FF Wettbewerb
Die Kälte kroch zwischen den Ritzen des alten Gemäuers hindurch und ließ den Schweiß auf ihrem Rücken und ihrer Stirn langsam trocknen.
Es war diese kurze Pause des Kampfes, die sie Luft schöpfen und einen Entschluss fassen ließ. Sie musste es beenden. Für immer.
Ians Körper, den sie an sich gedrückt hielt, darauf bedacht, ihm jede Bewegungsfreiheit zu rauben, wärmte sie. Seine Bartstoppeln kratzten ihr an den Händen und Handgelenken. Sie spürte, wie ihre Fesseln ihm in den Hals schnitten.
Sie hatte ihn einst, entgegen besseren Wissens, geliebt. Er war faszinierend gewesen, wie die Flammen eines Feuers faszinierend sind. Aber er war auch genauso gefährlich.
Und dies hatte sie letztlich eingeholt.
Er war ausgebrochen, aus dem Gefängnis, um sie zu töten. Um Rache an der Frau zu nehmen, die ihm das Liebste genommen hatte.
Nun aber war sie es, die sein Leben in ihren Händen hatte. Und ihr Entschluss war gefallen. Sie würde es hier und jetzt beenden.
Er hatte sie verfolgt, gequält, gebrandmarkt. Da spielte es keine Rolle ob und was sie einmal für ihn gefühlt hatte.
Die Wut erhärtete ihren Entschluss, doch genau in diesem Moment - als ihre Fesseln etwas tiefer in seinen Hals schnitten – ging das Licht aus.
Das sind sie. Sie haben mich gefunden. Sie kommen, um mich zu retten.
Und sie zog zu. Mit aller Kraft und aller Wut, die sie aufbringen konnte. Tränen rannen über ihr Gesicht. Instinktiv griff er sich an die Kehle, versuchte ihre Hände wegzuzerren, doch sie hielt eisern dagegen.
„Ich habe dich besiegt, Ian", keuchte sie.
Aus seiner Kehle drang nur ein heiseres Krächzen. Wie hätte er auch sprechen können, schließlich drückte sie mit aller Gewalt auf seinen Schildknorpel und somit auch auf seine Stimmbänder.
Dies war ihr mit einer Klarheit bewusst, die sie verwunderte. Unverbindliche Fakten beherrschten ihre Sinne, als sie spürte, wie das Leben aus Ian Doyle entwich und ihr war klar, dass dies bloß ein Abwehrmechanismus ihres Gehirns war. Irgendwann später würde die Realität sie einholen. Doch nun täuschte diese kalte Nüchternheit über die Grausamkeit dieser Tat hinweg.
Das war alles, was momentan zählte.
Noch einmal krächzte er, rang nach Luft, wollte ihre Hände wegziehen. Doch seine Kraft schwand, bald würde es zu Ende sein.
Sie konnte Schüsse hören. Ganz in der Nähe. Nicht mehr lange und ihr Team hätte sie erreicht.
Ein letztes Mal zog sie noch etwas fester und auf einmal spürte sie, wie sein Kopf nach vorne kippte. Seine gesamte Muskulatur erschlaffte.
Der Gestank nach Urin und Kot breitete sich just in dem Moment aus, als die Tür aufgetreten wurde.
Sie ließ den toten Körper los, erhob sich aus der knienden Position und stolperte einige Schritte zurück.
Starke Arme fingen sie auf.
Das letzte, was sie hörte, war die Stimme von Derek Morgan, die leise ihren Namen flüstern.
Dann wurde sie von der Dunkelheit übermannt.
