Disclaimer: Alle Figuren und Flüche aus dem Harry-Potter-Universum gehören ausschließlich der genialen J.K. Rowling. Mir gehören nur die meinen und der Plot. Ich verdiene auch nix damit.
Ein paar Worte vorab:
Severus Snape, ambivalenter Held der Harry-Potter-Septologie, hat mich sehr fasziniert. Er ist einer der spannendsten Charaktere in J.K.s Romanen, und so herrlich düster. Leider hat er bei J.K. nur eine – wenn auch tragende – Nebenrolle. Und weil das schade ist, schreiben seine Fans für ihn Hauptrollen. So wie ich.
Auch ich werde ihn durch ein haarsträubendes Abenteuer jagen. Er wird wie üblich lügen und betrügen, Tränke brauen, lieben und leiden, hassen, verzweifeln, kämpfen, gewinnen und verlieren. Und dieses durchschnittlich aufregende Programm mit seinen wallenden Roben, finsteren Blicken und sarkastischen Kommentaren bereichern.
Er und ich (ach, das schreibt sich schön! – aber keine Angst, dies wird keine Mary-Sue) laden Euch ein, ihn auf seinem abenteuerlichen Weg durch „Die Tage des Raben" zu begleiten.
Warnung: Ich habe diese fanfiction mit dem Rating „T" versehen, weil es doch zu sehr unschönen Gewaltausbrüchen seitens der Todesser kommen wird, und Mord und Totschlag nun mal nicht „K" geratet werden sollten.
Die Tage des Raben
Fanfiction von Slytherene
1. Der Verrat
Dunkelheit.
In seinem Kopf war schwarze Dunkelheit.
Und Stille.
Unendliche, friedliche Stille.
Bleiben.Er wollte bleiben, in dieser Stille.
Aber da war etwas kaltes, ein Gefühl, dass langsam aus der Dunkelheit empor kroch und sich mit schlängelnden Bewegungen in sein Bewusstsein hinein wand.
Grauen.
Er wollte nicht zurückkehren in das grelle Licht. Nicht zurückkehren zu Kälte und Schmerz. Eine Stimme in seinem Unterbewusstsein schrie nach der Dunkelheit und der tröstlichen Stille, doch diese Stimme erstarb mit einer Welle von Wärme, die plötzlich durch seinen Körper schoss.
Er erbrach sich auf seine Füße, und der schale Geschmack und sauere Geruch seines eigenen Erbrochenen sowie die zunehmende Kälte der Flüssigkeit auf seinen Beinen holte ihn endgültig ins Bewusstsein zurück.
Langsam kehrte die Erinnerung zurück.
Er hatte in der Mitte gestanden, als die dunklen Gestalten ihren Kreis um ihn immer enger zogen.
„Verräter" zischte es aus ihren Mündern, und die Augen unter ihren tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen funkelten böse und zornig.
Er war verraten worden.
Nicht die Todesser hatten ihn enttarnt, nicht der Dunkle Lord ihn durchschaut, nein, es war ein Mitglied des Phönixordens gewesen, der ihn an Voldemort verraten hatte.
Einer von denen, die nicht auf jeder Sitzung misstrauische Blicke hatten ertragen müssen, einer, dessen hübsches, offenes Gesicht seine wahre Absicht geschickt verhüllt hatte, einer, dem sie alle vertraut hatten. Zu dessen Rettung Snape sich in Gefahr begeben hatte, geschickt von Dumbledore.
„Du bist der einzige, der seinen Verbleib auskundschaften kann, Severus", hatte der Direktor von Hogwarts gesagt.
Und tatsächlich war es Severus schnell - zu schnell, wie er jetzt wusste, wie er hätte bemerken müssen - gelungen, den Aufenthaltsort des scheinbar entführten Jungen herauszubekommen. Severus wusste, wen er fragen musste. Dass er damit den verhängnisvollen Fehler beging, in eine nicht einmal besonders gut getarnte Falle zu tappen, war ihm sehr spät aufgegangen. Zu spät.
Unbemerkt – so glaubte er - hatte er sich in die alte Abtei schleichen können, geschickt die beiden Wärter überwältigt, und zielgerichtet und klug das Gefängnis des Jungen gefunden, und den Gefangenen, welcher dort festgehalten worden war.
„Professor Snape, Merlin sei dank sind Sie hier!" hatte sein Schüler ausgerufen, als er ihn erkannte, nachdem Snape die Kapuze seines schwarzen Umhang heruntergezogen hatte.
„Ich wusste, dass Sie kommen würden" lächelte der Junge, aber das Lächeln erreichte nicht seine Augen.
„ Ich wusste es auch", schnarrte eine kühle Stimme hinter Snape. „Expelliarmus!" rief Lucius Malfoy, und Snape verlor seinen Zauberstab und den Boden unter den Füßen.
Der Kreis zog sich immer enger. Plötzlich tat sich eine Lücke auf, und eine hohe, schlanke Gestalt trat daraus auf ihn zu. Die roten Augen mit zu Schlitzen verengten Pupillen flammten in der Finsternis.
„Severus, mein guter Freund, mein treuer Todesser" klang die Stimme des Dunklen Lords sanft in Snapes Ohren, „ Du bist gekommen, um mir einige wichtige Information über den Orden zu geben, höre ich?"
Snape schwieg.
Er wusste, dass dies nur der Beginn eines grauenhaften Verhöres sein würde: Er hatte es so oft von seinem Platz im Kreis aus mit angesehen. Andere hatten im Zentrum gestanden, mit vor Panik geweiteten Pupillen, und die Angst dieser anderen konnte man riechen.
Diesmal stand er selbst in der Mitte. Und er war sich sicher, dass sie seine Angst ebenfalls riechen konnten.
Voldemort wusste, dass er ihn verraten hatte.
Es gab nichts, was er hätte sagen oder tun können, um dem zu entgehen, was ihm nun bevorstand.
„Du schweigst?" Voldemort lachte ein kurzes, freudloses Lachen.
„Wie weise, mein treuer Severus. Es gibt nichts, was Du mir sagen könntest, was das Vögelchen des Phönixordens nicht schon bereitwillig in mein Ohr gesungen hätte. So viele Leben verwirkt, so viele gute Freunde betrogen, und das alles für die Nähe zum Dunklen Lord, für einen Platz im Kreis meiner wahrlich treuen Diener. Nun, es wird ein Platz frei werden heute Nacht, nicht wahr, Severus?"
Voldemort hatte die Stimme erhoben, seine Worte waren deutlich zu verstehen, obwohl es im gleichen Moment den Anschein hatte, als ob er nur flüsterte.
Severus Snape schwieg weiter.
„Wie ich sehe, möchtest Du nicht mehr mit Deinem Meister sprechen, Severus" stellte der Dunkle Lord fest, und ein grausames Lächeln umspielte seinen lippenlosen Mund.
„Ich erwarte jedoch einige Antworten von Dir, und Deinen uneingeschränkten Respekt." Voldemorts Augen glommen merkwürdig auf.
„Zuerst einmal, beuge die Knie vor deinem Meister, Severus, mein treuer Sklave."
Er richtete seinen Zauberstab auf den Zaubertränkemeister, und seine Lippen formten lautlose Worte.
Ein schneidender Schmerz fuhr Severus in die Beine. Seine Sehnen trennten sich von den zugehörigen Muskelsträngen. Er spürte, wie er, einer Marionette gleich, deren Fäden zuerst vorne und dann hinten durchschnitten worden waren, nach vorne kippte.
„Respekt" zischte Voldemort, „wirst Du mir bis zuletzt zollen!
Und nun die Antworten.
Wie lange betrügst Du Deinen Herrn schon?"
Stille.
„Keine Antwort? Nun gut.
Legilimens!"
Snape war nicht vorbereitet gewesen auf die Attacke des Dunklen Lords. Die stechenden Schmerzen in seinen Knöcheln, seinen Knien, das krampfartige Vibrieren seiner Nervenenden, hatten ihn abgelenkt.
Wie eine kalte Hand griff Voldemort nun nach seinem Geist, und vor Snapes innerem Auge erschienen in schneller Abfolge Bilder über Bilder:
Das Lächeln des Jungen, der ihn verraten hatte,
der Kerker für Zaubertränke,
Lupin, der sich in einen Werwolf verwandelte,
das grinsende Gesicht von Black, als er sich in der Krankenstation aus dem großen schwarzen Hund in seine wahre, verhasste Gestalt verwandelte,
Potter auf seinem Besen, welcher versuchte ihn abzuschütteln,
wieder der Kerker,
dann die grauen, rauchenden Trümmer eines Steinhauses in einem kleinen Dorf, darüber das Dunkle Mal,
das Gesicht einer rothaarigen Frau, grüne Augen…,
- nein, das sollte der Dunkle Lord nicht sehen, niemals wollte Snape diesen Gedanken preisgeben.
Der beste Okklument Britanniens besann sich stöhnend seiner Fähigkeiten, sollte das Monster doch das sehen, was es sehen wollte. Ein letztes Mal würde der Meister der Zaubertränke ihn betrügen.
Vor Snapes geistigen Augen erschien Dumbledores Büro:
Der Direktor trat zur Tür herein, und Snape spürte unterbewusst, wie sich der Dunkle Lord verkrampfte. Er fürchtete den mächtigen alten Zauberer also noch immer.
„Nun, Mr. Snape", begann Dumbledore mit erstem Gesicht, und sah einen deutlich jüngeren Severus über die halbmondförmigen Gläser seiner Brille fragend an, „ was führt Sie zu dieser späten Stunde zu mir nach Hogwarts?"
„Die Potters" entgegnete Severus, und auf seiner Oberlippe bildete sich ein dünner Schweißfilm. Dem Blick des Schulleiters war schwer standzuhalten.
„Ihr Tod. Sie planen ihren Tod. Der Dunkle Lord wird sie angreifen. Er sucht sie."
„ Das", sagte der ältere Zauberer kühl, „ist kein Geheimnis."
„Sie müssen Sie schützen, Professor" entgegnete Snape, die ihm aus seiner Schulzeit vertraute Anrede gebrauchend.
„Bitte", setze er fast flehendlich hinzu, „sie dürfen nicht sterben".
Dumbledore sah den Slytherin, der viele Jahre sein Schüler gewesen war, zweifelnd an.
„Nun, Mr. Snape, Sie werden verstehen, das es mich überrascht" – dabei zog der Direktor eine Augenbraue hoch „ ausgerechnet von Ihnen solche Sorge um James und Lily Potter zu vernehmen. Sie und Mr. Potter waren nicht gerade befreundet zu Ihrer Schulzeit."
Snape starrte den Direktor an. Sein Gesicht spiegelte sich in den Brillengläsern des mächtigen Zauberers, als die Flammen im Kamin zuckten, und er sah einen Ausdruck von Zorn und unendlicher Angst auf diesem Gesicht.
Dumbledore Blick wurde eine Spur weicher, als er fragte:
„Wovor fürchten Sie sich? Was macht Ihnen solche Angst, Mr. Snape, dass Sie zu mir kommen? Die Snapes sind keine Familie, die sich in diesen Zeiten sonderlich fürchten muss. Sie selbst haben, wie ich wohl weiß, gute..." er zögerte, „Verbindungen zu Voldemort, also was treibt Sie?"
Snape konnte nicht antworten. Er öffnete den Mund, aber kein Laut war zu hören.
„Um wen fürchten Sie, Severus?" fragte der Schulleiter noch einmal, zum ersten Mal Snapes Vornamen aussprechend und Snapes Gesicht eindringlich musternd.
Tonlos formten die Lippen des jungen Slytherin einen Namen, und Albus Dumbledore nickte verstehend.
„NEIN! MEHR NICHT!" keuchte Severus laut, und die Verbindung mit dem Dunklen Lord endete abrupt.
Snapes Kopf schien auf die dreifache Größe angewachsen und brennende Schmerzen tobten von seinem Scheitel über seine Stirn, zu den Schläfen und verbanden sich zu einem –wie es ihm schien- Ring aus weißer Glut und Pein.
Der Schmerz verebbte langsam, nur das Stechen in seinen Beinen verstärkte sich wieder, und als er wieder sehen konnte, stellte er fest, dass auch der Dunkle Lord schwer atmete und leise röchelte.
Das Gesicht des bösen Zauberers war eine Maske des Zorns. Doch dann lächelte er auf seine schreckliche Weise und ein zuerst leises, dann immer lauter werdendes kaltes Lachen erfüllte die Luft.
Die Todesser um sie herum standen still wie Statuen. Snape meinte unter einer Maske Lucius' eisig graues Augenpaar zu sehen.
Voldemort lachte immer noch. Schließlich verstummte er, und wandte sich Snape zu.
„Für diese kleine Schlammblut-Hure also hast Du Deinen Meister verraten. Für eine, die dich keines zweiten Blickes gewürdigt hat und stattdessen den wundervollen James Potter genommen hat. Unerwiderte Gefühle haben Dir den Kopf verdreht, mein armer Severus."
Voldemorts Stimme hatte zunächst einen ironisch bedauernden Tonfall angenommen. Doch dann gewann die Wut wieder die Überhand:
„Du, der du an meiner Seite hättest groß sein können! Macht und Reichtum und noch mehr Macht wären dir zuteil geworden, mein Tränkemeister, wärest du ein treuer Diener deines Meisters geblieben. Aber du bist im Schlamm vor dem Schlammblut gekrochen, so wie du jetzt vor mir durch den Staub kriechst, Snivellus!"
Snape zuckte bei der Nennung des verhassten Schimpfnamen zusammen.
Doch Voldemort war noch nicht fertig damit, Severus zu demütigen.
„Was hat sie getan, als du ihr deine …Liebe" - Voldemort spuckte das Wort verächtlich aus - „gestanden hast, Snape?
Hat sie dich erhört? Oh nein, sicher nicht. Den fahlen, dürren Slytherinjungen hätte diese Gryffindorhure nie für ihren schönen, talentierten und reichen Potter aufgegeben, das hättest du doch wissen müssen.
Oder hast Du nie gewagt, ihr dein Begehren zu eröffnen, Snape?"
Ein Leuchten der Erkenntnis spiegelte sich in Voldemorts bösen Augen, „das war es, nicht wahr, Severus, vom weiten hast du dich nach ihr verzehrt, feige und verzweifelt. Und Dich nicht getraut, sie auch nur zu fragen...Du armer nichtwürdiger Wurm", höhnte der Dunkle Lord.
In Severus Augen standen Tränen. Tränen der Wut und Tränen der Scham, und er umschloss seine Schultern mit seinen eigenen Händen, wie um sich selbst Halt zu geben.
„Nun, Severus", hörte er die Stimme des dunklen Lords kühl in der fahlen Nacht, „wenigstens habe ich mich heute über dich amüsiert, und auch meine treuen" – er betonte das Wort und sein Blick glitt langsam entlang der Reihe dunkler Gestalten, die in starrer Bewegungslosigkeit im Kreis verharrten und den Atem gespannt anhielten - „Todesser werden noch ihren Teil des Amüsements bekommen.
Welche eine Ironie, Severus, dass dasselbe Schlammblut, welches mich mit ihrem Opfer für ihr wertloses Balg um so viele Jahre auf dem Weg zu meiner Herrschaft betrogen hat, mich nun auch um meinen Giftmischer gebracht hat.
Und auch dich hat sie um so viele Jahre betrogen, mein bedauernswerter Severus."
Voldemorts Stimme troff jetzt vor Spott, und aus dem Kreis der Todesser waren die ersten vorsichtigen Lacher zu hören. Schadenfreude lag in diesem Lachen.
„Ich hoffe, Dein Verrat hat sich für Dich gelohnt. Weiterer Lohn wird Dir jetzt gleich zu Teil. Der Lohn, den Du Dir verdient hast, Verräter."
Noch einmal ließ der Dunkle Lord seine kalte, heisere Stimme vernehmen:
„Malfoy, Crabbe, Goyle!"
Pflichtschuldigst und sich tief verbeugend huschten die Drei eifrig herbei.
„Vergnügt Euch. Ihr habt die ganze Nacht. Bei Morgengrauen bringt ihr ihn an den für Verräter vorbestimmten Ort. Und seht zu, dass er dann noch aller Sinne mächtig ist. Er soll alles sehen und spüren, was Lord Voldemort für Verräter vorgesehen hat." Die letzten Worte hatte Voldemort laut ausgerufen, und nun erklang wieder sein hohes, irres Gelächter und schallte weit in die kalte Nacht hinein.
Der dunkle Lord disapparierte.
Die drei Gestalten traten nun noch näher auf Snape zu.
Severus feierte seinen letzten, bitteren Sieg still und von ihnen unbemerkt.
Er hatte es bewahrt, sein wahres Geheimnis. Voldemort hatte nur den Teil der Wahrheit zu sehen bekommen, den Severus sich für genau diesen Fall seiner Enttarnung zu zeigen vorgenommen hatte. Und der Dunkle Lord hatte den Köder bereitwillig geschluckt, geblendet von seinem vermeintlichen Triumph und berauscht von Severus Demütigung.
Mochte Voldemort der beste Legilimens des Jahrhunderts sein, er, Severus Snape, Meister der Zaubertränke, war der beste Okklument. Und er hatte gewonnen.
Ja, er würde sterben. Er würde bis dahin noch Grauenhaftes erdulden müssen, aber er würde sein Geheimnis mit in sein stilles Grab nehmen und seinen Frieden finden.
Dieser letzte Gedanke ließ, seiner ausweglosen Situation zum Trotz, den Anflug eines Lächelns über sein Gesicht gleiten – er hatte sein Geheimnis bewahrt...
„Crucio!" war das letzte, was Severus hörte, und Schmerz, allumfassender, in jeder Faser seines Körpers glühender, heißer, reißender Schmerz, war das letzte, was er fühlte, bevor die Dunkelheit über ihm zusammenschlug, und ihn in eine tiefe, gnädige Finsternis riss.
Eigentlich könnte hier schon das Wort „ENDE" stehen, aber dann erfahren wir ja nie, was Severus nun wirklich für ein Geheimnis hat und welche Strafe Voldemort - von unverzeihlichen Flüchen einmal abgesehen - dem Verräter in seinen Reihen zugedacht hat.
Und was hat das „bösartige Kleeblatt" an Nachtprogramm für Severus zu bieten? Wird er das überhaupt überleben?
In Kapitel 2 geht es weiter,
„Im Kerker". Wenn Ihr wollt.
Und bitte, bitte, nicht nur Schwarzlesen. Ich freue mich über Eure reviews.
