Die Abenteuer des Watson
1.
Dinge, die ich vor meinem Tod noch erledigen will/die vor meinem Tod noch erledigt werden müssen:
Bei Holmes wohnen
Eine Frau für Holmes
Einen wahren Freund oder eine wahre Freundin finden
Mit Holmes in den „Goldständer" gehen
Ein Bier trinken
Mein Ohrläppchen durchstechen lassen
Einen Film ab 16 gucken (Horror, keinen Porno)
In einem Süßwarenladen übernachten und essen bis mir schlecht wird
Traditionell Weihnachten feiern
Meine Lieblingslieder auf Kassette aufnehmen (Ich singe, Holmes begleitet)
Für mein Grab: Steinpilze besorgen und Rollrasen (den gleichen wie den, auf dem Real Madrid spielt)
Ein Graffiti für meinen Sarg entwerfen lassen
Bequeme Kleidung und bequeme Schuhe für meine Bestattung besorgen
Eine Nacht unter den Sternen verbringen (Holmes und Teleskop nicht vergessen!)
Eine rote getigerte Katze, damit ich jemanden zum Kuscheln habe und damit Holmes nicht alleine ist, wenn ich tot bin
Zuhause sterben (Bedingung: Niemand weint!)
„Wir sind da, junger Mann." Fasziniert beobachtete der Angesprochene das Gebäude, vor dem sein Taxi Halt gemacht hatte. Nicht schlecht, Holmes. Hier lässt es sich bestimmt aushalten. „Macht 25 Euro", verlangte der Taxifahrer bestimmt. „Ähm, kleinen Augenblick. Dafür muss ich reingehen, ja?" Watson schwang die Autotür auf und kletterte ungelenk aus dem gelben Wagen.
Selbst in der inneren Mongolei tun sie es, du bist also nicht alleine, schoss es Lisa durch den Kopf. Auweia, kaum ein paar Stunden zusammen und schon wollte Rokko soweit gehen. „Lisa, ist alles okay?" Du wirst es nie erfahren, wenn du jetzt nicht mitmachst. Lisa wollte gerade den Mund öffnen und etwas entgegnen, als eine schrille Melodie durch Rokkos Wohnung schallte. Was war das? „Die Türklingel", beantwortete Rokko entnervt Lisas gedankliche Frage. „Vielleicht ist es Hugo", gab Lisa zu bedenken und dankte dem Designer im Stillen für diese Unterbrechung. Wieder erschrillte die Klingel. „Nee, das ist nicht Hugo, das ist viel zu ungeduldig. Ich gehe mal gucken", kündigte Rokko an und wälzte sich aus seinem Bett.
„Watson? Was machst du denn hier?", begrüßte Rokko wenig später seinen überraschenden Besuch. „Sommerferien?", entgegnete der Junge verständnislos und drängelte sich an ihm vorbei. „Ich verbringe immer die Ferien bei dir und jetzt komm mir nicht mit ‚Keine Zeit' oder ‚Zuviel Arbeit'. Du konntest mich machen, also kannst du dich auch um mich kümmern. Du glaubst wohl auch, so ein bisschen Knochenmark spenden und sich die Haare wachsen zu lassen, damit ich eine Echthaarperücke haben kann, reichen aus, um aus der Pflicht zu sein." Plötzlich erblickte Watson Lisa und blieb stehen. Breit grinsend wandte er sich an Rokko: „Ach, ich verstehe, du schiebst hier gepflegt ein Nümmerchen. Wenn das so ist, kann ich auch gerne noch mal gehen. Reicht dir eine Stunde?" Feuerroten Kopfes stand Lisa in Rokkos Wohnzimmer und betrachtete den Jungen, der eine auffällige Ähnlichkeit mit Rokko hatte. „Das ist doch Unsinn, Watson, komm rein." Mit einem lauten Puff ließ sich der Angesprochene auf das Sofa mitten im Raum fallen, nahm erst seine Mütze und dann seine Perücke ab – natürlich war ihm Lisas entsetzter Gesichtsausdruck nicht entgangen. „Ich habe Ferien, da will ich es auch bequem haben. Übrigens, Holmes, einer muss das Taxi bezahlen, bevor es da draußen einen Kolbenfresser kriegt." Verwirrt sah Rokko durch die Tür auf die Straße. „Ich mach das schon", kündigte Lisa dankbar für diese Ablenkung an. „Der Typ will 25 Euro, aber gib ihm nicht so viel Trinkgeld, wirklich freundlich war er nicht."
Als Lisa wieder hereinkam saßen Watson und Holmes auf dem Sofa und kitzelten sich gegenseitig. „Watson, darf ich dir Lisa vorstellen?" Watson nickte Holmes neuer Flamme und sah dann wieder zu Rokko. Er war gespannt darauf, was er dieser Lisa denn jetzt sagen würde. „Lisa, das ist Watson… äh… Adrian… mein… mein Sohn." Lisas Augen wurden groß – Watson war doch mindestens 12, wenn nicht 13. „Das müsstest du ihr schon etwas genauer erklären", meinte Adrian Kowalski ganz trocken. „Sonst versteht sie gar nichts mehr. Falls es dir entgangen sein sollte, sie ist blond." Rokko schluckte. „Nicht jede Blondine ist blöd, manche sind schlichtweg genial", wies er seinen Sohn lächelnd zurecht. „Also… ich schätze, das hätte ich dir schon viel eher sagen sollen… Ja, also… Watson… ist…" Der Junge auf dem Sofa rollte mit seinen großen braunen Augen, die durch seine Glatze noch viel größer wirkten und übernahm dann das Wort. „Was mein Vater versucht, dir zu erklären ist, dass er mit 16 seine damalige Freundin geschwängert hat und ich das Ergebnis bin, aber ich glaube, für einen Unfall bin ich ganz gut gelungen."
