Tach, Leute! Was lange währt, wird (hoffentlich) endlich gut: Dies ist die Fortsetzung zu "Sirius Black und das Geheimnis der Peitschenden Weide" und "Sirius Black und der Diener des dunklen Lords" und damit der drei Teil meiner Sirius-Black-Reihe. Updates gibt's wie üblich immer samstags.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und freue mich wie immer über Reviews! ;)
DISCLAIMER: WELT UND PERSONEN GEHÖREN J. K. ROWLING.
Sirius Black und die Abgründe der Nokturngasse
Godric's Hollow
Sirius Black saß an seinem Schreibtisch und schrieb an einer Rolle Pergament. Um ihn herum stapelten sich seine Schulbücher ohne erkennbare Ordnung übereinander, dazwischen lagen unterschiedliche Ausgaben des Tagespropheten.
Neuigkeiten von den Wimbourner Wespen, verkündete ein Artikel
Völlig überraschend ist ein bisher weitgehend unbekannter Reservespieler als Treiber in das Team aufgenommen worden. Nachdem in der letzten Saison...
Der Rest des Artikels wurde von Praktische defensive Magie und ihr Einsatz gegen die dunklen Künste Band eins verdeckt.
Landsitz der Familie Lestrange durchsucht, lautete die Schlagzeile einer anderen Zeitung.
Als Mr. Lestrange (sr.) gestern Morgen die Haustür seines Landsitzes öffnete, dürfte er nicht schlecht gestaunt haben, denn statt eines beschaulichen Spazierganges erwartete das ehemalige Oberhaupt der Lestrange-Familie eine Patrouille der magischen Strafverfolgung. Nach den Gerüchten, die sich über die Machenschaften seines ältesten Sohnes und nunmehr Oberhaupt der Lestrange-Familie, Rodolphus, und seine Frau Bellatrix geb. Black...
Über der restlichen Zeitung lag aufgeschlagen Verwandlungen für Anfänger von Emeric Wendel, dessen Zeilen Sirius immer wieder kurz überflog, bevor er weiter auf sein Pergament kritzelte.
Es war mitten in den Sommerferien und Sirius Black machte Hausaufgaben. Dies war höchst ungewöhnlich für den größten Unruhestifter von Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, aber es gab Dinge, die Sirius Black noch weniger mochte als Unterricht und Hausaufgaben. Der Grund, weshalb er sich an diesem schönen Sommertag in seinem Zimmer unter Büchern vergrub, saß gerade unten im Salon, trank eine Tasse Tee und aß Kuchen.
Walburga Black war in den letzten Wochen viel unterwegs gewesen. Sie hatte fast die ganze letzte Woche bei ihrer Schwägerin verbracht und davor hatte sie den Malfoys mehrere längere Besuche abgestattet und einige Tage bei Bellatrix und Rodolphus Lestrange verbracht. Sirius war ihre Abwesenheit nur recht gewesen, denn gerade jetzt konnte er sich keinen Ärger erlauben (und den gab es beinahe zwangsläufig, wenn seine Mutter und er längere Zeit in einem Raum verbrachten). Wie letztes Jahr hatte James Potter, Sirius' bester Freund in Hogwarts, ihn nach Godric's Hollow eingeladen. Doch Orion Black hatte den Besuch nur unter einer Bedingung erlaubt: dass Sirius sich bis dahin tadellos benahm. Normalerweise hatten Drohungen keinerlei Auswirkungen auf Sirius' Benehmen, aber die Aussicht darauf, dem Grimmauldplatz für zwei Wochen zu entfliehen, war so verlockend, dass er sich bisher tatsächlich zusammengerissen hatte.
Die Treppe hatte sich nicht in eine Rutsche verwandelt, wenn Regulus gerade mitten auf dem Weg nach unten war. Der Spiegel seiner Mutter hatte keine spitzen Kommentare über ihre Figur abgegeben, wenn sie sich vor ihm begutachtete. Während der wenigen Mahlzeiten, die die Familie zusammen eingenommen hatte, war Sirius noch kein einziges Mal auf sein Zimmer geschickt worden. Der Salon war diese Ferien noch kein einziges Mal von einer herumstreunenden Katze verwüstet worden und zwischen Walburga Blacks Umhängen war noch kein Filibuster-Knaller aufgetaucht.
Wenn Walburga Black außer Haus war, strich Sirius unruhig durch den Grimmauldplatz, verhexte Kreacher, um seine Langeweile zu vertreiben und verbot ihm hinterher, jemandem davon zu erzählen, oder er spielte Quidditch mit Regulus.
Wenn Walburga Black im Haus war, verbrachte er den Tag in seinem Zimmer, machte Hausaufgaben, las in seinen Büchern über Verteidigung gegen die Künste (und stellte sich vor, die Flüche an den Slytherins auszuprobieren) oder kämpfte sich durch unverständliche Texte über Verwandlung, von denen er hoffte, dass sie für ihr Animagi-Projekt hilfreich waren.
Am schwierigsten wurde es für Sirius, wenn er gezwungen wurde, seine Isolation aufzugeben. Er beobachtete Orion und Walburga Black genau und achtete auf jedes Zeichen, das Ärger bedeuten könnte. Er versuchte, sich an alle Regeln zu halten, die er jemals gelernt hatte, aber jedes Mal verstieß er wieder gegen eine neue. Er saß nicht gerade. Seine Haare waren zu lang. Er vergaß, um Erlaubnis zu bitten, bevor er aufstand. Sein Umhang war zerknittert. Sein Ton war frech, sein Grinsen unverschämt, seine Kommentare unpassend.
Nach einer Stunde Abendessen fühlte sich Sirius erschöpfter als nach zwei Stunden hartem Quidditch-Training. Es war frustrierend. Alles in ihm schrie danach, einfach aufzustehen und zu gehen. Er hasste es, zuzuhören zu müssen, wie seine Mutter abfällig über Schlammblüter und Blutsverräter sprach, es langweilte ihn zu Tode, wenn sein Vater von irgendwelchen Verhandlungen im Ministerium erzählte, und er war kurz davor, sich auf seinen Teller zu übergeben, sobald die Rede auf das reine Blut kam.
Aber er blieb sitzen, biss die Zähne zusammen, sagte nichts, benahm sich, wie es vom Erben der Blacks erwartet wurde, und fragte sich, wie Regulus nur so wirken konnte, als gäbe es nichts Einfacheres auf der Welt, als mit Orion und Walburga Black an einem Tisch zu sitzen, an den richtigen Stellen zustimmend zu nicken, die richtigen Fragen zu stellen und zur rechten Zeit das Richtige zu sagen und ein Lächeln von Walburga und ein paar lobende Worte von Orion zu ernten. Nur noch ein paar Tage. Das kann doch nicht so schwer sein. Regulus schafft es immerhin schon seit Wochen, um nicht zu sagen, Monate, Jahre...
„Cygnus und Druella haben uns für morgen zum Tee eingeladen."
Sirius verschluckte sich und musste husten.
„Uns alle?", krächzte er. Wenn Bellatrix da ist, bin ich geliefert. Walburga warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
„Natürlich haben sie uns alle eingeladen. Und du wirst mitkommen und dich deinem Onkel und deiner Tante gegenüber gefälligst besser benehmen als beim letzten Mal."
Das letzte Mal hatte Sirius Onkel Cygnus und Tante Druella an Weihnachten gesehen. Damals hatte er sich mit Bellatrix, ihrer ältesten Tochter, duelliert – sie waren nicht gerade begeistert von ihm gewesen. Waren sie das jemals?
„Das wird er, nicht wahr, Sirius?"
Ein warnender Unterton schwang in Orion Blacks Stimme mit.
„Ja, Vater."
Sirius zwang sich, nicht daran zu denken, dass Onkel Cygnus Andromeda verstoßen und geschworen hatte, sie umzubringen, sollte sie jemals wieder in die Nähe ihrer Familie kommen. Nur noch ein paar Tage. Dann bin ich in Godric's Hollow.
Zu seiner Erleichterung stellte Sirius fest, dass Bellatrix nicht da war. Dafür jedoch Lucius Malfoy. Er unterhielt sich gerade leise mit Cygnus, als sie hereinkamen. Sirius hatte nicht die geringste Ahnung, was er bei einem ganz normalen Familientreffen der Blacks zu suchen hatte, aber außer ihm schien sich niemand über seine Anwesenheit zu wundern. Er warf Regulus einen fragenden Blick zu, aber sein Bruder ignorierte ihn. Dann kam Tante Druella und führte sie zum Tisch. Nachdem sich alle gesetzt hatten, brachte der Hauself den Kuchen herein und Tante Druella schenkte ihnen allen Tee ein.
Sirius saß zwischen seinem Vater und Regulus und war froh, dass er von niemandem angesprochen wurde. Orion unterhielt sich mit Cygnus, Walburga tratschte mit Druella und dazwischen saßen Narzissa und Malfoy, aßen Kuchen, tranken Tee, nickten mal hier und mal da und flüsterten zwischendurch miteinander.
Sirius behielt die ganze Zeit über die Uhr im Auge. Allzu lange konnten sie nicht bleiben, schließlich hatte Tante Druella sie nur zum Tee und nicht zum Abendessen eingeladen. Als Walburga sagte „Ah, es ist gleich Zeit...", atmete Sirius erleichtert auf. Doch niemand machte Anstalten, aufzustehen und sich zu verabschieden. Stattdessen waren alle Augen auf den Kamin gerichtet. Sekunden später loderte das Feuer auf, färbte sich grün und niemand anders als Abraxas Malfoy trat aus den Flammen. Cygnus ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.
„Abraxas, genau zur richtigen Zeit, wie immer."
Abraxas Malfoy lächelte.
„Ich hatte noch ein Gespräch mit dem Minister, es ging um diese unglückliche Sache mit den Lestranges... Aber die Familie geht natürlich vor."
Er setzte sich zu Cygnus und Orion an den Tisch. Sirius bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Abraxas Malfoys aalglattes Benehmen verursachte bei ihm einen akuten Würgereiz. Aber es beachtete ihn ohnehin niemand, denn kaum hatte sich sein Vater gesetzt, stand Lucius Malfoy auf und klopfte auf den Tisch.
„Da wir jetzt endlich alle vollzählig sind, habe ich keinen Grund, noch länger zu warten", sagte er. „Ich hoffe, ihr verzeiht mir meine Ungeduld."
Er warf ein entschuldigendes Lächeln in die Runde und bekam verständnisvolles Lächeln und hie und da ein wissendes Augenzwinkern zurück. Sirius runzelte die Stirn.
„Hiermit möchten Narzissa und ich unsere Verlobung bekannt geben. Und wir hoffen sehr auf eure Zustimmung."
„Und die habt ihr!", dröhnte Cygnus und schlug Lucius Malfoy auf die Schulter. „Ich habe mich schon gefragt, wie lange du es noch warten willst."
Abraxas gab seinem Sohn die Hand.
„Gratuliere, Lucius." Er warf einen Blick auf Narzissa und fügte lächelnd hinzu: „Eine ausgezeichnete Wahl."
Narzissa hörte es und wurde rot, aber sie lächelte ebenfalls.
Orion Black trat als nächstes an Lucius Malfoy heran.
„Eine ausgezeichnete Wahl auch von Narzissa", bemerkte er. „Du hast sie dir wirklich verdient, Lucius."
Er nickte dem jungen Mann anerkennend zu. Sirius, der hinter seinem Vater stand, hustete vernehmlich. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er lachen oder weinen sollte. Orion Black runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Sirius bemerkte, dass er vorsichtig sein musste. Denk an Godric's Hollow. Reiß dich zusammen! Er streckte Lucius Malfoy seine Hand entgegen.
„Gratuliere, Malfoy. Ihr..." Er suchte nach einem unverfänglichen Kommentar. „Ihr passt gut zusammen."
Lucius Malfoy hob eine Augenbraue. Er sah sich schnell um, dann beugte er sich vor.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das aus deinem Munde ein Kompliment oder eine Beleidigung ist, Black", sagte er so leise, dass nur Sirius ihn hören konnte. Dieser lächelte charmant.
„Such es dir aus, Malfoy."
Er trat zur Seite, um Regulus vorbeizulassen, der ganz wild darauf war, Malfoy und Narzissa zu gratulieren. Er mochte Narzissa und er bewunderte Malfoy. In seinen Augen konnte es keine bessere Verbindung geben.
Malfoy ist all das, was du nicht bist, wisperte eine Stimme in Sirius' Kopf. Er ist sich seiner Reinblütigkeit bewusst und er ist stolz darauf und sein Vater ist stolz auf ihn. Regulus wusste das. Und alle anderen Anwesenden wussten es auch.
Sirius stand am Fenster seines Zimmers und starrte nach draußen. Er hatte es tatsächlich getan. Er hatte den ganzen Abend über nichts gesagt. Nun ja, fast nichts. Natürlich hatte er geantwortet, wenn er angesprochen worden war, aber nur das, was von ihm erwartet wurde. Er hatte kein einziges Wort zu viel gesagt. Er hatte befürchtet, dass ihm etwas entschlüpfen könnte, was er später bereuen würde. Also hatte er den ganzen Abend finster vor sich hingestarrt und sich auf die Zunge gebissen. Es gab nichts, was Orion und Walburga Black ihm vorwerfen konnten. Vielleicht hatte er das eine oder andere Mal an der falschen Stelle verächtlich den Mund verzogen, aber er hatte Andromeda nicht ein einziges Mal erwähnt, sogar dann nicht, als Onkel Cygnus anfing, von seinen zwei reinblütigen Töchtern zu schwärmen. Er hatte alles richtig gemacht und trotzdem fühlte er sich unbehaglich. Aber daran wird sich auch nichts ändern, wenn du noch länger zögerst. Sirius verließ sein Zimmer und ging die Treppe hinunter.
Die Tür schwang von alleine auf, kaum dass er geklopft hatte.
„Ah, Sirius." Orion Black stellte ein altes Buch ins Regal zurück. „Da bist du ja."
„Du wolltest mit mir sprechen, Vater."
„Ja, in der Tat." Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, so als hätte Orion Black mit einer Antwort von Sirius gerechnet. „Kannst du dir vorstellen, um was es geht?", fragte er schließlich, als sein Sohn keine Anstalten machte, etwas zu erwidern.
„Ich befürchte, du wirst es mir gleich sagen."
Sirius hatte schon genug Gespräche erlebt, die so angefangen hatte und nicht gut ausgegangen waren. Orion Black warf ihm einen halb erstaunten, halb ärgerlichen Blick zu.
„Es geht um deinen Besuch bei den Potters."
Augenblicklich hatte Orion Black Sirius' volle Aufmerksamkeit. Drei Wochen war er jetzt schon im Grimmauldplatz. Die Hälfte der Ferien war vorbei. Es waren keine besonders fröhlichen Ferien gewesen, aber vermutlich waren sie besser als die Sommerferien im Jahr davor. Abgesehen von den üblichen Auseinandersetzungen mit Walburga Black am Anfang der Ferien und der Unannehmlichkeit, den Gegenwert eines jeden Briefes, den Hogwarts an den Grimmauldplatz geschickt hatte, durch Orion Blacks Zauberstab zu erfahren, waren sie überraschend ruhig verlaufen. Und überaus langweilig, weil Sirius sich zusammengenommen hatte, um die Potters in Godric's Hollow besuchen zu dürfen. Ich hoffe, das war es wert, James. Und ich hoffe, es hat gereicht.
„Ja, Vater?", zwang er sich, ruhig zu sagen. Orion Black hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt. Obwohl Sirius ihn so überragte, fühlte er sich dadurch nicht größer.
„Ich habe dein Verhalten in den letzten Wochen beobachtet, Sirius. Es war ganz...passabel. Du hast dir Mühe gegeben. Meistens jedenfalls."
Er machte eine Pause. Sirius hielt die Luft an und versuchte gleichzeitig, gelassen zu wirken. Orion Black betrachtete ihn amüsiert.
„Ich halte mein Wort. Du darfst die Potters besuchen."
Sirius fühlte sich plötzlich ganz leicht, als hätte man ihm gerade eine schwere Last von den Schultern genommen. Er merkte nicht, dass seinen Augen glänzten und er lächelte, offen und ehrlich, wie man es schon lange von ihm nicht mehr im Grimmauldplatz gesehen hatte, als sein Vater fortfuhr: „Für fünf Tage."
Falls er sich gerade leicht wie im Flug gefühlt hatte, so fühlte er sich jetzt, als wäre er beim Quidditch aus 15 Meter Höhe abgestürzt und auf dem härtesten Teil des Spielfeldes gelandet.
„Fünf...fünf Tage?", wiederholte er ungläubig. Letztes Jahr war er zehn Tage bei den Potters gewesen. Und da hatte er die ganzen Ferien über Regulus verhext und sich mit seiner Mutter gestritten.
Orion Black runzelte die Stirn.
„Ich sagte, passabel, Sirius, nicht perfekt. Oder zufriedenstellend."
Drei Wochen. Drei ganze verdammte Wochen... Sirius hätte am liebsten geschrien, doch dann würde er überhaupt nicht nach Godric's Hollow kommen.
„Was wirfst du mir vor, Vater?", stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Orion Black, der die Angelegenheit anscheinend schon als erledigt betrachtet hatte, warf ihm einen erstaunten Blick zu.
„Ich dachte, das sei offensichtlich, Sirius."
„Offensichtlich nicht."
„Du hast dich an die Regeln gehalten, meistens zumindest, das stimmt. Aber von einem Black und ganz speziell von dem Erben erwartet man mehr als das."
„Was erwartet man? Ich kann mich nicht an Regeln halten, die ich nicht kenne."
Orion Black warf ihm einen strengen Blick zu.
„Stell dich nicht dumm, Sirius. Du bist intelligent genug um zu wissen, was ich dir sagen will. Schau dir deinen Bruder an. Er weiß genau, was von ihm erwartet wird und er verhält sich dementsprechend."
„Ich bin nicht Regulus."
„Nein." Orion Black stand auf. „Und das sollst du auch nicht sein. Er ist der Zweitgeborene, du bist der Erbe. Und sobald du das akzeptierst und dementsprechend handelst, wird dir jeder in der Zaubererwelt größten Respekt entgegen bringen. Momentan ist das aber nicht der Fall", fügte er mit merklich kühlerer Stimme hinzu. „Fünf Tage, Sirius."
Der schwarzhaarige Junge wusste, dass er entlassen war. Orion Black würde sich auf keine weitere Diskussion einlassen. Zurück in seinem Zimmer griff er als erstes nach einem etwas mitgenommen aussehenden Taschenspiegel, der zwischen seinen Hogwartssachen versteckt war.
„James Potter."
Eine Sekunde später erschien James' Gesicht im Spiegel.
„Sirius!"
Er lächelte.
„James, ich..."
„Augenblick!"
James schien sich umzusehen. Dann nahm sein Gesicht einen konzentrierten Ausdruck an, er murmelte etwas und nur einen Augenblick später hörte Sirius gedämpftes Geschrei. James grinste über das ganze Gesicht.
„Volltreffer", berichtete er und grinste noch breiter.
„Was hast du gemacht?", wollte Sirius mächtig interessiert wissen.
„Mum und Dad machen eine Grillparty", James verdrehte verächtlich die Augen, „und ich habe es gerade Wasserbomben über ihnen regnen lassen. Ich glaube, der Grill ist ausgegangen."
„Na und? Dann machen deine Eltern ihn eben wieder an."
James lächelte listig.
„Geht nicht. Es sind Muggle-Leute aus dem Dorf dabei. Dad muss ihn nach Muggle-Art wieder anmachen – und ich glaube, das kann er nicht."
Sirius lachte.
„Das würde ich gerne sehen!"
James lachte auch.
„Ja, es ist lustig...oh, jetzt macht einer der Muggle den Grill an. Schade..." Er wandte sich enttäuscht ab. „Und, gibt's was Neues bei dir?", wollte er wissen.
„Ich kann morgen nach Godric's Hollow kommen."
James strahlte.
„Endlich! Darauf warte ich schon die ganzen Ferien! Darfst du diesmal länger bleiben? Ich hab jede Menge Ideen, was wir alles machen können! Ich hab ein paar interessante Bücher für unser Projekt entdeckt und Remus ist einverstanden, dass wir ihn besuchen kommen, und..."
„Ich kann nur fünf Tage bleiben."
Das Lächeln gefror auf James' Gesicht.
„Was?", entfuhr es ihm. „Aber das letzte Mal dürftest du doch doppelt so lange bleiben. Und ich dachte, du hast dich diese Ferien 'benommen'."
„Hab ich auch." Sirius' Gesichtsausdruck wurde düster. „Ich hab mich die letzten drei Wochen verhalten, wie man es vom Erben der Blacks erwartet." Seine Stimme triefte vor Verachtung, als er seinen Familiennamen aussprach. „Aber Vater..."
Er zuckte mit den Schultern. Vom Erben der Blacks erwartet man mehr als das. Gespielt fröhlich fuhr er fort: „Hey, besser fünf Tage als gar nichts, oder? Kann ich jetzt morgen kommen oder muss ich noch eine Eule nach Godric's Hollow schicken und auf die offizielle Antwort der Potters warten?"
James machte eine rüde Geste in Richtung des Spiegels.
„Ich erwarte dich spätestens zum Frühstück, Kumpel"
Sirius saß in James' Zimmer, blätterte gedankenverloren in einem Quidditch-Magazin, ohne das Geschriebene jedoch wirklich wahrzunehmen, und lauschte. Neben ihm stand Remus' Kassettenrekorder und spielte eben jene Kassette ab, die Remus Sirius vor knapp acht Monaten geschenkt hatte. Remus selbst saß ein paar Meter entfernt und las in einem Buch. Von Zeit zu Zeit warf er jedoch einen misstrauischen Blick auf Sirius und den Rekorder. Es war sein eigenes Gerät und er hatte nicht vor, es sich von Sirius kaputt machen zu lassen, der von Muggle-Dingen ungefähr so viel Ahnung hatte wie Remus' Muggle-Mutter vom Zaubern.
Sirius bemerkte Remus' Blicke nicht. Er war fasziniert. Musik wie diese hatte er noch nie gehört. Sie hatte überhaupt nichts mit dem langweiligen Geleier zu tun, das er von zu Hause kannte. Sie waren nicht mal mit den Crushing Bones vergleichbar, die momentan immer öfter im Magischen Rundfunk zu hören waren. Diese Musik war besser. Wilder. Sirius mochte sie.
Die Tür ging auf und Mrs. Potter kam herein.
„Ach, hier seid ihr", meinte sie, als sie die beiden Jungen bemerkte. „Ich habe mich schon gefragt, wo der Rest von euch steckt." Sie hob James' dreckige Quidditch-Umhänge auf und stopfte sie in den Korb, den sie unter den Arm geklemmt hatte. „Ihr habt euch aber doch hoffentlich nicht gestritten, oder?"
Sirius und Remus schüttelten lebhaft die Köpfe.
„Nein, Mrs. Potter. James und Peter hatten nur keine Lust, die Kassette anzuhören", erklärte Remus.
„James kann nie länger als fünf Minuten zuhören, wenn es nicht gerade um Quidditch geht", setzte Sirius frech hinzu. Mrs. Potter lachte.
„Ich fürchte, da hast du Recht." Bevor sie ging, steckte sie noch einmal die Kopf durch die Tür und flüsterte verschwörerisch: „Seid vorsichtig, wenn ihr runtergeht. Ich glaube, James plant etwas."
James plante in der Tat etwas. Aber da Mrs. Potter sie vorgewarnt hatte, hielt Sirius seinen Zauberstab schon bereit, als sie die Treppe heruntergingen. Kaum meinte er, hinter eine Ecke eine Bewegung wahrzunehmen, richtete er seinen Zauberstab darauf und rief: „Rictusempra!"
Er kannte niemanden, bei dem Kitzelfluch so gut wirkte wie bei seinem besten Freund. Aber es war nicht James, der sich vor Lachen den Bauch haltend um die Ecke gestolpert kam, sondern Peter.
„Haha, daneben, Sirius!", rief eine Stimme von der anderen Seite. „Glisseo!"
Die Stufen unter Sirius und Remus verschwanden und zusammen rutschten sie laut polternd die nicht mehr vorhandene Treppe hinunter. Noch bevor sie unten angekommen, richtete Sirius seinen Zauberstab auf James und schrie: „Tarantallegra!"
James, eben noch überaus selbstzufrieden grinsend, duckte sich hastig und der Fluch traf stattdessen ein paar Zauberumhänge, die an der Wand hinter der Tür hingen. Sofort fingen sie an, wild hin- und herzuschlackern, und mit einem lauten Klirren fiel eine Blumenvase samt Inhalt von der Kommode herunter. Falls James den Unfall bemerkt hatte, so ließ er sich nichts anmerken. Er lachte laut.
„Schon wieder daneben, Sirius! Wirst du langsam? Petrificus Totalus!"
Sie feuerten ihre Flüche gleichzeitig ab. Sirius' Wabbelbeinfluch und James' Ganzkörperklammer prallten aufeinander und schossen in verschiedene Richtungen davon. Einer zerschlug das Fenster, der andere ließ den Spiegel über der Kommode Wellen schlagen.
„Cooler Effekt", meinte James, während er den Spiegel begutachtete. „Ich schätze, das war der Wabbelbeinfluch."
„WAS IST DENN HIER LOS?"
„Oh...äh...hi, Mum..."
James versuchte unschuldig zu lächeln, während der Spiegel neben ihm munter vor sich hin wabbelte und die Umhänge immer noch um sich schlugen.
„James Potter, du erklärst mir jetzt auf der Stelle, was hier los ist! Habt ihr euch etwa duelliert?"
„Keine Sorge, Mum, ich bringe das wieder in Ordnung..."
James hob den Zauberstab.
„So ganz sicher nicht!"
Mrs. Potter streckte fordernd die Hand aus.
„Och, Mum, muss das sein...?"
„Sofort, James."
Mürrisch gab James seiner Mutter den Zauberstab. Gnadenlos ließ ihn Mrs. Potter unter ihrem Umhang verschwinden.
„Wenn ich wiederkomme, will ich, dass hier alles tiptop aufgeräumt ist. Habe ich mich klar ausgedrückt, James?"
„Ja, Mum..."
„Gut."
Im Vorbeigehen schwang sie ihren Zauberstab und die Umhänge hörten auf, um sich zu schlagen, und der Spiegel wurde wieder glatt.
„Noch ein Schlenker mehr und die Scheibe und die Vase wären wieder heile und der Boden wäre sauber", murrte James, nachdem Mrs. Potter gegangen war.
„Deine Mutter ist echt in Ordnung", meinte Sirius. „Meine wäre ausgerastet, sag ich dir."
James warf ihm einen empörten Blick zu.
„Sie hat mir meinen Zauberstab weggenommen!" Sein Blick fiel auf Sirius' Stab, den er noch immer in der Hand hielt. „Warum hat sie nur mir den Zauberstab weggenommen?"
„Vielleicht weil du die Treppe verhext hast?", vermutete Remus und begann, die Scherben aufzusammeln.
„Aber das kann sie doch gar nicht wissen! Außerdem war das mit der Vase und dem Spiegel Sirius' Fluch!"
„Sie ist deine Mutter, sie kennt dich", warf Peter weise ein.
„Pffhh..."
James wirkte nicht gerade überzeugt, aber immerhin half er jetzt endlich, die Scherben einzusammeln und das Wasser aus der Vase aufzuwischen.
„Was ich mich schon die ganze Zeit frage", nahm Remus die Unterhaltung wieder auf, „wie kommt es eigentlich, dass ihr in den Ferien ungestraft zaubern könnt? Das ist eigentlich verboten."
James lächelte listig.
„Die Spur zeigt nur an, wo gezaubert wurde, aber nicht wer gezaubert hat. So lange wir auf dem Grundstück sind, können wir zaubern so viel wir wollen. Also ehrlich, Remus, das weiß doch jeder."
„Aber dein Vater ist Auror."
„Na und?" James schien von dem Argument nicht sonderlich beeindruckt zu sein. „Es ist ja nicht so, als ob ich etwas Schlimmes tun würde. Außerdem macht es jeder."
„Ich darf zu Hause nicht zaubern. Du, Peter?"
Der dickliche Junge schüttelte den Kopf.
„Ich auch nicht."
„Ihr beide nicht?" James schien es nicht glauben zu können. „Du auch nicht, Sirius?"
Der Erbe der Blacks winkte ab.
„Ich kann zu Hause so viel zaubern wie ich will."
„Na bitte, sag ich doch." James fühlte sich wieder vollkommen im Recht. „Jeder zaubert in den Ferien."
Remus schüttelte den Kopf und brachte die Blumenreste aus der heruntergefallenen Vase nach draußen.
Zu viert hatten sie den Flur schnell aufgeräumt und James bekam zu seiner großen Erleichterung seinen Zauberstab zurück. Aber für den Rest des Tages machte er einen Bogen um seine Mutter.
Einen Tag später saßen sie zu dritt in James' Zimmer auf dem Fußboden, um sie herum ein Chaos aus Büchern, Zeitschriften, Pergamentrollen und Süßigkeiten. Remus war nicht da, er hatte schon am Abend davor nach Hause zurückkehren müssen; in wenigen Tagen würde es Vollmond sein und seine Eltern mochten es nicht, wenn er so kurz vor seiner Verwandlung bei anderen Leuten zu Besuch war.
Seinen Eltern gegenüber hatte James Andeutungen gemacht, sie würden an ihren Hausaufgaben arbeiten, aber weder Mr. noch Mrs. Potter schienen von dieser Ausrede überzeugt zu sein. Sirius wäre es an ihrer Stelle auch nicht gewesen. Sie steckten immer wieder misstrauisch den Kopf durch die Zimmertür und schlugen ihnen vor, in den Garten zu gehen. Vermutlich weil sie davon ausgingen, dass die drei dort weniger Schaden anrichten konnten.
„Also, was habt ihr rausgefunden?", wollte James wissen..
„Das Tier, in das man sich verwandelt, spiegelt den Charakter des Zauberer wider", sagte Peter.
„Man muss irgendwelche Tränke einnehmen und die erste Verwandlung ist die schwierigste", ergänzte Sirius. „Wenn dabei irgendwas schief läuft, bleibt man in einem Zwischenstadium stecken."
„Genau genommen muss man zweimal den gleichen Trank trinken", erklärte James. „Beim ersten Mal werden die Zellen des Körper so beeinflusst, dass sie überhaupt erst zu einer Verwandlung ohne Zauberstab fähig werden, und die zweite Dosis muss direkt vor der ersten Verwandlung eingenommen werden."
„Und beide Tränke müssen innerhalb von zwei Jahren eingenommen werden, sonst vergiften sie den Trinkenden langsam und qualvoll", erinnerte sich Sirius.
„Oder wenn sie falsch gebraut wurden", setzte Peter hinzu und seinen Stimme klang etwas schrill.
„Nicht zu vergessen die Zaubersprüche", ergänzte James.
„Ja, die könnten schwierig werden", stimmte Sirius zu. „Aber ich würde sagen, wir fangen mit dem erste Trank an."
Er strich eine Pergamentrolle glatt, tauchte seine Feder in ein Tintenfass und sah die anderen erwartungsvoll an. Da in keinem seiner Bücher etwas über den Zaubertrank gestanden hatte, musste das Rezept in den Büchern auftauchen, die bei Peter und James waren. Doch die beiden warteten genauso darauf, dass jemand etwas sagte, wie er.
„Das fängt ja gut an", murmelte James. Er nahm sich eines der Bücher, die auf dem Fußboden verstreut lagen, und blätterte darin herum, bis er schließlich gefunden hatte, was er suchte.
„Hier", sagte er und las laut vor: „Von den Zutaten soll nur so viel bekannt gegeben werden, dass sie seltener und nicht leicht zu beschaffener Natur sind. Auch soll die Kunst, dieses Elixier zu brauen, nur dem Zauberer zugänglich gemacht werden, der sich zu verwandeln wünscht, da der Missbrauch durch Uneingeweihte allzu schreckliche Folgen haben kann. Es sei jedoch erwähnt, dass der Wissbegierige sein Interesse an der Literatur der höchst potenten Zaubertränke zu stillen vermag."
Sirius runzelte die Stirn.
„Wir sollen ein anderes Buch lesen? Warum kann der Autor nicht einfach die Zutaten reinschreiben?"
„Vielleicht...vielleicht sollten wir das gar nicht lesen", warf Peter ein. „Überall steht, dass die Folgen schrecklich sind oder man langsam und qualvoll stirbt oder..."
„Nur wenn man einen Fehler macht, Peter", beruhigte ihn James. „Wir werden keinen Fehler machen."
Peter sah nicht sehr beruhigt aus, aber er sagte nichts weiter.
„Tja und weiß jemand, wo wir dieses Buch herbekommen?", fragte Sirius. James zuckte mit den Schultern.
„Hogwarts?", schlug er vor.
„Auf Wiedersehen, Sirius. Komm ruhig öfter vorbei."
Mrs. Potter strich ihm über den Kopf.
„Mum, lass Sirius in Ruhe", protestierte James, der verhindern wollte, dass sein bester Freund wie ein Kleinkind behandelt wurde.
„Gerne, Mrs. Potter", erwiderte Sirius mit einem charmanten Lächeln.
„Du bist hier immer Willkommen", setzte Mr. Potter hinzu.
„Ich werd's nicht vergessen", gab Sirius mit einem spitzbübischen Grinsen zurück.
„Unter der Bedingung, dass ihr beiden nicht das ganze Haus auseinandernehmt", setzte Mr. Potter hinzu. Sirius und James grinsten. Sie hatten keinerlei Schuldgefühle.
Mrs. Potter griff nach dem Topf mit dem Flohpulver. Sirius nahm eine Handvoll und warf sie ins Kaminfeuer. Sofort färbten sich die Flammen smaragdgrün.
„Also, ich geh dann mal", sagte er. „Auf Wiedersehen, Mr. und Mrs. Potter. Bis bald, James."
„Lass dich nicht unterkriegen, Sirius. Wir sehen uns in zwei Wochen."
Sirius trat in den Kamin.
„Grimmauldplatz", sagte er laut. Als er davon gewirbelt wurde, sah er noch, wie die Potters ihm zuwinkten.
Kurze Zeit später trat Sirius Black aus dem Kamin in der Eingangshalle des fürnehmen und gar alten Haus der Blacks. Er wurde von Kreacher empfangen.
„Der junge Herr ist spät", beklagte sich der alte Hauself. „Die Herrin wird zornig sein."
„Wenn ich ohnehin schon zu spät bin, dann wird sie auch noch ein paar Minuten länger warten können", bemerkte Sirius und schubste den Hauselfen zur Seite, der quiekend protestierte.
„Der ungezogene junge Herr soll sofort in den Salon zur Herrin kommen. Auf der Stelle, hat sie gesagt, er soll nicht sein Zimmer gehen."
Sirius ignorierte den Elfen und stieg die Treppe hinauf. Doch als er seinen Fuß gerade auf den Treppenabsatz zum zweiten Stock setzte, rief eine gereizt klingende Stimme: „Sirius!"
Sirius drehte sich langsam um. Walburga Black stand auf dem Flur vor dem Salon. Sie musste ihn und Kreacher gehört haben.
„Mutter", begrüßte er sie widerwillig. Warum kannst du mich nicht einfach in mein Zimmer gehen lassen? Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Seine Gedanken waren immer noch in Godric's Hollow bei James und den Potters. Er sträubte sich, im Grimmauldplatz anzukommen.
„Komm her!", befahl sie.
Sirius gehorchte, aber die Art, wie er sich Zeit nahm, den Weg von der Treppe durch den Flur zurückzulegen, den Blick den er seiner Mutter zuwarf, als er in den Salon ging, wie er die Tür offen stehen ließ und sich lässig auf die Kante der Kommode setzte statt gerade zu stehen, brachten seinen Unmut und seine verächtliche Haltung gegenüber seiner Mutter und den Regeln, auf die sie Wert legte, mehr als deutlich zum Ausdruck.
„Stell dich vernünftig hin", reagierte Walburga Black prompt, nachdem sie sich in tadellos kerzengerader Haltung in einem der Sessel niedergelassen hatte. Sirius veränderte seine Stellung minimal und wartete.
„Leere deine Taschen!", befahl Walburga Black. „Leg alles auf den Tisch. Na los, worauf wartest du noch?"
Sirius verdrehte die Augen und tat, was sie sagte. Mehrere Filibuster-Knaller landeten auf dem Tisch, ein Quidditch-Magazin von James, zwei Lakritzzauberstäbe, das Stück Kuchen, das Mrs. Potter ihm im letzten Moment zugesteckt hatte.
Walburga Black musterte alles misstrauisch und deutete mit spitzen Fingern und angeekelter Miene auf Mrs. Potters Kuchen.
„Entsorge das, Kreacher", befahl sie dem Hauselfen. Sirius hatte nichts anderes erwartet.
„Bist du jetzt zufrieden, Mutter? Kann ich jetzt gehen?"
Seine Mutter ignorierte seine Frage. Stattdessen richtete sie den Zauberstab auf ihn und sagte: „Accio."
Noch mehr Filibuster-Knaller flogen aus seinen Taschen, ein jaulendes Jojo, zwei Stinkbomben und ein rechteckiges Kästchen. Auf einen Schlenker von einem Walburga Blacks Zauberstab hin, sprang es auf. Es war offensichtlich, dass der Gegenstand, den es enthielt, nicht aus der magischen Welt stammte.
„Was ist das?", verlangte Walburga Black wissen.
„Ein Geschenk", antwortete Sirius unbestimmt und streckte die Hand aus, um die Kassette wieder an sich zu nehmen. Doch ein Wink mit Walburgas Zauberstab brachte sie außerhalb seiner Reichweite.
Mrs. Blacks Lippen waren schmal geworden, ihre Augen funkelten und ihre Nasenflügel bebten.
„Du wagst es, Schlammblutdreck in dieses Haus zu bringen?", explodierte sie. „Du wagst es, diesen Ort mit diesem...diesem Unrat zu beschmutzen?"
„Es ist nur eine Kassette, Mutter!"
„Nur eine Kassette? Hast du denn gar keinen Stolz, Junge? Haben Orion und ich dir denn gar nichts beigebracht?"
Es war immer das Gleiche, was sie ihm an den Kopf warf.
„Es ist nur eine verdammte Kassettte, Mutter!", knurrte Sirius. „Sie tut dir nicht weh. Mit ihr kann man Musik abspielen, die gerade nicht im Radio läuft."
Er verzichtete darauf zu sagen, dass die Kassette Muggle-Musik enthielt und dass sie ihm sehr viel besser gefiel als das, was Mr. und Mrs. Black als Musik bezeichneten.
„Sprich mit mir nicht in diesem Ton, Junge!", fauchte Walburga Black zurück und richtete ihren Zauberstab auf die Kassette. „Reductio!"
Die Kassette zerfiel zu Staub.
„Das war ein Geschenk!", schrie Sirius außer sich vor Wut.
„Ein Geschenk von einem deiner Gryffindor-Freunden, das habe ich mir gedacht! Warte nur, bis dein Vater nach Hause kommt! Geh jetzt in dein Zimmer und bleib dort, bis du gerufen wirst!"
Zornig stieß Sirius sich von der Kommode ab.
„Worauf du dich verlassen kannst! Als wenn ich freiwillig meine Zeit mit einer alten Sabberhexe in einem Raum verbringen würde!"
Der Fluch seiner Mutter warf ihn gegen die Wand.
„Wie hast du mich genannt?"
„Alte Sabberhexe!", brüllte Sirius zurück. Nach seinem Zauberstab tastend kam er wieder auf die Beine. Doch bevor der Streit endgültig ausarten konnte, stand plötzlich Regulus im Salon.
„Ah, Sirius ist wieder zurück und schon gibt es Streit", stellte er fest. „Was hat er diesmal getan, Mutter?"
„Er hat das Haus mit Dreck besudelt!", kreischte sie. „Er..."
„Ruhig, Mutter. Das ist der Einfluss der Potters. Sirius weiß nicht, was er redet", versuchte Regulus sie zu besänftigen. „In ein paar Tagen wird er einsehen, dass du Recht hattest."
„Einsehen, dass ich Recht hatte?", wiederholte Walburga Black und lachte verächtlich auf. „Sirius? In ein paar Tagen kehrt er nach Hogwarts zurück, wo er von Schlammblütern und Blutsverrätern umgeben ist!"
„Vater wird mit ihm reden", beruhigte sie Regulus. „Komm, setz dich, Mutter, Kreacher hat Tee für dich gekocht..."
Prompt trat Kreacher mit Keksen und einer dampfenden Teekanne ein. Regulus schenkte seiner Mutter Tee ein und brachte Walburga tatsächlich dazu, sich hinzusetzen. Sirius nutzte die Ablenkung aus und verschwand in seinem Zimmer. Keine zwei Minuten später klopfte es und Regulus kam herein.
„Gratuliere, Sirius", sagte er. „Versuchst du einen neuen Rekord aufzustellen? Du hast weniger als fünf Minuten gebraucht, um Mutter so zu ärgern, dass sie mit dem Zauberstab auf dich losgeht."
„Sie hat damit angefangen", knurrte Sirius. Regulus hob skeptisch eine Augenbraue.
„Mutter soll einfach angefangen haben, dich zu verhexen? Das glaube ich nicht."
„Sie hat ein Geburtstagsgeschenk von mir zerstört!", fuhr Sirius wütend auf.
„Ach, jetzt kommen wir der Sache näher", stellte Regulus fest. „Vermutlich war es kein...akzeptables Geschenk, hm?
„Und wenn schon!", fauchte Sirius. „Sie hatte kein Recht dazu!"
Regulus zuckte mit den Schultern. Vermutlich sagte er sich, dass es keinen Zweck hatte, mit Sirius darüber zu streiten.
„Tu uns allen einen Gefallen, Sirius", sagte er nur. „Verhalt dich die nächsten zwei Wochen einfach mal normal. Das macht es für uns alle leichter, auch für dich. Ich dachte, das hättest du begriffen."
Er verließ das Zimmer. Sirius ließ sich auf sein Bett fallen und den Blick über einen großen Gryffindor-Banner schweifen, den er zum Ärger seiner Eltern am Anfang der Ferien aufgehängt und mit einem Dauerklebefluch für immer dort fixiert hatte.
„Wer von uns ist hier bitte schön nicht normal?", knurrte er. Sein Blick wanderte von dem Gryffindor-Banner zu seinem Schulkoffer. Er hatte noch jede Menge Scherzartikel vom letzten Schuljahr übrig, unter anderem Warzhautpulver, das eigentlich für den Mädchenschlafsaal bestimmt gewesen war. Aber an wem würde es sich wohl besser machen als an Walburga Black?
