Warum nur hatte ihn der Alte Herr zu sich bestellt? Noch dazu so früh am Morgen. Was gab es wichtiges, das keine Sekunde länger warten konnte? Auch wenn er wusste, dass es wohl sehr eilen musste, war der junge Mann mit den weißen Haaren doch einige Minuten zu spät, als er das Arbeitszimmer seines Herrn betrat.

Am liebsten hätte er es auf der Stelle wieder verlassen, als er sah, wer da bei seinem vergötterten Alten Herrn stand. Nur unter größter Mühe konnte er diesem Drang widerstehen. Ausgerechnet dieser Aristokrat und seine Herrin standen da und schauten ihn erwartungsvoll an. Nun ja, es war mehr die Herrin, die ihn so ansah, der Aristokrat gab sich mehr den Anschein, als müsse er an sich halten, um nicht das Gesicht zu verziehen. Dieser eingebildete Habsburger... Wenn er gekonnt hätte, dann hätte der junge Mann ihn bei jedem Aufeinandertreffen geschlagen, am Besten mitten ins arrogante Gesicht. Nur, dass das gerade nicht möglich war. Nicht im Arbeitszimmer seines so geschätzten Alten Herrn.

Er wurde von der Herrin und seinem Alten Herrn herangewinkt. Nur widerstrebend folgte er dem Befehl, denn ein Befehl war diese Geste für ihn, immerhin war ihm der Wille seines Herrn Gesetz. Dass er sich aber ausgerechnet neben den stellen sollte, der ihm so verhasst war, konnte er nicht verstehen. Und warum nur schienen sein Herr und die Herrin so glücklich zu sein? Beide lächelten und warfen sich die ganze Zeit sehr seltsame Blicke zu, die er, wenn er es nicht besser gewusst hätte, liebevoll genannt hätte. Aber das konnte nicht sein. Es gab doch keinen anderen Weg, sein Leben zu schützen und zu sichern, als gegen den Aristokraten und seine Herrin zu kämpfen, immerhin war er doch noch eine so junge Nation. Und Nationen konnten nur im Kampfe groß werden, das hatte man ihm so gelehrt.

Sein Alter Herr schien da jedoch anderer Meinung zu sein. „Preußen", hob er an. „Ich, nein, wir haben dir und auch Austria-san etwas wichtiges mitzuteilen."

Wichtig? Und dann nicht nur ihm, sondern auch dem dummen Aristokraten. Was auch immer es war, es gefiel ihm schon jetzt nicht sonderlich. Wenn er den anderen sehen sollte, dann nur auf dem Schlachtfeld, während er zu seinen Füßen im Staub um Gnade winselte. Aber wenn sein Alter Herr meinte, dass es wichtig war und das richtige, dann musste er recht haben. Er hatte doch immer recht. „...heiraten." Er hatte nicht richtig zugehört, doch das letzte Wort riss ihn mit einem Schlag zurück in die Wirklichkeit.

„Wer heiratet?", platzte es aus ihm heraus, während der braunhaarige junge Mann neben ihm bleich wurde.

„Na, ihr beide, das hat Fritz doch eben gesagt", antwortete ihm die Herrin fröhlich. Sie sah aus, als würde sie das für eine sehr gute Idee halten.

„Bitte was?", schrie er. „Niemals nicht, keine Chance, Ore-sama heiratet doch nicht diesen blöden Schwächling!" Wild gestikulierend zeigte er auf Austria. Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Das war schlimmer als alles, das er sich vorgestellt hatte. Nun, er hatte sich zwar nichts bestimmtes vorgestellt gehabt, aber das hier war sicher schlimmer, als alles, was er sich hätte vorstellen können. Wie kamen die beiden nur auf so einen Schwachsinn? Er musste zwar zugeben, dass der andere nicht schlecht aussah, aber... Nein, diesen Gedanken vertrieb er ganz schnell aus seinem Kopf. „Wieso zum Teufel sollte Ore-sama diesen dummen Aristokraten heiraten?" Ganz instinktiv hatte er Abstand von Austria genommen und war drauf und dran, seinen Alten Herrn anzuflehen, sich das noch einmal zu überlegen. Allein die Anwesenheit der beiden anderen hielt ihn noch davon ab.

„Weil ich das sage", meinte schließlich sein Alter Herr. „Und nun lasst uns bitte allein, wir haben noch einiges wegen der Heirat zu besprechen."

So plötzlich vor die Tür gesetzt wusste er gar nicht, was er sagen sollte und wehrte sich auch nicht, als Austria ihn bei der Hand nahm und nach draußen führte. „Glaubst du wirklich, dass das eine gute Idee war?", hörte er die Herrin, die nun bald wohl auch die seine sein würde, noch sagen. „Sie werden sich schon an einander gewöhnen, man muss ihnen nur Zeit lassen", antwortete sein Alter Herr darauf. Dann fiel die Tür auch schon hinter ihnen ins Schloss.

Erst jetzt wurde er sich bewusst, dass er noch immer von Austria an der Hand gehalten wurde. Angewidert machte er sich los. „Denk ja nicht, dass Ore-sama sich so leicht dazu bereit erklärt, dich zu heiraten. Ore-sama erkennt dich nicht einmal an. Nur, weil der Alte Herr Fritz befohlen hat, dich zu heiraten, muss ich dich noch lange nicht anders behandeln als sonst." Und mit diesen Worten machte er sich von dannen.

Angewidert betrachtete er sich im Spiegel. Er trug einen schwarzen Anzug, den Maria Theresia, seine neue Herrin, extra für ihn ausgesucht und sogar selbst gekauft hatte. Er hatte sich erst mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, ihn zu tragen, doch ein einziger strenger Blick seines Herrn hatte genügt, seinen Widerstand zu brechen. Wie so oft in den vergangenen Wochen. Sogar die gemeinsamen Abendessen, die ihm angeordnet worden waren, hatte er ohne klagen, jedoch auch ohne dabei eine Miene zu verziehen hinter sich gebracht. Er wollte diese Heirat noch immer nicht und wenn er nicht genau gewusst hätte, dass seinem Alten Herrn das nicht gefallen würde, dann hätte er versucht, Austria zu erschießen. Oder ihn zu vergiften. Oder sonst irgendwie zu verhindern, dass dieser heutige Tag kommen würde.

Doch es hatte alles keinen Zweck gehabt. Alles Klagen, alles Betteln und Flehen, alle Flüche hatten nichts geholfen. Nun konnte er sich nur noch in sein Schicksal fügen. Um das auch sicher zu stellen, stand sein Alter Herr hinter ihm und beobachtete ihn argwöhnisch, das wusste er. Ein Teil von ihm, der mit jedem Tag größer wurde, hatte sich auch schon ergeben, mehr als nur das. Dieser Teil war es auch gewesen, der immer dann, wenn er diesen blöden Aristokraten zusammen mit diesem Typen Ungarn gesehen hatte, dass Bedürfnis verspürt hatte, entweder zu weinen oder Ungarn fertig zu machen. Oder am besten gleich beides auf einmal. Wenn dieser Teil von ihm darüber nachdachte, und seinen Stolz dabei zum Schweigen brachte, dann kam er auch für gewöhnlich zu dem Schluss, dass das hier das Ziel aller Träume war. Leider ließ sich sein Stolz nur selten dann abschalten, wenn er handelte. Und seine Sturheit trug dazu bei, dass er es auch nicht wahrhaben wollte, dass es ihn schon lange einmal gereizt hätte zu sehen, was sich unter dem immer blütenweißen Hemd verbarg.

Mit einem widerwilligen Gesichtsausdruck, den er gerade mehr aus Prinzip denn aus Überzeugung aufgesetzt hatte, drehte er sich zu seinem Alten Herrn um. „Muss Ore-sama das wirklich auf sich nehmen?", fragte er in einem Tonfall, als würde er nach seiner Hinrichtung fragen. Statt einer Antwort sah in sein Herrn nur vorwurfsvoll an. „Wir gehen!", befahl er und legte eine Hand auf die Schulter der jungen Nation. Mit sanfter, aber bestimmter Gewalt wurde er in die kleine Kapelle geführt, die der Schauplatz der Zeremonie werden sollte. Als er über die Schwelle des Portals trat, nahm er noch einmal all seinen Mut zusammen und versuchte, sich umzudrehen und zu fliehen. Auch wenn es ihm widerstrebte, Flucht war in diesem Falle besser als zu Bleiben. Es war ohnehin ein größerer „Sieg" nicht zu heiraten.

Doch sein Alter Herr Fritz zeigte sich unerbittlich. Er schleifte ihn am Kragen zum Traualtar, immer darauf bedacht, den teuren Anzug, den seine liebe Maria Theresia ausgewählt hatte, nicht zu beschädigen. Am Altar angekommen stellte sich Fritz nun hinter die bedauernswerte Nation und legte seine beiden Hände auf deren Schultern, dieses mal mit festerem Griff, um ihr so jede Möglichkeit zur Flucht zu nehmen. Warum war er es überhaupt, der hier warten musste, dass der andere kommen würde? Mit ein klein wenig Genugtuung stellte er fest, dass man ihm wohl zumindest die Rolle des Bräutigams zuerkannt hatte. Trotzdem empfand er dies alles wie das Warten auf seine Hinrichtung.

Er ließ seinen Blick zwischen den Reihen in der Kirche hin und her zucken, wie ein gehetztes Tier auf der Suche nach einem Fluchtweg, einem kleinen Hoffnungsschimmer. Doch alles, was er sah, waren verschiedene Generäle und Adlige aus ihrer beider Häuser und dieses Mannsweib Ungarn, die mit breitem Grinsen und einem erwartungsvollem Funkeln in ihren Augen, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ, anstarrte. Was zum Himmel erwartete sie, wenn sie ihn so ansah? Hatte sie sich nicht immer so um den blöden Aristokraten bemüht? Und nun ließ sie das hier einfach geschehen? Nicht einmal auf seine Feinde konnte man sich noch verlassen.

Aber der Groll auf sie, auf diesen blöden Aristokraten, auf seinen Alten Herrn und überhaupt die ganze Welt lenkte ihn immerhin von seiner Situation ab. Erst, als seine Hände sehr zögerlich ergriffen wurden und sein Alter Herr Fritz ihm schmerzhaft die Schultern zusammendrückte, erwachte er und sah auf. Nun gab es wohl kein zurück mehr. Da konnte er sich noch so sträuben, eine Wahl hatte er nie gehabt und er sollte sich endlich fügen. Er war immerhin Meister darin, Niederlagen wie Siege aussehen zu lassen. Mit einem selbstsicheren Grinsen legte er seine Finger um jene, die ihn so zögerlich bei den Händen genommen hatten.

„Hast du Angst?", raunte er seinem Gegenüber mit einem bösen Kichern zu, so leise, dass niemand außer den beiden es hören konnte. Der Priester ließ sich davon nicht beeindrucken und fuhr in seinem eintönigen Redefluss fort, ohne eine Miene zu verziehen. „Das solltest du auch, von heute an wirst du nämlich meine Frau sein und tun, was Ore-sama dir sagt!" Er war sich nicht sicher, aber er nahm an, dass Austria bleicher geworden war, als er es ohnehin schon immer war. Wenn er ihn sich so besah, dann musste er zugeben, dass sein Zukünftiger gar nicht mal so schlecht aussah, in seinem weißen Frack mit den goldenen Knöpfen und den Verzierungen in preußisch Blau an Kragen und Ärmeln, in den schwarzen Stiefeln und den weißen Handschuhen.

Es schien ihm eine Ewigkeit, bis der Priester endlich zu einem Ende gekommen war und die ersehnte Frage stellte, ob sie beide denn auch wirklich heiraten wollten. Zu seinem Erstaunen antwortete Austria mit einem sehr entschlossenen, kurzen „Ja, ich will". Er jedoch wollte sich bis zum Schluss nicht ganz geschlagen geben. „Ja, ich muss", antwortete er darum auf die Frage. Ein schmerzhafter Druck auf seine Schultern war die Reaktion seines Herrn darauf.

Die Feier nach der Zeremonie schien kein Ende zu finden und wenn er sie auf einer Skala von eins bis zehn daraufhin hätte bewerten müssen, wie sehr sie ihm auf den Geist ging, so wäre es sicher ein Wert um die Sechzig gewesen. Das schlimmste daran war nicht, dass er andauernd die Glückwünsche von Menschen entgegennehmen musste, die er kaum oder gar nicht kannte, und sich dann auch noch artig dafür bedanken sollte. Das schlimmste war auch nicht, dass er von seinem Alten Herrn Fritz keine Sekunde aus den Augen gelassen wurde, auch wenn dieser sich mit der Zeit immer angeregter mit der jungen Kaiserin unterhielt. Und auch wenn es nur knapp daran vorbei ging, war nicht einmal Ungarns seltsamer Blick, mit dem sie sie schon die ganze Zeit anstarrte, dass schlimmste.

Nein, das schlimmste daran war, dass Austria die ganze Zeit über seine Hand fest hielt und es niemanden störte, im Gegenteil, die meisten es sogar für richtig zu halten schienen.

Nun, eine Sache gab es schon, die noch schlimmer war als das. Er begann sich langsam wirklich wohl damit zu fühlen, Austria an seiner Seite zu haben, ja, er ertappte sich sogar dabei, sich darüber zu freuen, dass er selbst durch den Stoff ihrer beider Handschuhe die Wärme fühlen konnte, die von dessen Körper ausging.

Dass Austria sich aber ganz klar auch nicht wohlffühlte, schloss er daraus, dass dieser noch stiller war, als ohnehin schon. Und das besserte seine Laune gleich schlagartig. Über den ganzen Abend wurde er mit der Zeit immer mehr zu seinem normalen Selbst, er begann sogar wieder damit, Austria zu necken, wo er nur konnte. Während Austria immer noch so ungewöhnlich still blieb und sich gar nicht mehr fassen zu können schien.

Als endlich das Ende der Feier gekommen war, wurden sie von Maria Theresia und seinem Alten Herrn Fritz zu einem großen Schlafzimmer geführt, von dem er sich sicher war, es noch nie zuvor in seinem Haus gesehen zu haben. Es war ihm sofort klar, dass sie nur begleitet wurden um sicher zu stellen, dass keiner von ihnen floh. Diesen Verdacht bekam er auch bestätigt, als er, nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, deutlich einen Schlüssel hörte, der im Schloss gedreht wurde.

Mit einem lauten Seufzer ließ er sich auf das große Ehebett fallen und starrte auf den blauen Baldachin über ihm. Noch immer verstand er nicht, was das alles sollte, aber es bereitete ihm zumindest Genugtuung, dass er nicht der einzige war, der darunter litt. Und wenn er so darüber nachdachte, dann hatte er dadurch ja auch viel mehr Gelegenheit, diesen blöden Aristokraten in den Wahnsinn zu treiben. Vielleicht war ja das der Plan seines Alten Herrn dahinter. Oder er wollte einfach diesen Typen Ungarn schwächen, indem er ihr den Wunschverbündeten weggeschnappt hatte. Ja, so musste es sein. Er konnte doch nicht im Ernst und ohne Hintergedanken hoffen, dass sie sich friedlich zu einer solchen Bindung zusammenschließen würden.

So ganz in Gedanken hatte er Austria schon beinahe vergessen, der sich allerdings auch nicht um seinen frisch Angetrauten geschert hatte und stattdessen schon in seine Nachtbekleidung – ein dünnes Nachthemd, das ihm bis zu den Knien ging und dabei aussah wie ein überlanges, aber ansonsten stinknormales Hemd- geschlüpft war. Nun aber schnalzte dieser Missbilligend mit der Zunge um die Aufmerksamkeit Preußens zu gewinnen. „Du könntest dir wenigstens die Schuhe ausziehen, wenn du dich schon angezogen aufs Bett werfen musst!", sagte er, mehr als genervt, die Hände dabei in die Hüften gestemmt. „Du zerknitterst noch den schönen Anzug! Sowas muss man pfleglich behandeln, damit er möglichst lange hält. Immerhin war er teuer! Mal abgesehen davon, dass das Bett nicht dir allein gehört!"

Der Angesprochene machte sich nicht einmal die Mühe, aufzustehen, sondern rollte sich genau in die Mitte des Betts und hob nur den Kopf. „Ach, wenn du so besorgt um den Anzug bist, dann komm doch, und zieh ihn Ore-sama aus!" Er rechnete nicht damit, dass Austria tatsächlich auf diese Herausforderung eingehen würde. Doch um wenigstens ein klein wenig guten Willen zu demonstrieren weil es langsam warm in seinen Stiefeln wurde, schüttelte er sie sich von den Füßen, woraufhin sie mit Gepolter auf dem Boden landeten. Er kümmerte sich recht wenig darum, wie sie jetzt wohl daliegen mussten, wenn sie runtergefallen waren, dann lagen sie bestimmt gut da.

Austria schien das nicht ganz so zu sehen, denn mit einem missbilligenden Schnalzen nahm er die Stiefel und stellte sie zur Seite und zwar sauber und ordentlich nebeneinander. Dann setzte er sich ans Bett und beugte sich über ihn. „Ich würde wirklich gerne schlafen", meinte er nachdrücklich, die Augenbrauen so zusammen gezogen, dass sich eine steile Falte dazwischen bildete. „Auf dem Boden liegt ein Teppich!", gab Preußen zurück und breitete die Arme aus, sodass der andere wirklich keinen Platz im Bett haben würde, wenn er ihn nicht berühren wollte. Und das war etwas, das er sich nicht vorstellen konnte. Mit einem selbstzufriedenen Grinsen schloss er die Augen.

Umso überraschender war es für ihn, dass Austria sich, während er „Ich hab dir gesagt, du sollst dich ausziehen, bevor du schläfst!" vor sich hin grummelte, daran machte, ihm das Jackett auszuziehen. Erschrocken sprang er auf. „Was zum Teufel soll das?", brüllte er. „Ore-sama kann sich auch sehr gut allein ausziehen!" Völlig unbeeindruckt von dem Gezeter streifte Austria ihm das Jackett ab und stand wieder auf, um es sauber über einen Bügel zu hängen.

„Soso, du kannst es also allein?", fragte der Habsburger mit hochgezogener Augenbraue. „Und wieso tust du es dann nicht?"

Fluchend machte der junge Mann mit den roten Augen sich daran, sein Hemd aufzuknöpfen und es auszuziehen. Mitten in seinem Tun hielt er dann jedoch plötzlich inne. Er hatte nachgedacht, wie er doch noch den Sieg von dem ganzen Tragen konnte. Auch wenn er eigentlich schon kapituliert hatte. Sein übliches Grinsen schlich sich auf seine Züge zurück. Sogar sein Gegenüber schien das etwas zu beeindrucken, denn die Strenge in seinem Gesicht wich einer bösen Vorahnung und er machte instinktiv einen Schritt zurück. Der junge Mann richtete sich auf, sodass er nun mitten auf dem Bett saß, schlug die Beine unter und sah seinen Gemahl herablassend an. „Wenn du willst, dass Ore-sama sich auszieht, dann komm her und mach es selbst!" Mit einer einladenden Geste winkte er ihn zu sich heran. Auf seinem Gesicht ließ sich deutlich erkennen, dass er einen Plan hatte und dass das schlimmste, das sein Gegenüber tun konnte, war, dieser Einladung Folge zu leisten.

Dieser schien das allerdings nicht erkannt zu haben oder es einfach aus Ärger oder dergleichen zu ignorieren, denn ohne zu zögern leistete er dieser Einladung folge und machte sich daran, auch noch die letzten verbleibenden Knöpfe zu öffnen. Doch je mehr er sich dem unteren Saum des Hemdes, und damit dem Moment, in dem er entweder die Hose öffnen oder das Hemd einfach aus dieser herausziehen musste, näherte, desto langsamer wurden seine Bewegungen. Ein klein wenig unwohl schien er sich doch zu fühlen und aus seinen roten Augen beobachtet er, dass die Hände seines Gegenübers zu zittern begonnen hatten.

„Was ist nun?", fragte er spöttisch. „Hast du nun etwa Angst?"

Mit zusammengebissenen Zähnen schüttelte Austria den Kopf, ohne aufzusehen. Eilig öffnete er die Hose des jungen Mannes und knöpfte auch noch die letzten beiden Knöpfe des Hemdes auf, bevor er ihm sowohl Hemd, als auch Hose mit einigen raschen Bewegungen auszog. Während sein Gatte die Sachen ordentlich und viel sorgsamer als nötig gewesen wäre auf den Bügel mit dem Jackett hängte, beobachtete er ihn aufmerksam. Die leichte Röte, die dessen Ohren angenommen hatten, fiel ihm mit einiger Genugtuung auf, auch wenn er sich nicht sicher war, ob es gut war, dass er nun nur noch in Unterwäsche auf dem Bett lag und auf seinen frisch Angetrauten wartete, dass sich dieser zu ihm legen würde... Entsetzt, dass er sich tatsächlich für eine Sekunde lang darüber gefreut hatte, schüttelte er den Kopf, um auch den letzten Gedanken dieser Art aus seinem Kopf zu vertreiben. Er hatte zwar vor, diese Ehe auszunutzen und so zu strapazieren, wie er nur konnte, aber doch nicht auf diese Weise. Davor graute ihm doch sogar?

„Mach endlich Platz!", grummelte Austria, als er wieder vor dem Bett stand, das immer noch so von Preußen eingenommen wurde, dass er sich unmöglich dazu legen konnte, ohne den anderen zu berühren.

„Was hast du denn? Stört es dich etwa, dich an Ore-sama zu kuscheln? Dem Ore-sama, dem du nun ganz gehörst?", kicherte er böse. Er wollte damit erreichen, dass Austria doch noch auf dem Boden schlief. Zumindest war es das, was er sich einredete.

Zu seiner Verwunderung, und wohl auch zu einem Teil zu Austrias eigener Verwunderung, krabbelte dieser jedoch tatsächlich zu ihm ins Bett und kuschelte sich so eng an ihn, wie er musste, um nicht wieder aus dem Bett zu fallen. „Wa-was?", stammelte der Albino, überrascht von der Courage seines Gemahls. Dieser schien selbst etwas überrascht zu sein, doch klein beigeben war für ihn wohl auch keine Option. „Du hast selbst gesagt, dass ich kommen soll!", murmelte er und drückte sich nun doch mehr an ihn. Nervös drehte sich der jüngere zur Seite. So hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt. Aber dass getan wurde, was er sagte, gefiel ihm doch ausgenommen gut.

Nachdenklich drehte er sich wieder um. Wenn sie schon verheiratet waren, dann konnte er das doch ausnutzen. So schlecht sah dieser dumme Aristokrat ja doch nicht aus und wenn er ehrlich mit sich war, dann hatte er ihn schon lange mit gemischten Gefühlen beobachtet. Er konnte es ja wenigstens eine Weile ausprobieren. Wenn es ihm nicht gefiel, dann konnte er ja noch immer zu seinem alten Verhalten Austria gegenüber zurückkehren.

Langsam schlang er seine Arme um seinen Gatten und drückte diesen so noch ein wenig fester an sich. Dieser erstarrte sofort und verkrampfte sich so sehr, dass es sich beinahe so anfühlte, als würde er ein Brett in Armen halten. „Entspann dich", säuselte der junge Mann. „Immerhin ist das unsere Hochzeitsnacht, da solltest du darauf gefasst sein, dass Ore-sama deine wichtigen Stellen ganz für sich erobert!" Und mit diesen Worten ließ er seine Hände weiter nach unten wandern, um Austria das Nachthemd so weit nach oben zu schieben, dass er damit seinen Unterkörper freilegte. Doch dieser schien davon nicht sehr begeistert zu sein, denn er zitterte nun am ganzen Leib und hatte seine Augen und Zähne fest zusammengedrückt.

Als er dann auch noch über den Hintern seines neuen Gemahls streichelte, schien er das Maß dann doch überschritten zu haben, denn mit einem Mal landete mit voller Wucht ein Kissen in seinem Gesicht. Heftig wurde er weg gestoßen, sodass er beinahe aus dem Bett gefallen wäre. Dem dumpfen Knall, der folgte, nach zu urteilen, hatte Austria nicht ganz so viel Glück gehabt. Doch zum einen war er zu überrascht, dass er so plötzlich doch noch auf Gegenwehr gestoßen war, und zu anderen hätte er sich ohnehin wenig darum gekümmert, ob der andere sich weh tat oder nicht. Darum beugte er sich auch mit einem hämischen Grinsen über die Bettkante, um zu sehen, ob nun etwas passiert war oder nicht. Zu einer spöttischen Bemerkung kam er allerdings nicht, denn bevor er auch nur seinen Mund öffnen konnte, traf ihn erneut das Kissen.

Als er sich von dem Schlag erholt hatte, was zugegebenermaßen recht schnell ging, immerhin war das Kissen weich und der zweite Treffer nicht ganz so überraschend gewesen war, war Austria schon aufgesprungen und hatte sich an der entfernten Wand in Position gebracht, das Kissen zur Abwehr erhoben. „Wage es nicht, mir zu nahe zu kommen, perverses Preußen!", keuchte er.

Der Angesprochene jedoch konnte nicht anders, als zu grinsen. So ernst sein Gegenüber ihn auch anschaute, das Erscheinungsbild war einfach nur zum lachen. Das Haar völlig zerzaust, das Nachthemd noch immer ein ganzes Stück nach oben verrutscht, jedoch so asymmetrisch, dass es komisch anmutete, und dann das Kissen als Waffe. Was wollte er nur damit bezwecken? Ausreichenden Schutz bot es nicht, im Gegenteil, so niedlich, wie der Anblick war, spornte es Preußen nur mehr an, sich nun doch etwas um seinen Ehemann zu bemühen.

Kichernd stand er aus dem Bett auf und schlich auf Austria zu, immer bereit, das Kissen abzuwehren, falls es auf ihn zufliegen sollte. Dieser sah ihn erst überrascht, dann misstrauisch und als er dann fast auf eine Armlänge heran war, sehr alarmiert an. Das Kichern ließ einen auch böses ahnen. Austria versuchte, noch weiter zurück zu weichen, doch schon nach zwei Schritten prallte er gegen das Holz der Tür. Ein leichter Anflug von Panik machte sich auf seinen Zügen breit und schützend hob er sich das Kissen vors Gesicht.

„Da will ich dir im Moment gar nichts tun", bemerkte Preußen spöttisch. Nun stand er direkt vor seinem Opfer Gemahl und hatte eine Hand an dessen ungeschützte, nur vom dünnen Stoff des Nachthemds bedeckten Hüfte gelegt. Mit der anderen fing er das Kissen ab, das auf diese Berührung hin sofort auf ihn zuzurasen drohte. Nach einem kurzen Handgemenge gelang es ihm auch, die Waffe in seine Gewalt zu bringen und diese dann mit einer knappen Bewegung zurück aufs Bett zu schleudern.

„Was soll der Unsinn?", fauchte Austria ihn an. Es war wohl ein letzter, verzweifelter Versuch, das Unabwendbare doch noch abzuwenden.

„Wir sind verheiratet", war die knappe Antwort. „Ich will nur eine angemessene Hochzeitsnacht!"

„Vergiss es, Bengel!"

„Ach, und was willst du dagegen tun? Ich meine, so ganz ohne Kissen?"

„Du..." Austria biss die Zähne zusammen, bevor er weiterreden konnte und schien verzweifelt zu überlegen, was er noch sagen konnte. Viel gab es da allerdings nicht mehr. „Aber ich bin ein Mann", brachte er schließlich hervor, nicht sicher, ob das überhaupt ein Argument war.

Aus der Sicht seines Gegenübers natürlich nicht. „Das will ich erst mal sehen", griente er. „Und selbst wenn, ist es mir egal!"

Er seufzte ergeben. Es war wohl wirklich nichts mehr zu rütteln daran, dass er tun musste, was von ihm verlangt wurde. Mit Gewalt würde er sich auch nicht daraus befreien können. Dass er der Schwächere war, das war ihnen beiden klar. Brav folgte er seinem frisch Angetrauten zum Bett...

Als Fritz am nächsten Morgen die Zimmertür öffnete, fand er die beiden noch schlafend vor. Eng hatten sie sich im Schlafe aneinander gekuschelt, ohne zu bemerken. Für einen Moment betrachtete er voll väterlichen Gefühlen diesen friedlichen Anblick, bevor er die Tür wieder schloss, dabei darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, um die beiden nicht zu wecken.

„Sie schlafen und sehen glücklich aus", berichtete er kurze Zeit später Maria Theresia.

„Das ist gut", gab sie zurück. „Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, wo sie sich doch immer gestritten haben."

„Ich mir auch", seufzte er. „Aber so wie es aussieht, können sie auch friedlich miteinander umgehen. Hoffen wir, dass es so bleibt."

A/N: Das ist uralt (~1 Jahr XD). „Damals" hab ich noch freiwillig PruAus geschrieben. Aber jetzt, wo ichs nochmals gelesen hab, find ichs gar nicht so schlecht. Da hab ich noch mehr normales geschrieben und gelesen, das hört man *seufz*

Ach ja, warum da Austria und Preußen steht? Weil Austria, wenn ich das sage, sich furchtbar komisch anhört. Wörter mit „St" (Sprich: „Scht") sind ganz toll.