Anmerkung:
Das Konzept und die Charaktere gehören nicht uns. Sie sind dem "Herr der
Ringe"-Universum von J.R.R. Tolkien entliehen.
Kreuzwege
von
ManuKu und Salara
'Das Schicksal der Menschen liegt in seinen Händen! Ein ganzes Königreich wartet darauf, von ihm regiert zu werden und er besitzt alle Tugenden, die dazu nötig sind. Doch Estel ahnt nichts von alledem. Mit der Unschuld eines Kindes genießt er seine Jungend. Nach elbischen Maßstäben wäre er noch immer nichts weiter als ein Kind. Aber er ist kein Elbe, er ist ein Mensch. So wenig Zeit bleibt ihm, um zu tun, wozu seine Geburt ihn bestimmt hat...'
Elronds Gedanken drehten sich wieder einmal um Aragorn, seinen Pflegesohn. Vor Jahren hatte er dessen Mutter geschworen, ihm die Wahrheit zu sagen, wenn der rechte Zeitpunkt dazu gekommen war.
Aragorn, der rechtmäßige Erbe des Throns von Gondor, war in seinem Haus längst zu einem verantwortungsvollen und vielversprechenden jungen Mann herangewachsen, doch von der Last, die die Gedanken seines Ziehvaters beschwerte, ahnte er nichts.
So sehr der Herr von Bruchtal auch nachdachte, ihm wollte nicht einfallen, wie er dem jungen Menschen die Wahrheit über seine Herkunft und seine Bestimmung schonend beibringen sollte.
Um des seit Monaten immer stärker in ihm tobenden inneren Konflikts Herr zu werden, war Elrond hinunter in die Gärten gegangen, doch statt einer Lösung fand er hier nur weitere Ungewissheit. Die Schönheit und der Friede dieses Ortes ließen es nicht zu, dass er sich mit dem anbahnenden Konflikt intensiv befasste.
Auch diesmal fand seine Antwortsuche kein Ziel und so durchmaß er die Wege, die in kunstvoll verschlungenen Mustern durch die Gärten von Bruchtal führten, blicklos und mit nachdenklichem, langsamem Schritt. Er war so in Gedanken versunken, dass er nicht einmal Glorfindel, seinen Ratgeber, bemerkte.
Glorfindel erhob sich von der wundervoll gearbeiteten Bank, auf der er gesessen hatte, um wie jeden Abend die funkelnden Sterne zu betrachten. Er hatte den Herrn von Bruchtal schon von weitem gesehen und sich gefragt, warum dieser so gedankenverloren die sternenklare Nacht ignoriert und mit gesenktem Blick achtlos an den Bäumen und Pflanzen vorbeigegangen war. Als Elrond an ihm vorbeischritt, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stand Glorfindel beunruhigt auf und sprach ihn an.
"Lord Elrond?"
Überrascht schreckte dieser aus seinen Betrachtungen auf, doch seine Züge entspannten sich, als er erkannte, wer vor ihm stand.
"Glorfindel." Mit einem Kopfnicken begrüßte er seinen Vertrauten. "Du genießt den Abend, wie ich sehe."
"Ich versuche, die Ereignisse des Tages hinter mir zu lassen. Die Sterne beruhigen mich und ich finde Ruhe unter den Bäumen." Glorfindel verstummte. Er erkannte, dass Elrond ihm schon nicht mehr zuhörte und mit seinen Gedanken weit weg war.
"Lord Elrond, welch dunkle Gedanken belasten Euch?"
Der Elbenherrscher lächelte traurig.
"Wir kennen einander schon so lange, dass kaum ein Geheimnis mehr ungeteilt ist zwischen uns, nicht wahr?"
Glorfindel nickte stumm, nicht sicher, welche Richtung diese Unterhaltung nehmen würde.
Elrond sah an ihm vorbei zum Schloß empor, dessen Silhouette sich vage gegen den dunklen Himmel abzeichnete.
"Bisher bot dieses Dach jedem Sicherheit und Schutz, der hier danach suchte. Und so, wie ich anderen Schutz bot, fand ich stets in gleichem Maße Zufriedenheit. Es kann sein, dass schon bald beides nicht mehr in meinen Hallen zu finden sein wird. Das ist schmerzlich für mich und ich weiß nicht, was ich noch tun soll, außer, dir auch noch mein letztes Geheimnis zu offenbaren. Vielleicht wird mir dein Rat helfen, klarer zu sehen, alter Freund. Ich kann es nicht, so sehr ich mich auch bemühe, denn dazu müsste ich objektiv sein. Aber das bin ich nicht. Nicht, wenn es um Menschen geht, wie du weißt. Nicht, wenn es um einen ganz bestimmten Menschen geht..."
Er verstummte.
Auf Glorfindels Gesicht formte sich ein leichtes Lächeln, das er jedoch sofort wieder hinter einem neutralen Ausdruck verschwinden ließ. Er war damals Zeuge gewesen, wie der junge Mensch Aragorn das Herz Elronds und das jedes anderen Elben in Bruchtal im Sturm eroberte. Die Jugend des Menschen war erfrischend gewesen in einem Haus, das sonst niemanden unter einem Alter von 250 Jahren beherbergte.
Glorfindel überlegte sich seine Worte wohl. Er ahnte, dass das Problem, mit dem Lord Elrond sich quälte, mit dem jungen Aragorn zusammenhängen musste. Und obwohl Lord Elrond offensichtlich darüber sprechen wollte, schien er doch nicht zu wissen, wo er anfangen sollte.
Unbemerkt näherte sich unterdessen Aragorn den beiden Elben. Er war in der Trainingshalle gewesen, um mit seinem Schwert zu üben und die Technik der Elben zu vervollkommnen. Müde und ausgelaugt hatte er sich dann nach drei Stunden intensivsten Trainings auf den Weg in sein Zimmer gemacht. Er wählte den Umweg durch den Park, um sich noch etwas frische Luft um die Nase wehen zu lassen und einen Blick auf die Sterne zu werfen. Die Verbundenheit mit der Natur hatte er in Bruchtal von Klein auf in sich aufgesogen.
Aragorn hatte plötzlich in der Stille der Nacht ganz klar die Stimme seines Pflegevaters vernommen. Leise schlich er in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Es war ihm bisher selten gelungen, sich an einen Elben dichter als zehn Meter heran zu schleichen. Doch in dieser Nacht schien die Aufmerksamkeit der Elben von etwas Wichtigerem abgelenkt zu sein, denn es gelang dem jungen Menschen, so dicht an die beiden heran zu kommen, dass er verstehen konnte, worüber sie redeten. Da er jedoch nicht als heimlich Lauschender erwischt werden wollte, machte er sich dazu bereit, triumphierend aus den Büschen zu springen. Doch dann ließ ihn die Erwähnung seines Namens inne halten.
"Sprecht Ihr von Estel?" fragte Glorfindel leise.
"Nein, nicht Estel, auch wenn wir nur als Estel ansprechen - er ist Aragorn, Sohn von Arathorn und Gilraen, Erbe von Isildur und zukünftiger König von Gondor, dazu auserkoren, das Schicksal der Menschen zu bestimmen."
"Er ist Isildurs Nachfahre?"
Jetzt verstand er plötzlich. Blitzartig entfalteten sich vor Glorfindels innerem Auge die Bilder jenes letzten, verheerenden Krieges gegen Sauron. Seite an Seite mit den Menschen hatten die Elben gegen das Böse gefochten und nur wie durch ein Wunder durch Isildurs Verzweiflungstat schließlich den Sieg davongetragen. Glorfindel war der Einzige, dem der Elbenherrscher je von dem danach folgenden unglücksseligen Ereignis im Herzen des Schicksalsberges erzählt hatte, und er war auch der einzige, der wußte, worauf sich die jahrhundertelange Reserviertheit seines Herrn gegenüber den Menschen gründete. Die Geschichtsschreibung kannte Isildurs Verrat, doch sie war nicht dabei gewesen.
Elrond hatte seinen Ratgeber genau beobachtet und gesehen, wie dessen Gedanken einem Gewittersturm gleich über das alterslose Antlitz gezogen waren.
"Du verstehst, wie ich sehe."
Glorfindel nickte schließlich. "Ich denke, ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt."
Aragorn, der noch immer reglos in seinem Versteck hockte, verstand dagegen gar nichts mehr. Zu sehr hatten ihn diese unerwarteten Offenbarungen schockiert.
Er war ein Erbe Isildurs, hatte ein Anrecht auf den Thron von Gondor? Er sollte ... von königlichem Blut sein?
Wie erstarrte stand der junge Mann im Dunkel einer nun voll hereingebrochenen Nacht. Das Klopfen seines Herzens kam ihm so laut vor, dass er meinte, die feinen Ohren der Elben müssten es eigentlich hören. Ihm zumindest drohte es fast die Brust zu sprengen.
Warum hatte er bisher nie etwas davon erfahren? Wieso hatte sein Pflegevater ihm seine Herkunft nicht schon früher mitgeteilt? Mit seinen 21 Jahren war er schon lange kein Kind mehr - nach menschlichen Maßstäben. Und wieso war seine Herkunft jetzt ein so großes Problem für die beiden Elben, dass sie unter dem Mantel der Nacht darüber wie über ein unangenehmes Thema sprachen?
Mit einem Akt reinen Willens drängte er das sich wild drehende Karussell der Gedanken in den Hintergrund und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch zwischen Glorfindel und seinem Pflegevater.
"Isildur erlag damals den Verlockungen des Ringes und seiner Macht. Keiner hat je erfahren, dass er die Möglichkeit gehabt hatte, den Ring zu vernichten. Ihr habt Angst, dass sich auch in Aragorn die Schwächen Isildurs bemerkbar machen könnten und er der Macht erliegt. Ist es das, was Euch bedrückt, Lord Elrond?"
Elrond sah seinen Vertrauten wortlos an und fuhr mit den Handflächen müde über sein Gesicht. "Er ist ein Mensch!" sagte er dann leise, doch für den im Gebüsch lauschenden Aragorn hörte es sich wie der Klang einer schweren Glocke an, die in ihm unzählige Male wiederhallte und dessen Ton erst Minuten später langsam verstummte.
Er ist ein Mensch... ein Mensch... bloß ein Mensch...
All die Jahre im Hause Elronds hatte er sich trotz seines menschlichen Ursprungs fast wie ein Elbe gefühlt. Sie hatten ihn in ihre Familie aufgenommen und wie ihresgleichen behandelt, auch wenn ihn Elladan und Elrohir so manches Mal liebevoll an seine Jugend erinnert hatten.
Doch all das war wohl nur ein einziges großes Missverständnis seinerseits gewesen. Sie hatten ihn, den zukünftigen König der Menschen, im Auge behalten wollen, weil sie ihm nicht vertrauten, in ihm nur einen zweiten Isildur sahen...
Aragorn konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Sein bisheriges Leben gründete sich auf eine Lüge!
Das war mehr als er ertragen konnte. Er musste hier weg, er hielt es keinen Augenblick länger mehr in diesen mit einem Schlag viel zu friedlichen Gärten aus. Leise zog er sich zurück.
Er ging in sein Zimmer, packte ein paar Sachen, schulterte seinen Bogen und legte sein Schwert an. Aragorn warf einen letzten Blick durchs Zimmer und fragte sich, ob er wohl jemals wieder nach Bruchtal zurückkehren würde. Dann zuckte er mit den Schultern. War das noch wichtig, nach all dem, was er eben gehört hatte?
Er wandte sich zur Tür, verharrte dann jedoch. Vielleicht würde er Elladan oder Elrohir begegnen, die ihre Räumlichkeiten ganz in seiner Nähe hatten. Nein, er wollte und konnte ihnen jetzt nicht in die Augen sehen. Außerdem würde seine Aufmachung nur Grund für Fragen geben und dem wollte er aus dem Weg gehen.
Also wandte er sich um und kletterte kurzentschlossen zum Balkon hinaus.
Es war ein leichtes für den gewandten jungen Menschen, trotz seines Gepäcks sicher zur Erde zu gelangen und mit raschen Schritten die Stallungen zu erreichen. Dort wählte er sich das robusteste Tier aus, sattelte es, befestigte seine wenigen Habseligkeiten an den Gurten und führte das so vorbereitete Tier am Zügel so lange in die Nacht, bis er sicher zu sein glaubte, dass niemand mehr sein Wegreiten bemerken würde. Dann stieg er auf. Ehe er das Tier in Bewegung setzte, sah er ein letztes Mal zurück in die Richtung, in der er die Gebäude von Bruchtal wußte. Es war jedoch zu dunkel für seine Augen, um noch etwas zu erkennen. Er schnaubte bitter.
"Elrond hat recht: ich bin wirklich bloß ein Mensch."
Sogar für seine Ohren klang dieser Gedanke wie ein vernichtendes Urteil. Entschlossen ritt er in die Finsternis hinein.
***
Elrond war indessen in seine Räume zurückgekehrt und soeben dabei, sich ein Glas Wein einzuschenken, als seine Söhne, nach einem kurzen Anklopfen unaufgefordert ins Zimmer traten.
"Vater, verzeih unser Eindringen, aber wir müssen etwas mit dir bereden. Einer der Stallknechte hat beobachtet, wie Estel ein Pferd gesattelt hat und davon geritten ist. Der Knecht sagt, es sah so aus, als würde er verreisen, denn er hatte wohl Gepäck und seine Waffen dabei. Niemand würde sich wohl etwas dabei gedacht haben, wenn es nicht so ausgesehen hätte, als bemühte er sich, möglichst wenig Aufsehen zu erregen - als würde er sich davon schleichen..." Elladan klang verwirrt. "Vater, weißt Du etwas davon? Ist etwas geschehen?"
Alarmiert stellte der Elbe den Weinkelch ab.
"Er ist fort? Wann war das?" Eine ungute Ahnung sagte ihm, dass er die Antwort nicht mögen würde.
"Vor etwa einer Stunde."
"Eine Stunde..." Er verstummte. Das war genau der Zeitpunkt, zu dem er im Garten mit Glorfindel über das Schicksal seines Pflegesohns geredet hatte. Sollte dieser womöglich gehört haben, was sie...? Aber das konnte doch nicht sein. Sie hätten ihn doch gehört. Das hatten sie bisher immer. Oder?
Elrond wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, doch sein Verstand sagte ihm, dass keine andere Möglichkeit in Frage kam. Wenn dem so war - und daran hatte er bereits jetzt so gut wie keinen Zweifel mehr - mußten die Dinge, die der junge Mann gehört hatte, für ihn wie ein Schock gewesen sein. Vor allem die Worte, die er über die Schwäche der Menschen gesagt hatte.
Bestürzt sah er auf.
Seine Söhne, die noch immer auf seine Antwort warteten, erkannten an seinem fortwährenden Schweigen, wie beunruhigt er war.
"Sollen wir ihm folgen?" Elladan wirkte, als würde er im nächsten Augenblick losstürmen wollen. Er hatte den jungen Menschen immer wie einen schutzbedürftigen jungen Bruder behandelt. "In wenigen Augenblicken können wir die schnellsten Pferde satteln lassen..."
"Nein!"
Elrond fiel ihm ins Wort und schüttelte den Kopf. Zu große Eile vermittelte seinem Pflegesohn zu aller Enttäuschung womöglich noch das Gefühl, wie ein Tier gejagt zu werden. Das jedoch war das allerletzte, was der Elbenherr jetzt wollte. Es war bereits genug Schaden durch seine Unüberlegtheit angerichtet worden. Zu Schlimmerem durfte er es jetzt nicht kommen lassen, auch wenn seine Söhne dies jetzt nicht begreifen würden. Er konnte ihnen nicht erklären, um was es hier ging. Noch nicht...
"Lasst ihn fortreiten. Vielleicht braucht er Zeit zum Nachdenken. Außerhalb von Bruchtal."
Sein Entschluss stand fest.
"Aber Vater..." Elrohir wollte sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden geben.
"Wir warten," sagte Elrond entschlossen und mit fester Stimme. Wenn er in drei Tagen nicht wieder hier ist, werden wir die Suche nach ihm aufnehmen. Bis dahin mag er einen eigenen Pfad beschreiten. Er ist alt genug dafür und weiß sich zu verteidigen."
Er sah das Unverständnis auf den Gesichtern seiner Söhne, doch sie ahnten nicht, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen war. Estels Schicksal musste den Lauf nehmen, der für ihn vorherbestimmt war. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch Estel war kein junger Elbe mehr, den man noch für längere Zeit unter seine Fittiche nehmen musste. Estel war ein Mann geworden.
"Geht." Er bemühte sich, zuversichtlich auszusehen. "Begebt euch zur Ruhe. Wir werden warten."
Die Zwillinge waren es gewohnt, den Anweisungen ihres Vaters zu gehorchen, daher verließen sie ihn widerstrebend, doch widerspruchslos.
Elrond sah, wie sich die Tür hinter ihnen schloß und hoffte, dass sie sich von der Zuversicht in seinen Worten überzeugen lassen würden. Er selbst spürte nichts davon und wußte, das es eine lange Nacht für ihn werden würde...
***
Legolas schwankte leicht und griff nach dem Stamm eines Baumes, um sich daran zu lehnen. Er fühlte sich unheimlich schwach und suchte die Kraft der Natur, um sich daran zu erinnern, dass er der undurchdringlichen Dunkelheit der Höhle entkommen war.
Die Zwerge hatten ihn dort für fünf Tage gefangen gehalten. Ohne Grund, einfach aus Spaß, um einen Elben zu quälen. Die Feindschaft zwischen Zwergen und Elben war Jahrtausende alt. Nur wenige konnten noch genau sagen, worauf sie sich begründete.
Legolas schauderte bei dem Gedanken, dass er immer noch in dieser Dunkelheit festsitzen würde, wenn er seine Flucht nicht dem glücklichen Umstand verdankt hätte, dass die Zwerge gerne mal einen über den Durst tranken. In einem unachtsamen Moment konnte Legolas den Rest seiner Kräfte mobilisieren und sein Gefängnis verlassen.
Er war in den Wald geflohen und konnte sofort wieder freier atmen, als er sich von Bäumen und dem freien Himmel umgeben sah. Aufgrund seiner Verletzungen, die ihm die Zwerge beigefügt hatten, war er so schwach, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Er legte sich auf den Waldboden und starrte in den Nachthimmel. Die Sterne beruhigten seinen verängstigten Geist und schenkten ihm das Licht, das er diese unendlich langen fünf Tage missen musste. Der Elbe fühlte, wie ein Stück der alten Kraft in ihn zurückkehrte.
Er lauschte den Bäumen und versuchte zu ergründen, wo genau er sich befand. Die Zwerge hatten ihn niedergeschlagen und er war für eine Weile ohne Bewusstsein gewesen. Jetzt versuchte er sich zu orientieren. Er lauschte, und während das Rauschen der Blätter seine Gedanken klärte, wusste er plötzlich, wo er war. Er befand sich nahe Bruchtal, dem Hause Lord Elronds.
Erschöpfung und Verletzungen forderten ihren Tribut und so ergab sich Legolas, in dem Wissen, nicht weit von einem elbischen Gefilde entfernt zu sein, der Bewusstlosigkeit und blieb im Schutz der niedrigen Bäume liegen.
***
Aragorn war schon eine Weile geritten, ohne zu überlegen, wohin er nun eigentlich gehen sollte. Die Enttäuschung war immer noch groß und er fühlte sich von den Elben, die er über alles liebte, verraten. Doch langsam ersetzte Ernüchterung das Gefühl. Objektiv betrachtet war alles, was die Elben getan hatten verständlich. Es tat weh, doch Aragorn konnte es nachvollziehen. Er war gezeichnet. Er war Aragorn, Sohn von Arathorn und Erbe von Isildur.
Isildur..., wie er jetzt erfahren hatte, ein Mann, der zu schwach gewesen war, um die Bedrohung durch die Dunkelheit abzuwenden und Saurons Macht für immer zu brechen, indem er den 'Einen Ring' vernichtete.
In ihm floss das gleiche Blut wie in Isildur. Er trug diese Schwäche in sich, eine Schwäche, die in allen Menschen zu fließen schien, die einmal die Macht eines Ringes gespürt hatten. Menschen strebten seit jeher nach der Macht. Selbst die neun großen Könige der Menschen, nahmen, blind vor Machtgier die Ringe von Sauron an, verfielen der Dunkelheit und wurden zu Ringgeistern.
Die Elben mußten ihn als den sprichwörtlichen Wolf im Schafsfell gesehen haben. Sie wussten nur nicht, wann das Dunkle in ihm zum Vorschein kommen würde.
Aragorn seufzte und hielt nach einem Rastplatz Ausschau. Er war müde. Müde all der dunklen Gedanken, die ihn befallen hatten, seit er unverhofft sein Schicksal aus Elronds Mund vernommen hatte. Vielleicht würde Schlaf ihm etwas Vergessen schenken, auch wenn nur für kurze Zeit.
Der junge Mann lenkte sein Pferd auf eine in der Nähe befindliche kleine Lichtung zu, um sich dort einen bescheidenen Lagerplatz einzurichten.
Als er sein Reittier anhielt, um abzusteigen, schnaubte es nervös und tänzelte einen Schritt zurück.
Aragorn, der wußte, wie sensibel die gut trainierten Pferde der Elben auf mögliche Gefahren reagierten, blieb im Sattel und tastete mit einer Hand nach seiner Waffe, während er angestrengt versuchte, das ihn umgebende Nachtdunkel mit seinen Blicken zu durchdringen. Doch außer ein paar vagen Schatten ließ ihn das Sternenlicht nicht viel erkennen.
Da das Pferd kein weiteres Zeichen von unmittelbar drohender Gefahr zeigte, sondern nun stillstand, beugte er sich langsam und vorsichtig vor, bis er dicht genug an den Kopf des Tieres herangekommen war, um ihm etwas zuzuflüstern.
"Was hast du? Zeig mir, was dich stört..."
Er gab dem Tier die Zügel frei, das daraufhin ein paar Schritte voranlief, um dann erneut stehen zu bleiben und irritiert zu schnauben.
Aragorn saß reglos im Sattel und lauschte, doch außer dem Rauschen des Windes in den Bäumen und dem fernen Murmeln eines Baches in der Nähe war nichts Ungewöhnliches zu vernehmen. Er beschloß, sich in der Umgebung genauer umzusehen.
Bereits im Absteigen zog er so geräuschlos wie möglich sein Schwert, dann wand er die Zügel um die Zweige eines nahestehenden Busches und bewegte sich leise und verstohlen über die Lichtung.
Zunächst deutete nichts darauf hin, dass sich außer ihm, seinem Pferd und ein paar aufgeschreckten Nachtfaltern noch etwas anderes Lebendiges in der Nähe befinden könnte, doch dann sah er schließlich in einiger Entfernung etwas Helles liegen.
Er blieb stehen.
Was auch immer es war - es bewegte sich nicht, und obwohl es sich hierbei auch um eine gut getarnte Falle handeln konnte, beschloss er, sich das Ganze genauer zu betrachten.
Vorsichtig Schritt um Schritt setzend näherte er sich dem hellen Etwas, bis er schließlich auf Armeslänge herangekommen war. Entgeistert blieb er stehen, als er erkannte, dass vor ihm der zusammengerollte, reglose Körper eines Lebewesens lag. Es waren die hellen Haare, die - vom Sternenlicht beleuchtet - hell in der Dunkelheit geschimmert hatten.
Das mußte der Grund für die Unruhe seines Pferdes gewesen sein!
Langsam trat Aragorn an den liegenden Fremden heran, kniete sich neben ihn und drehte ihn auf den Rücken. Fast wäre er zurückgeprallt, als er unter dem silbrig schimmernden Haar des jungen Mannes dessen spitze Ohren erblickte.
Ein Elbe!
***
wird fortgesetzt
### Okay, das war also unser erstes Kapitel. Es sind schon drei weitere fertig, doch wenn kein Interesse besteht, lassen wir das mit dem Veröffentlichen. War nur mal so ein Versuch, ein paar mehr Leute zu erreichen. Wollt ihr mehr??? Dann schreibt ein paar Reviews und wir wissen was Sache ist! ;)
## Weitere deutsche FanFiction und FanFic-Übersetzungen von uns findet ihr unter http://mitglied.lycos.de/manuku/
Kreuzwege
von
ManuKu und Salara
'Das Schicksal der Menschen liegt in seinen Händen! Ein ganzes Königreich wartet darauf, von ihm regiert zu werden und er besitzt alle Tugenden, die dazu nötig sind. Doch Estel ahnt nichts von alledem. Mit der Unschuld eines Kindes genießt er seine Jungend. Nach elbischen Maßstäben wäre er noch immer nichts weiter als ein Kind. Aber er ist kein Elbe, er ist ein Mensch. So wenig Zeit bleibt ihm, um zu tun, wozu seine Geburt ihn bestimmt hat...'
Elronds Gedanken drehten sich wieder einmal um Aragorn, seinen Pflegesohn. Vor Jahren hatte er dessen Mutter geschworen, ihm die Wahrheit zu sagen, wenn der rechte Zeitpunkt dazu gekommen war.
Aragorn, der rechtmäßige Erbe des Throns von Gondor, war in seinem Haus längst zu einem verantwortungsvollen und vielversprechenden jungen Mann herangewachsen, doch von der Last, die die Gedanken seines Ziehvaters beschwerte, ahnte er nichts.
So sehr der Herr von Bruchtal auch nachdachte, ihm wollte nicht einfallen, wie er dem jungen Menschen die Wahrheit über seine Herkunft und seine Bestimmung schonend beibringen sollte.
Um des seit Monaten immer stärker in ihm tobenden inneren Konflikts Herr zu werden, war Elrond hinunter in die Gärten gegangen, doch statt einer Lösung fand er hier nur weitere Ungewissheit. Die Schönheit und der Friede dieses Ortes ließen es nicht zu, dass er sich mit dem anbahnenden Konflikt intensiv befasste.
Auch diesmal fand seine Antwortsuche kein Ziel und so durchmaß er die Wege, die in kunstvoll verschlungenen Mustern durch die Gärten von Bruchtal führten, blicklos und mit nachdenklichem, langsamem Schritt. Er war so in Gedanken versunken, dass er nicht einmal Glorfindel, seinen Ratgeber, bemerkte.
Glorfindel erhob sich von der wundervoll gearbeiteten Bank, auf der er gesessen hatte, um wie jeden Abend die funkelnden Sterne zu betrachten. Er hatte den Herrn von Bruchtal schon von weitem gesehen und sich gefragt, warum dieser so gedankenverloren die sternenklare Nacht ignoriert und mit gesenktem Blick achtlos an den Bäumen und Pflanzen vorbeigegangen war. Als Elrond an ihm vorbeischritt, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stand Glorfindel beunruhigt auf und sprach ihn an.
"Lord Elrond?"
Überrascht schreckte dieser aus seinen Betrachtungen auf, doch seine Züge entspannten sich, als er erkannte, wer vor ihm stand.
"Glorfindel." Mit einem Kopfnicken begrüßte er seinen Vertrauten. "Du genießt den Abend, wie ich sehe."
"Ich versuche, die Ereignisse des Tages hinter mir zu lassen. Die Sterne beruhigen mich und ich finde Ruhe unter den Bäumen." Glorfindel verstummte. Er erkannte, dass Elrond ihm schon nicht mehr zuhörte und mit seinen Gedanken weit weg war.
"Lord Elrond, welch dunkle Gedanken belasten Euch?"
Der Elbenherrscher lächelte traurig.
"Wir kennen einander schon so lange, dass kaum ein Geheimnis mehr ungeteilt ist zwischen uns, nicht wahr?"
Glorfindel nickte stumm, nicht sicher, welche Richtung diese Unterhaltung nehmen würde.
Elrond sah an ihm vorbei zum Schloß empor, dessen Silhouette sich vage gegen den dunklen Himmel abzeichnete.
"Bisher bot dieses Dach jedem Sicherheit und Schutz, der hier danach suchte. Und so, wie ich anderen Schutz bot, fand ich stets in gleichem Maße Zufriedenheit. Es kann sein, dass schon bald beides nicht mehr in meinen Hallen zu finden sein wird. Das ist schmerzlich für mich und ich weiß nicht, was ich noch tun soll, außer, dir auch noch mein letztes Geheimnis zu offenbaren. Vielleicht wird mir dein Rat helfen, klarer zu sehen, alter Freund. Ich kann es nicht, so sehr ich mich auch bemühe, denn dazu müsste ich objektiv sein. Aber das bin ich nicht. Nicht, wenn es um Menschen geht, wie du weißt. Nicht, wenn es um einen ganz bestimmten Menschen geht..."
Er verstummte.
Auf Glorfindels Gesicht formte sich ein leichtes Lächeln, das er jedoch sofort wieder hinter einem neutralen Ausdruck verschwinden ließ. Er war damals Zeuge gewesen, wie der junge Mensch Aragorn das Herz Elronds und das jedes anderen Elben in Bruchtal im Sturm eroberte. Die Jugend des Menschen war erfrischend gewesen in einem Haus, das sonst niemanden unter einem Alter von 250 Jahren beherbergte.
Glorfindel überlegte sich seine Worte wohl. Er ahnte, dass das Problem, mit dem Lord Elrond sich quälte, mit dem jungen Aragorn zusammenhängen musste. Und obwohl Lord Elrond offensichtlich darüber sprechen wollte, schien er doch nicht zu wissen, wo er anfangen sollte.
Unbemerkt näherte sich unterdessen Aragorn den beiden Elben. Er war in der Trainingshalle gewesen, um mit seinem Schwert zu üben und die Technik der Elben zu vervollkommnen. Müde und ausgelaugt hatte er sich dann nach drei Stunden intensivsten Trainings auf den Weg in sein Zimmer gemacht. Er wählte den Umweg durch den Park, um sich noch etwas frische Luft um die Nase wehen zu lassen und einen Blick auf die Sterne zu werfen. Die Verbundenheit mit der Natur hatte er in Bruchtal von Klein auf in sich aufgesogen.
Aragorn hatte plötzlich in der Stille der Nacht ganz klar die Stimme seines Pflegevaters vernommen. Leise schlich er in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Es war ihm bisher selten gelungen, sich an einen Elben dichter als zehn Meter heran zu schleichen. Doch in dieser Nacht schien die Aufmerksamkeit der Elben von etwas Wichtigerem abgelenkt zu sein, denn es gelang dem jungen Menschen, so dicht an die beiden heran zu kommen, dass er verstehen konnte, worüber sie redeten. Da er jedoch nicht als heimlich Lauschender erwischt werden wollte, machte er sich dazu bereit, triumphierend aus den Büschen zu springen. Doch dann ließ ihn die Erwähnung seines Namens inne halten.
"Sprecht Ihr von Estel?" fragte Glorfindel leise.
"Nein, nicht Estel, auch wenn wir nur als Estel ansprechen - er ist Aragorn, Sohn von Arathorn und Gilraen, Erbe von Isildur und zukünftiger König von Gondor, dazu auserkoren, das Schicksal der Menschen zu bestimmen."
"Er ist Isildurs Nachfahre?"
Jetzt verstand er plötzlich. Blitzartig entfalteten sich vor Glorfindels innerem Auge die Bilder jenes letzten, verheerenden Krieges gegen Sauron. Seite an Seite mit den Menschen hatten die Elben gegen das Böse gefochten und nur wie durch ein Wunder durch Isildurs Verzweiflungstat schließlich den Sieg davongetragen. Glorfindel war der Einzige, dem der Elbenherrscher je von dem danach folgenden unglücksseligen Ereignis im Herzen des Schicksalsberges erzählt hatte, und er war auch der einzige, der wußte, worauf sich die jahrhundertelange Reserviertheit seines Herrn gegenüber den Menschen gründete. Die Geschichtsschreibung kannte Isildurs Verrat, doch sie war nicht dabei gewesen.
Elrond hatte seinen Ratgeber genau beobachtet und gesehen, wie dessen Gedanken einem Gewittersturm gleich über das alterslose Antlitz gezogen waren.
"Du verstehst, wie ich sehe."
Glorfindel nickte schließlich. "Ich denke, ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt."
Aragorn, der noch immer reglos in seinem Versteck hockte, verstand dagegen gar nichts mehr. Zu sehr hatten ihn diese unerwarteten Offenbarungen schockiert.
Er war ein Erbe Isildurs, hatte ein Anrecht auf den Thron von Gondor? Er sollte ... von königlichem Blut sein?
Wie erstarrte stand der junge Mann im Dunkel einer nun voll hereingebrochenen Nacht. Das Klopfen seines Herzens kam ihm so laut vor, dass er meinte, die feinen Ohren der Elben müssten es eigentlich hören. Ihm zumindest drohte es fast die Brust zu sprengen.
Warum hatte er bisher nie etwas davon erfahren? Wieso hatte sein Pflegevater ihm seine Herkunft nicht schon früher mitgeteilt? Mit seinen 21 Jahren war er schon lange kein Kind mehr - nach menschlichen Maßstäben. Und wieso war seine Herkunft jetzt ein so großes Problem für die beiden Elben, dass sie unter dem Mantel der Nacht darüber wie über ein unangenehmes Thema sprachen?
Mit einem Akt reinen Willens drängte er das sich wild drehende Karussell der Gedanken in den Hintergrund und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch zwischen Glorfindel und seinem Pflegevater.
"Isildur erlag damals den Verlockungen des Ringes und seiner Macht. Keiner hat je erfahren, dass er die Möglichkeit gehabt hatte, den Ring zu vernichten. Ihr habt Angst, dass sich auch in Aragorn die Schwächen Isildurs bemerkbar machen könnten und er der Macht erliegt. Ist es das, was Euch bedrückt, Lord Elrond?"
Elrond sah seinen Vertrauten wortlos an und fuhr mit den Handflächen müde über sein Gesicht. "Er ist ein Mensch!" sagte er dann leise, doch für den im Gebüsch lauschenden Aragorn hörte es sich wie der Klang einer schweren Glocke an, die in ihm unzählige Male wiederhallte und dessen Ton erst Minuten später langsam verstummte.
Er ist ein Mensch... ein Mensch... bloß ein Mensch...
All die Jahre im Hause Elronds hatte er sich trotz seines menschlichen Ursprungs fast wie ein Elbe gefühlt. Sie hatten ihn in ihre Familie aufgenommen und wie ihresgleichen behandelt, auch wenn ihn Elladan und Elrohir so manches Mal liebevoll an seine Jugend erinnert hatten.
Doch all das war wohl nur ein einziges großes Missverständnis seinerseits gewesen. Sie hatten ihn, den zukünftigen König der Menschen, im Auge behalten wollen, weil sie ihm nicht vertrauten, in ihm nur einen zweiten Isildur sahen...
Aragorn konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Sein bisheriges Leben gründete sich auf eine Lüge!
Das war mehr als er ertragen konnte. Er musste hier weg, er hielt es keinen Augenblick länger mehr in diesen mit einem Schlag viel zu friedlichen Gärten aus. Leise zog er sich zurück.
Er ging in sein Zimmer, packte ein paar Sachen, schulterte seinen Bogen und legte sein Schwert an. Aragorn warf einen letzten Blick durchs Zimmer und fragte sich, ob er wohl jemals wieder nach Bruchtal zurückkehren würde. Dann zuckte er mit den Schultern. War das noch wichtig, nach all dem, was er eben gehört hatte?
Er wandte sich zur Tür, verharrte dann jedoch. Vielleicht würde er Elladan oder Elrohir begegnen, die ihre Räumlichkeiten ganz in seiner Nähe hatten. Nein, er wollte und konnte ihnen jetzt nicht in die Augen sehen. Außerdem würde seine Aufmachung nur Grund für Fragen geben und dem wollte er aus dem Weg gehen.
Also wandte er sich um und kletterte kurzentschlossen zum Balkon hinaus.
Es war ein leichtes für den gewandten jungen Menschen, trotz seines Gepäcks sicher zur Erde zu gelangen und mit raschen Schritten die Stallungen zu erreichen. Dort wählte er sich das robusteste Tier aus, sattelte es, befestigte seine wenigen Habseligkeiten an den Gurten und führte das so vorbereitete Tier am Zügel so lange in die Nacht, bis er sicher zu sein glaubte, dass niemand mehr sein Wegreiten bemerken würde. Dann stieg er auf. Ehe er das Tier in Bewegung setzte, sah er ein letztes Mal zurück in die Richtung, in der er die Gebäude von Bruchtal wußte. Es war jedoch zu dunkel für seine Augen, um noch etwas zu erkennen. Er schnaubte bitter.
"Elrond hat recht: ich bin wirklich bloß ein Mensch."
Sogar für seine Ohren klang dieser Gedanke wie ein vernichtendes Urteil. Entschlossen ritt er in die Finsternis hinein.
***
Elrond war indessen in seine Räume zurückgekehrt und soeben dabei, sich ein Glas Wein einzuschenken, als seine Söhne, nach einem kurzen Anklopfen unaufgefordert ins Zimmer traten.
"Vater, verzeih unser Eindringen, aber wir müssen etwas mit dir bereden. Einer der Stallknechte hat beobachtet, wie Estel ein Pferd gesattelt hat und davon geritten ist. Der Knecht sagt, es sah so aus, als würde er verreisen, denn er hatte wohl Gepäck und seine Waffen dabei. Niemand würde sich wohl etwas dabei gedacht haben, wenn es nicht so ausgesehen hätte, als bemühte er sich, möglichst wenig Aufsehen zu erregen - als würde er sich davon schleichen..." Elladan klang verwirrt. "Vater, weißt Du etwas davon? Ist etwas geschehen?"
Alarmiert stellte der Elbe den Weinkelch ab.
"Er ist fort? Wann war das?" Eine ungute Ahnung sagte ihm, dass er die Antwort nicht mögen würde.
"Vor etwa einer Stunde."
"Eine Stunde..." Er verstummte. Das war genau der Zeitpunkt, zu dem er im Garten mit Glorfindel über das Schicksal seines Pflegesohns geredet hatte. Sollte dieser womöglich gehört haben, was sie...? Aber das konnte doch nicht sein. Sie hätten ihn doch gehört. Das hatten sie bisher immer. Oder?
Elrond wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, doch sein Verstand sagte ihm, dass keine andere Möglichkeit in Frage kam. Wenn dem so war - und daran hatte er bereits jetzt so gut wie keinen Zweifel mehr - mußten die Dinge, die der junge Mann gehört hatte, für ihn wie ein Schock gewesen sein. Vor allem die Worte, die er über die Schwäche der Menschen gesagt hatte.
Bestürzt sah er auf.
Seine Söhne, die noch immer auf seine Antwort warteten, erkannten an seinem fortwährenden Schweigen, wie beunruhigt er war.
"Sollen wir ihm folgen?" Elladan wirkte, als würde er im nächsten Augenblick losstürmen wollen. Er hatte den jungen Menschen immer wie einen schutzbedürftigen jungen Bruder behandelt. "In wenigen Augenblicken können wir die schnellsten Pferde satteln lassen..."
"Nein!"
Elrond fiel ihm ins Wort und schüttelte den Kopf. Zu große Eile vermittelte seinem Pflegesohn zu aller Enttäuschung womöglich noch das Gefühl, wie ein Tier gejagt zu werden. Das jedoch war das allerletzte, was der Elbenherr jetzt wollte. Es war bereits genug Schaden durch seine Unüberlegtheit angerichtet worden. Zu Schlimmerem durfte er es jetzt nicht kommen lassen, auch wenn seine Söhne dies jetzt nicht begreifen würden. Er konnte ihnen nicht erklären, um was es hier ging. Noch nicht...
"Lasst ihn fortreiten. Vielleicht braucht er Zeit zum Nachdenken. Außerhalb von Bruchtal."
Sein Entschluss stand fest.
"Aber Vater..." Elrohir wollte sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden geben.
"Wir warten," sagte Elrond entschlossen und mit fester Stimme. Wenn er in drei Tagen nicht wieder hier ist, werden wir die Suche nach ihm aufnehmen. Bis dahin mag er einen eigenen Pfad beschreiten. Er ist alt genug dafür und weiß sich zu verteidigen."
Er sah das Unverständnis auf den Gesichtern seiner Söhne, doch sie ahnten nicht, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen war. Estels Schicksal musste den Lauf nehmen, der für ihn vorherbestimmt war. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch Estel war kein junger Elbe mehr, den man noch für längere Zeit unter seine Fittiche nehmen musste. Estel war ein Mann geworden.
"Geht." Er bemühte sich, zuversichtlich auszusehen. "Begebt euch zur Ruhe. Wir werden warten."
Die Zwillinge waren es gewohnt, den Anweisungen ihres Vaters zu gehorchen, daher verließen sie ihn widerstrebend, doch widerspruchslos.
Elrond sah, wie sich die Tür hinter ihnen schloß und hoffte, dass sie sich von der Zuversicht in seinen Worten überzeugen lassen würden. Er selbst spürte nichts davon und wußte, das es eine lange Nacht für ihn werden würde...
***
Legolas schwankte leicht und griff nach dem Stamm eines Baumes, um sich daran zu lehnen. Er fühlte sich unheimlich schwach und suchte die Kraft der Natur, um sich daran zu erinnern, dass er der undurchdringlichen Dunkelheit der Höhle entkommen war.
Die Zwerge hatten ihn dort für fünf Tage gefangen gehalten. Ohne Grund, einfach aus Spaß, um einen Elben zu quälen. Die Feindschaft zwischen Zwergen und Elben war Jahrtausende alt. Nur wenige konnten noch genau sagen, worauf sie sich begründete.
Legolas schauderte bei dem Gedanken, dass er immer noch in dieser Dunkelheit festsitzen würde, wenn er seine Flucht nicht dem glücklichen Umstand verdankt hätte, dass die Zwerge gerne mal einen über den Durst tranken. In einem unachtsamen Moment konnte Legolas den Rest seiner Kräfte mobilisieren und sein Gefängnis verlassen.
Er war in den Wald geflohen und konnte sofort wieder freier atmen, als er sich von Bäumen und dem freien Himmel umgeben sah. Aufgrund seiner Verletzungen, die ihm die Zwerge beigefügt hatten, war er so schwach, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Er legte sich auf den Waldboden und starrte in den Nachthimmel. Die Sterne beruhigten seinen verängstigten Geist und schenkten ihm das Licht, das er diese unendlich langen fünf Tage missen musste. Der Elbe fühlte, wie ein Stück der alten Kraft in ihn zurückkehrte.
Er lauschte den Bäumen und versuchte zu ergründen, wo genau er sich befand. Die Zwerge hatten ihn niedergeschlagen und er war für eine Weile ohne Bewusstsein gewesen. Jetzt versuchte er sich zu orientieren. Er lauschte, und während das Rauschen der Blätter seine Gedanken klärte, wusste er plötzlich, wo er war. Er befand sich nahe Bruchtal, dem Hause Lord Elronds.
Erschöpfung und Verletzungen forderten ihren Tribut und so ergab sich Legolas, in dem Wissen, nicht weit von einem elbischen Gefilde entfernt zu sein, der Bewusstlosigkeit und blieb im Schutz der niedrigen Bäume liegen.
***
Aragorn war schon eine Weile geritten, ohne zu überlegen, wohin er nun eigentlich gehen sollte. Die Enttäuschung war immer noch groß und er fühlte sich von den Elben, die er über alles liebte, verraten. Doch langsam ersetzte Ernüchterung das Gefühl. Objektiv betrachtet war alles, was die Elben getan hatten verständlich. Es tat weh, doch Aragorn konnte es nachvollziehen. Er war gezeichnet. Er war Aragorn, Sohn von Arathorn und Erbe von Isildur.
Isildur..., wie er jetzt erfahren hatte, ein Mann, der zu schwach gewesen war, um die Bedrohung durch die Dunkelheit abzuwenden und Saurons Macht für immer zu brechen, indem er den 'Einen Ring' vernichtete.
In ihm floss das gleiche Blut wie in Isildur. Er trug diese Schwäche in sich, eine Schwäche, die in allen Menschen zu fließen schien, die einmal die Macht eines Ringes gespürt hatten. Menschen strebten seit jeher nach der Macht. Selbst die neun großen Könige der Menschen, nahmen, blind vor Machtgier die Ringe von Sauron an, verfielen der Dunkelheit und wurden zu Ringgeistern.
Die Elben mußten ihn als den sprichwörtlichen Wolf im Schafsfell gesehen haben. Sie wussten nur nicht, wann das Dunkle in ihm zum Vorschein kommen würde.
Aragorn seufzte und hielt nach einem Rastplatz Ausschau. Er war müde. Müde all der dunklen Gedanken, die ihn befallen hatten, seit er unverhofft sein Schicksal aus Elronds Mund vernommen hatte. Vielleicht würde Schlaf ihm etwas Vergessen schenken, auch wenn nur für kurze Zeit.
Der junge Mann lenkte sein Pferd auf eine in der Nähe befindliche kleine Lichtung zu, um sich dort einen bescheidenen Lagerplatz einzurichten.
Als er sein Reittier anhielt, um abzusteigen, schnaubte es nervös und tänzelte einen Schritt zurück.
Aragorn, der wußte, wie sensibel die gut trainierten Pferde der Elben auf mögliche Gefahren reagierten, blieb im Sattel und tastete mit einer Hand nach seiner Waffe, während er angestrengt versuchte, das ihn umgebende Nachtdunkel mit seinen Blicken zu durchdringen. Doch außer ein paar vagen Schatten ließ ihn das Sternenlicht nicht viel erkennen.
Da das Pferd kein weiteres Zeichen von unmittelbar drohender Gefahr zeigte, sondern nun stillstand, beugte er sich langsam und vorsichtig vor, bis er dicht genug an den Kopf des Tieres herangekommen war, um ihm etwas zuzuflüstern.
"Was hast du? Zeig mir, was dich stört..."
Er gab dem Tier die Zügel frei, das daraufhin ein paar Schritte voranlief, um dann erneut stehen zu bleiben und irritiert zu schnauben.
Aragorn saß reglos im Sattel und lauschte, doch außer dem Rauschen des Windes in den Bäumen und dem fernen Murmeln eines Baches in der Nähe war nichts Ungewöhnliches zu vernehmen. Er beschloß, sich in der Umgebung genauer umzusehen.
Bereits im Absteigen zog er so geräuschlos wie möglich sein Schwert, dann wand er die Zügel um die Zweige eines nahestehenden Busches und bewegte sich leise und verstohlen über die Lichtung.
Zunächst deutete nichts darauf hin, dass sich außer ihm, seinem Pferd und ein paar aufgeschreckten Nachtfaltern noch etwas anderes Lebendiges in der Nähe befinden könnte, doch dann sah er schließlich in einiger Entfernung etwas Helles liegen.
Er blieb stehen.
Was auch immer es war - es bewegte sich nicht, und obwohl es sich hierbei auch um eine gut getarnte Falle handeln konnte, beschloss er, sich das Ganze genauer zu betrachten.
Vorsichtig Schritt um Schritt setzend näherte er sich dem hellen Etwas, bis er schließlich auf Armeslänge herangekommen war. Entgeistert blieb er stehen, als er erkannte, dass vor ihm der zusammengerollte, reglose Körper eines Lebewesens lag. Es waren die hellen Haare, die - vom Sternenlicht beleuchtet - hell in der Dunkelheit geschimmert hatten.
Das mußte der Grund für die Unruhe seines Pferdes gewesen sein!
Langsam trat Aragorn an den liegenden Fremden heran, kniete sich neben ihn und drehte ihn auf den Rücken. Fast wäre er zurückgeprallt, als er unter dem silbrig schimmernden Haar des jungen Mannes dessen spitze Ohren erblickte.
Ein Elbe!
***
wird fortgesetzt
### Okay, das war also unser erstes Kapitel. Es sind schon drei weitere fertig, doch wenn kein Interesse besteht, lassen wir das mit dem Veröffentlichen. War nur mal so ein Versuch, ein paar mehr Leute zu erreichen. Wollt ihr mehr??? Dann schreibt ein paar Reviews und wir wissen was Sache ist! ;)
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