Pure Bewusstlosigkeit

War das wirklich alles passiert? War es nicht nur ein böser, schrecklicher Albtraum? Ich drehte mich in meinem Bett um, tastete mit geschlossenen Augen nach der Kälte und der steinernen, samtweichen Haut, die ich so liebte. Doch meine Hand griff ins Leere. Da war niemand. Ich war allein. Allein in meinem Bett, allein in meinem Zimmer, allein in diesem Haus, allein...vollkommen allein...

Die Wellen des Schmerzes erfassten mich erneut und ich vergrub mein Gesicht in meinem Kissen, welches noch feucht war, von den Tränen der vergangenen Nacht.

Es war kein Traum, es war tatsächlich geschehen...sie waren weg. Er war weg! Für immer und er würde niemals wieder kommen...

Allein...

Während ich versuchte mich aufzusetzen, spürte ich wie mir mein Körper mit jeder weiteren Sekunde, in der mir die Geschehnisse der vergangenen Nacht ins Bewusstsein rückten, entglitt. Das war nicht ich, meine Beine fühlten sich taub an, doch ich schaffte es aufzustehen.

Mein Spiegelbild sah mir mit rotunterlaufenen Augen entgegen, kein Ausdruck der Trauer, kein Gefühl war darin zu erkennen. Nur die Spuren der tränenreichen Nacht.

Mechanisch ging ich die Treppen hinunter in die Küche. Charlie saß im Wohnzimmer. Er war zuhause? Welcher Tag war überhaupt?

Als ich am Wohnzimmer vorbei in die Küche ging, bemerkte Charlie es natürlich und stand plötzlich in der Tür: „Hey mein Schatz. Wie geht es dir?"

Was für ein Frage...

„Geht schon, Dad", antwortete ich und hoffte das die Lüge nicht zu erbärmlich klang.

„Möchtest du etwas essen, Bella, ich mach dir etwas."

„Lass mal, Dad. Ich habe keinen Hunger."

Charlie sah mich prüfend an. Sein Blick verriet ihn, er hatte keine Ahnung was er tun konnte und wie er jetzt mit mir umgehen sollte.

„Welcher Tag ist heute, Dad?"

„Sonntag. Schon bald Montag, du hast den ganzen Tag geschlafen." Sagte er vorsichtig und beobachtete weiter meine Reaktion. Doch ich reagierte nicht, in keinster Weise, saß nur da und bemerkte flüchtig, dass es dunkel draußen war. Tiefste Nacht.

„Ich leg mich wieder hin, ich muss morgen in die Schule und...will nicht aussehen...wie..." Ein Vampir, dachte ich mit Schmerz und schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben. „Na ja, ich will fit sein für morgen. Gute Nacht, Dad!"

„Warte doch mal, Bella. Willst du denn in deinem Zustand in die Schule gehen?"

Ich drehte mich auf dem Absatz um. „Was denn für ein Zustand, Dad? Er ist weg, sie sind alle weg, ich bin allein. Das bringt mich schon nicht um..." Doch meine Stimme versagte und ich spürte den stechenden Schmerz in meiner Brust...

Das war nicht richtig. Es brachte mich um, jede Sekunde die ich weiter darüber nachdachte brachte mich meinem inneren Tod ein kleines Stück näher. Ich stützte mich an dem Türrahmen ab, doch meine Knie hielten mich nicht und ich fiel zu Boden. „Bella!" schrie Charlie voller Entsetzen und kniete sich neben mich. „Bella, Schatz?" „Schon gut...konnte mich nur nicht mehr auf den Beinen halten. Kannst du mich bitte in mein Zimmer bringen?"

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stützte er mich und brachte mich die Treppen hoch. Ich setzte mich auf mein Bett und sah ihn an: „Ich werde einfach ein bisschen schlafen..."

Dann legte ich mich hin, zog die Beine an meine Brust und legte die Arme um meinen Körper aus Angst er würde jeden Moment in tausende Teile zerspringen. Wenn es einen Gott gibt...mach das es aufhört!

Ich bin mir nicht sicher wie lange ich wach gelegen und nur in die tiefe Dunkelheit um mich herum geblickt hatte. Nichts war wie es sein sollte. Ich hätte glücklich sein müssen, Edward hätte hier bei mir sein müssen, das war unser gemeinsames Schicksal! Doch dann fielen mir seine Worte wieder ein : Dein Schicksal war besiegelt, als wir uns das erste Mal gesehen haben!

Nein...aus diesem Albtraum musste ich aufwachen. Es musste ein Traum sein...

Irgendwann, während sich in meinem Kopf die Erinnerungen und Gedanken überschlugen, fiel ich in einen unruhigen Schlaf.

Ich träumte von der unserer Lichtung, dem Tag als er mir offenbarte was er war. Das Licht der strahlenden Sonne reflektierte sich auf seiner Haut und spiegelte sich in den schönsten Farben wieder. Er war so wunderschön. Doch dann verdunkelte sich die Lichtung, die Sonne verschwand und es wurde eiskalt und die tiefschwarze Nacht legte sich um uns. Ich spürte plötzlich den nassen Rasen unter meinen Knien und sah, dass Edward verschwunden war. Ich war allein. Zurückgelassen. Hilflos.

Ich schrie lautlos in die dunkle Nacht, doch nichts oder niemand regte sich...

Allein...

Schweißgebadet und mit einem erstickten Schrei erwachte ich. Es war Montag, das graue Licht, des wolkenverhangenen Himmels kroch in mein Zimmer und ließ alles noch verlassener aussehen.

Ich war tatsächlich allein. Als ich mich aufsetzte wurde mir schmerzlich bewusst, dass es kein Traum war und das ich endgültig erkennen musste, dass ich...verlassen worden war, verlassen von meinem Leben, meiner Existenz, meiner Liebe.

Alles fühlte sich taub und leer an, meine Augen nahmen kaum meine Umwelt war und als ich mich das nächste Mal umblickte, registrierte ich das ich in meinem Auto saß und auf dem Parkplatz der Schule stand.

Wie war ich hier hin gekommen?

Ich sah an mir hinunter. Ich war ordentlich angezogen, hatte meine Schultasche vor meinen Bauch gezogen und saß zitternd in meinem Chevy. Der Parkplatz war noch leer, ich war viel zu früh losgefahren.

Ich lehnte den Kopf an die Stütze meines Sitzes und atmete schwer. Wie sollte ich auch nur einen einzigen Tag an dieser Schule überleben? Wie sollte ich über die Flure gehen, mich in Biologie konzentrieren, wenn mich alles hier an ihn erinnerte?

Hier wo alles angefangen hat, hier an dem Ort, an dem mein Schicksal seinen Lauf nahm... Es würde mich umbringen und wieder wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich meinem inneren Tod immer näher rückte.

Der Parkplatz füllte sich nach und nach mit Autos und Schülern. Es sah alles so unnatürlich und gestellt aus, als würde ich nicht in diese Welt gehören. Gehörte ich überhaupt noch hierher? War ich in den letzten Monaten nicht Teil einer völlig anderen Welt geworden? Mythen und Geheimnisse der Menschheit hatten sich mir offenbart und meine Weltanschauung völlig verändert...

Doch nun, in diesem neuen, trüben Licht wirkte alles, was ich bis Samstagabend noch dachte zu wissen...unnatürlich und meilenweit entfernt.

Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend stieg ich langsam aus meinem Wagen aus und machte mich – unter meiner Kapuze versteckt – auf den Weg zur Mathestunde. Wahrscheinlich wusste bereits jeder, in dieser verdammten kleinen Stadt, was geschehen war und mit Sicherheit waren alle Blicke auf mich gerichtet, doch ich sah mich nicht um. Erst als ich den Matheraum betrat konnte ich mich nicht länger verstecken. Ich legte meine Jacke ab, stellte meine Tasche auf den Boden und setzte mich neben Jessica.

„Hallo Bella" sagte Jessica leise.

Ich drehte mich langsam zu ihr um und sah ihr in die Augen, ihr Blick verriet mir, wie erschrocken sie über meinen Anblick war. „Morgen Jessica." Ich versuchte zu lächeln, um ihr nicht weiter Angst zu machen, doch meine Lippen wollten sich nicht bewegen. Keine Regung, nichts durchzuckte meine Wangen. Meine Mimik war eingefroren.

„Wie geht es dir?", fragte Jessica vorsichtig, auch wenn ich spürte, dass sie selbst hilflos war und die Frage nur aus Höflichkeit stellte.

Ich senkte den Blick nicht von ihrem Gesicht und sah sie weiter an. Sie gibt sich Mühe, dachte ich.

„Es geht schon, Jess. Danke."

„Wir haben es alle gehört, es tut mir so Leid für dich Bella. Auch wenn ich nie verstanden hab, was dich an den Cullens so fasziniert hat...na ja, ich mein, sie sind schon furchteinflößend und doch irgendwie anziehend gewesen... ich mein..."

„Jess...bitte...es ist schon gut, du brauchst dich nicht dazu zwingen..." unterbrach ich sie und spürte den stechenden Schmerz in meiner Brust: Wir haben es alle gehört...

Was hatten sie gehört? Das Carlisle einen Job in L.A. bekommen hat? Das sie alle weggezogen sind?

Das alles sagte nichts über die wahren Cullens aus...sie wussten gar nichts und sie hatten nichts gehört...

„Tut mir so Leid, Bella. Ich weiß nur nicht was ich machen soll....wenn du reden willst..." Doch es klang distanziert, als erwarte sie das ich Nein danke sagte.

„Schon gut." Ich hatte keine Lust auf ein Gespräch und der Unterricht begann genau zum richtigen Zeitpunkt.

Ich konnte mich erstaunlich gut auf den Unterricht konzentrieren, auch wenn ich wie jedes Mal in Mathe kein Wort verstand. Ich spürte wie immer wieder die Blicke der anderen in meine Richtung huschten und leise über mich getuschelt wurde. Was wussten die schon? Die hatten keine Ahnung was richtige Liebe ist, Liebe die sämtliche Grenzen überschritten hat und die so besonders war, dass ich selbst es nie wirklich glauben konnte, dass er mir gehörte...und ich ihm.

Wie lange so eine Wunde wohl brauchte um zu heilen?

Die ersten Stunden gingen schnell um und nach Englisch ging ich mit Mike zur Cafeteria. Er sagte nichts, starrte mich nur an. Nach einer Weile hielt ich es nicht mehr aus: „Was ist los Mike, sag es einfach!", es klang wütender als ich es beabsichtigt hatte, doch diese bohrenden Blicke nervten mich.

Mike sah mich erschrocken an und blickte dann zu Boden: „Tut mir Leid" murmelte er, „ich hab mich nur gefragt ob es stimmt...das mit Cullen und dir und so..." seine Stimme versagte. Meine Wut hatte ihn ganz offensichtlich überrascht. Ich sah ihn ungläubig an. War das sein Ernst? So wie ich aussah, war ich wohl kaum glücklich und sprühte vor Liebe, oder? Ich versuchte mich zu beruhigen und atmete tief durch bevor ich etwas sagte: „Ja das mit Edward stimmt...er ist weg. Was ja wohl kaum zu übersehen ist, oder?" wieder wurde ich biestig, als ich auf mein Gesicht zeigte, das Rot in meinen Augen war noch immer nicht verschwunden. Ich musste grässlich aussehen.

Bis wir in der Cafeteria ankamen verlor Mike kein Wort mehr. Erst als wir an unserem Tisch, an dem ich in den letzten Wochen kaum noch gesessen hatte, ankamen ergriff er das Wort: „Hey Leute, seht mal wen ich mitgebracht hab. Ist doch okay, wenn Bella sich zu uns setzt, oder?" Alle Köpfe drehten sich ruckartig in meine Richtung. Ihre Augen leuchteten vor Neugier, nur Angela sah mich traurig an. Sie war die einzige gewesen, die zu verstehen schien, was Edward und seine Familie mir bedeutet hatten...Ich war ihr für so vieles dankbar.

Die Pause ging an mir vorbei, zwar sahen mich alle neugierig an, doch mein Anblick schien jedem die Sprache zu verschlagen. Niemand sprach mit mir, ich saß nur da und starrte unverwandt auf den leeren Tisch in der hintersten Ecke der Cafeteria. Niemand saß dort...

Als es klingelte zuckte ich leicht zusammen. Mike stand auf und sah mich fragend an: „Du kommst doch zu Bio, oder?"

Bio...oh verdammt...da hatte ich gar nicht mehr dran gedacht.

„Natürlich komme ich. Lass uns gehen." Versuchte ich so enthusiastisch wie möglich zu sagen, doch es klang verzweifelt. Ich war einfach nicht mehr in der Lage fröhlich zu sein, geschweige denn so zu tun als ob.

Vor dem Bioraum blieb ich stehen. Mike tat es mir nach. „Alles okay?", fragte er zaghaft. „Geh schon mal rein, ja!?" Er tat es sogar...doch eindeutig ein Golden Retriever.

Ich atmete schwer, hier in diesem kleinen Raum hatte alles begonnen. Es würde schon nicht so schlimm werden, es war nur ein Raum...oder?

Ich atmete noch einmal tief ein und ging dann zu meinem Platz. War doch gar nicht so schlimm, dachte ich und atmete endlich wieder aus. Wenn es schon so „einfach" anfing, würde die Biostunde ja erträglich werden, dachte ich weiter und entspannte mich ein wenig.

Mr. Banner begann den Unterricht und als er das neue Thema „Zellfunktionen" anschrieb nahm das Übel seinen Lauf.

Vor meinem inneren Auge überlagerten sich die Erinnerungen. Ich sah Edward neben mir, wie er sich so weit wie möglich von mir weglehnte, die Hände zu Fäusten geballt und die hasserfüllten, pechschwarzen Augen auf mich gerichtet. Erst später sollte ich den Grund für seine Abneigung erfahren: Der Geruch meines Blutes stellte ihn auf die Probe seines Lebens und er hatte vorgehabt mich zu töten.

Mir drehte sich der Magen um, denn nun veränderte sich das Bild vor meinen Augen und ich sah in seine goldenen, strahlenden Augen. Er fragte mich voller Interesse, warum ich nach Forks gekommen war und schenkte mir sein wunderschönes Lächeln. Das gab mir endgültig den Rest...

Ich stürmte aus dem Klassenzimmer und blieb im Flur stehen, ich bekam keine Luft mehr und lehnte mich gegen die Wand. Die kühle Steinmauer tat gut, denn das brennende Feuer, dass ich an meinem ganzen Körper spürte, bereitete mir unendliche Schmerzen. Jetzt weiß ich welchen Zustand Charlie am Abend zuvor gemeint hatte, ich war eindeutig labil, viel zu labil!

„Bella?" , hörte ich plötzlich Mikes Stimme direkt neben mir. Jetzt erst spürte ich, wie sehr ich weinte und meine Tränen wollten nicht versiegen. Mike berührte meine Schulter – nur ganz leicht – doch ich schreckte vor ihm zurück: „Fass mich nicht an, Mike!"

„Entschuldige, was ist denn los?"

„Gar nichts. Es geht mir prima, bin total gut drauf Mike."

„Hey ich kann doch nichts dafür, Bella. Ich will dir doch nur helfen."

„Lass es einfach! Niemand kann mir helfen! Es sei denn du kannst ihn wieder zurückholen und machen das diese unendlichen Schmerzen aufhören!" Ich hatte angefangen ihn anzuschreien, doch es tat mir nicht einmal Leid.

„Ihn zurückholen?", fragte Mike ungläubig, „Bella der war doch nicht gut für dich. Der hat dich nur benutzt!"

„Du hast doch keine Ahnung. Ihr wisst nichts! Ihr habt keinen blassen Schimmer was das zwischen Edward und mir war...ihr...", doch meine Stimme versagte, seinen Namen auszusprechen und an diese grenzenlose Liebe zwischen uns zu denken, brach mir das Herz...

Ich klammerte meine Arme fest um meinen Körper, aus Angst er würde jeden Augenblick zerbersten. Mike blickte mich erschrocken an und ich sah das Mitleid in seinen Augen, doch er verstand mich nicht. Wer konnte mich und das alles auch schon verstehen?

„Mike...bitte...verschwinde." Jetzt hatte mich mein Gewissen eingeholt und es tat mir Leid ihn so anzuschreien, doch in meiner Situation hatte ich nicht die Kraft auch noch auf andere Rücksicht zu nehmen. Mike ging zurück in den Unterricht, ohne ein weiteres Wort. Ich lehnte immer noch an der Wand und hielt meinen Körper vor dem Zerspringen zurück.

Wie sollte es bloß weitergehen?

Du hast mich angelogen, schrie ich in Gedanken. Du hast gesagt ich würde dich sowieso vergessen...irgendwann. Auch wenn es erst 2 Tage her ist...ich weiß, dass ich dich nicht vergessen kann. Noch nie habe ich so etwas empfunden. Wie soll ich dieses Gefühl vergessen? Ich habe dich geliebt, mehr als Worte es beschreiben könnten, ich habe dich begehrt und habe in dir meine „menschgewordene" Lebenserfüllung gesehen...

Das kann selbst ein Mensch nicht vergessen!

Dein Lächeln verfolgt mich, deinen Geruch rieche ich überall und die Elektrizität die von deinem Körper ausgegangen ist, lässt mich erschaudern...

Ja ich bin ein Mensch, ein einfacher, langweiliger, zum Tode verurteilter Mensch, doch vergessen kann ich nicht...nicht diese Zeit und diese Gefühle mit dir...

Es hatte nicht lange gedauert mir dies in Gedanken von der Seele zu schreien. Ich lehnte immer noch an der Wand, hatte mich keinen Zentimeter bewegt.

Meine Tränen waren versiegt, doch ich war innerlich „bewusstlos", die Gedanken hatten mich betäubt.

Wie in Trance ging ich zurück in den Klassenraum. Mr. Banner sagte nichts, vermutlich dachte er sich, was dieses Spektakel auf sich hatte, doch die Blicke der anderen klebten an mir, aber meine Trance verhinderte jegliche Reaktion.

Der Rest der Stunde flog an mir vorbei und ich nahm nichts mehr wahr.

Nach Bio hätte ich eigentlich noch zu Sport gehen müssen, doch mir fehlte die Kraft. Ich setzte mich in meinen Chevy und gab mich erneut meinem Schmerz hin. Dieses Gefühl war unerträglich, nicht zu wissen warum mich die Liebe meines Lebens verlassen hatte, zu glauben das alles meine Schuld ist, weil ich einfach zu menschlich und in keinster Weise ausreichend war... Ich fühlte mich so schmutzig, so „fehl am Platz", so allein...

Als ich wieder einigermaßen atmen und klar denken konnte, fasste ich einen Entschluss. Wenn ich das alles verarbeiten, wenn auch nicht vergessen wollte, dann musste ich darüber reden. Sobald ich zu Hause war würde ich Angela anrufen und mich für morgen mit ihr verabreden. Ich wusste, dass sie die Einzige war, der ich mich anvertrauen und der ich meinen Schmerz mitteilen konnte, ohne nervige Kommentare und bohrende Fragen.

Zu Hause saß ich eine halbe Stunde vor dem Telefon und überlegte, ob ich diesen Schritt wirklich machen sollte.

Dann griff ich zum Hörer und rief Angela an:

„Hallo?", meldete sie sich.

„Hallo Angela. Ich bin's Bella."

„Oh...hallo Bella." Sie war überrascht, aber schien sich zu freuen. „Wie komm ich denn zu der Ehre?"

„Also...ähm...ich hab mich gefragt, ob du morgen vielleicht Zeit hast um mit mir nach Port Angeles zu fahren. Dachte wir könnten ins Kino und dann etwas essen gehen?...", meine Stimme klang zögernd, ich hatte Angst vor einer Absage.

„Das klingt toll, Bella. Natürlich habe ich Zeit. Nur wir beide?", sie freute sich wirklich.

„Ja, wenn es dir nichts ausmacht..."

„Natürlich nicht. Dann sind wir unter uns." Anscheinend hatte sie gewusst, warum ich mit ihr allein sein wollte. Angela war einfach ein wunderbarer Mensch, herzensgut.

„Welchen Film möchtest du dir denn ansehen, Bella?", riss sie mich aus meinen Gedanken.

„Oh, ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass du eine Idee hast...ich weiß nämlich nicht was im Moment läuft...", das war mir peinlich.

„Ach kein Problem. Warte...was hältst du von diesem Psychothriller „Never found", der soll wirklich spannend sein!?"

„Spannend klingt gut. Das machen wir. Sollen wir dann direkt nach der Schule fahren?", ich freute mich, wenn es mir auch nicht anzusehen war.

„Ja das ist in Ordnung. Ich freu mich Bella. Bis morgen."

„Ich freu mich auch, Angela. Dank dir. Bis morgen."

Als ich auflegte fühlte ich mich etwas besser. Es war bereits sieben Uhr am Abend und der Himmel verdunkelte sich. Ich ging in die Küche und bereitete langsam das Essen vor, damit ich mich ablenken konnte.

Charlie kam um acht Uhr nach Hause, legte seine Pistole ab und entfernte zum ersten Mal, seit ich nach Forks gekommen war, die Munition. Wirkte ich etwa suizidgefährdet? Charlie tat mir Leid, was musste er nur mit mir durchmachen?

Er kam in die Küche und atmete lächelnd den Geruch der frisch angebratenen Steaks ein.

„Hallo Bella."

„Hallo Dad. Setz dich ruhig, das Essen ist sofort fertig."

„Du siehst erschöpft aus. Ist etwas passiert?", fragte er, während er sich setzte und mich besorgt beobachtete.

„Nein, keine Sorge." Ich wollte ihm nichts von dem Zusammenbruch erzählen, es war schon schlimm genug selbst damit fertig zu werden, da musste ich meinem Vater nicht auch noch Sorgen bereiten.

Er nickte akzeptierend und begann zu essen.

„Sag mal Dad, ich habe mich für morgen mit Angela verabredet. Wir wollen nach der Schule nach Port Angeles, Kino und etwas essen. Das ist doch okay, oder?"

Charlies Gesichtszüge wandelten sich innerhalb von Sekunden als ich redete. Erst schaute er erschrocken, als hätte ich ihn gefragt ob ich ausziehen konnte, dann sah er mich skeptisch an, als sei ich verrückt und zu guter letzt breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Das ist eine wunderbare Idee, Bella. Angela Weber, nicht wahr?"

„Ja, genau." Ich verdrehte die Augen.

„Wunderbar." Er war glücklich.

Nachdem wir gegessen hatten setzte sich Charlie vor den Fernseher und sah sich ein eher unbedeutendes Baseball-Spiel an. Ich nahm meine Hausaufgaben und setzte mich ebenfalls ins Wohnzimmer auf den Fußboden.

Die Funktion einer Zelle, die Aussagekraft von Shakespeare für die heutige Zeit und viele viele Zahlen waren jetzt genau das richtige um mich weiter abzulenken.

Charlie störte mich nicht und mir wurde schmerzlich bewusst, wie einfach das Zusammenleben mit ihm war und wie wichtig er mir in den letzten Monaten wieder geworden war.

Meine Hausaufgaben waren leider doch schneller erledigt, als mir lieb war und ich konnte das zu Bett gehen nicht länger hinauszögern. Mit steifen Knochen stand ich auf, reckte mich und wünschte Charlie eine gute Nacht.

„Gute Nacht, Bella. Viel Spaß morgen. Lasst euch ruhig Zeit, genieß den Tag." Ihm war deutlich anzumerken, dass er froh darüber war, dass ich mich verabredet hatte und mich nicht in meinem Zimmer verkroch. Insgeheim wartete auch ich noch auf den Tag X an dem mir alles zu viel wurde und ich mich nur noch verstecken wollte. Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen!

Ich schlurfte die Treppen hoch und hatte instinktiv Angst davor gleich in meinem Bett zu liegen und einzuschlafen. Was würde ich wohl diese Nacht träumen?

Der lange Tag machte sich in meinen Knochen bemerkbar und ich ging duschen um meine Muskeln zu entspannen. Das heiße Wasser tat gut und ich blieb eine gefühlte halbe Stunde einfach nur unter dem Wasserstrahl stehen. Wo blieb dieses leere Gefühl? Das Gefühl unsichtbar zu sein? Hatte ich es verpasst? Kam ich besser damit zurecht, als ich dachte?

Doch als ich mich in mein Bett legte, wurde meine kleine Hoffnung zerstört, denn ich fiel in einen unruhigen Schlaf.

Ich träumte inmitten einer Menschenmenge zu stehen, kein Ausweg und alle schrieen und riefen mir immer wieder dieselben Dinge entgegen: „Vergiss ihn! Er ist nicht gut für dich! Er benutzt dich nur!" Ich wollte etwas sagen, doch ich fand meine Stimme nicht, ich wollte fliehen, doch die gesichtslosen Menschen hielten mich davon ab. Als ich mich in Panik umblickte, sehe ich plötzlich wie sich die Masse spaltet und Edward, schön wie eh und je, auf mich zukommt. Ich hätte mich gefreut, hätte ich nicht die Kälte in seinen Augen gesehen. Ganz nah kam er auf mich zu, sein Gesicht so nah an meinem, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten und dann sagte er ohne eine emotionale Regung: „Ich will dich nicht dabei haben! Ich habe dich nie geliebt, Isabella!" Keine Emotion, nur die kalten Augen starren mich an, um uns rum hunderte Menschen, ich bin starr, öffne meinen Mund...und wache schreiend auf!

Es wurde bereits hell in meinem Zimmer, der Morgen war schon angebrochen.

Ich saß aufrecht in meinem Bett, der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben und mein Herz raste, ich bekam keine Luft.

Das war es oder? Das war die Wahrheit, oder? Er hatte mich nie geliebt...

Der Traum hatte mir genau die Gedanken vor Augen geführt, die ich seit seiner Abreise gehabt hatte, auch wenn ich sie nie laut hätte äußern geschweige denn denken wollen. Vielleicht war es wirklich so. Edw...Er hatte nie wirklich Liebe für mich empfunden, war nie ehrlich gewesen und wollte die ganze Zeit nur mein Blut...

Doch warum hätte er mich dann vor James retten sollen, warum hätte er mich geküsst? Er hatte so viele Möglichkeiten gehabt mich zu töten, doch er hat es nie getan...hat mich sogar vor Jasper beschützt, an meinem Geburtstag...

Ich stand auf und öffnete mein Fenster, mir war schwindelig und ich brauchte frische Luft. Nein...wie kann ich nur so etwas denken? Natürlich liebte er mich...oder?

Nachdem ich mich weitestgehend gesammelt hatte zog ich mir eine weite Jeans, eine warme Sweatjacke und Stiefel an. Es war mal wieder eisig kalt draußen.

Dann ich ging runter in die Küche und machte mir eine Schüssel Cornflakes. Ich war beruhigt, als mir einfiel, dass ich heute einen schönen Tag mit Angela haben würde. Schön ist ja bekanntlich auch relativ...

Charlie war wie immer schon früh aufs Revier gefahren, zum Glück, sonst hätte er mich wohlmöglich noch schreien hören und ich wollte nicht, dass er sich um mich so sorgte.

Ich fuhr zeitig zur Schule und ging erst kurz vor dem Schellen zum Englischunterricht. Ich kam gerade noch rechtzeitig.

Natürlich waren erneut alle Blicke auf mich gerichtet, vor allem nach meinem gestrigen Zusammenbruch. Ich setzte mich auf meinen Platz und versuchte meine Umgebung auszublenden.

Als ich mich das nächste Mal bewusst in die Realität zurück zwang, saß ich neben Mike in der Cafeteria. Ich lehnte mich zu ihm: „Mike? Bist du böse auf mich, wegen gestern?" Er hatte heute noch nicht ein Wort mit mir gesprochen und ich hatte ein schlechtes Gewissen. Er drehte sich zu mir um und schaute mich mitleidig an: „Könnte ich dir böse sein, Bella? Aber hör mir mal bitte zu: Ich weiß du mochtest Cullen, aber ich find es nicht gut, dass es dir wegen ihm so dreckig geht, was meine Meinung bestärkt, dass er nicht gut für dich war geschweige denn ist!" Man merkte ihm an, dass er wütend war und das er mir eigentlich nur helfen wollte um mich zu beschützen.

Ich sah ihn an, wollte mich nicht wieder streiten: „Tut mir Leid", war das Einzige was ich sagte. Er nickte und lächelte zaghaft.

Wieder verschwamm die Realität vor meinen Augen und ich erwachte erst wieder, als Angela mir auf die Schulter tippte und mich anlächelte: „Na wo warst du denn?"

„Oh, ziemlich weit weg. Entschuldige!"

„Ach, kein Problem. Wollen wir los?"

„Ja klar, steig ein, Angela."

Zum Glück, dachte ich, würde sie nicht meckern, dass mein Chevy zu langsam war. Wir hörten Musik und redeten über die Schule.

„Nein, bei mir ist auch nichts spannendes passiert. Aber ich finde Englisch im Moment total interessant...", legte Angela los und es tat gut ihr zuzuhören.

Wir diskutierten über Shakespeare und seine Werke, es fühlte sich so normal an und das war wunderbar.

Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt kamen wir in Port Angeles an ,ich parkte vor dem Kino und wir stiegen aus. Der Film ging in einer halben Stunde los und wir kauften uns zwei Karten für „Never found", Getränke dazu und schon ging es los.

Der Film war wirklich spannend gewesen, Angela hatte nicht zu viel versprochen. Es ging um einen FBI-Agenten der einen Entführungsfall aufdecken musste und dann auf die Spur eines Psychopathen stößt der Leichen sammelt. Es war eine willkommene Abwechslung zu Liebesschnulzen und übertriebenen Komödien und es hat sogar Spaß gemacht.

„Der war wirklich toll. War eine gute Idee, Angela."

„Freut mich. Mir hat es auch gefallen. Und wo möchtest du was essen?"

„Hättest du was dagegen, wenn wir zu dem Italiener gehen?", fragte ich zögernd.

„Bist du dir sicher, Bella?" Ich nickte nur, wenn ich reden wollte, dann dort. Wir gingen zu Fuß, da das Restaurant nur wenige Minuten entfernt war. Dort angekommen bekamen wir einen Tisch für Zwei im hinteren Teil des Restaurants. Wir bestellten beide Pasta und Cola und dann ergriff Angela die Initiative.

„Wie geht es dir heute?" Ich war überrascht, doch Angelas warme, braunen Augen gaben mir ein Gefühl von Sicherheit.

„Nicht so gut, wie es vielleicht aussieht. Ich freu mich mit dir hier zu sein, aber ich kann nicht mehr richtig abschalten..."

„Ist es sehr schlimm?", Angela war die Erste die mich das so direkt fragte.

„Es ist kaum auszuhalten...er ist...allgegenwärtig...", meine Stimme brach weg und ich spürte die Tränen in mir aufsteigen. Doch ich wollte vor Angela nicht weinen, nicht jetzt...

Sie legte ihre Hand auf meine Schulter und sah mich liebevoll an, liebevoll wie ein Mensch der nur mit einem Blick ausdrücken kann, wie wichtig er einem ist und das man für ihn da ist. Dieser Blick tat so gut und ich konnte die Tränen nicht länger vor ihr verstecken...

„Tut mir Leid, Angela...", brachte ich flüsternd heraus.

Sie schüttelte lächelnd den Kopf: „Dafür nicht Bella, das ist doch ganz normal. Willst du darüber reden?"

Ich wusste sie würde einfach da sein und mir zu hören, und dann nahm ich meinen letzten Tropfen Mut zusammen und erzählte ihr unsere Geschichte – wenn auch ohne die extremen Details.

„Weißt du noch, am ersten Tag, als ich hier ankam? Ich sah die Cullens und ihr habt mir erklärt, wer wer ist und wie sie zueinander gehören. Ich glaub schon an dem Tag war es um mich geschehen. Ich sah Edward und ich konnte den Blick nicht von ihm abwenden, er war anders, aber er faszinierte mich...weißt du was ich meine?"

Angela nickte: „Oh ja, das weiß ich. Ich glaube Edward wirkte auf so ziemlich jedes Mädchen anziehend. Er hat was spezielles an sich, was keiner kennt, aber jeder wissen will."

Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, und ich hatte schon Angst sie wüsste um sein Geheimnis doch es war nur eine perfekt passende Aussage. Ich bewunderte sie jede Sekunde mehr und erzählte ihr alles über unsere anfänglichen Gespräche, dass er jedes noch so unbedeutende Detail aus meinem Leben wissen wollte und dies mit sturer Ernsthaftigkeit verfolgte. Das er so liebevoll und gleichzeitig so distanziert war, dass es mich manchmal sogar nervte. Denn schließlich hatte er so seine Prinzipien, das diese mit seinem Blutdurst zusammenhingen musste ich Angela ja nicht erzählen.

Sie hörte mir geduldig zu, berührte mich sanft an der Schulter, wenn es mir zu viel wurde und unterbrach mich kein einziges Mal. Sie war unglaublich...

Als ich unsere Geschichte in groben Zügen, ohne den letzten Samstag zu erwähnen, erzählt hatte, saßen wir einen Moment schweigend da. Nach ein paar Minuten räusperte Angela sich und sagte: „Ich kenne dieses Gefühl gut Bella, dass man glaubt wenig wert zu sein, nicht gut genug zu sein...man fühlt sich „fehl am Platz"!" Ich sah sie schockiert an, genau so fühlte ich mich: „Was meinst du Angela? Hast du...so was erlebt?"

Sie atmete tief durch. „So was in der Art, ja. Es war ein Junge aus der Nachbarschaft, hier in Forks. Tom war sein Name. Er war unglaublich süß und lieb...zumindest am Anfang. Er war meine erste große Liebe, wie man so schön sagt. Ich hätte alles für ihn getan. Doch eines Tages ging er einfach, zog weg und sagte nur: „Es ist vorbei." Das war alles, kein Wort der Erklärung, kein Wort der Trauer oder des Schmerzes. Mir wurde bewusst, dass ich ihm nicht so viel bedeutet hatte, wie er mir. Es tat ihm nicht mal Leid. Bis heute weiß ich nicht, wo er hingezogen ist und warum er mich einfach so verlassen hat. Wahrscheinlich war ich einfach zu schüchtern, zu ruhig und zu langweilig...Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, wie du dich fühlst, Bella. Und es tut mir wirklich so Leid für dich und für euch, denn ich fand immer, dass ihr ein...wunderschönes Paar ward." Ihre Augen waren in die Ferne gerichtet, als sie sprach. Ich hatte keine Ahnung gehabt und hatte Angela noch nie so zerbrechlich gesehen, die Tränen glitzerten in ihren Augen, doch sie ließ nicht zu, dass sie sie verließen. Sie wollte stark sein und hatte wahrscheinlich über all die Jahre gelernt, wie man seine Gefühle zurückhielt um nicht schwach zu sein. Ich bewunderte sie.

„Das tut mir so Leid, Angela."

„Das brauch es nicht, wirklich. Auch wenn es nicht so aussieht, ich bin darüber hinweg. Nur in so Momenten wie diesem wird mir bewusst, dass ich einfach nicht weiß warum. Weißt du ich dachte ein Zeit lang, dass er mich gar nicht geliebt hat...alles nur ein Spiel. Aber das will ich nicht glauben...das wäre zu schmerzhaft." Sie lächelte zaghaft, man spürte, wie sie sich innerlich unter Kontrolle zu halten schien.

„Das hab ich auch schon gedacht, seit er weg ist...hab es sogar geträumt, dass er mir gesagt hat, er liebe mich nicht, hätte es nie getan...", meine Stimme versagte schon wieder, bei dem Gedanken an Samstag und meinen Traum der letzten Nacht.

Angela schüttelte energisch den Kopf: „Oh nein Bella, auch wenn ich Edward nicht kannte. Das glaube ich nicht. So wie er dich angesehen hat und dich berührt hat, dass zeugt von wahrer Liebe und ich weiß, weil man es so sehr in jeder seiner Bewegungen gesehen hat, dass er dich aus tiefstem Herzen liebt! Denk nicht so was Bella, denk nicht so was..." Wieder berührte sie meine Schulter, als mir erneut die Tränen über die Wangen liefen.

„Wann wird das aufhören Angela?"

„Ich weiß es nicht, der Schmerz vergeht, irgendwann. Auch wenn es ein schmerzvoller, langwieriger Prozess ist. Aber es wird vorüber gehen."

„Und wenn ich das nicht will? Ich hab Angst ihn zu vergessen, Angela...ich will ihn nicht vergessen...ich bin ein Mensch, wir vergessen, unser Gehirn ist wie ein Sieb, irgendwann filtern wir alles raus...ich will...nicht das er verschwindet."

„Oh Bella...du hast ihn sosehr geliebt." Es war keine Frage, sie stellte fest.

Ich spürte wieder dieses zerberstende Gefühl in meiner Brust.

„Es war so schrecklich, als er mich verlassen hat..." Ich wollte darüber reden, doch plötzlich hatte ich Angst vor meinen eigenen Gefühlen. Angela spürte das.

„Du musst mir das nicht erzählen, Bella. Nur wenn du es wirklich möchtest. Ich zwinge dich zu nichts. Das ist deine Geschichte und deine Seelenwelt..."

Ich nickte und atmete ein paar Mal tief durch. Sie war viel zu verständnisvoll, doch ich wusste ich konnte ihr vertrauen und ich war mir sicher, dass wenn ich Angela meine Gefühle anvertrauen würde, dann würde es mir besser gehen, weil sie mich so sehr verstand, wie niemand sonst in den letzten Tagen.

Noch einmal atmete ich tief durch und begann zu erzählen:

„Ich hatte es geahnt, weißt du, dass irgendwas schlimmes passiert. Im Kopf hatte ich durchgespielt, was das schlimmste seien konnte, was ich überleben würde...doch der Gedanke daran brachte mich um den Verstand. Er wartete nach der Schule zu Hause auf mich und wir gingen ein Stück in den Wald...ich hatte Angst, regelrechte Panik. Ich hatte so eine ungute Vorahnung... Er blieb stehen und erzählte mir, dass sie wegziehen müssen – du hast sicher gehört, das Carlisle einen Job in L.A. bekommen hat –..." Immer schön den Schein wahren, dachte ich mir... „Er sagte es ohne jede Emotion, seine Augen waren kalt und er beobachtete mich die ganze Zeit. Ich wollte mit ihm gehen, ich hätte alles für ihn getan...doch er ließ es nicht zu. Und dann sagte er nur..."Ich will dich nicht dabei haben" Im Umkehrschluss bedeutete das, er wollte mich nicht mehr, gar nicht mehr, keine Liebe, keine Freundschaft. Und er verschwamm vor meinen Augen...dieses Gefühl kann ich dir nicht beschreiben...als würdest du vergessen zu atmen und innerlich nach Luft ringen, doch deine Muskeln sind gelähmt und nichts um dich herum scheint auch nur im entferntesten real...

Bevor er endgültig ging, gab er mir ein Versprechen und diese Worte machen es so schwer ihn zu vergessen..." , ich hielt inne. Einige Minuten saß ich schweigend da und diese innerliche Bewusstlosigkeit erfasste mich aufs Neue.

„Bella? Alles okay, soll ich dich..."

„Es wird so sein, als hätte es mich nie gegeben..." mehr bekam ich nicht mehr über die Lippen, ich brach völlig in mir zusammen und weinte so entsetzlich, dass mein Gesicht vor Anspannung schmerzte. Jetzt stürzte Angela auf mich zu und nahm mich ganz fest in ihre Arme: „Schhhh Bella, ganz ruhig. Ist schon gut, ich bin da. Ich halt dich fest."

Meine Tränen wollten nicht versiegen und Angela zeigte keinen Funken der Ungeduld, sie saß einfach da und hielt mich fest in ihren Armen, sie sagte kein Wort, war einfach nur für mich da...