Eine kleine Geschichte in drei Teilen. Die Handlung schließt an die Folge ‚The End' aus Staffel fünf an. Mir fehlt irgendwie immer noch der persönliche Tiefgang und da ich weiß, dass Kripke uns den nicht geben wird, hatte ich ihn mir eben selber geschrieben. – gins – Zumal diese Folge, die zu meinen klaren Favoriten der Season bisher gehört, eine Menge Raum für unsere Schreiberlingsfantasie gelassen hat.
Viel Spaß …. LG Leila
~*~
Disclaimer: Alle Rechte an jeglichen Personen, oder der Serie Supernatural im allgemeinen, gehören Mr. Kripke, ich borge sie mir gelegentlich mal aus, aber versuche sie immer wieder unbeschadet zurück zu geben.
~*~
Sams POV
...
Die raue Decke lose über der Schulter, den Schlaf vergeblich von sich stoßend, grübelte der Jüngere über die vergangenen Stunden.
Er war wieder zu Hause - bei Dean.
Und warum fühlte es sich dann nicht so an?
Himmel, wie viele Worte hatten sie jetzt miteinander gewechselt, seit sie sich wieder zusammen getan hatten?
Definitiv zu wenige.
Sein Herz stolperte gefährlich in der Brust, als er an Deans Anruf dachte, nachdem er sich selber schon als Vollwaise hatte stehen sehen. Ob der mitbekommen hatte, in was für einer Verfassung Sam in diesem Moment gewesen war? So verdammt nahe am Zusammenbruch.
Die Gedanken, die sich in seinen Kopf geschlichen hatten, dort beharrlich an ihm nagten, Stück für Stück seiner selbst auffraßen.
Feige.
Und eine Sünde.
Aber was zählte das schon in Zeiten des Weltunterganges.
Es waren nur etwas über fünf Stunden gewesen, in denen Sam glaubte, seinen Bruder nie wieder zu sehen; 320 Minuten, die denen nach dessen gewaltsamen Ende durch die Höllenhunde beinahe gleichkamen.
Nur dass der andere noch lebte, kein Geruch nach Tod und Blut in der Luft lag, gemischt mit Bildern aus einem Schlachthaus.
Und doch hatte Sam sich übergeben müssen, war mitten in der Nacht mit dem gestohlenen Wagen nur mit Ach und Krach am Straßenrand zum Stehen gekommen, hatte im Dreck gekauert wie ein räudiger Hund und sein Innerstes rausgewürgt; all der Last auf seinen Schultern nicht mehr fähig stand zu halten. Schock und Entsetzen, Einsamkeit, gemischt mit alles verzehrender Wut hatten Tränen fließen und Fäuste hilflos den steinigen Boden bearbeiten lassen.
Hatte er das Recht, sich selbst zu bemitleiden?
Nein.
Aber selbst der Weg zu Bobby war versperrt gewesen.
Er war alleine. Nur, hatte er nicht genau das gewollt?
Die Fassade war zusammengebrochen. Was blieb noch, wenn man alles verspielt hatte und nicht einmal der Tod ein Ausweg war?
„Ich bin nicht in der Verfassung zum Jagen … vielleicht ist es besser, wir gehen getrennte Wege."
War es zu Beginn der Glaube an Freiheit und Selbstfindung, so war es am Ende das Wissen, sich selber belogen zu haben. Sam hatte sich leer gefühlt ohne den anderen.
Der erste Gedanke, nach dem niederknüppelnden Schock, Luzifers Wirt zu sein, war Dean anzurufen, der zweite war die Flucht zu ihm - spitze, soviel zum Thema sich lösen wollen.
Woher hatte Sam nur die Arroganz genommen, zu glauben, sein Bruder würde ihm einfach so erlauben, wieder mit von der Partie zu sein? Ganz einfach, weil der alte Dean das getan hätte. Aber die Vergangenheit war lange vorbei, nur noch Rauch über den Aschebergen der Trümmer auf ihrem Weg.
Blinzelnd stierte Sam jetzt in der Dunkelheit auf den Rücken im anderen Bett.
Aber Dean hatte es sich anders überlegt.
Das Klingeln des Handys in seiner Jacke hatte ihn beinahe zu Tode erschrocken - hätte bestens zu seinen Gedanken gepasst - die Nummer auf dem Display ungläubig dasselbe anstarren lassen.
Als der Anruf kam, hatte er auf einer Bank am Ufer eines Sees mitten im Nirgendwo gesessen und hinaus in die Nacht gestarrt, denn zu schlafen traute er sich nicht mehr.
Was war das, ein übler Scherz?
Das Klingeln ging weiter – und er hatte nicht abgehoben.
Drei Mal.
Bis ein kleiner Briefumschlag immer wieder eifrig aufblinkte, sich in den Vordergrund drängte und seine Nachricht loswerden wollte. Die SMS zu löschen wäre einfach gewesen, man konnte den Dingern eh nicht trauen. Nur, das Fünkchen Hoffung war stärker, zusammen mit den geschriebenen Worten von Dean der Ruck, den es brauchte, um den kleinen Schnellwahlknopf zu drücken, um den sein Finger minutenlang unbewusst gekreist hatte, ehe plötzlich, nur Bruchteile später, die vertraute Stimme in den Hörer sprach.
Dean musste das Telefon in der Hand gehabt haben.
„Sammy?"
Der hatte beim Klang seines Namens gedacht, ersticken zu müssen, seine Kehle war wie zugeschnürt, der Kloß darin übermächtig.
„Sam?"
Stille, nur ein tiefes Luftholen.
Deans eilige Worte danach verschwammen und nur langsam keimte Verständnis auf.
Eine zweite Chance.
Es hatte eine volle halbe Stunde gebraucht, mit dem Zittern aufzuhören, eine weitere halbe, um aufzustehen und nicht sofort mit wackeligen Knien wieder im Dreck zu landen.
Mit jeder Minute danach wuchs die Anspannung, mit jeder gefahrenen Meile stieg die Nervosität, ehe der Impala in sein Sichtfeld kam und mit ihm alles, was Sam im Leben noch geblieben war.
„Wir sind alles, was wir noch haben ..."
Und das war es, was zählte. Sein großer Bruder hatte nicht einmal ansatzweise eine Ahnung, was Sam das bedeutete. Solange Dean an seiner Seite war, konnte er irgendwie widerstehen, alles war besser, als alleine, sogar das erdrückende Schweigen danach.
Jetzt brauchte er nicht auf die Atmung seines Gegenübers zu lauschen, um zu wissen, dass Dean nicht schlief.
Soviel stand zwischen ihnen.
Sam öffnete den Mund, setzte an, etwas zu sagen und schloss ihn doch wieder.
Seufzend ergab er sich der Müdigkeit und ließ sich hinab gleiten ins Vergessen, vertraute für den Moment auf Dean. Zumindest jetzt fühlte er sich etwas sicherer, mit seinem stillen Bruder als Bollwerk zwischen Gut und Böse, so wie es fast immer gewesen war, auch wenn es momentan nur Träume waren, die ihn jagten.
