Summary: Dean hat einen neuen Fall aufgetan, der Sam ganz und gar nicht
behagt...
Keine Spoiler
Story Notes:
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Kuriositäten
"Willst Du mir nicht endlich sagen, wo wir hinfahren?", fragte Sam und
blickte seinen Bruder auffordernd von der Seite an.
Sie saßen seit einer gefühlten Ewigkeit im Wagen und Dean hatte sich
geweigert, ihm das Ziel zu verraten. Statt dessen hatte er die
furchtbarste Musikkassette in den Player geschoben, die Sam seit langem
in diesem Auto untergekommen war und die Musik bis zum Anschlag
aufgedreht. Endlich war eine Seite der Kassette durchgelaufen und Sam
wagte einen erneuten Versuch.
"Es wird Dir gefallen, Sammy.", antwortete Dean und grinste ihn an.
"So wie ich Dich kenne, wird es das garantiert nicht."
Dean lachte und drehte die Kassette um.
Sofort plärrte Sam ein neues Lied entgegen, er griff zum Radio und
schaltete es ab.
"Hast es lange ausgehalten.", sagte Dean nur und blickte Sam
herausfordernd an.
"Was soll das alles? Seit Du heute Morgen mit Bobby telefoniert hast,
benimmst Du Dich wie ein Verrückter!"
Deans Lächeln wurde noch breiter. "Bobby hat den perfekten Fall für uns
gefunden. Und mit perfekt, meine ich - Du wirst Dir in die Hosen machen,
Alter!"
Sam schluckte. "Das ist die Rache für Deinen Geburtstag, richtig?"
"Richtig."
"Ich dachte aus dem Alter wären wir raus. Echt!"
"Du hast damit angefangen, Sammy. Du hast Dir die Suppe selbst eingebrockt."
"Toll, Dean. Aber meinst Du nicht, dass Du mich in Kenntnis setzen
solltest, wo wir hinfahren? Vielleicht sollte ich mich irgendwie
vorbereiten."
"Na schön.", man konnte unschwer erkennen, wie Dean diesen Moment
genoss. "Wir fahren zu einem Kuriositätenkabinett."
"Was ist das?"
"So eine Art Museum. Ein Haus das vollgestopft ist mit alten
Sammlerstücken. Puppen, Waffen, Kostümen - und Clowns."
Beim letzten Wort wandte er seinen Blick von der Straße und lächelte Sam
spitzbübisch zu.
"Das ist alles?", fragte Sam. "Das ist Deine große Rache?"
"Sammy - es gibt dort wirklich viele, viele, sehr viele Clowns! Und wir
werden nicht darum kommen, das gesamte Haus zu durchforsten."
"Und warum?"
"Weil dort letzte Woche 2 Wachleute getötet wurden und wir annehmen,
dass es ein Geist ist."
"Warum übernimmt Bobby nicht den Fall?", fragte Sam und rutschte unruhig
auf dem Sitz herum.
"Er ist beschäftigt. Hör zu, es sollte keine große Sache werden. Ich
denke ich weiß nach welchem Gegenstand wir suchen müssen. Ich hab mich
schlau gemacht und die Homepage durchforstet."
"Homepage!", rief Sam, drehte sich um und fischte mit der Hand nach
seiner Laptoptasche. Er bekam sie zu greifen, zog den Laptop heraus und
legte ihn sich auf den Schoß.
"Du hast doch hier gar kein Netz!", sagte Dean.
"Wenn Du Dir die Seite angesehen hast, ist sie noch im Speicher.",
antwortete Sam und Dean bemerkte, wie seinem Bruder kurz darauf der
Unterkiefer herunter klappte.
Er schielte hinüber auf den Laptop und entdeckte die Seite, die ihn
ebenfalls sehr fasziniert hatte - das Clownzimmer.
"Siehst Du, Sammy? Sehr viele Clowns!"
"Dean, wenn Du mich noch ein mal Sammy nennst, dann raste ich aus.",
antwortete dieser betont ruhig und klappte den Laptop wieder zu. "Und
ich kann mich sehr wohl in einem Raum mit cirka... 300 Clowns aufhalten!"
Dean grinste wieder und drückte aufs Gas. "Das will ich sehen..."
"Also, was ist dort genau passiert und warum müssen wir diesen Geist
gerade jetzt beseitigen?"
"Der erste Wachmann wurde letzten Montag während seiner Nachtschicht
getötet. Man fand ihn am nächsten Morgen übel zugerichtet in einem der
Ausstellungsräume."
"Woran ist er gestorben?"
"Bobby sagte, jemand hätte ihn mit einem Messer bearbeitet. Der arme
Kerl muss noch ziemlich lange durchgehalten haben, bevor ihm dann ein
letzter tödlicher Schnitt zugefügt wurde und er verblutet ist."
Sam atmete durch. "Klingt nicht gut. Ein wirklich wütender Geist."
"Es kommt noch besser. Der zweite Wachmann ging zwei Tage später drauf.
Ihm wurde die Zunge herausgeschnitten."
"Das ist wirklich widerlich!", antwortete Sam. "Und Du hast eine
Vermutung wessen Geist das sein könnte?"
"In der Ausstellung befinden sich viele alte Gegenstände, unter anderem
auch die Tatwaffe einer Serienmörderin aus dem vorherigen Jahrhundert -
ein Messer. Die Tathergänge passen in ihr Muster. Montag war der
hundertste Todestag."
"Der Tag, an dem der erste Wachmann getötet wurde.", sagte Sam
nachdenklich. "Warum tötet der Geist wohl weiter?"
"Keine Ahnung! Aber die wollen die Ausstellung nächste Woche wieder
öffnen. Wäre doch schade, wenn noch mehr Leute draufgehen müssen, oder?"
"Und Du glaubst, wenn wir dieses Messer finden und es zerstören, dann
vernichten wir den Geist dieser Serienmörderin?"
Dean nickte. "Solche Sachen hatten wir doch schon. Die Geschichte dieser
Irren kann im Museum nachgelesen werden. Die Leute gehen nach Hause,
glauben daran, denken darüber nach. Und mit der Zeit hat sich dieser
Geist einen Weg zurück gesucht und metzelt zum Hundertjährigen ein paar
unschuldige Menschen ab."
"Sehr poetisch, Dean.", antwortete Sam und fuhr sich durchs Haar. "Also,
wie weit ist es noch?"
"Etwa 300 Meilen.", antwortete er und schaltete das Radio wieder ein.
Es dämmerte bereits, als Dean den Impala auf dem Parkplatz vor dem Haus
abstellte. Am Eingang konnten sie die Absperrbänder der Polizei sehen.
Sam warf einen nervösen Blick auf die Reklametafel, die vor dem Wagen
aufragte - und in einer Ecke einen böse drein blickenden Clown zeigte.
"Los gehts.", sagte Dean und stieg aus.
Er ging zum Kofferraum und packte einige Gegenstände in seine Tasche -
eine Eisenstange, Salz, ein silbernes Messer, Benzin, Batterien und
Feuerzeuge. Dann überprüfte er noch einmal die Kugeln in seiner
Handfeuerwaffe - Silberkugeln. Er steckte sich die Waffe in den
Hosenbund und griff zuletzt nach seiner Schrotflinte, die mit Steinsalz
geladen war.
Sam gab er eine zweite Schrotflinte in die Hand.
Sie gingen auf das alte Gebäude zu und stiegen die Treppe hinauf. Eine
große, verzierte Holztür trug das aufgeklebte Siegel der Polizei,
welches Dean mit einem Messer durchtrennte. Kurz darauf hatte er das
Schloss geknackt. Sie stiegen unter den Absperrbändern hindurch und
betraten die Eingangshalle.
Dean blickte sich beeindruckt um, nachdem sie ihre Taschenlampen
eingeschaltet hatten. Alles war pompös ausgestattet, dicker, roter
Teppich bedeckte den Fußboden, während die Wände so aussahen, als wären
sie mit Marmor verkleidet. Mehrere goldene Bilderrahmen waren hier
aufgehängt worden und man fühlte sich, als würde man ein Schloss betreten.
Vor ihnen befanden sich zwei Drehkreuze, durch die man die
Eintrittskarten stecken musste. Dahinter führte eine zweireihige
Galerietreppe in die oberen Stockwerke.
"Hier fühlt man sich ja wie auf der Titanic.", sagte Dean und kletterte
über das Drehkreuz. Sam folgte ihm.
Dean schwenkte die Taschenlampe nach rechts, wo in einem großen Raum
mehrere alte Musikinstrumente ausgestellt waren. Alte Klavierflügel,
Orgeln und Geigen. Vor dem Raum führte links eine weitere Treppe in den
Keller.
"Das wird eine lange Nacht.", sagte Sam.
Dean nickte. "Komm´ mit. Wir sehen uns zuerst den Keller an. Dort soll
das Messer ausgestellt gewesen sein."
"Gewesen sein?"
"Ich schätze mal, dass es nicht mehr in der Vitrine ist, oder?"
Sam seufzte. Es würde wirklich eine verdammt lange Nacht werden...
Sam folgte Dean in den Keller, wo verschiedene Gegenstände aus früheren
Zeiten ausgestellt waren. Alte Kämme, Spiegel, Brillen, Schmuckstücke,
Hüte. Sam beschlich ein seltsames Gefühl. Hier hingen viele Fotos von
längst verstorbenen Menschen, von Lebensgeschichten, die niemand kannte
und die nie wieder erzählt werden würden...
Im hinteren Teil des Kellers betrat Dean nun einen Raum, der ebenfalls
mit Absperrband der Polizei versehen war.
Eine zerbrochene Vitrine zeugte davon, dass hier jemand etwas gestohlen
hatte. Sie traten näher heran und Sam leuchtete auf eine kleine Tafel,
die die Geschichte der Serienmörderin erzählte, die um 1900 in einem
nahegelegenen Gefängnis eingesessen hatte.
"Elena Roxin wurden dreißig Morde an Männern nachgewiesen.", begann er
nach einem Moment laut zu lesen. "Das Gericht befand sie für schuldig
und sie wurde zum Tode durch den Strang verurteilt. Eine der Tatwaffen,
ein mit Goldornamenten verziertes Messer, wurde diesem Museum zur
Verfügung gestellt."
"Und genau dieses Messer fehlt hier.", sagte Dean. "Ich schätze mal, die
gute Elena hat es sich wiedergeholt."
Sam seufzte und richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf ein Foto,
das hinter Dean an der gegenüberliegenden Wand hing.
"Das ist sie.", sagte er. "Was glaubst Du steckt hinter ihrer
Geschichte? Warum wird eine so junge, hübsche Frau zu einer Serienmörderin?"
Dean zuckte mit den Schultern. "Das ist schon über hundert Jahre her.
Wir müssen uns jetzt auf den Geist konzentrieren und unseren Job erledigen."
Sam seufzte und warf dem Foto nochmals einen Blick zu, bevor er Dean
wieder in das Erdgeschoss folgte.
Nachdem sie alle Zimmer im Erdgeschoss durchsucht hatten, begaben sie
sich in den ersten Stock, wo mehrere Themenzimmer eingerichtet waren.
"Hey, cool!", rief Dean und ging nach links auf eine Vitrine zu. "Star
Wars!"
Sam lief ihm hinterher und betrachtete die kleinen Figuren, auf die Dean
mit seiner Taschenlampe zeigte. "Die sind sicher schon einiges wert.",
sagte er und leuchtete weiter den Gang entlang. Links war ein Gitter
angebracht und er erkannte mehrere Gegenstände aus dem Mittelalter,
während er darauf zu ging.
Eine Ritterrüstung, Ketten, Äxte und einige Foltergegenstände. Er wandte
sich ab und leuchtete in den nächsten Raum hinter sich.
Einige alte Armeeuniformen waren hier ausgestellt. Seiner Ansicht nach
ein heilloses Durcheinander, aber Dean schien es zu gefallen. Er blickte
zurück zu seinem Bruder, der sich noch immer begeistert die Figuren in
der Vitrine ansah.
"Denkst Du es merkt einer, wenn ich Han Solo und Chewie klaue?", fragte
er lächelnd.
Sam schüttelte den Kopf, während er die Augen verdrehte.
"Lass die Finger davon!", antwortete er und betrat das nächste Zimmer,
das im Stil der 50-er Jahre eingerichtet war.
"Cool! Elvis!", rief Dean hinter ihm und Sam zuckte zusammen.
Sein Bruder lief an ihm vorbei und griff nach einem Elvis-Outfit, das an
der Wand befestigt war.
"Könntest Du gefälligst aufhören, Dich wie ein kleines Kind in
Disneyland zu verhalten?", fragte Sam genervt. "Wir müssen das Messer
finden!"
Dean hatte einen seltsamen Ausdruck in den Augen, als er ihn anblickte.
"Woher weißt Du, dass ich schon immer mal nach Disneyland wollte?". Dann
lachte er.
"Versuch einfach, Dich zu konzentrieren, okay?", gab Sam zurück. "In
welchem Zimmer hat man den Wachmann gefunden?"
"Hier auf diesem Stockwerk.", antwortete Dean. "Ich glaube wir müssen
dort entlang."
Erneut folgte Sam ihm den Gang entlang und sie bogen nach links ab.
Und mit einem mal waren sie da - im Clownzimmer.
An sämtlichen Wänden waren Schaukästen angebracht, in denen große und
kleine Clownpuppen saßen, die Sam mit ihren unheimlichen Fratzen
anlächelten. Die Hinterseiten der Vitrinen waren mit Clownpostern
tapeziert und zu allem Übel stand auch noch eine lebensgroße Figur in
der Mitte des Raums.
Dean ging darauf zu, stellte sich hinter sie und packte den Arm der
Figur, um Sam damit zu winken.
"Das ist nicht witzig!", rief er atemlos und machte einen unsicheren
Schritt auf Dean zu.
Dieser lief grinsend auf Sam zu und legte ihm Hand auf die Schulter.
"Alter, ich lüge nicht! Der erste Wachmann wurde hier gefunden!"
Dean leuchtete mit der Taschenlampe den hinteren Teil des Raums aus und
stockte, als er etwas entdeckte. Sein Gesichtsausdruck wurde sofort ernst.
Sam schluckte als er den plötzlichen Sinneswandel seines Bruders
bemerkte und drehte sich um, sodass er ebenfalls den Platz sehen konnte,
wo dieser hin leuchtete.
Dort war eine nachgebaute Szene aus einem Zirkus zu sehen - eine Wand
mit dem gemalten Umriss einer Person, Schlaufen für die Arme und Beine.
Rechts und links davon gemaltes Publikum, davor ein kleines Podest.
Mehrere Messer steckten in der Holzwand auf der man noch deutliche
Blutspuren erkennen konnte. Die Glasscheibe, die diesen Bereich einmal
abgetrennt haben musste, war zertrümmert. Lebensgroße Puppen, die den
Messerwerfer und den Artisten an der Holzwand darstellen sollten, lagen
in einer Ecke.
"Das ist furchtbar.", sagte Sam und wandte sich wieder Dean zu.
"Das ist ziemlich krank, selbst für einen Geist.", antwortete Dean. "Wir
sollten uns beeilen und dieser Schlampe das Handwerk legen."
Sie verließen zu Sams Erleichterung das Clownzimmer und gingen zurück
durch den Gang.
"Wo wurde der zweite Wachmann entdeckt?", fragte er.
"Oben im zweiten Stock.", antwortete Dean. "Langsam kriege ich das
Gefühl, dass es vielleicht doch nicht so einfach wird, das Messer zu
finden."
Sam schreckte auf, als die Tür durch die sie herein gekommen waren und
die in die anderen Stockwerke führte, plötzlich zufiel.
Nervös blickte er Dean an, ging an ihm vorbei und versuchte sie zu
öffnen. Doch es gelang ihm nicht.
"Ich schätze mal, der Geist hat unsere Anwesenheit bemerkt." sagte Dean.
Sam nickte und sah sich um. Sämtliche Fenster nach draußen die er bisher
gesehen hatte, waren vergittert. Vielleicht gab es noch weitere Treppen,
doch wo sich diese befanden, wusste er nicht.
"Ich habe ein ganz mieses Gefühl.", sagte er.
"Das hier läuft nicht ganz so, wie ich dachte.", antwortete Dean. "Aber
es ist nur ein Geist, Sam. Damit kommen wir schon klar."
"Dein Wort in Gottes Ohr."
Erneut versuchte Sam die Tür zu öffnen, doch sie bewegte sich keinen
Zentimeter.
"Verdammt!", stieß er hervor und blickte sich um.
Elenas Geist war nicht zu sehen, doch er spürte förmlich, dass sie in
der Nähe war. Die Häärchen in seinem Nacken richteten sich auf und der
Gedanke, dass sie mit ihren Taschenlampen hier wie zwei Ratten durch ein
Labyrinth irrten, behagte ihm gar nicht.
"Wir sollten die restlichen Räume checken.", sagte Dean. "Vielleicht
finden wir auch einen anderen Ausgang."
"Sie wird uns sowieso nicht raus lassen.", antwortete Sam und fuhr
herum, als er ein Geräusch hörte.
Sie gingen in einen weiteren Raum, in dem einige Schaufensterpuppen mit
alten Kleidern aus der Jahrhundertwende ausgestellt waren, daneben eine
riesige Orgel. Sam betrachtete die Puppen misstrauisch - jede davon
konnte ebensogut der Geist sein und sich jeden Moment auf sie stürzen.
"Hier ist nichts.", sagte Dean und verließ den Raum durch einen zweiten
Durchgang.
"Wir sollten zusammen bleiben!", rief Sam angespannt und folgte ihm.
Das nächste Zimmer war riesig und hinter einer Glaswand befanden sich
mehrere ausgestopfte Tiere, die sie mit ihren toten Augen anstarrten.
Ein Pferd, ein Bär, ein Tiger und einige Enten und Vögel.
"Ich finde das hier nicht mehr witzig.", murmelte Sam und drehte sich
wieder um - gerade rechtzeitig, um einen Blick auf ein Stück weißen
Stoffs zu erhaschen, bevor die Erscheinung wieder verschwand.
Er packte Dean am Arm und zeigte mit dem Kopf in die Richtung, wo er
Elenas Geist gerade gesehen hatte.
Langsam näherten sie sich, die Schrotflinten bereit.
Sam sog die Luft ein, als seine Taschenlampe flackerte und dann erlosch.
Er drehte sich um und sah gerade noch, dass Deans ihm einen angespannten
Blick zuwarf, als dessen Lampe ebenfalls den Geist aufgab.
"Na toll.", hörte er Dean knurren.
Sie standen nun in absoluter Dunkelheit. "Sam? Bleib ja in meiner Nähe,
okay?"
Sam nickte - doch im nächsten Augenblick wurde ihm klar, dass Dean ihn
wohl schlecht sehen konnte.
"Klar.", antwortete er schnell und lauschte - doch er konnte keine
verdächtigen Geräusche hören. Alles um sie herum war vollkommen still...
Sein eigener Herzschlag kam Sam im Moment furchtbar laut vor. Jeder
Schritt den er nach vorne machte, klang ebenfalls unnatürlich laut. Er
hörte Deans Atem hinter sich, hörte, wie er sich ebenfalls nach vorne
tastete. Er wurde das ungute Gefühl nicht los, dass sie in eine Falle
tappten.
Dann, eine Sekunde später wurde eine Tür geöffnet und Sam hörte Schritte
- Schritte die auf sie zukamen!
"Dean!", rief er - doch im nächsten Moment wurde er von jemandem an der
Schulter gepackt und stolperte. Er verlor das Gleichgewicht und fiel
nach hinten. Unsanft stieß er mit Dean zusammen, der ebenfalls zu Boden
ging und plötzlich unter Schmerzen aufstöhnte.
Sam konnte hören, wie sein Bruder sich scheinbar gegen den Angreifer zur
Wehr setzte. Er verlagerte sein Gewicht zur Seite und setzte sich auf,
bekam Deans Bein zu fassen - jedenfalls vermutete er, dass es sein Bein
war - dann einen Arm, den Arm des Angreifers?
Ein Schlag traf ihn im Gesicht und er fiel erneut nach hinten, wo er für
einige Sekunden benommen liegen blieb.
Er spürte, wie Dean von ihm weggezogen wurde, hörte, wie ihn jemand
hinter sich her schleifte... alles ging so wahnsinnig schnell!
Bis Sam wieder auf die Beine kam, war die unheimliche Stille
zurückgekehrt und alles was er nun noch hörte, waren sein hektischer
Herzschlag und sein panisches Atmen...
Einige Sekunden stand Sam zitternd in der Dunkelheit und er zuckte
zusammen, als das Licht von seiner und von Deans Taschenlampe plötzlich
wieder funktionierte - der Geist war weg, doch auch sein Bruder war
verschwunden...
Sam blickte sich um: Deans Tasche lag einige Meter entfernt, daneben
seine Schrotflinte. Schnell hob er die Gegenstände auf und nahm die
Tasche mit sich.
Er lief durch den Flur und betrat schließlich wieder das Zimmer in dem
die Clowns ausgestellt waren. Seinen Blick immer nur auf den Bereich vor
sich gerichtet, ging er mit pochendem Herzen einige Schritte nach vorne
und leuchtete den Bereich ab, wo der Mord an dem Wachmann geschehen war
- doch Dean war nicht hier.
"Verdammt!", fluchte er leise und ging weiter.
Als er die Eingangstür zu dem Stockwerk passierte, flackerte seine
Taschenlampe erneut und er nahm die Schrotflinte hoch. Das Licht erlosch
für einen kurzen Moment und ein Klacken war zu hören - das Schloss der
Tür wurde geöffnet!
Sam schluckte, trat einige Schritte zurück und stieß mit dem Rücken an
die gegenüberliegende Wand. Er horchte, doch die Tür öffnete sich
nicht... was sollte das? Wollte der Geist ihn nach draußen locken?
In diesem Moment leuchtete seine Taschenlampe wieder auf und er
betrachtete die Umgebung - nichts.
Vorsichtig näherte er sich der Tür und drückte die Klinke herunter - sie
öffnete sich tatsächlich! Angespannt trat er nach draußen ins Treppenhaus.
Er konnte keine Geräusche hören die darauf deuteten, wo Dean hingebracht
wurde. Dann erinnerte er sich daran, dass sein Bruder ihm gesagt hatte,
dass der zweite Wachmann im obersten Stockwerk getötet wurde -
vielleicht war er dort?
Langsam ging er die Treppe hoch und achtete auf jedes Geräusch, jede
vermeintliche Bewegung die er im Augenwinkel wahrzunehmen glaubte - doch
so sehr er auch befürchtete und hoffte etwas zu hören oder zu sehen, er
schien völlig allein zu sein.
Als er den zweiten Stock erreichte, versuchte er zunächst einen Eindruck
der Umgebung zu erhalten, doch auch diese Etage schien wie die erste
eingeteilt zu sein - ein langer, breiter Flur, rechts und links davon
mehrere große Räume.
Sam überlegte, ob er es wagen sollte nach Dean zu rufen - der Geist
wusste sowieso, dass er hier war und das Licht seiner Taschenlampe würde
ihn ebenfalls verraten. Also wagte er es.
"Dean?" - doch es kam keine Antwort.
Er atmete tief durch und trat durch die Tür. Zunächst ging er rechts, wo
er als erstes einen kleineren Raum mit alten Büchern und Aufzeichnungen
vorfand.
Auf der linken Seite befand sich ein Zimmer mit antiken
Musikinstrumenten. Zügig ging er weiter und betrat einen größeren Raum
in dem viele Schaufensterpuppen mit alten, glitzernden Abendkleidern und
Gegenständen aus alten Schiffwracks ausgestellt waren.
Gerade als er sich umdrehen und weitergehen wollte, entdeckte er ihn -
Dean saß am Boden, den Rücken gegen eine der Vitrinen gelehnt. Er war
wach und blickte ihn an.
"Dean!" Sam lief schnell zu ihm hinüber. "Bist Du okay?" - doch Dean
reagierte nicht, er atmete viel zu schnell und sah ihn eindringlich an.
Auf seiner Stirn konnte Sam Schweißperlen erkennen.
Warum rührte er sich nicht? Konnte er sich nicht bewegen?
"Was hat sie nur mit Dir gemacht?"
Er erwartete keine Antwort von Dean, doch es machte ihm Angst, seinen
Bruder so zu sehen.
"Okay, ich bringe Dich hier weg! Bleib ganz ruhig..."
Er bemerkte, wie Dean in diesem Moment an ihm vorbei blickte und
wirbelte herum, gerade schnell genug um zu sehen wie sich ihm eine
dunkle Gestalt entgegenwarf, die ihn kurz darauf zu Boden riss...
Sam spürte, wie er mit dem Rücken auf Dean landete und hörte, wie dieser
leise aufstöhnte.
Im Lichtschein der Taschenlampe sah er, wie der Angreifer -eine Person
in Schwarz- den Arm hob. Eine Klinge blitzte auf und dann spürte er
einen heftigen Schmerz, als das Messer in seinen Arm eindrang.
Er schrie auf und warf sich der Gestalt entgegen, die ganz sicher kein
Geist war!
Die Person fiel nach hinten und blieb einen Moment lang liegen, während
Sam nach seiner Waffe griff. Er bekam sie zu fassen und zog sie hervor.
In diesen wenigen Sekunden hatte sich der Angreifer wieder aufgesetzt
und verpasste Sam einen Tritt ins Gesicht, der ihn zur Seite kippen ließ.
Er schloss die Augen und hoffte, dass die Benommenheit gleich
verschwinden würde, stützte seine Hände auf den Boden und drückte sich
hoch. Doch der Angreifer war schneller - er packte Sam am Kragen und ein
weiterer Schlag traf ihn am Unterkiefer. Ein noch heftigerer Schmerz
schoss durch seinen Kopf und dann wurde alles Schwarz um ihn...
Kopfschmerzen... das war das Erste, was Sam wahrnahm, als er wieder zu
sich kam. Er hörte jemanden sprechen...
"...Du ihn noch einmal anfasst, dann bringe ich Dich um!"
Dean! Das war Dean der da redete! Seine Worte kamen langsam, etwas
undeutlich. Irgendwie klang er unglaublich müde...
Sam schlug die Augen auf und es dauerte einen Moment, bis sich seine
Sicht klärte.
Er saß auf einem Stuhl, die Arme und Beine mit Klebeband fixiert. Er
blickte auf seinen Oberarm, wo der Kerl ihn verletzt hatte. Es war,
soweit er erkennen konnte, eine Stichwunde die heftig blutete. Ein
weiterer Schnitt befand sich auf seinem linken Unterarm. Die Wunden
brannten und pochten, doch er biss die Zähne zusammen und blickte sich
in dem spärlich beleuchteten Raum um.
Es war das Zimmer, wo er Dean gefunden hatte. Dieser saß noch immer am
Boden. Vor ihm stand der Angreifer, ein Mann in der Kleidung eines
Sicherheitswachmanns, der sich jetzt hinunter beugte und Deans Kragen
packte.
"Ach, und was willst Du machen, Klugscheißer?", fragte der Wachmann.
"Das Zeug was ich Dir gespritzt habe wirkt noch mindestens eine halbe
Stunde!"
"Du verdammter Scheißkerl! Ich töte Dich!", gab Dean leise, aber wütend
zurück.
Der Mann lachte kurz und humorlos.
"Die Wirkung lässt nur sehr langsam nach, also mach Dir keine
Hoffnungen.", sagte er kalt. "Wenn ich mit Deinem Freund fertig bin,
komme ich zu Dir!"
Sam schluckte als sich alles zusammenfügte. Es war kein Geist, der die
Morde verübt hatte - es war dieser Mann gewesen! Er entdeckte ein
Nachtsichtgerät auf dem Boden und das Messer das der Mann in der Hand
hielt, war eindeutig das Verschwundene aus dem Ausstellungsraum von
Elena Roxin.
"Was haben Sie ihm gegeben?", fragte Sam nun und der Mann drehte sich
erstaunt um.
"Sieh mal an, wer wieder unter uns weilt!", sagte er lächelnd.
Er war schätzungsweise um die Vierzig, kräftig gebaut und sein leicht
irrer Gesichtsausdruck, den er in diesem Moment aufsetzte, verhieß
nichts Gutes...
"Was haben Sie ihm gegeben?", wiederholte Sam seine Frage und hielt dem
Blick des Kerls stand.
"Ein Beruhigungsmittel - richtig dosiert sehr effektiv. Innerhalb von
Sekunden waren sie alle nur noch leblose Puppen in meinen Händen."
"Sie sind krank!", sagte Sam.
Der Kerl lächelte wieder. "Leider hatte ich nicht damit gerechnet, dass
ihr Zwei euch heute Nacht hier herumtreiben würdet, sonst hätte ich mehr
mitgebracht - aus diesem Grund musstest Du auch auf die harte Tour
durchstarten, Großer."
Sam blickte nervös hinüber zu Dean, der sich sichtbar angestrengt darum
bemühte, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er sah nun, dass Dean
ebenfalls verletzt war, das T-Shirt unter seiner Jacke tränkte sich
langsam mit Blut.
"Ich wollte zuerst Deinen Freund hier erledigen,", sprach der Kerl
weiter und Sam wandte ihm seine Aufmerksamkeit wieder zu, "doch dann
bist Du mir in die Quere gekommen. Hast Du das Türschloss dort unten
doch noch geknackt?"
Sam zog die Augenbrauen zusammen. Die Tür im ersten Stock wurde ihm
geöffnet - und zwar eindeutig von einem Geist...
Der Mann kam näher und Sam drückte sich tiefer in den Stuhl, während er
das Messer nicht aus den Augen ließ.
"Warum tun Sie das? Warum haben Sie die beiden Wachmänner getötet?",
fragte er.
"Meine idiotischen Kollegen? Es passte perfekt in meinen Plan und war
ganz einfach. Das Museum sollte geschlossen werden, aber jetzt, nach der
Geschichte mit dem Geist, haben wir eine Sensation!", antwortete er, den
irren Gesichtsausdruck wieder auf dem Gesicht. "Diese Sache wird uns
noch viele Jahre über Wasser halten! Und ihr zwei werdet die Reihe der
Opfer perfekt ergänzen."
"Was ist mit dem echten Geist von Elena Roxin?"
Sam redete einfach weiter, er wollte den Kerl beschäftigt halten, ihn
davon abhalten, an ihm oder bei Dean seine kranke Tat auszuüben.
"Welcher Geist?"
"Ich habe sie gesehen."
Der Kerl lachte. "Hier gibt es keine Geister, mein Junge. Wofür haltet
ihr euch? Die Ghostbusters?"
Dann platzierte er das Messer auf seinem rechten Unterarm und zog die
Klinge darüber.
Sam presste die Zähne zusammen und wartete, bis die erste Schmerzwelle
vorüber war.
Verdammt, was sollte er nur tun, um sie hier raus zu holen?
"Hey, Arschloch!", rief Dean in diesem Moment. "Das ist Deine letzte
Chance, heil aus dieser Sache hier rauszukommen. Was hälst Du davon,
wenn Du einfach abhaust? Wir werden sagen, das hier sei einfach nie
geschehen."
Der Mann lachte und Sam wünschte sich, Dean würde den Mund halten. Er
wusste was sein Bruder bezweckte - er wollte den Kerl von ihm weglocken,
doch was nützte es? Dean ging es noch viel schlechter als ihm und wenn
er an die anderen beiden Mordopfer dachte, würde sich der Kerl sich
diesen Augenblick ganz sicher nicht verderben lassen.
Der Mörder wandte sich nun von ihm ab und ging hinüber zu Dean.
In diesem Moment nahm Sam in seinem Augenwinkel eine Bewegung wahr und
er blickte zum Eingang des Zimmers. Dort stand Elena Roxin. Sie trug ein
weißes Kleid und an ihrem Hals konnte man deutlich die Spuren des Seils
erkennen, das vor 100 Jahren ihren Tod verursacht hatte. Dean hatte sie
vermutlich schon vor ihm bemerkt und dafür gesorgt, dass der Kerl sich
von der Tür abwandte...
Der Mann ging vor Dean in die Hocke. "Du bist entweder verdammt witzig,
oder dumm.", sagte er und brachte das Messer gefährlich nahe an Deans
Hals. "Aber ich tippe eher auf Letzteres."
Der Geist ging an Sam vorbei und näherte sich dem Killer.
"Und Du bist so gut wie tot.", antwortete Dean in dem Augenblick, als
Elena die Hand ausstreckte und den Mann berührte.
Dieser fuhr herum und sprang erschrocken auf. Elena platzierte ihre Hand
auf seiner Brust. Der Kerl kippte nach hinten, fiel zu Boden und wurde
kreidebleich. Nach wenigen Augenblicken rührte er sich nicht mehr.
Sams Herz schlug ihm bis zum Hals, als er beobachtete, wie der Geist von
dem Toten abließ und sich hinunter beugte, um ihm das Messer aus der
Hand zu nehmen.
Wortlos drehte sie sich um und kam zu ihm zurück. Sie blieb einige
Sekunden vor ihm stehen und blickte ihn an.
Sam begann vor Anspannung zu zittern - würde sie ihn und Dean auch
töten? Er hielt den Atem an, als sie die Hand mit dem Messer hob und
noch einen Schritt nach vorne trat.
Sie verletzte ihn nicht - sie durchtrennte das Klebeband und ging dann
lautlos wieder einige Schritte zurück.
Sam presste eine Hand auf die frische Wunde an seinem rechten Unterarm
und blickte Elena unsicher an.
"Danke.", sagte er leise.
Ein leichtes Lächeln war auf dem Gesicht der jungen Frau zu erkennen.
Dann löste sie sich vor seinen Augen in weißen Nebel auf und verschwand.
Das Messer fiel auf den Fußboden.
Sam brauchte noch einen Moment um das soeben Geschehene zu verarbeiten,
doch dann erhob er sich von dem Stuhl und ging schnell hinüber zu Dean.
Besorgt blickte er seinen Bruder an. Dean lächelte schwach.
"Das war knapp, Alter.", sagte er.
Sam schluckte. "Bist Du okay? Kannst Du gut atmen? Hat er Dich schwer
verletzt?"
Dean schloss die Augen. "Halb so wild..."
"So siehst Du aber nicht aus!", Sam griff nach dem Saum von Deans
T-Shirt und hob es vorsichtig hoch.
Eine Stichwunde wurde sichtbar, doch sie schien zum Glück nicht sehr
tief zu sein. "Wo hat er Dir die Spritze verpasst?"
"Mein Bein.", antwortete er. "Das Zeug hat mich sofort umgehauen.
Sollten wir uns auch mal besorgen..."
"Dean!", gab Sam angespannt zurück.
Dean schloss die Augen. "Es tut mir leid.", sagte er leise. "Das hier...
ich wusste es nicht."
"Das ist mir schon klar, Du Idiot!", antwortete Sam und lachte kurz. Er
nahm Deans Arm, legte ihn sich um die Schulter und zog ihn hoch.
Vorsichtig hievte er ihn auf seine Schultern. Dean stöhnte kurz auf.
"Tut mir leid!", sagte Sam. "Aber ich kriege Dich anders nicht die
Treppe runter."
"Unsere Sachen!", presste Dean hervor.
"Die hole ich später!"
Langsam und vorsichtig trug Sam seinen Bruder die Treppen hinunter. Dean
hatte inzwischen das Bewusstsein verloren, also beeilte er sich und
brachte ihn nach draußen. Er öffnete die Hintertür des Impala und legte
ihn auf die Rückbank. In dem Moment als Sam ihn losließ und die Tür
schließen wollte, schreckte Dean auf.
"Ist schon okay.", sagte Sam beruhigend. "Es ist okay. Schlaf weiter."
Deans Kopf sank wieder zurück und Sam achtete darauf, dass sich auch
sein Atem beruhigte. Er konnte gar nicht glauben, wie viel Glück sie
gehabt hatten - schnell ging er um den Wagen herum und setzte sich
hinters Steuer.
Nachdem er den Motor gestartet hatte, verlor er sich in Gedanken.
Niemals hätte er gedacht, dass Elena Roxin ihnen helfen würde. Sie war
es gewesen, die er kurz bevor Dean verschleppt wurde gesehen hatte.
Wegen ihr waren ihre Taschenlampen ausgefallen. Vielleicht hatte sie es
getan, um sie vor diesem Kerl zu schützen... dass er ein Nachtsichtgerät
benutzte konnte jemand, der vor hundert Jahren gelebt hatte, nicht
ahnen. Dann hatte sie ihm die Tür geöffnet, so dass er nach Dean suchen
konnte. Vielleicht hoffte Elena auf Vergebung für ihre Taten in der
Vergangenheit? Er wusste es nicht...
Wenig später erreichte er die nächstgrößere Stadt und stoppte vor dem
Krankenhaus. Sofort waren Ärzte zur Stelle, die sich um Dean kümmerten
und seine eigene Stichwunde und die Schnittwunden verarzteten.
Als Sam das kleine Krankenzimmer betrat in dem Dean lag, war sein Bruder
bereits wieder wach und lächelte ihm zu.
"Fühlst Du Dich besser?", fragte er.
Dean nickte.
"Was sagen die Ärzte?"
"Sie wollen mich nur noch ein paar Stunden zur Beobachtung hierbehalten.
Dann können wir los und den Job zu Ende bringen."
Sam zog sich einen Stuhl ans Bett und setzte sich.
"Und wie geht es Dir?", fragte Dean. "Du siehst aus, als wärst Du unter
einen Lastwagen geraten."
Sam fasste sich ans Kinn, welches zurzeit am heftigsten schmerzte.
"Ich habe nachgedacht.", sagte er dann. "Glaubst Du Elena will, dass wir
das Messer vernichten?"
"Sah für mich ganz danach aus.", antwortete Dean. "Andernfalls hätte sie
das Ding bestimmt mitgenommen."
Sam nickte langsam. "Dann tun wir es."
"Ich verspreche Dir, dass ich Dich nie wieder mit irgendwelchen
Clownwitzen aufziehen werde.", sagte Dean.
Sam grinste. "Tatsächlich?"
Dean tat so, als würde er stark nachdenken. "Mal sehen!"
Etwa drei Stunden später konnte Dean das Krankenhaus verlassen und sie
fuhren zurück zu dem Museum. Es dämmerte bereits und sie wollten die
Sache zu Ende bringen, bevor eventuell jemand anderes vom Personal
auftauchte.
Sam ging die Treppe zum Eingang hoch und wartete auf Dean, der aufgrund
der Stichwunde vorsichtig war und zunächst austestete, wie er am besten
folgen konnte.
"Soll ich wirklich nicht alleine reingehen?", fragte Sam.
Dean schüttelte den Kopf. "Kannst Du Deinem alten Bruder nicht einen
Moment Zeit lassen?"
Sam grinste kurz. "Nein, aber ich kann meinem alten, verletzten Bruder
einen Moment Zeit lassen."
Er stieg wieder einige Stufen hinunter und nahm Deans Arm. Dieser
blickte ihn protestierend an.
"Dir ist schon klar, dass wir ins zweite Stockwerk hoch müssen?", fragte
Sam und dachte gar nicht daran, seine Hand wegzunehmen.
"Du magst mich für alt halten, Sammy, aber senil bin ich noch lange
nicht, okay?", knurrte Dean, ließ sich dann jedoch von ihm helfen.
Mit unglaublicher Geduld von Sams Seite, der das Genörgel seines Bruders
wohlwissend ignornierte, erreichten sie die Tür zum zweiten Stock.
"Du kannst mich jetzt loslassen.", sagte Dean.
"Gern geschehen!", gab Sam zurück und blickte ihn erwartungsvoll an.
"Danke.", antwortete Dean kleinlaut und ging dann voraus bis zu dem
Raum, in dem die Leiche des Wachmanns lag. "Was für ein kranker Typ...",
sagte er als er ihn erblickte. "ich nehme es lieber mit 20 Geistern auf
als mit einem gestörten Menschen."
"Glaub mir, da kann ich Dir nur zustimmen.", antwortete Sam und dachte
an seine letzte Begegnung mit einigen ziemlich gestörten Menschen zurück.
"Also, bringen wir die Sache zu Ende?", fragte Dean dann.
Sam ging zu dem Platz hinüber, wo das Messer auf den Boden gefallen war,
als Elenas Geist sich in Luft aufgelöst hatte. Er hob es auf und
betrachtete es für einen Augenblick. Ob sie wirklich die Mörderin all
dieser Menschen gewesen war?
"Hey, Rainman - können wir dann?", rief Dean und riss ihn aus seinen
Gedanken.
Sam blickte ihn kurz an und steckte das Messer in seine Hosentasche. Sie
würden es später einschmelzen lassen und die Reste dann irgendwo
vergraben. Dann sammelte er ihre restlichen Sachen vom Boden, verstaute
sie in Deans großer Tasche und warf sie sich über die Schulter.
"Komm schon.", drängte Dean und ging voraus.
Sam drehte sich noch einmal um - Die Leiche des Wachmanns würde bald
gefunden werden und seine kranke Idee würde so zur Wahrheit werden - er
würde für alle Außenstehenden das dritte Opfer von Elenas Geist sein...
Er folgte Dean zur Treppe, der es abwärts zum Glück alleine schaffte und
Sam somit eine weitere Strapaze seiner sowieso schon blank liegenden
Nerven ersparte.
Nachdem sie ihre Sachen im Wagen verstaut hatten und Sam auf der
Fahrerseite einsteigen wollte, warf er einen letzten Blick zurück auf
das Haus - hinter einem der vergitterten Fenster erblickte er noch
einmal kurz die junge Frau in weiß, bevor sie sich erneut in Luft auflöste.
Sam konnte nicht anders... im Innern hoffte er, dass sie an einen
besseren Ort gelangen würde, nachdem sie das Messer vernichtet hatten...
-ENDE-
