Mit meinen Augen
(Klaus Lage)
Haut doch ab
oder macht eure Witze.
Sagt von mir aus,
sie ist unscheinbar und klein.
Meinetwegen glaubt doch,
weil ich hier mit ihr sitze,
muß mein Geschmack
total daneben sein.
Sie sitzt nicht vor der Glotze,
will lieber selbst was machen.
Ich komm mir richtig grün vor,
was die alles weiß.
Und dann lässt sie einfach
ihre Augen lachen
und mir wird irgendwie -
kalt und heiß.
Ihr müsst sie nur einmal
mit meinen Augen sehn,
die absolute Frau,
ihr würdet mich verstehn.
Was sie mit mir macht ist gut,
und sie lacht mir ihren Mut
grad so ins Gesicht.
Da denkste echt -
das gibt's doch nicht!
'Ne durchgemachte Nacht
wird nicht mit Rouge verdeckt.
Sie hat ihr'n eignen Stil,
hält nix von Selbstbetrug.
Wenn sie was von dir will,
dann sagt sie's ganz direkt.
sie ist nicht anspruchsvoll
und kriegt doch nie genug.
Ihr müsst sie nur einmal
mit meinen Augen sehn,
die absolute Frau,
ihr würdet mich verstehn.
Was sie mit mir macht ist gut,
und sie lacht mir ihren Mut
grad so ins Gesicht.
Da denkste echt -
das gibt's doch nicht!
Sie lebt jeden Tag,
so als wär's der letzte.
Sie ist ein Vitaminstoß,
das Chaos in Person.
Ich hab gespürt,
als sie sich zu mir setzte,
wenn ich hier gewinne,
bin ich glatt verlor'n.
Lisa starrte immer wieder auf ihren Bildschirm und konnte es einfach nicht glauben. Eine so wunderschöne Liebeserklärung! Aber weder hatte sie diese direkt bekommen, noch vom richtigen Mann.
‚Oh mann, oh Mann! Was mache ich denn jetzt nur? Warum reite ich mich eigentlich immer wieder in solche unmöglichen Situationen?'
Alles hatte vor ein paar Tagen angefangen, als Rokko Kowalski ihr beim Minigolf seine Liebe gestanden hatte. Naja, eigentlich stimmte das ja nicht. Das Chaos hatte begonnen, als sie sich in David verliebt hatte – also eigentlich, seit sie bei Kerima war. Lisa sehnte sich in diesem Moment einfach nach der Zeit zurück, als sie noch Davids Assistentin war. Alles war damals viel leichter gewesen. Sicher, ihr Liebeskummer hatte sie auch damals schon gequält, aber da war David noch mit Mariella zusammen und so konnte sie sich wenigstens sagen, dass ihre Liebe chancenlos war. So hatte sie sich selbst, zumindestens zeitweise, auf den Boden der Tatsachen zurückholen können. Nicht dass es ernsthaft geholfen hätte, aber immerhin! Es gab auch noch keine chaotischen Herrn Kowalski in ihrem Leben, der sie ständig provozierte und in sie verliebt war.
‚Verliebt? Ist er das oder liebt er mich vielleicht sogar?'
Sie musste es ja fast annehmen, nachdem sie den Text des Liedes gelesen hatte.
‚Warum sieht er mich so? Ich werde diesem Bild doch gar nicht gerecht! Dieser Text … so eine Liebe empfinde ich für David. Kann es wirklich sein, dass er für mich das Gleiche fühlt, wie ich für David? Und was soll ich damit jetzt anfangen? Ich will ihm nicht so weh tun, wie David es immer und immer wieder mit mir macht. Das hat er nicht verdient! Das hat keiner verdient! Ich komm einfach nicht drum herum, ich muss mit ihm reden, so klar wie möglich. Aber wird ihm das helfen? Bei mir hat es das noch nie wirklich getan. Wenigstens will ich ihm nicht immer wieder neue Hoffnungen machen. Ich muss aus dem Schmerz, den ich habe doch zumindestens etwas lernen. Vielleicht bringt mich diese Erfahrung ja auch einen Schritt weiter und ich kann mich endlich von meiner Liebe zu David lösen. Warum hat David mir vorhin schon wieder so unglaublich weh getan? Und wie oft muss ich das denn noch spüren, bis ich begreife das es sinnlos ist? Warum habe ich ihm überhaupt erzählt, dass Rokko in mich verliebt ist? Und er? Er hat nicht's besseres zu tun, als Rokko auf den Zahn zu fühlen und sich dann für mich zu freuen, dass Rokko mich tatsächlich liebt! Verdammt David!'
Diese Szene gerade war aber auch einfach zu kurios gewesen. Lisa sah es wieder ganz genau vor sich. David war mit seinem unglaublichen Teddyblick in ihr Büro gekommen.
„Lisa, hat dir schon mal jemand eine Liebeserklärung mit einem Song von Klaus Lage gemacht?"
„Nein." Ihr Herz hatte für einen Schlag lang ausgesetzt. Was wollte er damit nur sagen?
„Na dann ist es jetzt soweit!" Er lächelte sie an und Lisa versank in seinen Augen. Sie kannte nur ein Lied von Lage und das war 1000 und 1 Nacht. Würde er ihr jetzt sagen, dass er sich nach 1000 und 1 Nacht endlich in sie verliebt hatte? Ihr Herz raste jetzt und jede Faser ihres Körpers war angespannt.
„Naja, dass ist ja auch lächerlich! Aber dieser Kowalski scheint auf so'n Schmalz zu stehen. Jedenfalls hattest du Recht. Er ist tatsächlich in dich verliebt!"
Jetzt verstand Lisa gar nicht's mehr. Was hatte Kowalski damit zu tun? Es war ihr aber auch schon egal. Sie spürte nur noch, wie das fragile Gebäude ihrer Hoffnung zum X-ten Mal mit einem Fingerzeig von David zerstört worden war. Der Schmerz schien unerträglich zu sein.
„Ach Lisa, nun schau doch nicht wie ein angeschossener Hase! Das ist doch nicht schlimm. Freu dich doch lieber!"
„Worüber soll ich mich denn da freuen David? Und woher willst du überhaupt plötzlich den Beweis haben, dass Kowalski in mich verliebt ist?"
„Ach weißt du, als du mir von Kowalski erzählt hast, da wollte ich das Ganze mal genauer beleuchten. So bin ich einfach mal zu ihm hin, und habe ein paar abfällige Bemerkungen über dich gemacht, um zu sehen, wie er reagiert. Und er hat reagiert!!!" David grinste frech. „Er hat mich äußerst deutlich wissen lassen, für wie authentisch und wunderbar er dich hält und dass wir alle nur zu dumm seien, dass zu bemerken. Dann hat er mir noch gesagt, ich solle mir das Lied ‚mit meinen Augen' von Lage anhören, dann würde ich verstehen, was er meint. Naja, ich kenne das Lied nicht, aber Klaus Lage? Wirklich, das ist schon ein bisschen sehr Retro für meinen Geschmack!"
Lisa hatte ihn einfach nur fassungslos angestarrt. „Du hast was?! Ich denke du bist mein Freund! Wie kannst du mich nur so hinter meinem Rücken blamieren? Verflucht David!"
„Jetzt komm Lisa, daran ist doch nicht's peinlich. Er ist in dich verliebt und das ist doch toll! Eigentlich passt ihr doch gut zusammen. Warum willst du es nicht einfach mal versuchen? Er ist doch wirklich nett und charmant."
„Dann nimm du ihn doch! Weißt du was David? Halt dich einfach aus meinem Privatangelegenheiten heraus. Ich suche mir meine Männer immer noch alleine! Und jetzt geh bitte, ich hab noch zu arbeiten! Danke!"
Sie war so wütend, am liebsten hätte sie ihm eine Vase an den Kopf geknallt. Und jetzt saß sie hier, unendlich traurig und voller Schmerz was David betraf und fürchterlich unsicher, wie sie mit Rokko umgehen sollte.
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