Disclaimer: Mir gehört rein gar nichts aus Tolkiens Welt und die einzigen Charaktere in diesem FanFic, die es tun, sind meine eigenen…blah, blah, blah…

A/N: Sooo… Nun, das ist bisher zwar nicht mein erstes FF, aber das erste HdR-FF. Ich bin mir nicht einmal sicher, warum, wo der Gedanke doch schon so lange in meinem Kopf rumspukt!^^

Naja, um zur eigentlichen Sache zu kommen:

Es tut mir unendlich leid, doch ich konnte – wie offensichtlich so viele – einfach nicht widerstehen… Jetzt haben wir den Salat und ihr müsst (hoffentlich ^^) noch eine Mädchen-fällt-in-fremde-Welt-und-verliebt-sich-0815-Story-die-WIRKLICH-gar-keine-so-0815-Story-ist-Story ertragen ;-)

Hoffentlich gefällt's euch dennoch und ihr habt Spaß am Lesen!

Konstruktive Kritik ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht, Flames kann ich euch zwar nicht verbieten, aber die werden geflissentlich ignoriert, um unnötigen Ärger auf beiden Seiten zu vermeiden o.O

Überblick:

Lilia ist schon lange kein ganz gewöhnliches Mädchen mehr, als der Tod sie mit sich nimmt und ihr eine zweite Chance in einer Welt schenkt, die so ganz und gar anders ist als die ihre.

Doch auch Lia scheint sich verändert zu haben, denn sobald der einsilbige Waldläufer Aragorn sie unter seine Fittiche nimmt, scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein sollte…

Um Entwarnung zu geben: Nein, Lia verliebt sich nicht in Aragorn, sondern wie ich versprochen habe in Legolas, auch wenn das ein bisschen dauern kann, weil ich nicht vorhabe, das hier in 10 Kapiteln zu beenden. Aragorn wird eher sowas wie ein großer Bruder/bester Freund für sie.

Was auch noch anzumerken wäre, ist, dass Lias Welt eigentlich ganz genau wie die unsere ist, mit dem kleinen – aber verheerenden Unterschied – , dass dort kein HdR existiert :'-(

Ergo, sie weiß rein gar nichts darüber und für sie ist es einfach nur eine sehr andere Welt.

Sie versteht Westron, weil ich ganz einfach zu faul bin, ihr die Sprache extra beizubringen, also tun wir doch ganz einfach so, als wären Deutsch und Westron das Gleiche ^^;

Und zum Abschluss – weil ich ja weiß, wie gespannt ihr alle schon seid ;-) – möchte ich nur noch sagen, dass ich mich zum größten Teil an die Filme halten werde, weil ich (1) die Bücher lange schon nicht mehr gelesen habe und (2) mich auf gar keinen Fall mit dem Talent vom Großmeister Tolkien messen möchte (Uwahhhhh!).


Prolog

Die einzige Vorwarnung, die sie bekam, war der schrille, panische Schrei der Frau auf der anderen Straßenseite.

Dem Mädchen blieb nicht einmal mehr Zeit, die Angst in ihr hochkriechen zu spüren, bevor sie ein unnatürliches, gedämpftes Knacken vernahm und weiß glühender Schmerz in ihrer Seite explodierte.

Ein Gefühl der Schwerelosigkeit erfasste sie, gefolgt von Übelkeit und einem berstenden Aufprall, der ihr die Luft aus den Lungen presste und ihre Eingeweide zerquetschte.

Schwärze breitete sich vor ihren Augen aus und sie hörte die Geräusche von quietschenden Reifen und kreischenden Stimmen, die immer weiter in die Gefilde ihres Unterbewusstseins abdrifteten.

Ihre Welt war nun Schmerz. Sengender, alles verzehrender Schmerz.

Sie spürte, sie würde sterben.

Und sie empfing den Tod mit offenen Armen.

Nur dieser Schmerz, er sollte endlich, endlich verschwinden.


Erwachen

Lia spürte, wie der Tod über sie hinweg glitt, wie er sie aus ihrer Welt trug, hinein in eine ihr unbekannte andere.

Doch der Schmerz, der doch hätte verschwinden sollen, blieb. Er blieb und zehrte an ihr und ihrem Verstand.

Und dann geschah etwas Unerwartetes.

Der Tod ließ ab von ihr und schob sie hinein in ein neues Leben, fernab ihres alten.

Doch der Schmerz blieb noch immer.

Lange nachdem sie die Festigkeit ihres Körpers wieder spüren konnte, fühlte, wie die flüssige Wärme ihres Blutes ihre Wangen hinab rann, hörte Lia die Stimmen.

Und dann wurde alles schwarz.


Der Mann unter der Kapuze war unbemerkt an die kleine Gruppe herangetreten.

Groß war er und Schatten schienen seinen Körper zu umweben.

Er war gekleidet in die Kluft der Waldläufer, in den Farben der Bäume und der Erde.

Streicher war der geläufigste seiner Namen, doch nur die Wenigsten kannten ihn als Aragorn, Arathorns Sohn und Isildurs Erbe.

Er war den Schmerzensschreien eines Mädchens gefolgt, als er die Grenze zum Dunland passiert hatte. Sie hatten ihn hierher geführt, an einen verlassenen Außenposten der alten Zeit, den augenscheinlich vier Orks übernommen hatten.

Aragorn runzelte die Stirn.

Er begegnete den scheußlichen Wesen wahrlich oft dieser Tage.

Er überlegte nicht lange. Hinter einem Strauch versteckt, zog er leise sein Schwert.

Sie sahen ihn nicht einmal kommen. Fünf Streiche mit seiner Klinge genügten und alle drei fielen sie zu Boden, noch bevor ihr schwarzes Blut in die Erde sickerte. Die Kinder Mordors hatten nicht einmal Zeit genug gehabt, um zu schreien.
Vorsichtig sah Aragorn sich um, gewappnet für weitere Orks. Doch sie kamen nicht.

Er war allein.
Zumindest nahm er das an, bis er das leise Stöhnen hörte, das hinter den zugewachsenen Ruinen des verfallenen Grenzpostens hervordrang.
Langsam und mit noch immer gezogenem Schwert betrat er ihn und widerstand dem Drang, sich die Hand vor die Nase zu halten.
Der widerliche Gestank von Verwesung und Eiter stand in der Luft.
Aragorn brauchte nicht lange, um den Ursprung der wehklagenden Stimme zu finden, die er vernommen hatte.
Es war ein Mädchen, keine siebzehn Sommer alt und winzig in ihrer Gestalt, ohne Zweifel nicht größer als fünf Fuß und zwei Zoll.
Sie saß zusammengekauert und zitternd in einer Ecke, nackt bis auf die Haut.
Wäre er nicht in seinem Schock erstarrt, hätte er den Blick abgewandt, wie es sich geziemte.
Doch so konnte er nicht. Mit gezogenem Schwert und geweiteten Augen starrte er auf das Bild, das sich ihm erbot.
Das Mädchen besaß schneeweißes, glattes Haar unter einer gräulich-braunen Schicht aus Dreck und Blut.

Die Farbe ihrer Haut, oder das, was zwischen den blauen Flecken, Blutergüssen und offenen Wunden zu erkennen war, war wie Honig.

Ihr Gesicht wäre schön gewesen, mit vollen Lippen, großen Augen und einer kleinen Nase, wenn nicht von Schlägen entstellt.
Die Iris der Kleinen waren so eisblau, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte, ihre langen Wimpern voll und dunkel und ihre Brauen geschwungen, eine von ihnen aufgeplatzt und geschwollen, wie fast ihr gesamter Körper.

Auch sie starrte ihn an, doch er war sich nicht sicher, ob sie ihn auch sah. Ein Schleier schien vor ihrem inneren Auge, dunkel und mächtig.

Was auch immer dieses Mädchen durchlebt hatte, es schien sie heimzusuchen und mit festem Griff zu umklammern.

Ein weiteres Mal stöhnte sie auf und Aragorn erwachte aus seiner Starre. Mit vorsichtigen Bewegungen, um ihr keine Angst zu machen, schob er sein Schwert in die Scheide zurück und trat auf sie zu. Sie zuckte zusammen und der Schleier vor ihren Augen verschwand. Keine Angst konnte er in ihnen lesen, nur Acht und Gleichgültigkeit.

„Ich werde Euch nichts tun", raunte er und hob die Hände um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

Der Blick des Mädchens verdüsterte sich.

„Wieso sollte ich dir das glauben?!", zischte sie zu seiner Überraschung.

Aragorn runzelte die Stirn. Das Mädchen sprach einen seltsamen, ihm völlig unbekannten Dialekt.

Noch nie zuvor hatte eine Frau so mit ihm gesprochen. Doch er war auch noch nie zuvor einer jungen Maid begegnet, die in einem solchen Zustand gewesen war.

Er ignorierte geflissentlich ihr Benehmen, verbeugte sich leicht vor der jungen Dame, nahm einen grauen Umhang aus seinem Rucksack und reichte ihn ihr.

Es schien das Richtige, denn nachdem das Mädchen ihn einige Sekunden lang argwöhnisch angestarrt hatte, nahm sie den Umhang mit zitternden Händen an und breitete ihn, ohne den Mann dabei aus den Augen zu lassen, über sich aus. Sie zuckte bei jeder einzelnen Bewegung zusammen.

Langsam kniete sich Aragorn neben sie und ignorierte dabei ihre misstrauischen Blicke. Ob sie nicht vor ihm zurückwich, weil sie nicht wollte, oder nicht konnte, vermochte der Waldläufer nicht zu sagen.

„Ich kann Euch von hier fort und in Sicherheit bringen, wenn das Euer Wunsch ist", sagte er ruhig und sah sie fest an.

Die Mundwinkel des Mädchens zuckten.

„Warum sollte das nicht ‚mein Wunsch' sein?", wollte sie wissen und Spott durchzog ihre leise, feine Stimme.

Dieses Mädchen hatte einen seltsamen Humor, ganz besonders in ihrer Lage, fand Aragorn, doch er sagte nichts.

Sie kam ganz offensichtlich von weit her, wer wusste schon, was für Sitten ihr Volk hatte. Es war nicht an ihm, über andere zu urteilen.

„Könnt Ihr aufstehen?", fragte er.

Sie schüttelte den Kopf, doch als er Anstalten machte, sie hochzunehmen, hielt sie ihn an seinem Arm fest.

„Wenn du mich bewegst, dann werde ich das Bewusstsein verlieren", flüsterte sie ernst und sah ihn kühl an.

Aragorn zog eine Braue hoch und nickte zögerlich.

„Wo seid Ihr verletzt?"

Der Blick des Mädchens schweifte ab, als erinnerte sie sich an etwas.

Als sie das Wort wieder an ihn richtete, zitterte ihre Stimme.

„Ich bin nicht sicher. Ich wurde von einem… Pferd überrannt", flüsterte sie und irgendetwas sagte Aragorn, dass das nicht völlig der Wahrheit entsprach.

„Ich glaub, mein Oberschenkel und ein paar meiner Rippen sind gebrochen", hauchte sie leise. „Eine Gehirnerschütterung denk ich auch. Vielleicht innere Blutungen…"

Aragorn zog beide Brauen hoch. Er war sich schon vorher darüber im Klaren gewesen, dass dies kein gewöhnliches Mädchen sein konnte, doch scheinbar hatte sie auch bemerkenswerte medizinische Kenntnisse. Vielleicht war sie von Adel, ihre Gesichtszüge würden eine solche Vermutung zulassen.

Oder sie war eine Spionin des Feindes.

Den letzten Gedanken verwarf Aragorn augenblicklich wieder. Es sagte ihm etwas, dass dieses Kind auf keinen Fall eine Spionin war.

Er vertraute auf seinen Instinkt, er hatte ihm immer gute Dienste geleistet.

„Nun, hier werdet Ihr auf keinen Fall heilen", erwiderte er nachdrücklich und sah die Kleine abwartend an.

Das Mädchen musterte ihn eine Weile abschätzend, bevor sie schließlich antwortete.

„Du kannst mich tragen, wohin du willst, aber behalt deine Schläge für dich."

Erst in diesem Moment dämmerte Aragorn, dass dieses Mädchen von Orks gefangen gehalten worden war und das für eine ihm unbekannte Zeitspanne. Wer wusste, was sie ihr alles angetan hatten.

Stumm hob er die zerbrechliche Gestalt mit größter Vorsicht in seine Arme.

Sie verlor augenblicklich das Bewusstsein, ganz wie sie es versprochen hatte.

Er war froh darüber, denn so bemerkte sie nicht, dass seine Arme vor Zorn zitterten.


Lia erwachte und das Erste, was sie wahrnahm, als sie die Augen aufschlug, war das gleißende Licht, das ihren Blick blendete. Das Zweite war die Tatsache, dass der Schmerz verschwunden war.

Ganz und gar.

Sie roch Rosmarin und Tannennadeln, Lavendel und frisches Heu.

Wo immer sie auch war, es war ein besserer Ort als der, an dem sie die letzten Wochen gefangen gehalten worden war.

Langsam klärte sich ihre Sicht und die hellen Lichter vor ihren Augen nahmen Formen an.

Lia starrte an eine gewölbte Decke. Sie hatte die Farbe von Elfenbein und war geschmückt mit den schönsten Verzierungen, die sie je zu Gesicht bekommen hatte.

Sie lag in einem großen, fein gearbeiteten Bett, in einem Zimmer, das von Licht durchflutet wurde. Große Rundbogenfenster waren an den Wänden zu ihren beiden Seiten angebracht und der gesamte Raum schien von innen heraus zu leuchten.

Lia setzte sich vorsichtig auf. Von ihren Schmerzen war nichts mehr übrig, außer einem leichten Druck in ihrem Oberschenkel.

Verwirrt betrachtete sie ihre Hände, ihre Arme und den Rest ihres Körpers. Nichts. Keine Verletzungen.

Wäre das Grauen nicht so lebendig und erschreckend in ihren Erinnerungen gewesen, dann hätte sie gedacht, es wäre alles nur ein Traum gewesen. Doch das Grauen war da gewesen. Der Schrecken nicht vergangen. Sie erzitterte.

Hartnäckig drängte sie die Erinnerungen zurück, bis sie wieder klar denken konnte und sah sich abermals um.

Sie war allein im Zimmer. Jemand hatte ihr ein weißes, leichtes Seidenkleid mit weiten Ärmeln angezogen, dass unter ihrer Brust gebunden war, wie jene Kleider, die Lia aus Filmen über das Mittelalter und Fantasy kannte.

Es wunderte sie wenig, wo sie ja gesehen hatte, an was für einem Ort sie gelandet war, mit seinen scheußlichen Kreaturen, die sie ge-

Lia stieß den Gedanken abermals beiseite, verärgert über sich selbst.

Sie weigerte sich, darüber nachzudenken, was geschehen war.

Um sich abzulenken und weil sie ohnehin herausfinden musste, wo sie war, stieg sie aus dem Bett und machte ein paar vorsichtige Schritte. Ihr war ein wenig schwindelig, doch es ging ihr gut. Der Boden unter ihren Füßen war kühl und einen Moment lang blieb Lia stehen.

Seufzend strich sie sich durch das rückenlange Haar.

Jemand hatte es gewaschen, sodass es jetzt bei jeder Bewegung silbrig glänzte.

Sie würde sich nie an dieses Weiß gewöhnen können. Sie machte sich jedoch auch nicht die Mühe, zu hinterfragen, warum ihre Haare nicht mehr braun waren. Sie vermutete, dass der Tod seine Spuren hinterließ, auf die eine oder andere Weise. Ihre Haare waren nun weiß, so oder so, also fand sie sich am besten damit ab.

Lia ließ die Hand wieder sinken und öffnete zögerlich die weiße Tür, die aus dem Raum führte.

Sofort schrak sie zusammen, als vor ihr ein großer Mann aus dem Nichts erschien und ihr die Sicht versperrte.

Er war gekleidet in elegante, fließende Roben in pastellenen Farben, seine Gesichtszüge waren fein und wunderschön und seine Ohren liefen spitz zu. Lange schwarze Haare flossen seinen Rücken hinab und eine Aura der Wärme, aber auch Unantastbarkeit umgab ihn.

Er schien nicht älter als dreißig, doch Lia spürte sein wahres Alter in ihren Knochen vibrieren. Dieser Mann war uralt.

Erschrocken wich sie ein paar Schritte zurück, bis sie auf den Boden fiel und rückwärts kroch, ohne den Fremden aus den Augen zu verlieren.

Er legte ruhig die Hände aneinander und sah sie aus festen Augen an.

„Ich bin Elrond, Herr von Bruchtal, dem Ort, an dem Ihr Euch im Moment befindet. Ich habe Euch gepflegt und geheilt. Ihr habt lange geschlafen, MiLady. Drei Wochen ist es nun bereits her, dass Aragorn Euch zu mir brachte."

Die Stimme des Fremden war sanft und weich wie Seide, doch Lia bewegte sich keinen Millimeter. Er war kein Mensch, das war offensichtlich, wer wusste also schon, was er im Schilde führte.

Der Fremde, der sich Elrond nannte, kam einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, doch er blieb sofort stehen, als sie zurückwich und ihn argwöhnisch anfunkelte.

„Soll ich Aragorn rufen lassen?", fragte er feinfühlig.

Aragorn? War das der Mann, der sie aus den Fängen der Ungetüme befreit hatte? Sie vermutete es, da der spitzohrige Fremde behauptet hatte, dieser Aragorn hätte sie hergebracht.

Zögerlich nickte sie und als sie es tat, lächelte Elrond sie freundlich an, als wäre er ganz und gar damit zufrieden, eine Antwort aus ihr herausbekommen zu haben.

Er machte kehrt und eine kurze Zeit lang saß Lia allein und verwirrt zusammengekauert auf dem kalten Boden des Zimmers.

Es dauerte kaum eine Minute, da erschien jener Mann in der Tür, an den sie sich nur schleierhaft erinnern konnte. Er war riesenhaft groß, ragte beinahe zwei Meter in die Höhe.

Sein Gesicht war von einer Kapuze verborgen gewesen, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Nun jedoch trug er edlere Kleidung, eine lederne Hose mit Waffengürtel an dem ein langes Schwert hing und darüber ein weinrotes Hemd unter einem schwarzen, mit silbernen Blumen bestickten samtenen Wams.
Lia sah zögerlich auf in das Gesicht ihres, wie sie annahm, Retters. Er hatte knapp schulterlanges, welliges braunes Haar und sein Kiefer war licht bedeckt von einem ordentlich getrimmten Dreitagebart. Seine Augen waren grau wie Sturmwolken, seine Nase schmal und gerade und sein Kinn energisch, wie man es vielleicht von einem Krieger erwarten würde.

Er war attraktiv, wie auch Elrond hatte er die Erscheinung eines Dreißigjährigen und doch wusste Lia instinktiv, dass er älter war. Nicht annähernd so alt wie der Fremde mit den spitzen Ohren, doch etwas Erhabenes umgab diesen Aragorn nichtsdestoweniger.
„Hallo. Es freut mich zu sehen, dass es Euch besser geht. Wir machten uns bereits Sorgen", sagte Aragorn mit ruhiger, rauchiger Stimme und nichts in seinem Blick oder Ton ließ vermuten, dass er sich von Lias Anblick, wie sie so auf dem Boden kauerte, stören ließ. Seine Höflichkeit hatte keinen Makel, er verneigte sich sogar vor ihr.
Lia nickte zögerlich, unsicher, was sie tun sollte.
Sie fand sich nicht zurecht in dieser Welt, die nicht ihre eigene war. Und dennoch war sie auch nicht wirklich schockiert, wie es wahrscheinlich normal gewesen wäre. Eher war es, als durchsickerte sie eine betäubende Kühle, die ihre Gedanken gleichzeitig klärte und benebelte.
„Was kann ich für Euch tun?", fragte da Aragorn und riss sie damit aus ihren Gedanken.
Ihr Kopf schnellte sofort nach oben, als sie registrierte, dass er, ohne dass sie es bemerkt hatte, bis auf einen Meter an sie herangetreten war.
Sie widerstand dem Drang, noch weiter in den Raum zurückzuweichen und sah starr nach oben in die Augen des einen Menschen, den sie in dieser Welt kannte.
„Ich weiß es nicht", sagte sie wahrheitsgemäß und ihre Stimme kam ihr vor, wie aus einem Traum. Es war nicht mehr ganz die ihre, nun leise und flüsternd wie die des Windes.
Einen Moment lang sah Aragorn verwirrt aus von ihrer Antwort, doch es dauerte nicht einmal eine Sekunde, da hatte er seine Gesichtszüge auch schon wieder unter Kontrolle.
Aufmerksam verfolgte sie jede seiner Bewegungen, die, wie sie schnell bemerkte, langsam und vorsichtig waren, als wollte er sie nicht aufschrecken.
„Ihr könntet hier bleiben, wenn das Euer Wunsch ist. Die Elben würden Euch willkommen heißen", sagte er und Lia runzelte automatisch die Stirn.
Elben?, dachte sie verunsichert.
„Ist das meine einzige Wahl? Hierzubleiben?", wollte sie wissen und Aragorn zog überrascht die Brauen hoch.
„Nein, natürlich nicht", antwortete er.
„Ihr könnt gehen, wohin Ihr wollt."
Verärgert runzelte sie die Stirn.

Wohin sollte sie bitte gehen?
„Ich habe nichts in dieser Welt, wohin ich gehen könnte", erwiderte sie kühl und sah zur Seite.

Sie dachte an den fremdartigen Elrond mit seinen seltsamen Ohren. Sie glaubte nicht, dass er bösartig war wie jene Monster, die sie gefangen gehalten hatten, doch er war auch offensichtlich kein Mensch. Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, in einer fremden Welt unter einer fremden Art zu bleiben.
„Hierbleiben möchte ich nicht", sagte sie mit ihrer neuen, unvertrauten Stimme und sie bildete sich ein, Aragorns Brauen zucken zu sehen.
„Ich könnte Euch mit mir nehmen", erklärte er zögerlich und beobachtete sie aufmerksam.
Lias Augen weiteten sich leicht und sie sah wieder zu ihm auf. Sie war sich nicht sicher, ob aus Angst oder Überraschung.
„Wieso solltest du das machen?"

Sie hörte den Argwohn deutlich aus ihrer Stimme heraus.
Aragorn verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich rettete Euch. Natürlich entziehe ich mich der Verantwortung nicht, die ich akzeptiert habe, als ich das tat." Seine Stimme war fest und er schien ein wenig verärgert, als hätte sie ihn beleidigt.
Lia nickte zaghaft, zu verstrickt in ihre eigenen Gedanken, um seinem Ärger weitere Beachtung zu schenken.

Sie war sich nicht sicher, wie sie formulieren sollte, was sie sagen wollte.
„Wohin gehst du?", fragte sie also lediglich.
„Wohin auch immer mein Weg mich führt", antwortete er.
Lia sah ihn lange an. Er war seltsam, dieser Mann, wie alles hier.

Sie wusste nichts über diese Welt. Gar nichts.
Sie konnte noch nicht einmal ihrer alten Heimat nachtrauern, denn sie wusste, dass sie dort nun nicht mehr existierte.

Energisch schob sie die Gedanken an zuhause beiseite. Sie weigerte sich, sich selbst leid zu tun.

Diesen Aragorn zumindest fürchtete sie nicht über alle Maßen…

Und da fällte sie eine Entscheidung.

Sie würde schon noch sehen, ob es die Richtige war.
„Ich gehe mit dir… Euch."


„Lilia", raunte Aragorn mahnend und sofort wich sie wieder hinter ihn. Er hatte ihr schon oft gesagt, sie solle sich verdeckt halten, wenn sie tagsüber durch die Gassen des Dorfes gingen, in dem sie die letzten zwei Wochen verbracht hatten.
Lia war in einen langen braunen Kapuzenumhang gehüllt, der ihr Gesicht und ihr ungewöhnliches Haar komplett verbarg.

Aragorn sah es nicht gern, wenn jedermann erkennen konnte, dass sie ein Mädchen war und dazu noch ein gänzlich ungewöhnliches.

Auch sonst trug sie nur Männerkleidung, obwohl die Frauen in dieser mittelalterlichen Welt alle in Kleidern herumliefen.

Lias Anziehsachen dagegen waren derer ihres Begleiters recht ähnlich. Dicke kratzende Wollhosen, die in ledernen Schnürstiefeln steckten, ein dunkelgrünes Leinenhemd unter einem langen Wildlederwams und einem zerschlissenen, ledernen Mantel.

Doch trug sie, statt einem Schwert wie Aragorn, an ihrem Gürtel nur einen Dolch und sie besaß weder Arm- noch Beinschützer.
Gerade standen die Beiden an einem kleinen Stand am Abendmarkt und Aragorn verhandelte im dämmrigen Zwielicht mit dem Besitzer über den Preis von einem großen Stück Pökelfleisch.

Er hatte zwar Lilia nichts davon gesagt, doch sie konnte eins und eins zusammenzählen und vermutete, dass er bald weiterreisen wollte.
Stumm blieb sie hinter ihm stehen und wartete geduldig darauf, dass er fertig wurde.
Lia redete nicht oft in letzter Zeit. Seit sie Bruchtal verlassen hatten, vier Wochen war das jetzt her, hatte sie nie mehr als nötig gesagt. Aragorn schien das nicht zu stören, denn er selbst war auch kein großer Redner, doch sie bemerkte, wie er manchmal stirnrunzelnd zu ihr rüber sah, als wollte er etwas sagen.

Doch er tat es nie und Lia war das nur recht.
In dem einen Monat, den Lia Aragorn nun kannte, hatte sie aufgehört, sich vor ihm zu fürchten.

Er achtete sorgsam darauf, sie möglichst nicht zu anzufassen, denn seit ihrer Gefangenschaft zuckte sie bei beinahe jeder fremden Berührung zusammen und er erhob auch nie die Stimme.

Eine Aura der Ruhe umgab den Mann und insgeheim wusste sie, dass sie sicher war bei ihm.
Aragorn erzielte einen guten Preis für das Fleisch (wie Lia glaubte, denn sie hatte keine Ahnung von dem Währungssystem in „Mittelerde", wie er diese Welt nannte) und sofort machten sie sich wieder auf den Weg ins Gasthaus, in dem sie untergekommen waren.
Wie immer hielt sich Lia hinter dem Waldläufer, doch als sie heute den dämmrigen Pub der Raststätte betraten, geschah etwas Unerwartetes.

Ein Luftzug wehte ihr jäh die Kapuze vom Kopf und im selben Moment trat Aragorn einen Schritt zur Seite.

Sofort wurde es totenstill in dem Raum und alle Gesichter wandten sich zu ihr um.

Lias Herz begann zu rasen, ihre Finger zu zittern und sie zog erschrocken die Luft ein.

Es dauerte nicht einmal eine Sekunde, da wirbelte Aragorn auch schon zu ihr herum.

Er verbarg sie vor den Blicken der Gäste und zog ihr im selben Augenblick sofort wieder die Mütze über den Kopf.

Diesmal zuckte sie nicht zusammen.

Sein Blick funkelte und er legte angespannt eine Hand auf den Knauf seines Schwertes.

Als er sich wieder umdrehte, waren noch immer alle Augen auf Lia gerichtet und mehr als einer der Gäste beugte sich zur Seite, um einen Blick auf das seltsame Mädchen zu erhaschen.

Lia wich näher an den Waldläufer heran und senkte den Kopf.

Er wird mich alleine lassen!, dachte sie panisch und biss sich auf die Lippe. Ich bin eine zu große Last, er wird mich alleine lassen!

Doch als einer der Gäste aufstand und auf Aragorn zuging – es war ein riesiger, glatzköpfiger Kerl – blieb ihr Weggefährte wo er war.

„Tritt beiseite, Waldläufer!", verlangte der Fremde von ihm und Lia schnappte empört nach Luft, ihre Angst für einen Moment vergessen. Sie war noch nicht lange in Mittelerde, doch lange genug, um zu verstehen, dass es wirklich sehr, sehr unhöflich war, jemanden zu duzen, den man nicht kannte.

Aragorn zuckte nicht einmal mit der Wimper und rührte sich nicht vom Fleck.

„Wenn Euch etwas belastet, so sprecht mit mir", sagte er fest und höflich, doch den Knauf seines Schwertes hielt er weiterhin umschlossen.

Der große Mann vor ihm verschränkte die Arme vor der Brust und runzelte die Stirn, als dächte er darüber nach, ob es sich lohnte, einen Streit mit dem Schwertkämpfer zu provozieren.

„Das Mädchen. Es hat seltsames Haar. Lass es vortreten, damit es sagen kann, was es hier will und woher es kommt!", sagte er schließlich und Lia zuckte zusammen.

Erneut begann sie zu zittern.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Aragorn unauffällig seinen Stand weitete, bereit für einen Kampf.

„Was wir hier wollen und woher wir kommen sind unsere Angelegenheiten. Doch seid versichert, dass wir schon morgen nicht mehr hier sein werden, also fühlt Euch bitte nicht länger von uns gestört", erwiderte Aragorn noch immer so höflich wie zuvor, doch diesmal lag eine Kälte in seiner Stimme, von der Lia hoffte, dass sie sie nie hören würde, wenn er mit ihr sprach.

Der Fremde trat einen Schritt vor, drohend diesmal.

In diesem Moment packte ihn der Wirt jäh am Arm und seine Augen funkelten.

„Ich brauch' hier keinen Ärger, Tom. Lasst Streicher und das Mädchen ziehen", sagte der alte Mann und als der Glatzkopf sich dennoch nicht rührte, fuhr er fort, „Mein Laden, meine Regeln."

Mit einem verärgerten Grunzen machte sich der Große von ihm los und setzte sich nach kurzem Zögern und einem erneuten giftigen Blick auf Aragorn, widerwillig zurück auf seinen Platz.

Aragorn nickte dem Wirt kurz zu und ging dann, dicht gefolgt von Lia, durch den Raum auf die Treppe zu, die zu ihren Zimmern führte.

Lia spürte die Blicke der Männer auf ihrem Rücken.

Als sie oben angekommen waren, lotste Aragorn sie zu ihrer Verwunderung in sein Zimmer und sie ließ es geschehen. Der Waldläufer war zu ehrenhaft, um etwas zu versuchen.

Er schloss die Tür hinter sich und drehte sich zu ihr um.

„Das war sehr knapp. Es ist sicherer, wenn Ihr heute Nacht hier schlaft. Wir reisen noch vor Sonnenaufgang ab."

Lia nickte stirnrunzelnd. Ein Gedanke ließ sie nicht los, seit der Mann mit der Glatze so heftig reagiert hatte, als er sie gesehen hatte.

„Aragorn", sagte sie leise, gerade als er sich seinem Rucksack zuwendete.

Überrascht sah er sie an. Es war das erste Mal, dass sie ihn von sich aus angesprochen hatte.

„Ja Lilia?"

Es war seltsam, bei ihrem vollen Namen genannt zu werden, daheim hatte das keiner getan.

„Warum hast du- ich meine haben Sie- habt Ihr mich nie gefragt, woher ich komme und… warum ich so… aussehe?", fragte sie und sah unruhig zur Seite.

„Wir sollten uns duzen. Es fällt zu sehr auf, wenn du dich ständig verbesserst, wenn du mit mir sprichst", sagte er und Lia zog eine Braue hoch, nickte jedoch zustimmend.

War das seine Antwort?

Er seufzte, legte seinen Umhang ab und setzte sich auf sein Bett.

Lia verlagerte unwohl ihr Gewicht, abwartend, ob sie noch eine Antwort bekommen würde.

Sie wurde nicht enttäuscht.

„Ich frage dich nicht, weil es mich nichts angeht… und weil auch du mich nicht fragtest."

Lia blinzelte verwirrt.

Das war alles?

„Du bist nicht neugierig?", fragte sie skeptisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Warum ich so seltsam spreche, warum ich so seltsam aussehe, warum ich Dinge nicht weiß, die hier alltäglich sind?"

Sie wusste nicht, warum sie ihn provozierte, ihr ebendiese Fragen zu stellen. Vielleicht wollte sie es ihm erzählen. Vielleicht wollte sie keinen Begleiter, der sie nur duldete aus einem Pflichtgefühl heraus, sondern einen einzigen Freund hier, einen mit dem sie reden konnte, der sie wenigstens ein bisschen kannte.

„Es geht mich nichts an", wiederholte Aragorn und musterte sie mit gehobenen Brauen.

„Das war mehr, als du in den letzten vier Wochen zusammen gesagt hast", fügte er hinzu und zündete sich seine Pfeife an.

Der süßliche Geruch des verbrennenden Krauts erfüllte sofort den Raum. Er schien zu dem Waldläufer zu gehören wie das Schwert an seiner Seite. Scheinbar war das Thema für ihn beendet.

Von sich selbst überrascht, schnaubte Lia entnervt, nahm sich ohne zu fragen eine Bettrolle von Aragorns Gepäck und legte sie auf dem Boden aus, ohne die leicht perplexen Blicke des Mannes weiter zu beachten.

„Ich könnte ein Feind sein…!", murmelte sie verärgert und legte sich ihre Decke zurecht.

„Das könntest du in der Tat sein, was der Grund dafür ist, dass Herr Elrond dich mit mir hat gehen lassen."

Lia blickte kurz auf, um den amüsierten Ausdruck in seinen Augen zu sehen, während er seelenruhig an seiner Pfeife zog.

Ihre Augen wurden schmal.

Ohne ein weiteres Wort legte sie sich hin, zog sich die Decke bis zum Kinn und wandte Aragorn den Rücken zu.

Sie meinte, ihn noch Schmunzeln zu hören, bevor es für einige Minuten ganz still wurde.

Und plötzlich, als sie schon dachte, er hätte sich ebenfalls schlafen gelegt, fragte er:

Warum bist du so eigenartig, Lilia?"


Aragorn starrte das Mädchen noch lange nachdem sie geendet hatte an.

Sie sagte, sie käme aus einer anderen Welt.

Einer Welt völlig anders als die seine, ohne Magie und ohne Könige.

Einer Welt ohne Bäume und mit Häusern so hoch wie der Himmel.

Sie sagte, sie wäre gestorben.

Sie wäre durch den Tod gegangen und hier, in Mittelerde, wieder aufgewacht.

Was sie sagte verwirrte ihn, erschütterte ihn.

Doch was ihn wirklich verwirrte, war, dass er ihr jedes Wort glaubte.

Er glaubte ihr. Voll und ganz. Doch das ließ dennoch die Frage offen, wie das, was sie da erzählte, der Wahrheit entsprechen konnte.

Aragorn wusste ohne überlegen zu müssen, was zu tun war.

Es gab nur einen Mann, den er um Rat fragen konnte, ohne das Mädchen zu gefährden. Denn gefährden wollte er Lilia nicht. Sie hatte wahrlich genug Gefahr gesehen für ihr zartes Alter.

Die Antwort war also klar. Er würde sie zu Mithrandir bringen. Gandalf würde gewiss Rat wissen.

Und bis dahin wollte er dafür sorgen, dass keine Seele Lilias Geheimnis erfuhr.


Uiiiiiiii! Haha, ich freu mich so o.O

Ich hoffe, euch hat das erste Kapitel gefallen! Das nächste wird viiiiiiiel aufschlussreicher^^ und wenn ihr euch fragen solltet, warum Lia nicht trauert über ihre alte Welt... dann müsst ihr einfach noch etwas Geduld haben - hehee

Wenn ihr mehr lesen wollt... Reviews! HA-HA!

LG, Al \(^^)/