A/N: Anfänglich stellt sich immer die Frage, wieso eine neue Story beginnen? Aber dieses Mal war es eigentlich keine Absicht, dieses Mal passierte es einfach, obwohl das letzte Kapitel von „Try to impress" noch fehlt. Ich weiß, Asche auf mein Haupt! Aber auf der anderen Seite bin ich momentan nicht zuhause, bin beruflich unterwegs (quasi ohne Internet, um Sachen nachlesen zu können) und diese Geschichte ist in meinem „Scrapbook" bereits seit einigen Wochen beinahe fertig, also musste ich sie quasi zu Papier bringen.
Inspiration: „On my own" aus „Les Miserables" von - vielleicht habe ich das Lied in der neuen Interpretation einfach zu gut gefunden, zu passend für dieses Szenario.
Angemerkt sei, dass mir leider die Charaktere von „Castle" nicht gehören, ich spiele lediglich mit ihnen. Wären sie die meinen, hätten wir viel mehr Bett-Szenen, mehr Drama und noch einmal viel mehr Caskett Momente.
Spoiler: letzte Folge der 2. Staffel, letzte Szene.
#+#+#+#
On my own
#+#+#+#+
Kapitel 1
+#+#+#+
And now I'm all alone again
Nowhere to go, no one to turn to
Without a home without a friend
Without a face to say hello to
And now the night is near
I can make believe he's here
Es war Sommer, ein angenehmer Sommer bisher. Mitte Juli. Doch seit Tagen tobten heftige Sommergewitter über die Ostküste, die ergiebige Regengüsse mit sich brachten. Und seitdem es schüttete, war es kühler geworden, wesentlich kühler.
Wochen waren vergangen, seitdem Richard mit Gina im Arm das Revier verlassen hatte. Wochen. Wochen der Einsamkeit. Wochen der Sehnsucht. Wochen des nicht Wissens, wie es weitergehen sollte, könnte. Wochen, in denen die Unsicherheit sie überkommen hatte, ob er jemals wieder zurückkommen würde. Wochen, in denen sie sich mehrmals gefragt hatte, ob es nicht einfach ihre Schuld gewesen war, dass es die blonde Frau war, die mit ihm das Revier verlassen hatte. Zu oft hatte sie sein Angebot ausgeschlagen, zu oft ihn wissen lassen, dass sie jetzt mit Demming beisammen sei, auch wenn diese Beziehung keinerlei emotionale Bedeutung mit sich brachte. Zumindest nicht von ihrer Seite. Demming umgarnte sie, das gefiel ihr, und Richards Eifersucht war deutlich sichtbar, was diesen ganzen Prozess noch interessanter erscheinen ließ.
Doch nun war der Moment gekommen, an dem Kate sich vorgenommen hatte, mit Richard zu sprechen. Trotz des heftigen Regens hatte sie sich ihre enganliegenden, auf der Seite geschnürten Lederhosen angezogen, ein Top und darüber die Lederjacke, hatte das Motorrad, die Harley Davidson Softtail, aus der Garage geholt und saß nun auf ihr, immer noch in Gedanken versunken, ob sie den Weg in die Hamptons wirklich hinter sich bringen sollten.
Der Regen peitschte gegen den Helm, gegen ihr Gesicht, sodass sie teilweise kaum etwas sah. Doch fuhr sie weiter, weiter und weiter. Sie musste mit ihm sprechen. Musste ihm sagen, wie sie zu ihm stand. Musste ihn wissen lassen, dass sie vorgehabt hatte, mit ihm in die Hamptons zu fahren, um zu ihren Gefühlen zu stehen.
Mittels ihrer polizeilichen Möglichkeiten, hatte Kate herausgefunden, wo sein Haus war. Auf Google Maps hatte sie sich die Luftbildaufnahmen des Gebäudes und des Grundstückes angesehen, feststellen müssen, wie monumental es war. Er hatte nicht nur ein Millionen-Dollar-Loft, nein, auch eine Millionen-Villa in den Hamptons, einem der begehrtesten Teile der Ostküste.
Er besaß so viel, das sie sich niemals leisten konnte. Gut, sie hatte von ihrer Mutter Geld geerbt. Für sie war der verhältnismäßig geringe Gehalt, den man als Polizistin, besonders in den ersten Jahren, bekam, niemals ein Thema gewesen. Ihre drei Garnituren Uniform hatte sie gehegt wie ihren Augapfel. Schließlich als Detective hatte sie großen Wert darauf gelegt, passend gekleidet zu kommen – Kostüme, Anzüge, die passenden Schuhe, für sie immer in einer gewissen Höhe. Ihre Blusen ließ sie professionell reinigen, weil sie selbst nicht dazukam. Ihre Leidenschaften – die hohen Schuhe und die Lederjacken – hatte sie ausgelebt. Inzwischen füllten die Jacken eine ganze Schrankhälfte.
Obwohl sie schon mehr als zwei Stunden unterwegs war, der Regen durchgehend niedergegangen war, hatte sie bisher keine Pause eingelegt. Kate fragte sich auch nicht, wieso sie nicht mit dem Auto gefahren war. Sie fragte sich nicht, wieso sie sich das bei diesem Wetter antat. Sie fragte sich gar nichts. Nichts.
Irgendwann kam sie an seinem Haus an, stelle die Harley etwas abseits ab und ging um das Haus herum, da sie nicht anläuten wollte. Zuvor wollte sie sich die aktuelle Lage ansehen, auf Nummer Sicher gehen, dass es Castles Haus war – zumindest sagte sie sich das.
Und als sie schließlich am Glasverbau des Wintergartens ankam, sah sie das, was sie stets erhofft hatte, nicht zu sehen. Rick saß vor dem offenen Kamin, umgeben von Grünpflanzen, Gina an seine Schulter gelehnt. Er hatte einen Arm um ihre Schulter gelegt und las ihr etwas vor.
Wieso? Wieso musste dies immer ihr passieren, fragte sich Kate. Wieso hatte sie so lange gewartet? Wieso hatte sie vor diesem einen Tag immer abgelehnt, mit ihm den Memorial Day zu verbringen? Wieso? Sie hätte vielleicht all das haben können, vielleicht etwas mehr, vielleicht etwas weniger.
Ohne auch nur einmal anzuklopfen, lief sie zurück zu ihrer Maschine, saß auf. Nun strömte nicht nur Regen über ihre bereits komplett durchnässte Kleidung, nein, nun strömten auch Tränen ihr Gesicht hinab und vermischten sich mit den Ergüssen des Himmels auf ihrer kalten, geröteten Haut.
In der nächsten kleinen Ortschaft entdeckte sie ein Geschäft, das Alkohol verkaufte. Ohne nachzudenken, ging sie hinein, nahm nicht einmal den Helm ab, und kaufte drei Flaschen der Marke, die ihr schon manch einen Abend nach dem Tod ihrer Mutter erleichtert hatten – Lagavulin. Scotch.
Während ihr Vater sich dem Alkohol hingegeben hatte, hatte sie nur am Glas genippt. Hatte festgestellt, dass ihr dieses dunkle Getränk schmeckte. Manchmal brannte es im Rachen. Manchmal war es zu warm oder zu kalt für ihren Geschmack. Manchmal hatte sie die falsche Marke erwischt und feststellen müssen, dass es lediglich Lagavulin war, der ihr schmeckte.
Mit den drei Flaschen in ihrer Packtasche fuhr sie weiter, bis Kate an der Küstenstraße in einer Kurve eine Art Parkmöglichkeit entdeckte. Es war wahrscheinlich ein Aussichtspunkt für Besucher, Touristen. Die dunkelhaarige Frau stellte ihr Motorrad ab, drehte den Verschluss der ersten Flasche auf und blickte in die Ferne.
Unter ihr waren Klippen, ein kleiner Pfad, der an den Strand hinunter führte. Blitze donnerten auf den Strand hernieder, erleuchteten von Zeit zu Zeit das Meer, dann wieder den Strand, in der Nähe gebaute Häuser. Doch das einzige Bild, welches sich Kate bot, war das von Rick und Gina, wie sie vor dem Kamin saßen und so … - wie wirkten sie? Kate fand keinen Begriff dafür. Daher nahm sie einen weiteren Schluck, hängte den Helm über den Lenker.
+#+#+ Währenddessen in New York +#+#+#
„Hast du noch eine Idee, wo sie sein könnte?", frage Javier Lanie, die gerade durch Kates Wohnzimmer streifte. Irgendwie sah es anders aus als sonst. Irgendwie, weniger perfekt. Kate war normalerweise nicht oft zuhause, deswegen lag selten etwas irgendwo herum. Doch dieses Mal entdeckte sie eine einfach hingeworfene Decke auf der Couch, leere Gläser in der Abwasch, eine Handtasche, offen und ausgeleert, am Esstisch.
Bisher hatten Kevin und Esposito sich nicht getraut, Kates Schlafzimmer zu betreten, daher machte es die Pathologin. Das Bett war ungemacht. Kleidungsstücke lagen herum. Das war nicht die Wohnung, die sie kannte. Alles war anders. Kate war anders gewesen in den letzten Wochen.
Zwei Tage war Kate nicht in der Arbeit erschienen. Die Jungs versuchten es vor Montgomery zu kaschieren, der natürlich ebenfalls mitbekommen hatte, dass irgendwas nicht stimmte, aber nichts sagte. Zu viel hatte er mit Kate bereits erlebt, zu oft hatte sie alles gegeben und hatte beinahe auf sich selbst vergessen, ihre Bedürfnisse.
Seit Wochen tarnten die drei Freunde Kates Verhalten. Sie kam später, blieb wesentlich länger, bis man sie nachhause schickte. Sie schien selten komplett bei der Sache zu sein.
Alles hatte mit dem Feiertag, mit Memorial-Day, begonnen, alles an dem Tag, nachdem Rick und Gina New York verlassen hatten. Gemeinsam waren sie im Aufenthaltsraum gestanden, gemeinsam hatten sie gesehen, wie Kate kurz davor gewesen war, ihm zu sagen, dass sie mitkommen würde, dass alles mit Demming ein Ende gefunden hatte. Und dann hatten sie alle gesehen, wie ihr Herz brach, wie es in tausende kleine Scherben zersprang, als Gina um die Ecke kam, um Rick abzuholen. Sie hatten Kate einfach stehen lassen, keinen Blick mehr zurück geworfen. Man würde sich im Herbst wieder sehen. Doch klangen die Worte nicht wie eine Versicherung, eher wie eine Frage, ein großes Eventuell. Ein Fragezeichen.
Lanie stand an ihrem Bett, setzte sich hin und begann zu rekapitulieren, was passiert war. Kate hatte am Feiertag ihr Team nachhause geschickt, ihnen versichert, dass sie keinerlei Hilfe benötigen würde. Es würden keine großen Fälle am Memorial-Day ans Licht kommen. Doch hatte sie sich mehr als nur geirrt, das wusste Lanie heute. Sie erinnerte sich an die Fotos, die sie gesehen hatte. Bereits kurz vor 12 Uhr Mittag wurde Kate zu einem Tatort gerufen – man hatte Kinderleichen entdeckt. Drei frisch ermordete Kinderleichen. Jungen. Mit goldenen Locken.
Alleine war Kate auf all den Fotos zu sehen, mit einem Gerichtsmediziner, den Lanie nicht wirklich kannte, der jung und unerfahren war – aber das Los des Feiertags gezogen hatte. Es waren Fotos geschossenen worden, an denen Kate mit ihren Fingern über die feinen, jungen Gesichter strich. Auf denen sie ihre Haare berührt hatte und Lanie hatte entdecken können, dass es Tränen waren, die ihr in den Augen standen. Oftmals war der Ermittler nicht auf den Bildern zu sehen, dieses Mal, egal wer sie gemacht hatte, war Kate beinahe auf jedem.
Javier, Kevin und Lanie hatten die Fotos gesehen und sich die Schuld am geänderten Verhalten gegeben, welches Kate nun an den Tag legte.
Als Lanie schließlich in der Küche in den Müll sah, nur sie hatte von den drei Anwesenden das Wissen, wo der Müll sich befand, entdeckte sie die leeren Flaschen – Scotch. Die Marke ihres Vaters – Lagavulin. Und mehr als eine. Dies bestätigte bereits indirekt Lanies Sorgen, ihre Ängste.
Sie wusste, wie es normalerweise funktionierte, wenn Kate und Castle in einen Mordfall involviert wären, besonders wenn es sich um Jugendliche- oder Kinderleichen handelte. Kate wäre stoisch, würde darauf warten, dass Rick irgendwann Alexis anrufe, nachfrage, ob alles in Ordnung wäre. Er würde ihr mitteilen, dass er sie liebe. Mit diesen wenigen Worten war Ricks Welt wieder heil, mittlerweile war allerdings auch die junge Polizistin auf diese Sätze angewiesen, die ihr Hoffnung gaben, dass es irgendwo dort draußen noch eine heile Welt gäbe.
In welche Probleme hatte sich Kate nun begeben? Wo war sie? Es gab vielleicht wirklich nur einen Ausweg – sie musste über früh oder spät doch Castle anrufen, obwohl sie Kate versprechen musste, egal was in diesem Sommer passiere, dies nicht zu tun. Er hatte sich für ein Leben ohne sie entschieden, auch wenn Kate dies natürlich niemals so klar formuliert hatte, und sie wünschte nicht, dass er auch nur ein Teil des ihren werden würde. Inständig hatte die Pathologin gehofft, dass er sich irgendwann melden würde, wenn nicht bei Kate dann bei einem der Jungs oder ihr, aber niemals hatte sein Name aufgeschienen, als eines der iPhones läutete. Niemals.
Vielleicht war es nun an der Zeit, das eine Versprechen zu brechen. Das erste und hoffentlich einzige Mal.
+#+#+
Ende Kapitel 1
+#+#+#
A/N: Ich habe das letzte Kapitel wirklich nicht vergessen. Kommendes Wochenende gibt es 100% das letzte Kapitel. I swear.
