Buch auf. Es war ein Muggelbuch über Lykantropie, das natürlich auch auf Muggelwissen basierte und daher verdammt verdrehte und an den Haaren herbeigezogene Sachverhalte und Behauptungen an den Tag legen konnte. Remus grinste bei einigen primitiven Zeichnungen furchtbar entstellter Gestalten, die wohl Werwölfe darstellen sollten, den Bildern in den Zauberbüchern aber auf keinen Fall ähnelten. Er las dieses Buch gerne. Ja, Muggelbücher waren bekloppt, aber sein Leben kam ihm so wunderbar annehmbar vor, wenn er dieses Buch las.
Am nächsten Morgen riss ihn die Müdigkeit fast während des Unterrichts vom Stuhl. Trotz allem zwang er sich aufzupassen und alles mitzuschreiben. Nach drei Schulstunden gehorchte ihm seine Hand nicht mehr und baute die unmöglichsten Buchstabenkombinationen in irgendwelche Wörter ein. Er fühlte sich schwach. Nicht einfach bloß müde.
In ein paar Tagen würde wieder Vollmond sein. Er dachte an die Schmerzen. Er hatte keine Angst mehr. Früher hatte er Angst gehabt vor dem Mond. Man hatte ihn oft zurückhalten müssen, wenn der in den Tagen vor der unheilvollen Mondphase versucht hatte, in einem Anflug von unkontrollierbarer Panik aus dem Fenster zu springen oder sich selbst Schmerzen zuzufügen, gegen die die Verwandlung in einen Werwolf eine Erleichterung wäre.
Der metallene Federkiel stach tief in seinen Unterarm. Professor Binns redete und redete. Der junge Werwolf versuchte, nicht auf den Schmerz zu achten, ihn gar nicht wahrzunehmen. Er hob die Feder erst wieder, als sie sich die Hausaufgaben notieren sollten, und übertünchte das daran zurückgebliebene Blut mit schwarzer Tinte, ehe er zu schreiben begann.
Er übte zu lächeln, als sie zusammen zum Essen gingen. Sirius und James waren in ausgelassener Stimmung. Peter sah ein wenig müde und geknickt aus, was an seiner Pleite in Verwandlungen an diesem Morgen liegen mochte, doch an ihn wollte sich Remus nicht halten. Er bemühte sich, über James´ Witze zu lachen und Sirius nebenher ein wenig herumzuschubsen. Nichts anmerken lassen....
Der Tag zog sich endlos dahin. Ganz Hogwarts lag in dicken Schnee gehüllt, der die Zeit erdrückte. Obwohl es erst später Nachmittag war, strich er einen weiteren Tag in seiner Liste der Tage durch, die ihn noch vom Vollmond trennten. Sirius saß einen Tisch weiter am Fenster und hatte all seine Aufzeichnungen vor sich ausgebreitet. Er schien sehr konzentriert zu schreiben. Hin und wieder blies er seine langen, dunklen Haare von seinem Pergament oder legte sie sich über die Schulter, wo sie aber nie lange blieben. Remus bemerkte nicht, wie er Sirius beobachtete. Er bemerkte nicht, dass er ihm dabei zusah, wie er versuchte, seine Haare zu bändigen, wie er mit der Feder beim Nachdenken über sein Kinn strich oder, wenn ihm etwas eingefallen war, kurz mit der Zunge über ihre Spitze fuhr. Und er bemerkte nicht, wie sehr ihn das alles berührte.
Mit verträumten Augen folgte er Sirius´ Lippen, die stumm die geschriebenen Worte formten. Fast glaubte er, förmlich in sich einsaugen zu können, was Sirius dachte und schrieb. Sein Blick glitt über diese glatten, schönen Hände, die ihm noch nie so aufgefallen waren, wanderte an den langen, dunklen Strähnen nach oben zu seinem Gesicht. Diese Lippen; so konzentriert biss er leicht darauf, wenn er nachdachte, so liebevoll umspielten sie die Worte, die er stumm in den Raum hauchte, der bei seinem Anblick den Atem anhielt. Seine zarten Gesichtszüge, männlich und doch nicht grob, und so leicht und unbekümmert spielte er damit, so selbstverständlich. Und dann seine Augen. Diese Augen waren es, die den jungen Werwolf tief in seinem Innersten trafen, die ihm mit diesem wundersamen undeutbaren Blick Gänsehaut über den Körper jagten und sein Herz ergriffen, um es wohl für ewig ein paar Sekunden lang warm und fest umschlossen zu halten. Sirius.
Er hatte aufgesehen und lächelte Remus an. Es sah wunderschön aus, wie er so lächelte und Remus fühlte sich von seinen dunklen Augen berührt und umgarnt. Es kitzelte sachte auf seiner Haut, als wären sie sich ganz nahe. Der Junge genoss es, ohne wahrzunehmen, was er empfand, und doch regte sich plötzlich noch etwas anderes in ihm.
Dieser Blick. Fragend? Freundschaftlich? Interessiert? Gelangweilt?...Liebevoll?.....Sanft? Zärtlich??.....Wissend?....Ver- .....nein. Verdammt selbstsicher und....nur total von sich überzeugt. Eben Sirius.
Remus wand den Blick von ihm ab und sah auf das Buch, das vor ihm lag. Noch immer spürte er den Blick seines Freundes auf sich ruhen. Es schnürte ihm die Kehle zu...
Es tat so weh. Warum bedachte er ihn mit einem Blick aus diesen wunderschönen Augen? Wollte er ihn verspotten? Ihm wehtun, ihn zerreißen? Remus hasste es so sehr, wie Sirius mit seinem Äußeren umging; er hasste es, wie er damit so unschuldig spielte, als sei es selbstverständlich, so wunderbar auszusehen. Wie sehr wünschte sich Remus, daran teilhaben zu können. An dieser Schönheit, ....an Sirius.
Obwohl er nun sehr gute Freunde hatte, die so viel für ihn taten, fühlte er sich noch immer seltsam abgesondert und ausgeschlossen. Es war ein Gefühl, als würden sie ihm etwas vorenthalten, dessen er nicht würdig war - und sicher auch niemals sein würde...
Wie gerne hätte er einen Freund gehabt, dessen größtes Geheimnis nur er kannte, mit dem er seines teilen konnte. Doch vielleicht waren die Geheimnisse eines Werwolfes einfach zu schwer zu tragen für einen Menschen...er würde sie teilen müssen...wie James, Sirius und Peter es taten. Nie würde er für einen allein etwas Besonderes sein. Für Sirius nicht und auch nicht für James. Die beiden verstanden sich blind und er würde niemals wirklich zu ihnen gehören. Er war nur ihr Abenteuer. Sie suchten den Nervenkitzel, die Gefahr, die von einem Werwolf ausging. Doch er wollte nicht mehr ihr Spielzeug sein. Er musste sich von ihnen lösen, er musste einfach.
Kurz wand er sich mit einem unsicheren Blick Sirius zu, der wieder in seinen Aufsatz vertieft mit den Lippen an seiner grauen Feder zupfte.
Remus zitterte kurz. Es war kalt. Langsam und leise stand er auf, um nach oben in den Schlafsaal zu gehen. Er raffte eilig seine Sachen zusammen und verließ den Gemeinschaftsraum, ohne sich noch einmal nach Sirius umzusehen.
Er war ihm egal. Er musste es sein.
Im Schlafsaal war es noch kälter als unten. Remus fröstelte und spürte, wie sich die Härchen auf seinen Armen schlagartig aufstellten. Er fühlte sich unwohl - und verfolgt. Was, wenn Sirius nach oben kommen würde? Sollte er noch mit ihm sprechen oder ich einfach wie Luft behandeln? Tausend Fragen schossen dem Jungen durch den Kopf. Es war nicht möglich, ihnen allen aus dem Weg zu gehen. Er teilte einen Schlafsaal, eine Klasse, einen Tisch im Unterricht und sein Geheimnis mit ihnen, mit seinen Freunden, den endlosen Fragen, den Problemen,...den Wünschen. Er teilte sein Leben mit ihnen. Und das nun seit Jahren. Sie waren da und würden nicht wieder gehen, solange er hier eingesperrt war.
Er öffnete das Fenster. Der kalte Wind schlug ihm entgegen und wirbelte einige Schneeflocken herein und in sein helles Haar. Die Kälte schnitt ihm angenehm ins Gesicht.
Er trat vor, um seine Hände an die Außenmauer zu legen. Sie war so eisig kalt, dass es schmerzte, doch Remus hielt dem Drängen seines Körpers stand, sie zurückzuziehen. Bald würde es aufhören. Wenn er nur lang genug aushalten würde...
Seine Nerven kribbelten, er zitterte am ganzen Körper. Bald...
Als die Gleichgültigkeit ihn beruhigt hatte, nahm er die Hände zurück. Er spürte sie kaum. Das Fenster lehnte er nur an, mehr konnte er nicht tun. Taub ging er zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen.
Er drehte sich auf den Rücken und starrte nach oben in den Himmel des Vorhanges und fuhr mit dem Blick die feinen Linien im Gewebe des Stoffes nach, während das Gefühl heiß brennend in seine Handflächen zurückkehrte. Wie sehr er sich hasste. Wie er sich für alles hasste, was er tat. Es war doch nicht richtig, was er dachte...er mochte doch seine Freunde...und sie ihn...wie konnten sie nur?
Seine Hand fiel schlaff von der Bettkante auf den Stapel Bücher, den er mit hochgebracht hatte. Noch immer die Linien des Stoffes verfolgend und ihnen in stummer Hoffnung auf Rat tiefe Bedeutungen beimessend tastete er an den Büchern und Pergamentblättern entlang.
Schließlich fand er sie. Seine Schreibfeder. Er bekam die kühle Spitze zwischen zwei Büchern zu fassen. Vorsichtig lockerte er sie aus ihrer Verkeilung heraus, ohne eine offensichtliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken, ohne hinzusehen.
Als er sie schließlich in der Hand hielt, wurde er plötzlich nervös. Es war seltsam. Fast wie Vorfreude, doch viel stiller. Geheimnisvoller. Niemand würde es wissen. Mit Bedacht drehte er die Feder geschickt mit den Fingern in der einen Hand und legte die metallene Spitze nach innen an seine Handfläche.
Tief atmend betrachtete er die Nähte, mit denen die Vorhanghälften außen abgenäht waren und wie sie sich weiter oben zu einer einzigen vereinten. Bedeutungsschwer... Wie um den Wunsch zu vernichten, drückte er fester zu. Es tat nicht weh, es war nur...
Tränen schossen ihm in die Augen. Es tat nicht weh. Es war nur so schrecklich allein. Wen er es noch woanders spüren würde, wäre es nichts. Ganz bestimmt. Alleinsein tat weh. Wenn es nur überall wehtun würde...
Was, wenn er es einfach täte? Dann würde jeder sehen, dass er Schmerzen hatte. Jeder würde darüber reden. Doch keiner würde wissen, warum es so war...keiner würde wissen, warum es soweit gekommen war. Er wünschte sich, es tun und dann auf sie alle hinabsehen zu können. Dann würde er wissen, ob er wichtig gewesen war und ob sie ihn geliebt hatten...ob sie um ihn trauerten.
Ja, warum nicht? Noch fester...noch nicht genug... Sein Atem ging immer schneller. Er konnte den Schmerz nicht mehr ignorieren, so sehr er auch kämpfte. Er musste loslassen. Jetzt.
Er hatte es nicht getan. Seine Hand gehorchte ihm nicht mehr. Er presste die Augen zusammen. Er würde nicht hinsehen. Langsam gelang es ihm, den Druck zu lockern. Seine Hand schmerzte erbärmlich, als er die Finger streckte und sie drehte, damit die Feder sich lösen konnte.
Das leise Geräusch, mit dem die Feder auf eines der Bücher fiel, ließ ihn zusammenzucken. Er war so unglaublich schwach und zittrig. Er musste schlafen. Unbedingt. Sofort. Das war schon in Ordnung....oder....
Lange Schatten zogen sich durch eine endlose, blaue Nacht. Der Mond war fast voll und er stand am Fenster wie im Begriff, in die Dunkelheit und den kühlen Wind hinauszufliegen.
Hinter sich spürte er diese seltsame vertraute Wärme. Er sah sich um. Sirius. Er stand da hinter ihm und schaute ebenfalls aus dem Fenster. Er sah an Remus vorbei, als ob er nicht existierte, seine langen, schwarzen Haare wehten im Nachtwind. Sirius. Sirius....
******* Sooo, hier mach ich erstma ne Pause....würd doch einfach erst gerne was dazu hören *g*
*winkz*
kleine Hexe
Remus (*voll stolz über den geistreichen Titel sei* ;-) is aber so....)
Er ließ sich zurücksinken und tauchte mit dem Kopf unter Wasser. Sein Haar umspielte sanft sein Gesicht, während er sich so treiben ließ. Vollkommen entspannt lauschte er dem wundersamen tiefen Gluckern und Glucksen, das die Rohre unter dem Becken von sich gaben. Langsam sank sein Körper ab und tauchte aus dem über die Oberfläche wirbelnden Schaum ins warme Wasser ab. Wie er es genoss, sich hier so treiben zu lassen und einfach nur seinen Gedanken nachzuhängen. Gedanken, die nur ihn etwas angingen, die keiner außer ihm erfahren durfte. Niemals. Viele Geheimnisse umgaben ihn, doch er schien für seine Freunde ein offenes Buch zu sein, denn sein vielleicht größtes oder auf jeden Fall meistgehütetes Geheimnis hatten sie bereits gelüftet. Und so trieb ihn die Angst an einsame Orte, die Angst, sie könnten alles erraten, was er dachte und fühlte.
Er lief durch die stechend kalte Dunkelheit, die eisige Luft riss an seinem Fell und kühlte schmerzhaft seinen abgehetzten Körper. Er war frei. Und er spürte diese ungestillte Gier, die ihn dazu bewegt hatte, sein Versteck zu verlassen und sich dem blassen Mond hinzugeben. Seine Klauen brachen beim Laufen durch das scharfe, gefrorene Gras, das noch tiefer in seine Wunden schnitt. Die Wunden, die er sich selbst zugefügt hatte, wie er es immer tat, wenn die unbeschreibliche Gier, die ihn quälte, sich in hoffnungsloser Gefangenschaft auf sein eigenes Fleisch stürzte.
Mit weiten Augen erfasste er das Mädchen, das vom Mond verführerisch beschienen am kalten See spazieren ging. Er kannte sie nicht mehr. Er lief, wie man nur im Traum fähig ist zu laufen. Irgendwie vorwärts, bloß schneller als der Wind. Die Kälte erreichte ihn nicht mehr, die Hoffnung blieb hinter ihm zurück. Immer näher kam er ihr gegen den Wind. Immer stärker roch er ihr Fleisch und hörte er ihr zittriges Lied im Wind, das stechend seine Ohren traf.
Und urplötzlich war ihm, als sei er soeben in eine weiche, warme Wand gerannt, die seinem gehetzten Lauf entschieden Einhalt gebot. Sein Wille schwankte und drehte. Er blieb stehen. Seine Beine zitterten und gaben nach, durch seine gefrorene Kehle brannte heißer Atem. Augen glühten in der Dunkelheit. Die Augen eines Raubtiers, die vor Panik geweitet brannten. Doch es waren nicht die seinen. Es war ein Gefühl, das seine Seele in ihm umdrehte, dieses Gefühl, als sein menschlicher Verstand in ihn zurückkehrte und schon im nächsten Moment war es, als habe er ihn nie verlassen. Nun breitete sich Angst in ihm aus. Sein Gegenüber war ihm ebenbürtig. Es erstickte den Glauben von seiner eigenen Allmacht, seiner unerreichbaren Stärke. Das Licht des verhasst geliebten Mondes spielte auf dem struppigen Fell des riesigen Tieres vor ihm und gab seinen Augen einen wilden Glanz. Diese Augen. Keine Nacht und kein Mond konnte ihnen den vertrauten Ausdruck nehmen, der sich in sein Herz gebrannt hatte. Dieses Vertrauen...
Er tauchte auf und schnappte nach Luft. Er war viel zu lange unter Wasser geblieben und sein Körper hatte ihn gezwungen aufzutauchen. Es hatte nicht ausgereicht, um seine Gedanken zu betäuben. Immer noch hastig atmend watete er zum Rand des Beckens und stützte sich darauf. Ihm war schwindelig und er brauchte einige Zeit, um die Kraft aufzubringen, sich am Rand hoch zu ziehen.
Vorsichtig trocknete er sich ab. Seine Arme schmerzten erbärmlich, nachdem sie mit dem Seifenschaum in Berührung gekommen waren.
Nachdem er sich angezogen hatte, verließ er langsam das Vertrauensschülerbad und machte sich auf den Weg zurück in den Gryffindorturm. Gleich würde er seine Freunde wiedersehen müssen. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Fahrig strich er seine Haare zurecht, die noch wirr durcheinander hingen. Nichts anmerken lassen...
Schon hatte er das Portrait der fetten Dame erreicht und nachdem er ihre vierte schon sehr gereizte Frage nach dem Passwort endlich beantwortet hatte, ließ sie ihn ein und wünschte ihm mit einem eindeutigen Unterton eine geruhsame Nacht.
Der Gemeinschaftsraum war fast leer. Nur einige jüngere Schüler, von denen er nicht sagen konnte, ob sie die zweite oder dritte Klasse besuchten, tuschelten noch an einem kleinen Tisch über ihren Pergamentblättern miteinander. Sie sahen auf, als er eintrat und schwiegen erschrocken. Als er sich der Treppe zum Schlafsaal zuwand, sah er sie noch ihre Papiere zusammenrollen und verstauen, als sei ihnen gerade bewusst geworden, dass es ganz dringend Zeit fürs Bett war.
Müde ließ er sich auf sein Bett fallen, zog die Vorhänge zu und kramte unter dem Kissen nach seinem Buch und der verzauberten Kerze, die er mit einem besonderen Flammengefrierzauber belegt hatte, damit sie nichts anbrennen konnte. Dieser Zauber war für ihn einfach notwendig gewesen. James und Sirius belächelten ihn gerne, wenn er auch nach stundenlangem Lernen nicht einschlief, ohne vorher mindestens noch ein oder zwei Kapitel gelesen zu haben.
Er blies die Kerze an und schlug das Buch auf. Es war ein Muggelbuch über Lykantropie, das natürlich auch auf Muggelwissen basierte und daher verdammt verdrehte und an den Haaren herbeigezogene Sachverhalte und Behauptungen an den Tag legen konnte. Remus grinste bei einigen primitiven Zeichnungen furchtbar entstellter Gestalten, die wohl Werwölfe darstellen sollten, den Bildern in den Zauberbüchern aber auf keinen Fall ähnelten. Er las dieses Buch gerne. Ja, Muggelbücher waren bekloppt, aber sein Leben kam ihm so wunderbar annehmbar vor, wenn er dieses Buch las.
Am nächsten Morgen riss ihn die Müdigkeit fast während des Unterrichts vom Stuhl. Trotz allem zwang er sich aufzupassen und alles mitzuschreiben. Nach drei Schulstunden gehorchte ihm seine Hand nicht mehr und baute die unmöglichsten Buchstabenkombinationen in irgendwelche Wörter ein. Er fühlte sich schwach. Nicht einfach bloß müde.
In ein paar Tagen würde wieder Vollmond sein. Er dachte an die Schmerzen. Er hatte keine Angst mehr. Früher hatte er Angst gehabt vor dem Mond. Man hatte ihn oft zurückhalten müssen, wenn der in den Tagen vor der unheilvollen Mondphase versucht hatte, in einem Anflug von unkontrollierbarer Panik aus dem Fenster zu springen oder sich selbst Schmerzen zuzufügen, gegen die die Verwandlung in einen Werwolf eine Erleichterung wäre.
Der metallene Federkiel stach tief in seinen Unterarm. Professor Binns redete und redete. Der junge Werwolf versuchte, nicht auf den Schmerz zu achten, ihn gar nicht wahrzunehmen. Er hob die Feder erst wieder, als sie sich die Hausaufgaben notieren sollten, und übertünchte das daran zurückgebliebene Blut mit schwarzer Tinte, ehe er zu schreiben begann.
Er übte zu lächeln, als sie zusammen zum Essen gingen. Sirius und James waren in ausgelassener Stimmung. Peter sah ein wenig müde und geknickt aus, was an seiner Pleite in Verwandlungen an diesem Morgen liegen mochte, doch an ihn wollte sich Remus nicht halten. Er bemühte sich, über James´ Witze zu lachen und Sirius nebenher ein wenig herumzuschubsen. Nichts anmerken lassen....
Der Tag zog sich endlos dahin. Ganz Hogwarts lag in dicken Schnee gehüllt, der die Zeit erdrückte. Obwohl es erst später Nachmittag war, strich er einen weiteren Tag in seiner Liste der Tage durch, die ihn noch vom Vollmond trennten. Sirius saß einen Tisch weiter am Fenster und hatte all seine Aufzeichnungen vor sich ausgebreitet. Er schien sehr konzentriert zu schreiben. Hin und wieder blies er seine langen, dunklen Haare von seinem Pergament oder legte sie sich über die Schulter, wo sie aber nie lange blieben. Remus bemerkte nicht, wie er Sirius beobachtete. Er bemerkte nicht, dass er ihm dabei zusah, wie er versuchte, seine Haare zu bändigen, wie er mit der Feder beim Nachdenken über sein Kinn strich oder, wenn ihm etwas eingefallen war, kurz mit der Zunge über ihre Spitze fuhr. Und er bemerkte nicht, wie sehr ihn das alles berührte.
Mit verträumten Augen folgte er Sirius´ Lippen, die stumm die geschriebenen Worte formten. Fast glaubte er, förmlich in sich einsaugen zu können, was Sirius dachte und schrieb. Sein Blick glitt über diese glatten, schönen Hände, die ihm noch nie so aufgefallen waren, wanderte an den langen, dunklen Strähnen nach oben zu seinem Gesicht. Diese Lippen; so konzentriert biss er leicht darauf, wenn er nachdachte, so liebevoll umspielten sie die Worte, die er stumm in den Raum hauchte, der bei seinem Anblick den Atem anhielt. Seine zarten Gesichtszüge, männlich und doch nicht grob, und so leicht und unbekümmert spielte er damit, so selbstverständlich. Und dann seine Augen. Diese Augen waren es, die den jungen Werwolf tief in seinem Innersten trafen, die ihm mit diesem wundersamen undeutbaren Blick Gänsehaut über den Körper jagten und sein Herz ergriffen, um es wohl für ewig ein paar Sekunden lang warm und fest umschlossen zu halten. Sirius.
Er hatte aufgesehen und lächelte Remus an. Es sah wunderschön aus, wie er so lächelte und Remus fühlte sich von seinen dunklen Augen berührt und umgarnt. Es kitzelte sachte auf seiner Haut, als wären sie sich ganz nahe. Der Junge genoss es, ohne wahrzunehmen, was er empfand, und doch regte sich plötzlich noch etwas anderes in ihm.
Dieser Blick. Fragend? Freundschaftlich? Interessiert? Gelangweilt?...Liebevoll?.....Sanft? Zärtlich??.....Wissend?....Ver- .....nein. Verdammt selbstsicher und....nur total von sich überzeugt. Eben Sirius.
Remus wand den Blick von ihm ab und sah auf das Buch, das vor ihm lag. Noch immer spürte er den Blick seines Freundes auf sich ruhen. Es schnürte ihm die Kehle zu...
Es tat so weh. Warum bedachte er ihn mit einem Blick aus diesen wunderschönen Augen? Wollte er ihn verspotten? Ihm wehtun, ihn zerreißen? Remus hasste es so sehr, wie Sirius mit seinem Äußeren umging; er hasste es, wie er damit so unschuldig spielte, als sei es selbstverständlich, so wunderbar auszusehen. Wie sehr wünschte sich Remus, daran teilhaben zu können. An dieser Schönheit, ....an Sirius.
Obwohl er nun sehr gute Freunde hatte, die so viel für ihn taten, fühlte er sich noch immer seltsam abgesondert und ausgeschlossen. Es war ein Gefühl, als würden sie ihm etwas vorenthalten, dessen er nicht würdig war - und sicher auch niemals sein würde...
Wie gerne hätte er einen Freund gehabt, dessen größtes Geheimnis nur er kannte, mit dem er seines teilen konnte. Doch vielleicht waren die Geheimnisse eines Werwolfes einfach zu schwer zu tragen für einen Menschen...er würde sie teilen müssen...wie James, Sirius und Peter es taten. Nie würde er für einen allein etwas Besonderes sein. Für Sirius nicht und auch nicht für James. Die beiden verstanden sich blind und er würde niemals wirklich zu ihnen gehören. Er war nur ihr Abenteuer. Sie suchten den Nervenkitzel, die Gefahr, die von einem Werwolf ausging. Doch er wollte nicht mehr ihr Spielzeug sein. Er musste sich von ihnen lösen, er musste einfach.
Kurz wand er sich mit einem unsicheren Blick Sirius zu, der wieder in seinen Aufsatz vertieft mit den Lippen an seiner grauen Feder zupfte.
Remus zitterte kurz. Es war kalt. Langsam und leise stand er auf, um nach oben in den Schlafsaal zu gehen. Er raffte eilig seine Sachen zusammen und verließ den Gemeinschaftsraum, ohne sich noch einmal nach Sirius umzusehen.
Er war ihm egal. Er musste es sein.
Im Schlafsaal war es noch kälter als unten. Remus fröstelte und spürte, wie sich die Härchen auf seinen Armen schlagartig aufstellten. Er fühlte sich unwohl - und verfolgt. Was, wenn Sirius nach oben kommen würde? Sollte er noch mit ihm sprechen oder ich einfach wie Luft behandeln? Tausend Fragen schossen dem Jungen durch den Kopf. Es war nicht möglich, ihnen allen aus dem Weg zu gehen. Er teilte einen Schlafsaal, eine Klasse, einen Tisch im Unterricht und sein Geheimnis mit ihnen, mit seinen Freunden, den endlosen Fragen, den Problemen,...den Wünschen. Er teilte sein Leben mit ihnen. Und das nun seit Jahren. Sie waren da und würden nicht wieder gehen, solange er hier eingesperrt war.
Er öffnete das Fenster. Der kalte Wind schlug ihm entgegen und wirbelte einige Schneeflocken herein und in sein helles Haar. Die Kälte schnitt ihm angenehm ins Gesicht.
Er trat vor, um seine Hände an die Außenmauer zu legen. Sie war so eisig kalt, dass es schmerzte, doch Remus hielt dem Drängen seines Körpers stand, sie zurückzuziehen. Bald würde es aufhören. Wenn er nur lang genug aushalten würde...
Seine Nerven kribbelten, er zitterte am ganzen Körper. Bald...
Als die Gleichgültigkeit ihn beruhigt hatte, nahm er die Hände zurück. Er spürte sie kaum. Das Fenster lehnte er nur an, mehr konnte er nicht tun. Taub ging er zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen.
Er drehte sich auf den Rücken und starrte nach oben in den Himmel des Vorhanges und fuhr mit dem Blick die feinen Linien im Gewebe des Stoffes nach, während das Gefühl heiß brennend in seine Handflächen zurückkehrte. Wie sehr er sich hasste. Wie er sich für alles hasste, was er tat. Es war doch nicht richtig, was er dachte...er mochte doch seine Freunde...und sie ihn...wie konnten sie nur?
Seine Hand fiel schlaff von der Bettkante auf den Stapel Bücher, den er mit hochgebracht hatte. Noch immer die Linien des Stoffes verfolgend und ihnen in stummer Hoffnung auf Rat tiefe Bedeutungen beimessend tastete er an den Büchern und Pergamentblättern entlang.
Schließlich fand er sie. Seine Schreibfeder. Er bekam die kühle Spitze zwischen zwei Büchern zu fassen. Vorsichtig lockerte er sie aus ihrer Verkeilung heraus, ohne eine offensichtliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken, ohne hinzusehen.
Als er sie schließlich in der Hand hielt, wurde er plötzlich nervös. Es war seltsam. Fast wie Vorfreude, doch viel stiller. Geheimnisvoller. Niemand würde es wissen. Mit Bedacht drehte er die Feder geschickt mit den Fingern in der einen Hand und legte die metallene Spitze nach innen an seine Handfläche.
Tief atmend betrachtete er die Nähte, mit denen die Vorhanghälften außen abgenäht waren und wie sie sich weiter oben zu einer einzigen vereinten. Bedeutungsschwer... Wie um den Wunsch zu vernichten, drückte er fester zu. Es tat nicht weh, es war nur...
Tränen schossen ihm in die Augen. Es tat nicht weh. Es war nur so schrecklich allein. Wen er es noch woanders spüren würde, wäre es nichts. Ganz bestimmt. Alleinsein tat weh. Wenn es nur überall wehtun würde...
Was, wenn er es einfach täte? Dann würde jeder sehen, dass er Schmerzen hatte. Jeder würde darüber reden. Doch keiner würde wissen, warum es so war...keiner würde wissen, warum es soweit gekommen war. Er wünschte sich, es tun und dann auf sie alle hinabsehen zu können. Dann würde er wissen, ob er wichtig gewesen war und ob sie ihn geliebt hatten...ob sie um ihn trauerten.
Ja, warum nicht? Noch fester...noch nicht genug... Sein Atem ging immer schneller. Er konnte den Schmerz nicht mehr ignorieren, so sehr er auch kämpfte. Er musste loslassen. Jetzt.
Er hatte es nicht getan. Seine Hand gehorchte ihm nicht mehr. Er presste die Augen zusammen. Er würde nicht hinsehen. Langsam gelang es ihm, den Druck zu lockern. Seine Hand schmerzte erbärmlich, als er die Finger streckte und sie drehte, damit die Feder sich lösen konnte.
Das leise Geräusch, mit dem die Feder auf eines der Bücher fiel, ließ ihn zusammenzucken. Er war so unglaublich schwach und zittrig. Er musste schlafen. Unbedingt. Sofort. Das war schon in Ordnung....oder....
Lange Schatten zogen sich durch eine endlose, blaue Nacht. Der Mond war fast voll und er stand am Fenster wie im Begriff, in die Dunkelheit und den kühlen Wind hinauszufliegen.
Hinter sich spürte er diese seltsame vertraute Wärme. Er sah sich um. Sirius. Er stand da hinter ihm und schaute ebenfalls aus dem Fenster. Er sah an Remus vorbei, als ob er nicht existierte, seine langen, schwarzen Haare wehten im Nachtwind. Sirius. Sirius....
******* Sooo, hier mach ich erstma ne Pause....würd doch einfach erst gerne was dazu hören *g*
*winkz*
kleine Hexe
