4 Jahre nach der Schlacht um Hogwarts stand das alte Gemäuer wieder stolz auf einem Hügel und thronte über See und Wald. Von der Zerstörung, der Gewalt und dem Tod war keine Spur mehr und es war beinahe so als ob es den Krieg nie gegeben hätte. Nur ein paar Mahnmäler erinnerten an den schrecklichen Hass der so viele Leben kostete. Severus atmete tief ein.
Er konnte es nicht fassen, dass er wieder hier war. Als ob nichts geschehen war stand er im langsam auslaufenden Sommer vor den Mauern und war, wie damals jedes Jahr, auf dem Weg zu der Lehrerkonferenz.
Er hatte sich lange geweigert in das Schloss als Lehrer zurückzukehren, zu viel war passiert, zu schrecklich waren seine Taten, zu furchtbar die Erinnerungen. Doch schließlich gab er dem Bitten Minervas nach und stand genau dort, wo er eigentlich nie wieder stehen wollte.
Er starrte hoch zum Astronomieturm und die schmerzvollen Erinnerungen durchzogen ihn unerbittlich. Er konnte Dumbledore vor sich sehen, wie das Leben aus seinen Augen verschwand und er rücklings den Turm hinabstürzte. Severus schüttelte die Erinnerung ab, atmete tief ein und stieß die Luft langsam aus. Es half nichts, Minerva war ihm monatelang in den Ohren gelegen und hatte ihm eine Eule nach der anderen geschickt, schließlich sagte er zu und hier war er.
Er wusste nicht was er erwartet hatte, doch es überraschte ihn tatsächlich wie lähmend langweilig die Besprechung war. Severus saß auf der langen Tafel und weigerte sich den endlosen Ausführungen Slughorns auch nur eine Sekunde lang zu zuhören. Obwohl Minerva den neuen alten Zaubertränkelehrer mehrmals ermahnte zum Punkt zu kommen, schweifte dieser immer weiter aus und schließlich kamen sie von „Terminplanung" zum Thema „Eingeborene Zauberstämme Neuseelands".
Severus ließ seinen Blick schweifen und schmunzelte innerlich über Minervas entnerve Versuche den Mann zum Schweigen zu bringen. Die Konferenzen hatten sich tatsächlich kein bisschen geändert.
Die Konferenz begann bereits vor fast einer Stunde und sie hatten noch immer keinen einzigen Punkt der Tagesordnung abgearbeitet. Verdammter Slughorn. Severus raunte innerlich. Er bereute jetzt schon, dass er eingewilligt hatte. Es war nicht so, dass er etwas besseres zu tun hatte, doch er könnte jetzt immerhin alleine in seinem dunklen und trostlosen Haus sitzen und an die Wand starren. Alles wäre unterhaltsamer als Slughorns Ausflüge in seiner Vergangenheit. Auf einmal klopfte es leicht an der Tür und Minervas düsterer Gesichtsausdruck erhellte sich schlagartig. Vergnügt klatschte sie in ihre Hände und rieb sie vor lauter Vorfreude.
„Nun, eigentlich wollte ich das schon vor einer Stunde sagen, wenn uns nicht Horace mit seinen wie immer ausführlichen Geschichten gequä- erhellt hätte. Wir haben einen Neuzugang der besonders mich erfreut." Severus zog seine Brauen hoch. Neuzugang. Einige Lehrer waren neu, wurden jedoch nicht so enthusiastisch angekündigt. Er war gespannt, nun ja zumindest war seine Neugier geweckt. Die Tür ging auf und Severus Gesichtsausdruck verfinstere sich schlagartig. Warum. Sie.
„Verzeihen Sie mir Schulleiterin aber ich wurde aufgehalten."
„Ach Unsinn, komm herein Kind. Nun, mit stolz darf ich verkünden, dass ab sofort Professor Granger das Fach Verwandlung übernehmen wird. Weiters wird sie mich als Hauslehrerin des Hauses Gryffendors ablösen." Severus murmelte „Welch Überraschung."
„Severus, möchtest du etwas sagen?"
Severus bedachte Hermine mit einem finsteren Blick und schüttelte stur seinen Kopf. Hermine sah ihn forsch an und zog ihre Brauen herausfordernd hoch.
„Nun ja. Bitte setz dich mein Kind, wir waren gerade bei.. nun das spielt keine Rolle wir machen am besten mit der Tagesordnung weiter."
Slughorn keuchte enttäuscht auf.
Als Hermine sich gegenüber Severus setzte, konnte sie die stechenden Blicke förmlich spüren. Sie trug ihren Kopf hoch und ignorierte ihn. Die Zeit wo er sie mit einem Blick aus der Fassung bringen konnte, war längst vorüber. Sie hatte Todesser und sonstige Monster bekämpft. Sie hatte eine Trennung mit einem Weasley hinter sich. Da war das hier ein Kinderspiel. Dachte sie zumindest.
Severus bemerkte ihre Ignoranz und ärgerte sich innerlich. Anscheinend war sie stärker geworden, doch wie viel. Das würde er schon noch herausfinden. Während Minerva über die neuen Regeln sprach schmiedete Severus bereits einen Plan wie er Hermine knacken könnte. Er war fest entschlossen ihr die sechs Jahre in denen sie ihn genervt hatte, heimzuzahlen. Severus lehnte sich in seinem Sessel zurück und formte mit seinen Fingern ein Dach. Er schmunzelte leicht. Tja das Schuljahr könnte doch unterhaltsamer werden als gedacht.
Hermines Tortur fing bereits vor dem ersten Schultag an. Bei jeder Gelegenheit brachte Severus stichelnde Kommentare an und zu ihrem Überraschen gab es viele Gelegenheiten.
Zunächst antwortete sie doch sie merkte schnell, dass es nichts half. Also ignorierte sie ihn. Severus hörte natürlich nicht auf und machte unermüdlich weiter. Schließlich schaffte er es sie aus der Reserve zu locken und seine Kommentare wurden meist von ihr gekonnt pariert.
Beim Frühstück beobachtete er sie als sie sich zwei Spiegeleier auf den Teller lud und sagte beißend „Sollten Sie das wirklich essen?"
Natürlich komplett lächerlich, Hermine wog beinahe weniger als zu Schulzeiten. Minerva trieb ihm ihren Ellbogen in die Seite und Severus stöhnte schmerzerfüllt auf. Hermine grinste ihn schadenfroh an und lud sich noch ein Ei auf ihren Teller. Er verdrehte die Augen und widmete sich wieder seinem eigenen Frühstück.
Die Schulleiterin beobachtete das Paar und schüttelte den Kopf. Auch wenn Severus es vielleicht selbst noch nicht wusste, aber es gab einen Grund warum er die junge Frau scheinbar nicht in Frieden lassen konnte. Wie ein kleiner Junge neckte er sie so oft er konnte und versäumte nie eine Gelegenheit sie zu ärgern. Er hatte etwas für sie übrig, so viel war klar. Minerva seufzte innerlich. Dem Mann war etwas Glück wahrlich vergönnt. Soviel Leid was er ertragen musste, so viel Verlust den er erdulden musste, und nun endlich ein Lichtblick. Vergnügt rieb sie sich die Hände. Oh sie würde sicher gehen, dass die zwei reichlich Zeit miteinander verbrachten. Früher oder später würde die Wahrheit schon ans Licht kommen.
Severus stocherte missmutig in seinen Scrambled Eggs und beobachtete Hermine verstohlen aus seinen Augenwinkeln. Ihr musste inzwischen übel sein doch sie war dermaßen stur, dass sie auch das letzte Stück Ei hinunter würgte. Ihm lagen eine Hand voll schneidender Bemerkungen auf der Zunge doch er wagte es nicht sie zu äußern. Die alte Frau auf der anderen Seite war stärker als sie aussah und ihn schmerzte noch immer das Rippenpaar welches sie erwischt hatte. Obwohl er längst keinen Hunger mehr hatte, wartete er geduldig. Wenn Hermine sich auf den Weg machte, würde er ihr Schatten sein und sie mit möglichst viel Beleidigungen zudecken. Minerva konnte sie nicht immer schützen.
Hermine wischte sich ihren Mund ab und unterdrückte die Übelkeit die sie verspürte. Verdammter Snape. Sie hatte sich heillos überfressen und büßte ihre Torheit nun mit Bauchschmerzen. Sie schob ihren Stuhl zurück und verabschiedete sich lächelnd von der Schulleiterin. Ihr Lächeln erstarb prompt als sie sah, dass Severus ihr folgte. Schnellen Schrittes zog sie durch die langen Bänke der großen Halle und wappnete sich bereits vor der nächsten Gemeinheit. Diese lies wie erwartet nicht lange auf sich warten.
Als sie den Tisch der Gryffendors passierten, steckte sich ein Schüler den Hermine als George Finnegan identifizierte, zwei längliche Biskuit unter seine Oberlippe und mimte recht erfolgreich ein Walross. Severus zog die Brauen hoch und sagte schneidend:
„Wie fühlt es sich eigentlich an, der Kopf eines so glorreichen Hauses zu sein?"
Hermine warf ihm einen abschätzigen Blick zu, blickte an Severus vorbei und fing an hämisch zu grinsen.
„Dasselbe könnte ich Sie auch fragen." Severus folgte ihrem Blick und entdeckte einen übergewichtigen Slytherin der gerade verschmiert seinen Teller genüsslich abschleckte. Severus verzog angewidert sein Gesicht und wagte es fast nicht Hermine anzusehen. Diese schritt selbstgefällig an ihm vorbei und setzte ihren Weg unbeirrt fort. Severus sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Er weigerte sich sich geschlagen zu geben und beschleunigte sein Tempo bis er wieder mit ihr gleich auf war.
Hermine raunte und beschloss den Mann zu ignorieren. Dass er nie aufgab. Warum er es so auf sie abgesehen hatte, war ihr ein Rätsel. Seit dem ersten Moment als sie das Schloss betreten hatte, heftete er sich an ihre Fersen und kritisierte und kommentierte wo er nur konnte. Ständig hatte etwas an ihr auszusetzen, unermüdlich bewarf er sie mit schneidenden Kommentaren und andauernd suchte er die Konfrontation. Sie konnte jedes mal die Freude spüren die er hatte wenn sie auf seine Sticheleien einging.
„Ich hoffe Sie haben Ihre Horde nächstes Wochenende besser im Griff!"
Hermine verdrehte die Augen und entgegnete:
„Und warum beschäftigt Sie das?"
„Weil ich wegen irgendeiner grausamen Laune des Schicksals mit Ihnen eingeteilt bin."
Hermine raunte laut auf.
„Dann haben zumindest Sie eine gute Gesellschaft."
Mit den Worten verschwand sie in ihrem Büro und knallte hinter sich die Türe zu. Severus wollte noch etwas entgegnen doch in diesem Moment gingen eine Gruppe Hufflepuffs vorbei. Die Schüler kicherten zunächst und erstarrten dann als sie den düsteren Blick des gefürchteten Professors sahen.
Missmutig wandte sich dieser ab und machte sich auf den Weg zu seinen eigenen Quartieren.
