Kapitel 1

„Mom, ich bin zu Hause!"
Mit einem Seufzer ließ Rory ihre Tasche von der Schulter gleiten, beförderte sie mit dem linken Fuß achtlos in eine Ecke, stieg über den Berg Schuhe hinweg, den ihre Mutter sorgfältig im Flur verteilt hatte und ließ sich dann erschöpft auf das Sofa fallen. Doch kaum hatte sie ihre Augen für einen kurzen Moment geschlossen, als ihre Mutter freudestrahlend die Treppe hinunter hüpfte.
„Hab ich da etwa die zarte Stimme meiner Lieblingstochter vernommen?"
Rory blickte sich demonstrativ um und zuckte dann achtlos mit den Schultern.
„Ich seh' hier nur mich...!" meinte sie schließlich, während ein breites Grinsen ihr Gesicht zierte.
„Lass dich von Mommy umarmen!"
mit diesen Worten schloss Lorelai ihre Tochter in die Arme.
„Du meintest wohl eher erdrücken, oder?" keuchte Rory, nachdem sie sich aus den Armen der älteren Gilmore befreit hatte.
Lorelai winkte ab.
„Erdrücken, umarmen...wo ist da schon der Unterschied? Sag mir lieber, wie deine Abschlussarbeiten gelaufen sind?"
Rory zuckte erneut mit den Schultern
„Eigentlich ganz gut..."
„Das heißt, dass du jetzt bereit bist, für einen Video-Abend in Gilmore Tradition, um den Beginn deiner Ferien zu feiern? Ich habe 15 Filme zur Auswahl und..."
Lorelai wurde durch den Gesichtsausdruck ihrer Tochter gestoppt.
„Du tust es schon wieder...?"
„Was?" unschuldig blickte Rory ihre Mutter an.
„Du kaust schon wieder auf deiner Lippe... du verheimlichst Mommy was und das ist nicht lieb!"
„Mom... heute Abend wollten Logan und ich eigentlich..."
„Ah, verstehe...gegen Prince Charming hab ich keine Chance!"
„Mom..." entschuldigend blickte Rory auf ihre Mutter. Sie hasste es, Lorelai enttäuschen zu müssen, doch sie hatte Logan schon vor einer Woche zugesagt und sie freute sich eigentlich auf den Abend. Durch die Abschlussarbeiten hatten die beiden kaum noch Zeit für einander gehabt.
„Schon okay, Schätzchen...aber für einen Kaffee bei Luke hast du doch wohl noch Zeit, oder?"
„Klar!"
Rory atmete erleichtert auf. Ihre Mutter war also nicht böse auf sie...
„Wer als letzter bei Luke ankommt, zahlt!" rief Lorelai plötzlich, sprang auf und spurtete Richtung Flur.
„Mom...wir bezahlen doch nie unseren Kaffee!"
Lorelai hielt in ihrer Bewegung inne und blickte über die Schulter zu ihrer Tochter hinweg.
„Da ist was Wahres dran..." gekonnt legte sie ihre Stirn in Falten, als ob sie angestrengt nachdenken müsste, was bei Rory erneut Heiterkeit hervorrief.
„Ich habs... wer als erster da ist, darf Kirk mit Papierkügelchen bewerfen!"
„Mom, du bist grausam... lass uns doch einfach gemeinsam hingehen!" lachte Rory und hakte sich bei Lorelai unter.
Diese zuckte nur mit den Schultern, nickte mit dem Kopf und ließ sich bereitwillig von Rory aus der Tür führen.
„Schön, dass du wieder daheim bist, Schatz!" meinte Lorelai plötzlich und lächelte ihre Tochter liebevoll an. In den vergangenen Wochen hatte sie nicht viel von ihr zu sehen bekommen, entweder arbeitete sie für die Uni, oder sie verbrachte ihre Zeit mit Logan. Als Rory ihr dann gesagt hatte, dass sie die gesamten Sommerferien bei ihr daheim in Stars Hollow verbringen würde, war Lorelai vor Freude durchs Zimmer gehüpft, hatte auf dem Weg zu Luke Taylor umarmt und Kirk einen Kuss auf die Wange gedrückt, welcher vor Schreck fast von seinem Stuhl gefallen wäre.
„Mom! Du hörst mir ja gar nicht zu!" jammerte Rory, die verzweifelt versuchte, Lorelais Aufmerksamkeit zu erringen.
„Was?" erst jetzt registrierte Lorelai, dass ihre Tochter wie wild mit beiden Armen vor ihrem Gesicht wedelte.
„Hast du was?" besorgt legte Rory ihre Stirn in falten und blickte ihre Mutter ernst an, doch diese lächelte nur und schüttelte den Kopf.
„Nein, Schatz, gar nichts!"
„Okay..."
„Was haben du und Logan denn für heute Abend geplant?"
„Nichts besonderes...essen, dann vielleicht noch einen Film, mal schauen!"
Gemeinsam betraten die beiden Luke's Diner. Zielstrebig ging Lorelai auf den Tresen zu und fing keine Sekunde später erbarmungslos zu schreien an.
„LUKE... wo steckst du? Wir brauchen Kaffee!"
Mit langsamen Schritten kam Luke aus der Küche und blickte Lorelai mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Ich bin nicht taub, Lorelai... und seit wann redest du von dir in der Mehrzahl?"
Lorelai schaute ihn entrüstet an und meinte dann
„Wieso? Ich bin doch nicht allein... wie kannst du es nur wagen, Melvin zu übersehen?" schwungvoll legte sie ihren rechten Arm so in die Luft, als wenn jemand neben ihr sitzen würde. Rory, die noch an der Tür stand und das ganze beobachtete, biss sich auf die Zunge, um nicht loszulachen. Ihre Mutter war wirklich einmalig, in ganz Connecticut... wahrscheinlich sogar auf der ganzen Welt.
„Lorelai...ich bitte dich, sei nicht albern, da ist niemand!"
Entrüstet drehte sich Lorelai zur Seite.
„Hast du das gehört Melvin? Er nennt dich niemand! Was sagst du? Ja, eindeutig, ich stimme dir zu, ich sollte wirklich nicht mehr mit ihm ausgehen, wenn er so gemein ist!"
Luke verdrehte leicht genervt die Augen, aber dann fiel sein Blick auf Rory, die das Lachen nun wirklich nicht mehr zurückhalten konnte.
„Rory?"
„Hi Luke!" winkte sie ihm zu und setzte sich dann neben ihre Mutter an den Tresen.
„Lorelai, warum hast du nicht gesagt, dass du Rory gemeint hast?"
„Wo wäre denn da der Spaß geblieben?"
Luke seufzte und machte sich daran den beiden Gilmores ihren Kaffee zu bringen.