Langsam wache ich auf und sehe mich um. Du bist schon nicht mehr hier. Die Pflicht hat dich wie immer fortgerufen, und doch, ich bin nicht traurig.
Ich stehe auf, ziehe eines meiner Kleider an und gehe zum Tisch, der im nächsten Raum steht. Ein Brief liegt dort, deine Handschrift ist zu erkennen und mein Name steht darauf, in deiner schönsten Schrift. Ich nehme ihn und reiße ihn mit einem Ruck auf. Neugierig sehe ich mir den Inhalt an und hole den Brief hervor.
Liebste Gilthoniël!
Wenn du diese Zeilen liest, bin ich wieder an den Grenzen. Ich hoffe, du hattest einen angenehmen Schlaf heute Nacht und bist ausgeruht, wenn du erwachst.
Du wirst eine kleine Überraschung finden, wenn du noch einmal in den Umschlag greifst.
Ich liebe dich!
In ewiger Liebe
Haldir
Mein Herz schlägt höher als ich deinen Brief lese und ein Schwarm Schmetterlinge tanzt in meinem Bauch. So lange ich dieses Gefühl kenne, so neu ist es doch immer wieder für mich, dies wieder zu spüren. So verwirrend, merkwürdig und neu.
Ich komme mir dauernd wie ein frisch verliebtes Mädchen vor, allein schon durch solch kleine Gesten deinerseits. Ein Brief jedes Mal, wenn du gehst; ein kleiner Strauß Blumen; kleine liebevolle Berührungen oder einfach ein zärtliches Lächeln von dir genügen schon, dass ich mich um so vieles jünger fühle und mein Herz aussetzt, nur um dann wieder mit mehr Kraft zu schlagen.
Meine Gefühle für dich sind in all den Jahren nie verblasst, im Gegenteil, mir kommt es vor, als würden sie mit jedem Jahr, das ins Land zieht, noch stärker werden.
Ich greife in den Briefumschlag und hole hervor, was du für mich daließest. Wie benommen starre ich auf deine Überraschung in meiner Hand. Glitzernd liegt eine zarte Silberkette mit einem kleinen wunderschönen Anhänger zwischen meinen Fingern. Der Anhänger ist zu einem Herz geformt, doch außen ist eine kleine Erhebung. Vorsichtig, um es nicht zu zerbrechen, übe ich Druck aus.
Das Herz springt auf und offenbart mir sein Inneres. Ein Bild, ein Bild von dir, dem Einem, den ich liebe, und ein Schriftzug sind zu sehen.
Erst jetzt bemerke ich, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten habe und fange wieder an zu atmen.
Der Satz, der auch noch darin steht, raubt mir den Verstand. Ich hätte nie erwartet, das zu lesen. Nie.
Ich gehe zu meinem Spiegel und lege mir die Kette um. Zärtlich berühre ich den Anhänger, der so viel offenbart und begutachte mich in der spiegelnden Fläche. Mir gefällt, was ich sehe. Bin so unendlich glücklich und voller Sehnsucht nach dir. Meine Gedanken verweilen wieder bei dir, dass tun sie fast immer und tiefe Liebe durchflutet mich. Ein Lächeln gleitet über mein Gesicht, meine Augen leuchten vor Liebe und Glück.
Ich kann es kaum erwarten dich wieder zu sehen, in deinen eisblauen Augen zu versinken und wieder deine Lippen auf den meinen zu spüren.
Bilder von letzter Nacht überschwemmen meinen Geist, lassen mich erschauern und geben meiner Sehnsucht Nahrung.
Ich seufze, denn noch muss ich warten. Sieben lange Tage und sechs noch längere Nächte, erst dann werde ich dich wieder sehen, bis du zurück bist.
Mein Glück ist, dass mir meine Fantasien meine lange Zeit des Wartens versüßen werden. Den Zeitraum, der mir so unendlich lange vorkommt.
So gehe ich meinen gewohnten Tätigkeiten nach, und der Alltag beginnt wieder.
Aber meine Gedanken sind bei dir, bei deinen eisblauen Augen und deinem silberblonden Haar. Und ich hoffe, die deinen sind bei mir.
