Prolog:

Mittwoch, 21Uhr, 16 Minuten.

In 8 Kilometern Höhe war von den düsteren schwarzen Wolken, die in dieser Nacht über das Land zogen, nichts zu spüren. Dort oben gab es nur Sterne, eine schwach leuchtende Mondsichel und die Freiheit.

Die Formation von Jets war nach dem Training nun endlich auf dem Heimflug.

Sie hatten die Geschwindigkeit gedrosselt um die Bevölkerung nicht mit dem Lärm ihrer Triebwerke unnötig zu stören.

Sie waren noch etwa 15 Minuten von ihrem Stützpunkt entfernt und Kevin, Pilot in Ausbildung, wurde langsam nervös. Er hasste das Landemanöver im Dunkeln.

„Wird schon schief gehen!" lachte sein Copilot Ryan hinter ihm, der schon einiges mehr an Erfahrung vorweisen konnte.

„Runter kommt man immer!" fügte er lachend hinzu.

„Halt die Klappe, Ryan!"

Kevin war gereizt.

Sie begannen mit dem Sinkflug. In den Wolken waren sie vollkommen auf ihre Instrumente angewiesen.

Blindflug.

„He Cap! Das Küken hat Schiss!" rief Ryan über Funk zum Captain herüber.

„Halt die Klappe Ryan!" antwortete dieser ebenfalls gereizt.

„Höchste Konzentration jetzt, Leute! Die Wolken hängen tief, kann sein, dass es regnet! Sobald wir aus den Wolken raus sind, sind wir nicht mehr weit von der Landebahn entfernt. Ihr müsst also schnell reagieren"

Na toll… landen im Dunkeln und das bei nassem Rollfeld…

Kevin zwang sich ruhig zu bleiben. Er dachte daran, dass er in nicht mal einer Stunde zuhause bei seiner Angelika und ihrer kleinen Tochter sein würde.

Sie tauchten in die Wolkendecke ein. Eine dunkelgraue Masse umgab den Jet. Sichtweite gleich null.

Kevin konzentrierte sich auf seine Instrumente. Das Flugzeug sank langsam aber stetig, die Geschwindigkeit war konstant, auf dem Radar sah er die anderen beiden Jets, die in unveränderten abstand weiter rechts von ihm flogen.

„Three Fox rufen Tower! Erbitten Landeerlaubnis!" hörte er den Captain.

Plötzlich machte das Flugzeug einen heftigen Satz, wie ein scheuendes Pferd. Die Geschwindigkeit ging runter und sie sanken plötzlich viel zu schnell!

Wie er es gelernt hatte, zog Kevin die Maschine automatisch nach oben und erhöhte die Geschwindigkeit.

Dann hörte er ein Lachen aus seinem Headset kommen.

„Gute Reaktion, alter!"

„Du dämlicher Blödmann! Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen!"

„Kevin, Ryan, was ist da los!?" rief der Captain.

„Ich wollte dem Küken nur einen kleinen Schreck einjagen, aber er hat reagiert wie einer von den großen Vögeln!"

„Verdammt noch mal, wir sind im Landeanflug! Ich warte nur noch auf die Bestätigung vom Tower! Reißt euch gefälligst zusammen!"

„Roger…"

„Roger Cap."

Mit dem Vollidioten würde er ganz sicher nicht mehr in ein Flugzeug steigen.

„Three Fox, rufen Stützpunkt. Erbitten Landeerlaubnis… Tower?"

Stille…

„Die machen Kaffeepause!" lachte Ryan.

„Halt die Klappe Ryan!" riefen der Captain und Kevin gleichzeitig.

„Hier Three Fox, rufen Tower… Wir erbitten Landeerlaubnis!" versuchte es der Captain noch einmal. Doch wieder kam keine Antwort.

Nach weiteren ergebnislosen Versuchen sagte der Captain:

„Wir haben noch genug Treibstoff… Wir steigen wieder und kreisen noch einmal… Wenn sich weiter nichts tut wechseln wir den Kurs und flieg-"

„…Captain…?"

Kevin hörte nur Rauschen in der Leitung.

„Hast du verstanden, was er gesagt hat?... Ryan…?"

Plötzlich wurde der Jet dunkel. Die Beleuchtung und alle Instrumente fielen aus.

„Ryan! Das ist nicht mehr witzig! Du hast den Cap gehört!"

Kevin konnte die Instrumente nicht sehen, aber spürte, dass sie drastisch an Geschwindigkeit verloren!

„Ryan!"

Die Triebwerke und die ganze Elektronik waren ausgefallen.

Kevin klammerte sich an den Steuerknüppel und starrte in die graue Masse vor sich.

In den Simulationen hatten sie Ausfall der Triebwerke und Ausfall der Elektronik durchgespielt, aber nie beides gleichzeitig!

Plötzlich verschwanden die Wolken und ermöglichten die Sicht auf hell beleuchtete Straßenzüge: der Boden… viel zu nah!

Kevin riss an dem Steuer herum, aber der Jet fiel wie ein Stein vom Himmel.

Er wusste, dass er raus musste. Das hatten sie in der Grundausbildung oft trainiert. Er musste die Luke wegsprengen und den Schleudersitz betätigen.

Doch die Zeit reichte nicht.

Seine letzten Gedanken in den wenigen Sekunden vor dem Aufprall galten seiner Frau Angelika, seiner kleinen Tochter Melissa und sogar seinem Copiloten Ryan, der mit ihm sterben würde.