"Opfer"
von
Angels Dreamcatcher
(Kirsten Knobbe)
Author's note:
Diese Story habe ich zusammen mit einer Freundin schon vor 2 Jahren entwickelt, aber leider hatte ich es nie ganz geschafft, sie komplett fertig zustellen, so dass ich wirklich zufrieden mit ihr war, bis zum Ende letzten Jahres. (Ich selbst bin ein harter Kritiker meiner eigenen Werke! *g*)
Dennoch überlege ich das Ende noch immer etwas umschzureiben, daher hoffe ich auf viele Reviews/Kommentare, damit ich mir sicher sein kann, dass ich den Weg richtig gegangen bin und damit auch das Ende dementsprechend fertig stellen kann.
FanFiction.net kannte ich zwar schon lange, aber ich habe mich eigentlich nie getraut, auch hier mal etwas zu veröffentlichen, vor allem, weil ich dachte, dass es hier ja nur vorwiegend Stories in englischer Sprache gibt. Aber das stimmt anscheinend nicht, oder? ;-)
Nun habe ich mich dazu durchgerungen, auch etwas Deutschsprachiges zu veröffentlichen.
Dies ist also mein erster Eintrag in FanFiction.net und meine erste FanFiction, die ich einem größeren Publikum vorstelle.
Also seid bitte sanft mit Kritik. ;-) Und vor allem konstruktiv. *g*
Diese Story hat 7 Kapitel. Ich werde sie in den folgenden Wochen online bringen, wenn ich sehe, ob weiteres Interesse daran existiert, also bitte schreibt Reviews/Kommentare!!!! Danke!!!
Inhalt:
Diese Harry Potter-Story spielt direkt nach dem 4. Buch "HP und der Feuerkelch".
Wie gesagt, der Inhalt wurde schon 2001 entwickelt, als noch keiner wusste, wie es nach dem 4. Buch weitergehen sollte.
Dies ist also meine Sicht der tragischen Geschichte, was mit Severus Snape in den Sommerferien passiert, unabhängig von dem 5. Buch („Harry Potter and the Order of the Phoenix"), was jetzt im Juni erschienen ist.
Da J.K.Rowling jedoch aus der Sicht von Harry ihre Geschichte erzählt, ist es gut möglich, dass diese Story jedoch auch gut in den Rahmen passt.
Hier erfährt man also etwas mehr über Severus Snape, seine Kindheit, seine Gedanken, wie er sich Voldemort wieder anschliessen muß nach dessen Wiederkehr und wie sich sein Leben nun wieder verändert...
Warnung! : Dies ist also eine SEVERUS SNAPE-FanFic. Das bedeutet, dass diese Story auch dunkle und tragische Aspekte hat, also auch leichte (oder angedeutete) Gewaltszenen, sowie Schmerzen. (Rating: PG-13)
Disclaimer:
Diese Geschichte soll keineswegs irgendwelche Rechte von J.K.Rowling oder WarnerBorthers verletzen.
Ich verdiene keine Geld hiermit. Harry Potter, Hogwarts, Severus Snape und alle anderen alle Charaktere gehören nicht mir, sondern J.K.Rowling und Warner Brothers.
Der Inhalt und die Story an sich sind jedoch "auf meinem Mist gewachsen" (*g*) und gehören daher auch mir.
Wenn Du gerne diese Story (auch Abschnitte) auf einer anderen Webpage posten oder sie wo anders verwenden möchtest, so fragt bitte erst nach meiner Erlaubnis. Danke!
Kommentare & Kritik/Lob werden freudig erbeten! Kommentiert bitte im REVIEW-Teil oder schickt eine Mail an: DreamcatcherKi@aol.com (Freu mich schon von Euch zu hören!)
Erst-Veröffentlichung im Internet (FanFiction.Net): August 2003
(Story jedoch von July 2001)
Und nun endlich: Lange Rede, kurzer Sinn..... viel Spaß beim Lesen!! ;-)
* * * * * *
I . NerhegebDas Geräusch wiederholte sich, diesmal war es anscheinend leiser geworden. Sie konnte nicht sagen, was genau es war, was sie aus ihrem Schlaf hatte aufschrecken lassen, aber es war ungewöhnlich gewesen und hatte nicht zu der Ruhe gepaßt, die noch auf Hogwarts in der Zeit der Sommerferien lag.
Sie richtete sich im Bett auf und lauschte angestrengt nach einer Wiederholung. Aber sie kam nicht. Nicht direkt.
Erst als sie aufgestanden und sich ihren rot-karierten Morgenrock umgehangen hatte, hörte sie es wieder. Es war eine Art Scharren, beinahe Schritte.... oder war es ein Schleifen?
Sofort war sie an der Tür, die Brille auf der Nase, um besser zu sehen, wer mitten in der Nacht in den Korridoren herum schlich.
Es waren nicht viele Personen derzeit auf Hogwarts. Da waren Mrs. Pomfrey, die Krankenschwester, und Mr. Filch, der Hausmeister von der nicht-pädagogischen Crew, sowie einige wenige der Lehrerschaft: Prof. Binns natürlich, der als Geist die Schule sowieso nicht mehr verlassen konnte, Prof. Sprout, die diesen Sommer auf einige ihrer Pflanzen acht gegeben hatte, Prof. Flittwick, der nicht viel umherreiste in der Ferienzeit, Prof. Trelawney, die eigentlich selten aus ihrem Turm oben an der Nordseite herauskam, Hagrid, der trotzdem er nun Lehrer für die magischen Geschöpfe war, immer noch lieber in der alten Hütte am Waldrand lebte, Prof. Snape, der in den tiefen Verliesen von Hogwarts zurückgezogen einigen Experimenten nachging, Prof. Dumbledore, der Schulleiter, der diesen Sommer geschäftig den bevorstehenden Kampf mit Du-weißt-schon-wer plante, und natürlich sie selbst, Prof. McGonagall.
Da es noch mitten in der Ferienzeit war, waren natürlich auch keine der Schüler anwesend und die Schule wirkte in diesen Monaten manchmal erschreckend verlassen.
Den Gedanken, dass es vielleicht einer der Geister gewesen war, schob sie schnell beiseite. Sie lebte schließlich lang genug auf Hogwarts, um die Unterschiede zwischen dem Umherwandeln eines Geistes und eines lebenden Menschen zu erkennen.
Um so mehr war die Angst in ihr aufgekommen, daß es jemand anderes sein konnte, der nach dem letzten Schuljahr die uneinnehmbare Zaubererschule infiltrieren würde. Ein Jemand wie Barty Crouch jr. oder ein anderer Verbündeter von der dunklen Seite.
Aber sie tadelte sich selbst für diesen Gedanken, denn sie wußte, daß es unmöglich wäre für einen Eindringling unerkannt in den Korridoren herum zu schleichen. Apparieren konnte man hier in den Gemäuern von Hogwarts nicht und genauso wenig war es möglich, durch einen Geheimgang hineinzugelangen ohne bestimmte Sicherungszauber oder Vorrichtungen anschlagen zu lassen.
Es war einfach unmöglich.
Dennoch war da wieder jenes Geräusch zu hören, daß sie geweckt hatte.
Sie ging zur Türe und öffnete sie, spähte vorsichtig den Gang hinunter.
Es war niemand zu sehen!
Mit ihrem Weg leuchtenden Zauberstab bewaffnet und den Mantel zuhaltend, eilte sie den Korridor hinunter, wo sie glaubte, den Ursprung für dieses Geräusch entdeckt zu haben.
Aber es war wieder weg.
Ihre Augenbrauen hoben sich, die Nase kräuselte sich. Es war doch unglaublich. Wer konnte es wagen, des Nachts hier unterwegs zu sein. Dabei wußten sie doch alle, daß es eine Zeit der Anspannung und Vorsicht war. Nachdem Du-weißt-schon-wer wieder auferstanden war und selbst das Ministerium der Zauberei keine Anstalten machte, den Kampf aufzunehmen, schien Hogwarts mit ihren einzelnen Zauberern die letzten Kämpfer zu sein, die eine dunkle Zeit wieder kommen sahen.
Die Ereignisse des Trimagischen Turniers vor nicht allzu langer Zeit waren nur der grausame Anfang gewesen. Und Cedric Dickery's Tod nur das traurige Mahnmal von der Boshaftigkeit und der Grausamkeit Voldemorts.
Selbst der junge Harry Potter war auf diese Auseinandersetzung nicht vorbereitet gewesen. Aber wie schon zu Beginn seines jungen Zaubererlebens hatte er den Kampf gegen Du-weißt-schon-wer wieder einmal ohne Schaden überstanden und war sogar noch imstande gewesen sich und den toten Körper Cedric's zu retten.
Mehr als nur Freude und Stolz hatte sie empfunden, als sie die Geschichte im Krankenzimmer gehört hatte, aber auch tiefes Leid, Furcht und Sorge vor der kommenden Finsternis.
Doch Albus Dumbledore hatte sich anscheinend auf alles vorbereitet und schien die Ereignisse erahnt zu haben. Seine Weitsicht und Weisheit gaben ihr Hoffnung und Kraft, daß sie die Dunkelheit doch irgendwie abwehren konnten.
Schließlich hatten sie ja Harry Potter, der nun erst recht als eine Art "Erlöser" oder "Auserwählter" unter den Schülern galt. Und sie hatten fähige Zauberer auf ihrer Seite wie Albus Dumbledore selbst oder Verbündete wie Remus Lupin und Sirius Black.
Dennoch blieb immer ein Teil Vorsicht und Angst in ihr bestehen, und diese zeigten sich nun im Augenblick geradezu erschreckend deutlich.
Professor McGonagall war einige Korridore weitergegangen bis sie das Geräusch wieder gehört hatte. Sie hatte sich vom Gryffindor-Turm entfernt und eilte nun einige Treppenabsätze hoch zu den etwas abseits liegenden Flügeln von Hogwarts. Hier waren auch einige für die Schüler verbotene Räume und Bereiche untergebracht.
Sie fragte sich, was wohl die nächtliche Störung hervorbringen würde.
War vielleicht wirklich ein „Death Eater" innerhalb Hogwarts gelangt? Waren sie vielleicht aus, Dumbledore zu schaden oder wieder ein böses Geheimnis wie die Kammer des Schreckens zu offenbaren?
Das Scharren war eindeutig leiser geworden, und es waren nun unverkennbar Schritte gewesen.
McGonagall folgte ihnen noch einige Meter durch die verbotenen Korridore, bis sie bemerkte, daß sie abrupt geendet hatten. Sie blieb stehen und lauschte angestrengt.
Ihre Augenbrauen hoben sich nachdenklich, als sie versuchte auszumachen, wo sie sich gerade befand und was man hier wohl finden konnte.
Ein Blick um die nächste Ecke klärte ihre Frage etwas.
Da, auf der anderen Seite des Ganges, war ein Lichtschein im düsteren Flur auszumachen. Ein schmaler Spalt schien auf den Boden. Eine Türe war geöffnet worden. Ein Licht war im Raum dahinter zu erkennen.
Vorsichtig näherte sie sich dem Raum, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, den Zauberstab mit einem kurzen Befehl "Nox" erlöschen lassend.
Sie hörte keine Schritte mehr, kein Rascheln, und auch keine Stimme war zu vernehmen.
Langsam kam sie näher und hielt sich kampfbereit. Prof. McGonagall war zwar keine Kämpferin, aber dennoch war sie eine starke und nicht zu unterschätzende Gegnerin was Zauberduelle anging. Man merkte es ihr zwar nicht an, doch sie war ihrer Magie sehr mächtig. Auch ein Grund, weshalb sie eine gute und strenge, aber gerechte Schulleiter-Vertreterin war.
Sie war nun auf nur wenige Zentimeter an den Türspalt herangekommen und hatte noch kein weiteres Geräusch aus dem Raum gehört. Sie fragte sich, wer wohl auf der anderen Seite der Türe sei, und rüstete sich innerlich auf jede Art von Kampf.
Den Zauberstab fest in der Hand, lugte sie durch die Ritze in den dahinter liegenden Raum hinein, suchte ihn nach dunklen Mächten ab.
Für einen Augenblick mußten sich ihre Augen erst an die Helligkeit im Raum gewöhnen bis sie erkannte, daß der Raum außer einem großen Gegenstand leer war. Und von diesem Gegenstand schien wohl auch das Leuchten herzukommen. Ihre grünen Augen weiteten sich.
Es war der Spiegel Nerhegeb!
Der magische Spiegel, der den Betrachter das in seinem Spiegelbild vermittelte, was man sich am sehnlichsten wünschte.
Der Spiegel, der eigentlich nach Dumbledore's damaligen Angaben nach dem Zwischenfall mit Prof. Quirrel und dem Stein der Weisen verschwunden war.
Dort stand Nerhegeb - und strahlte!
Das Licht war auf solch eine Weise wunderbar und irgendwie tröstend. Doch auf einmal war es blendend hell, nahm den ganzen Raum ein und schmerzte ihren alten Augen.
Sie zuckte zurück, schloß die Augen und konnte noch immer das Licht spüren.
Aber es war unmöglich, dachte sie für eine Sekunde. Wie kann das sein?
In der gleißenden Helligkeit hatte sie im Augenwinkel einen Schatten ausmachen können, bevor sie den Kopf weggezogen hatte.
Wie konnte sie das sehen, was im Spiegel nur für den Betrachter möglich war?
Sie erinnerte sich kurz an ihr eigenes erstes Erlebnis mit dem Spiegel und wußte von Dumbledore, daß jeder etwas anderes sehen konnte, auch wenn mehrere Betrachter sich im Spiegel sahen.
Doch -- was hatte sie nun gesehen?
Sie hatte eigentlich keinen guten Blick auf die spiegelnde Oberfläche werfen können, sondern war durch das Licht und den Winkel, wie Nerhegeb zu der Türe stand, abgelenkt worden? Oder war es etwa genau das gewesen, was der Spiegel zeigte? Ein Licht? Ein warmes, aber dennoch blendend reines Licht?
Kam dann doch direkt die nächste Frage in den Sinn: Wer war die Person im Raum, die in den Spiegel blickte? Wer war spät nachts in Hogwarts umhergeschlichen, um dem magischen Spiegel ein Teil der Wahrheit zu entlocken?
Als sie die Augen Sekunden später wieder öffnete, war das Licht verschwunden und der Gang lag still und in totaler Finsternis vor ihr. Es schien so, als hätte nichts den Frieden gestört.
Da sie kein weiteres Geräusch hörte, mußte sie sicher gehen, daß der Auslöser für ihr nächtliches Wandeln noch immer vorhanden war und sich nicht als Geist entpuppen sollte.
Den Zauberstab fest in der Hand, mit entschlossener Mine versetze sie der spaltoffenen Türe einen leichten Tritt und kam mit erhobenen Arm in den Raum. "Lumos"
Der Spiegel stand noch immer dort, wo sie ihn entdeckt hatte. Nur war die spiegelnde Oberfläche wie ein jeder Spiegel in ein trübes Licht ihres Zauberstabes verhüllt und schien ruhig dazustehen.
Ihr Blick erfaßte sofort den ganzen Raum, so daß ihr kein Schatten, kein Detail entging.
In einer Ecke, etwas rechts von der Türe, einige Schritte vor dem Spiegel Nerhegeb stand eine Gestalt.
Einem Schatten gleich, unbewegt, und gespenstisch im fahlen Licht des Zauberstabes beschienen.
McGonagall erschrak für einen Moment. Denn auch nach dem Erkennen war ihr ein leichter Schauer über den Rücken gefahren.
In dunklen Schatten eingenommen, umhüllt von der schwarzen Robe, bleich, durch das kleine Licht noch bleicher als sonst, und den Spiegel wie hypnotisiert anstarrend, stand -- Snape.
Professor Severus Snape, Potion Master von Hogwarts, der Beste seines Faches in ganz England, doch der unbeliebteste Lehrer bei den Schülern.
Hauslehrer von Slytherin, mit dem sie schon so oft über die letzten Jahre wegen den Streitereien und den Punktabzügen seiner Seite gegenüber ihrem Haus aneinander geraten war.
Er, der sich nach seiner Offenbarung vor Minister Fudge, in Gefahr gebracht hat, ganz aus Hogwarts ausgestoßen zu werden. Aber bevor es dazu kam, hatte Dumbledore sich nochmals beim Ministerium für ihn eingesetzt und die üblen Nachreden zum Verstummen gebracht - vorerst.
Hier stand nun Severus Snape in den Schatten des Spiegel Nerhegeb und schien sie für einen Moment nicht beachtet zu haben.
Seine schwarzen, fettigen Haare hingen ihm ins asch-fahle Gesicht, die dunklen, mit starken Ringen umrandeten Augen lagen tief in den Höhlen und blickten in Abgründe, die sie nicht erfassen konnte. Seine Hände waren in den Ärmeln seiner Robe verschwunden. Kein Ton kam über seine Lippen, kein Anzeichen, daß er bemerkt hatte, daß sie eingetreten war.
Es schien ein ewig langer Augenblick zu dauern, bis sich einer von beiden rührte.
McGonagall war so erschrocken IHN hier vorzufinden, daß sie nicht sofort das Wort an ihn gerichtet hatte. Doch nun sprudelte ihr nur eine Frage heraus.
"Severus - was machen Sie hier?"
Immer noch bewegte er sich nicht. Langsam machte sich McGonagall schon Sorgen, daß er geistig gar nicht zugegen war, daß der Spiegel seine Sinne so verzaubert hatte, daß er nur noch körperlich im Raum anwesend war. Doch sie täuschte sich.
Auf einmal blickten seine Augen in ihre und sie konnte nicht deuten, was dieser Blick aussagte.
Dann wechselte dieser merkwürdige Ausdruck. Nun eindringlicher, dunkel und schon fast mit einem gefährlichen Glitzern starrte er sie an.
Sie war beruhigt. Das schien schon eher zu dem Mann zu gehören, den sie kannte.
Seine Stimme klang ruhig, fast etwas bedrohlich, wie immer mit diesem durchdringenden Akzent.
"Was machen SIE denn hier, werte Kollegin?"
Fast schon etwas aufgebracht wegen seiner unverschämten Art, war sie am antworten. Alle Sorge, die sie vorhin verspürt hatte, waren in der Sekunde verflogen.
"Was ich hier mache, Severus? Ich habe ein Geräusch gehört und bin hierher gekommen, um nach dem Rechten zu sehen! Das ist es, was ich hier mache. Und wie kommen Sie dazu hier mitten in der Nacht herum zu schleichen?" Mit einem Nicken auf den Spiegel. "Was hat das hier zu bedeuten?"
Seine Augen flackerten kurz auf und wandten sich wieder Nerhegeb zu.
Immer noch unbeweglich, schaute er auf die spiegelnde Oberfläche des magischen Gegenstandes. Nun konnte er in dem kleinen Lichtschein von McGonagalls Zauberstab sich darin spiegeln sehen, etwas weiter hinter ihm, starrte die Hexe ihn an.
Der Spiegel schien sein Geheimnis wieder für sich zu behalten und nur ein ganz normaler Spiegel stand vor ihnen.
McGonagall trat hervor. Auch sie wurde sich der merkwürdigen Situation bewußt und mußte sich eingestehen, daß sie doch eben einen sehr privaten Moment gestört haben mußte.
Es schien nicht ganz zu ihrem Kollegen zu passen, ihn hier so stehen zu sehen, mit unbeeindruckter Mine.... und doch hatte sich etwas in seinen Augen geregt.
Nochmal versuchte sie herauszufinden, was hier vor sich ging und setzte zu einer weiteren Frage an, als er doch plötzlich sprach. Sein Ton war fast sanft, nachdenklich, doch noch immer mit dieser distanzierten Kühle, die nun wie ein Schutzmantel um ihn lag.
"Haben Sie schon einmal in den Spiegel geblickt, Minerva?"
Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie trat einen weiteren Schritt auf ihn zu, hielt aber bedacht Abstand. Sie nickte langsam. Er sah ihr Spiegelbild vor sich und brauchte sich nicht umzudrehen.
"Was haben sie gesehen?"
Wieder klang seine Stimme so andersartig, mit einer gewissen Mischung von Unsicherheit, Müdigkeit und .... Trauer.
Sie blickte kurz weg von seinem Gegenbild. Etwas in ihr wurde kurz erschüttert. Soviel Leid hatte sie in seinen Augen gesehen.... oder glaubte sie zumindest gesehen zu haben, daß es ihr weh tat.
Dann trat eine Erinnerung in ihr Gedächtnis, die sie gerne in sich aufnahm. Ein kleines Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit und ihr Blick war für einen kurzen Moment nach innen gerichtet, zu ihrer Erfahrung mit dem Spiegel Nerhegb.
Doch Snape mußte nicht mit einer Antwort gerechnet haben, denn er schien nicht enttäuscht zu sein, als McGonagall schließlich sagte:
"Der Spiegel Nerhegeb zeigt dem Betrachter das, was man sich am sehnlichsten wünscht. Es zeigt einem nicht die Zukunft noch die Vergangenheit. Nur ein Teil der Seele, der den dringendsten Wunsch zeigt, der in einem Menschen ruht."
Diesmal war er es, der nickte.
Ihr lag es schon auf der Zunge, nachzufragen, was er wohl gesehen hat, aber sie wußte genau, er würde es sicherlich nicht mit ihr teilen, genauso wenig, wie sie es auch ihm nicht erzählen würde an seiner Stelle. Nerhegeb zeigte etwas so ganz Privates, daß man selbst erst einmal klar damit werden mußte. Und es war nie für die Augen und Ohren anderer Menschen bestimmt. Deswegen konnten schließlich auch mehrere Betrachter in den Spiegel schauen und jeder würde etwas anderes erkennen.
Nun fragte sich aber die Hexe, wieso sie das Licht gesehen hatte? War das helle, warme Licht etwa ein Zeichen für Snape gewesen? Hatte er noch mehr in dieser Helligkeit gesehen? Oder warum konnte sie das Licht überhaupt sehen, wenn es doch hieß, daß jeder etwas anderes darin sah. Hatte sie sich das Licht vielleicht nur eingebildet? Nein, das war unmöglich. Es war da gewesen. Sie hatte es gesehen, sie hatte es gespürt. Es war warm gewesen, freundlich, fast schon sanft streichelnd und ihr Innerstes hatte es berührt.... irgendwie.
Sie blinkte und schüttelte den Gedanken zu Seite. Wieder blickte sie auf und betrachtete ihn im Spiegel.
"Severus, wie sind sie überhaupt hier her gekommen? Woher wußten Sie, wo der Spiegel stand?"
Eine weitere Sekunde verging und sie glaubte schon, daß sie die Fragen wiederholen mußte, als er sich nun endlich regte.
"Ich wußte es nicht. Ich ... bin einem Geräusch gefolgt."
Das war keine absurde Feststellung. Er log nicht. Es klang plausibel und doch unglaublich. Sie wollte schon erwähnen, daß der Spiegel ihn vielleicht gerufen hatte, als Snape sich plötzlich umdrehte und Anstalten machte, an ihr vorbei aus dem Zimmer zu eilen.
"Severus... ist alles in Ordnung mit Ihnen?"
Er blieb stehen, genau neben ihr. Seine Augen waren auf den Boden gerichtet, sein Mund eine dünne Linie.
"Was sollte mit mir nicht in Ordnung sein?" Der schroffe Ton paßte sich seinem ausdrucklosen Gesicht an.
Sie mußte sich eingestehen, daß sie sich Sorgen um ihn machte. Sie spürte, daß der Spiegel ihm etwas gezeigt hatte, was ihn irgendwie betroffen oder berührt hatte. Auf jeden Fall war er sehr nachdenklich und ungewohnt still gewesen. Sie konnte nicht anders, als plötzlich den jungen Mann in ihm zu sehen, den sie vor langer, langer Zeit hier auf Hogwarts als einen ihrer Schüler unterrichtet hatte. Schon damals war Severus Snape ein ruhiger, intelligenter, aber doch manchmal etwas zu distanzierter Zaubererlehrling gewesen. Es hatte ihm gewisse Vorteile, aber auch viele Nachteile verschafft, so fand sie. Sein soziales Verhalten zu seinen Mitschülern hatte sehr zu wünschen übrig gelassen. Er war ein Einzelgänger gewesen.... bis er in eine bestimmte Gruppe von Slytherin-Schüler aufgrund seiner unglaublichen Kenntnisse der Zaubertränke und Flüche aufgenommen worden war. Ob diese Gruppe jedoch seinen Charakter verändert oder zum Schlechteren entwickelt haben ließ, wußte sie nicht. Sie wußte nur, daß diese Gruppe um Lucius Malfoy ihn in den Bann gezogen hatte und er seit dem Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr öffentlich ein Einzelgänger gewesen war.
Eine gewisse Art von Distanz hatte er aber seit dieser Zeit nie ablegen können. So auch heute nicht.
Bevor er nämlich eine Antwort von ihr abwartete, bewegte er sich wieder Richtung Türe zu.
Doch sie hielt ihn am Arm leicht zurück. Wieder blieb er stehen.
"Severus.... falls Sie mit jemanden reden möchten.... ich bin für Sie da."
Sie wußte, es klang etwas merkwürdig, ihm gegenüber solch ein Angebot zu machen, als wäre er tatsächlich noch einer ihrer Schüler, aber etwas in ihr hatte sie dazu gebracht.
Doch statt eines erwarteten Schnaubens der Mißbilligung oder ein ungeduldiges Abschütteln ihrer Hand, kam ein kurzes, knappes Nicken.
Er sah sie nicht an und sie ließ ihn los.
Mit schnellen, weiten Schritten entfernte sich Snape aus dem Raum, weg von ihr und dem Spiegel Nerhegeb.
McGonagall hörte seinen Schritten noch eine Zeit lang nach und drehte sich dann selbst nochmal zum Spiegel um. Auch diesmal zeigte er wieder nur die normale spiegelnde Oberfläche.
Mit einem leichten Seufzen drehte auch sie sich um und verließ den Raum.
* * * * *
