Gewidmet meinen Feedbackgebern/innen - durch euch ist aus einem Kapitel ein ganzes Epos geworden!

DeathAngelKari, trallala, Draugi, Mysterie, Natalie und LilaWolken - und ein paar coole "Guests".


Prolog: Sonnengedanken

Licht ergießt sich übers Kopfkissen und spielt mit ihren Haaren. Beinahe strecke ich die Hand nach diesem Kontrast aus, nach einer unwirklichen Realität.

Ich atme diesen stillen Frieden ein. Darcy träumt. Ich sehe ihre Augenlider flattern. In diesen frühen Morgenstunden sehe ich ihr beim Schlafen zu.

Gelegentlich strecke ich die Hand aus und streiche ihr über die Wange - es bringt sie zum Lächeln - und staune darüber wie sich meine blaue Haut von ihrer weißen abhebt. Ansonsten habe ich mich seit über zwei Stunden nicht mehr bewegt, denn sie hat einen leichten Schlaf. Ich habe ohnehin kein Bedürfnis aufzustehen – mein Gefühl sagt mir, es ist nicht einmal sechs Uhr morgens. Lieber möchte ich mir jede einzelne Welle ihres Haares einprägen und jede Bewegung ihres Mundes festhalten.

Vor nicht einmal drei Monaten hätte ich nicht geglaubt, mich jemals – geschweige denn in naher Zukunft - in ihrem Bett zu befinden. Ich glaubte nicht, dass Darcy mich erhören würde. Zum Anderen: Ich im Bett einer Frau, die nicht meine ist – niemals. Thor vielleicht, aber ich nicht. Es ist natürlich nichts Unschickliches zwischen uns beiden vorgefallen, aber es geht um das Prinzip. Wie soll ich das ihrem Vater erklären? Darcy hat mir zwar versichert, dass ihr Vater zu weit weg wohnt um an meinem Verhalten Anstoß zu nehmen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht alles unternimmt die Ehre seiner Tochter gegen jegliche Übergriffe zu verteidigen und einen Verehrer aus ihrem Bett zu schmeißen. Ich würde es tun, wäre ich an seiner Stelle. Darcy aber behauptet in ihrer Kultur seien die Frauen selbst dafür verantwortlich. Die Vorstellung dieses hilflose Geschöpf, dessen Lächeln meine Knie weich werden lässt, müsse sich allein gegen die niederen Motive von Männern zur Wehr setzen, weckt das Bedürfnis in mir, sie zu packen und weit, weit wegzubringen.

Trotzdem fühle ich mich direkt neben ihr viel zu wohl um den Anstand zu besitzen zu gehen. Ich schaffe es nicht einmal die Decke über ihre entblößte Schulter zu ziehen. Wie immer untergräbt ihre bloße Anwesenheit alle meine Pläne, die Jahrhunderte lang ganz wunderbar funktioniert haben.

„Hm", macht sie plötzlich. Darcy behält die Augen geschlossen, aber zieht die Augenbrauen zusammen, in einem Versuch noch nicht aufzuwachen. Dann streckt sie die Hand aus und ertastet sich meinen Arm. Mit einem zufriedenen Grinsen zieht sie ihn heran.

Es fällt mir nicht schwer darüber zu lachen.

Erschrocken öffnet sie die Augen. Eine altbekannte Unsicherheit flackert in ihrem Blick. „Hast du mich die ganze Zeit beobachtet?" Hastig fasst sie sich ins Haar und stöhnt auf, als sie das Wirrwarr ertastet. Ich öffne den Mund um ihr erneut zu erklären, dass sie mir so am besten gefallen, aber es ist müßig, denn Darcy wird auch diesmal nicht bereit sein, mir zu glauben. Darum nehme ich stattdessen besagte Hand, küsse sie kurz und stehe auf: „Frühstück?", frage ich.

„Ich steh nicht auf.", informiert sie mich.

Ich werfe ihr einen amüsierten Blick zu. „Bekommst du heute nicht dein Auto?"

„Äh.", setzt sie an. „Oh." Ihre Augen werden rund. Plötzlich ist sie auf und durch die Tür. „Ich muss zuerst ins Bad!", höre ich sie im Flur rufen.

Daraufhin teleportiere ich mich direkt ins Bad. Ich weiß im Voraus, ich werde diesen Konflikt verlieren, denn ich habe keine Chance gegen ihr süßes Schmollen, aber das hält mich nicht davon ab ihre hinreißenden Versuche zu genießen, mich aus dem Raum zu schieben.

Ein paar nicht ernst gemeinte Argumente wie „Geh und mach Kaffee!" oder „Du musst ja nicht in die Uni und außerdem brauchst du ne ganze Stunde! Hallo?! Ne Stunde!" später, mache ich ihr Frühstück. Oder wie auch immer man es nennt, wenn man lediglich Eier in die Pfanne schlägt.

Ich weiß, die Zeit mit Darcy ist ein Augenblick, ein Aufatmen während dem Kampf, und es kann nicht für immer sein. Ich gebe uns beiden kein Jahr, dann wird sie – enttäuscht von dem, was ich wirklich bin – gehen. Und sie täte recht daran. Sollte unsere Beziehung länger bestehen, dann nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem uns meine Lebensumstände einholen. Und spätestens Darcys Tod wird den Schlussstrich setzen.

Äußern würde ich diesen Verdacht ihr gegenüber niemals, denn in jugendlicher Beharrlichkeit glaubt sie, dass wir alles schaffen können, solange wir nur zusammen sind. Ich wünsche mir ihren Optimismus. Aber meine Erfahrung sagt mir, dass ein Tag wie dieser einzigartig ist.

Und weil dieses Glück so zerbrechlich ist, halte ich es fest, solange ich kann.