Fuchsbau, die dritte
Ein breites Lächeln huschte über Harrys Gesicht, als der Dienstwagen von Mr Weasley vor dem Fuchsbau zum stehen kam. Endlich, nach viereinhalb unerträglichen Wochen bei den Dursleys war er wieder da wo er hingehörte: in der Zauberwelt. Harry starrte auf den Fuchsbau und dachte dabei direkt an die ganze Familie Weasley, die vom Autofenster aus allerdings nicht zu sehen war. "Danke!" sagte Harry zu Mr Weasley, der sich gerade abschnallte. "Zu danken hast du mir nicht. Im Gegenteil...du dürftest sauer auf uns sein..." er drehte sich nach hinten zu Harry, der auf dem Rücksitz saß. "Wir haben dich über vier Wochen bei diesen, diesen... Dursleys gelassen, obwohl immoment gar kein Grund zur Panik herrscht, wenn du verstehst was ich meine." Harry nickte, natürlich verstand er was Mr Weasley meinte. Doch angesichts der Schweißperlen auf dessen Stirn war sich Harry nicht ganz sicher, ob wirklich kein Grund zur Panik herrschte. Wieso musste er auch in mitten einer Muggelstadt leben, in der es keine Möglichkeit gab sich über die Zauberwelt zu informieren? Wenn er doch nur über alles bescheid wüsste, was im letzten Monat geschehen war. Die hintere Autotür wurde mit einem Ruck von außen aufgemacht. Ein sommerprossiger Rotschopf strahlte ins hintere innere des Wagens. Es war Ron Weasley, Harrys bester Freund. "Ron!" rief Harry, als wäre sein Freund einige hundert Meter von ihm entfernt. "Hallo Harry, schön dich wiederzusehen!" sagte Ron. Harry stieg aus dem Auto und beide umarmten sich brüderlich. Nun stieg auch Mr Weasley aus dem Wagen und strahlte die beiden fröhlich an. Seine nervösität war ihm nicht abzusehen. "Wo ist eigentlich Ginny?" fragte Harry, als er das einzige Mädchen der Weasleys nirgends sah. Ansonsten war sie immer halb fröhlich, halb verlegen auf Harry zugestürmt und hatte ihn freudig begrüßt, wenn er kam. "Ginny hat eine ansteckende Grippe, da hilft kein Rezept aus einem Zauberbuch. Nur das Fieber kann man mit `nem Eiszauber kühlen, das macht Mum." erklärte Ron. "Aha," sagte Harry, "und wie geht es ihr heute?" "Geht so." sagte Ron, "das ist auch der Grund warum Hermine erst in zwei Tagen kommt." Harry nickte. "Wollen wir nicht langsam reingehen?" fragte er vorsichtig, doch Ron lachte und sagte ja. Mr Weasley trug Harrys schwere Koffer in den Fuchsbau. Nur Hedwig war nicht dabei - ihr Käfig tronte auf einem riesigen, schwarzen Koffer, in dem Harry alle seine Zaubersachen aufbewahrte. "Ist Hedwig schon angekommen?" fragte Harry während sie die Treppen zum Fuchsbau emporstiegen. "Jap," erwiderte Ron, "gestern Abend. Wir mussten sie erstmal aufpäppeln! Stell dir mal vor, Fred und George haben ihr so`n teures Eulenfutter gekauft, Pig mag das auch ganz gerne." Harry wusste, warum Fred und George nun nicht mehr so sparsam sein mussten, denn er hatte den beiden 1000 Galleonen geschenkt, das Preisgeld für das Trimagische Tunier, das er letztes Jahr unter Umständen gewonnen hatte. Ron und die anderen Weasleys wussten nichts von Harrys großzügigkeit.
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Ron öffnete die Fuchsbautür. Kaum hatte er dies getan, schlug Harry ein wunderbarer Duft von Obstkuchen in die Nase. Mrs Weasley stand kurz darauf im Türrahmen. "Harry, lass dich umarmen!" sagte sie und tat es. Harry war wenig überrascht über diese rasche Begrüßung. Dann fragte er: "Wo ist Hedwig?" "Warte, ich zeig' sie dir!" rief Ron und schliff Harry mit nach oben. Aus dem Augenwinkel sah Harry noch, wie Mr Weasley seine vielen Koffer samt Hedwigs Käfig im Flur abstellte und sich sofort etwas lauter mit Mrs Weasley zu unterhalten begann. "Ich hab' nicht gesagt das du mich sofort auf der Stelle zu Hedwig bringen sollst, ich wollte nur wissen wo sie ist!" sagte Harry als Die Weasley-Eltern außer Hörweite waren. Ron stotterte nur ein wenig herum, von wegen "Hedwig hat dich sicher schon vermisst" und ging einen Schritt schneller. Harry hielt mit ihm Schritt und meinte: "Hedwig vermisst mich nicht wenn sie mich zwei Tage nicht sieht. Sie ist eine Briefeule, wir sehen uns sowieso nicht allzu oft!" Diesmal antwortete Ron gar nichts und ging noch schneller, besser gesagt er rannte fast die Treppe hoch. Vorbei an Ginnys Zimmer, bei dem man beim vorbeirennen ein leises hüsteln hören konnte, waren sie ganz oben angekommen. "Kannst du mir mal sagen warum wir so gespurtet sind?" fragte Harry während er Hedwig im Zimmer suchte. "Ähm," setzte Ron an, "der Käfig da vorne unter meinem Hogwartsumhang!" Harry riss den Umhang von dem Käfig und blickte in Hedwig verschlafen blinzelndes Gesichts. Sie saß in einem gut erhaltenen Aluminiumkäfig, während der schlafende Pigwidgeon, Rons Eule, in einem rostigen verbeulten Eisenkäfig hockte. Die Näpfe beider Eulen waren reich mit dem gleichen Körnerfutter gefüllt. "Okay, ich finde Pigwidgeon, äh, Pig kriegt diesen Käfig," Harry deutete auf den Alukäfig, "und Hedwig ihren alten. So haben beide einen schönen Käfig!" "Nicht nötig!" Ron und Harry schreckten auf. Fred und George kamen in das Dachzimmer gestürzt und jeder hatte einen riesigen Eulenkäfig in der Hand, wohl beide mit gold überzogen. "Wisst ihr, wir waren in der Winkelgasse," sagte Fred, "wo wir Schulsachen, na ja, und natürlich ein paar nette Zutaten für unsere Scherzartikel gekauft haben..." "Und," ergänzte George, "dort sahen wir diese netten Sachen im Schaufenster. Maxi-Eulenkäfige für nur eine Galleone und zwei Sickel das Stück!" Fred drückte Harry und George Ron einen Käfig in die Hand. Harry strahlte, er war froh das die Zwillinge nun reich waren und ihr Geld für Scherzartikel ausgaben, wie er es ihnen geraten hatte, aber auch für andere. "Woher habt ihr das Geld?" fragte Ron sofort. "Weißt du, mit der Kanarienkrem konnten wir letztes Jahr unseren Verlust an Bagman wieder fast wett machen, aber nun haben wir schon einige Scherztrompeten verkauft, sieben Sickel das Stück, aber dazu später mehr." erklärten Fred und George im Wechsel und verließen das Zimmer. "Ich wusste doch das die etwas in ihrem Werkraum aushecken!" sagte Ron und schloß die beiden Fenster zu. Dann nahm er Pigwidgeon aus dem alten Kafig und setzte
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ihn in den neuen, mehr als doppelt so großen. Harry tat es ihm gleich. Ihm viel auf das Pigwidgeon nun viel weniger schrie und zeterte als gewöhnlich. "Ich habe hunger, komm lass uns erst die alten Käfige in den Keller bringen und dann Kuchen essen." schlug Ron vor. Gesagt, getan. Harry und Ron nahmen die beiden kleinen Käfige in die Hand und verließen das Dachzimmer. "Gehört dieser Käfig nicht eurer Familieneule Errol?" fragte Harry beim hinuntergehen der unendlich vielen Treppen und deutete auf den Aluminiumkäfig in seiner Hand. "Ja, aber Errol lebt immoment auf einer Holzstange in Percys Zimmer," antwortete Ron, "angeblich fühlt er sich da total wohl, meint zumindest Percy, ich weiß es nicht - schließlich betrete ich dieses Zimmer höchstens einmal im Monat." Er pfiff durch die Zähne als würde er es dem schlauen und gesetzestreuen Percy nicht zutrauen eine Eule wie Errol zu pflegen. Plötzlich hörte Harry wieder nervöses und nicht gerade leises Gerede von Mr und Mrs Weasley, die immernoch im Flur vor der Tür standen. Als Harry und Ron die drittletzte Stufe erreicht hatten, hörten sie schlagartig auf zu sprechen und gingen in die Küche wo sie sich etwas gedämpfter weiter unterhielten. Ron zuckte mit den Schultern und Harry fand das seine ahnungslosigkeit etwas gespielt aussah, sagte aber nichts. Stattdessen nahm er im vorbeigehen gleich auch noch Hedwigs eigenen alten Käfig, der noch auf seinem Koffer stand, mit in den Keller. "Wieviel Kuchen möchtest du?" fragte Mrs Weasley grinsend. "Ein kleines." antwortete Harry. "Nicht so bescheiden," meinte Mrs Weasley, "hier, ein nettes mittelgroßes Stück!" Harry fielen fast die Augen aus, als er es sah. Fast ein viertel des Obstkuchens prangte auf seinem nicht gerade großen Teller. Auch Ron bekam nicht viel weniger an Kuchen. "Ihr könnt gleich für die anderen mitessen!" lachte Mr Weasley als er Ron und Harry reinhauen sah. Er hatte Recht, Bill und Charlie (Harry hatte sie letztes Jahr nur wegen der Quidditch-Weltmeisterschaft kennengelernt) waren wieder beruflich unterwegs, Percy vergrub sich in seinem Zimmer und arbeitete, Fred und George bastelten wohl an Scherzartikeln und Ginny hatte etwas ansteckendes, so konnte Hermine erst übermorgen kommen, weil sie sich ja ein Zimmer mit ihr teilen musste. Harry hatte fast aufgegessen, als er drei versiegelte Umschläge am anderen Ende des Küchentisches erspähte. "Das sind die Hogwarts-Briefe für alle Fünftklässler. Ich habe Professor McGonagall erzählt das Hermine in den den Sommerferien zu uns kommt, also hat sie ihren Brief hier hin geschickt." Mrs Weasley drückte den beiden jeweils einen Brief in die Hand.
Lieber Hogwartsschüler! Leider müssen wir den Schülern des fünften Jahres in unserer Schule mitteilen, dass die Fächer Muggelkunde und Zauberkunst dieses Jahr nicht unterrichtet werden sollen. Deswegen wurde eine kleine Änderung am Stundenplan der Fünftklässler vorgesehen:
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JEDER Schüler des fünften Jahres wird in Arinthmatik und Wahrsagen unterrichtet. Bei diesen beiden Fächern wird ein spezieller Kurs vorgesehen, so kann niemand der schon vorher mit einem oder beiden Fächern zu tun hatte, mit besonderem Wissen glänzen. Nun die Bücherliste:
Die besten Gebräue unserer Zeit - Dinska Diskus Geschichte der Magie Bd. 5 - Bathilda Bagshot Verwandlung für fast Profis - Tequila Quismann Sagen sie wahr, und zwar richtig - Gilderoy Lockhart Pflege magischer Geschöpfe (Begleitband) - Rums Dadum Arinthmatik Kursbuch - Bittsy Sebsis Magische Kräuter der ganzen Welt - Saffa Doloris Verteidigung gegen die dunklen Schatten - Timothy Teffner
Mit freundlichen grüßen
Minerva McGonagall (stlv. Schulleiterin)
"Arinthmatik! Sogar Hermine sagte immer es sei etwas kompliziert! Wie sollen wir dann da durchkommen, wir hatten es noch nie!" sagte Ron ziemlich sauer und faltete den Brief zurück in den Umschlag. "Vielleicht solltest du den Brief etwas genauer lesen. Hier steht nämlich, dass niemand einen Vorteil hat!" "Oh mein Gott!" rief Ron und deutete auf die Bücherliste in Harrys Brief, "'Sagen sie wahr, und zwar richtig' ist von Lockhart!" Nun sah es auch Harry. Er hatte sich nur die Titel der Bücher durchgelesen, die Autoren interessieten ihn eigentlich nie. "Na und? Vielleicht ist es ein älteres Buch!" "Aber du weißt doch, Dumbledore will, dass wir immer die aktuellsten Bücher haben!" "Und wenn seit drei Jahren keiner mehr ein Wahrsage Buch geschrieben hat, dann wäre es das aktuellste!" "Deswegen hatten wir und die fünftklässler letztes Jahr auch die druckfrischten Exemplare, und haben sie nicht benutzt!" Ron war sich sicher das Lockhart wieder unter die Schulbuchautoren gegangen war, und ihm wäre es lieber wenn dies nicht so wäre. "Beruhige dich! Im zweiten Schuljahr waren alle unsere Bücher von ihm!" "Jetzt hör' bloß auf mit ,Lockhart ist ja gar nicht so schlimm!'" "Was ist denn schon dabei wenn wir ein Buch von ihm haben, was wir eh nicht benutzen!" "Ich hasse diesen Schnösel, hinterher taucht er wieder an der Schule auf und unterrichtet!" Stille trat ein. Harry erinnerte sich an den Rest vom zweiten Schuljahr, wo Lockhart Harry und Ron einen Amnesie-Zauber anhängen wollte. Kurz danach war er untergetaucht und nicht mehr gesichtet worden. Schade, fand Hermine, zum Glück, fand Ron. Daran hat sich bis heute
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zumindest bei Ron nichts geändert. "Die einzige die das freuen wird ist Hermine," meinte Ron, "die wurde es auch gut finden wenn wir Lockhart wieder in Verteidigung gegen die dunklen Künste bekommen würden!" "Quatsch, Ron, wir bekommen doch den echten Moody!" "Sicher das der schon wieder fit ist? So wie der zugerichtet war?" Harry zuckte mit den Schultern und gähnte. Ehrlich gesagt hatte er gar keine Lust den echten Mad-Eye Moody in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu bekommen. Die Vielsafttrank-Kopie, der junge Barty Crouch, hatte sich letztes Schuljahr erst bei Harry eingeschleimt um ihn dann umbringen zu wollen. Hoffentlich war der echte Moody ein besserer Mensch, dachte Harry. "Sollen wir nicht langsam schlafen gehen?" fragte Ron ihn. Harry nickte und sie gingen nach oben ins Dachzimmer.
Sie mussten ewig geschlafen haben, als eine starke Brise durch das größere Fenster zog, das Harry vor dem einschlafen aufgemacht hatte. Fred und George (eigentlich grundsätzliche Langschläfer) waren nicht mehr in ihren Betten und Pigwidgeon machte einen unerträglichen Lärm. "Wie hast du Hedwig nur so gut erzogen?" fragte Ron verschlafen und warf sein Kopfkissen an Pigwidgeons Käfig, der fast von dem kleinen Hocker fiel, auf den er gestellt war. "Lass den armen kleinen doch mal inruhe!" "Warum?" "Weil man das nicht mit kleinen Eulen macht!" "Aber mit großen." Ron griff ein zweites Kissen und wollte es zu Hedwig werfen. "Nein! Stop!" Harry riss ihm das Kissen aus der Hand und kicherte. Dann gingen sie nach unten. "Frühstück kann man das echt nicht nennen, eher Spätstück!" lachte Ron und zeigte auf die Wanduhr im Flur vor dem Dachzimmer. Sie zeigte fünf nach eins. Ron und Harry gingen die Stufen hinunter vorbei an Fred und Georges Arbeitzimmer, das eigentlich Bills Zimmer war ("Wenn ihnen da ein kleiner Zauberunfall passiert, ist es auch egal - Bill ist ja eh nie da"), an Percys Arbeits- und Schlafzimmer und an Ginnys Zimmer, aus dem Mrs Weasley gerade mit unangerührtem Frühstück kam. "Wollt ihr frühstücken oder lieber direkt Mitagessen?" "Was gibt's denn?" fragte Ron. "Gemüseeintopf selbstgemacht!" antwortete Mrs Weasley ein bisschen stolz, "Aber ihr müsst noch etwas warten!" Das sagte sie in einem Tonfall, der Harry und Ron gar nichts anderes übrig ließ als von dem Gemüseeintopf zu essen. Doch vorest rannten sie nochmal die Treppen hoch um sich anzuziehen. Da es mit dem Eintopf noch ein bisschen dauern würde, setzten sich Harry und Ron ins Wohnzimmer wo sie sich erst unterhielten, bis Harry den Tagespropheten auf dem Wohnzimmertisch entdeckte. Er nahm ihn in die Hand und sah das es nicht der neueste war - vom 5. Juli, aber besser als nichts - schließlich wusste Harry nicht im geringsten was in den letzten viereinhalb Wochen in der Zauberwelt vor sich gegangen war. Ron sah
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nicht gerade begeistert aus als Harry die Seiten durchblätterte. Harry wusste natürlich warum. "Da steht nichts besonderes drin." versuchte Ron ihn abzulenken. Es stand wirklich nichts besonders drin. Zu Harrys beruhigung hatte Voldemort niemanden mehr umgebracht oder entführt, es stand jedenfalls nicht in der Zeitung, und Rita Kimmkorn hatte beim Tagespropheten wohl auch nichts mehr zu melden. "Guck mal, ein Bericht über die Kesseldebatte!" Harry zeigte mit dem Finger auf ein kleines Bild auf der dritten Seite. "Wow, über Percy wird ja richtig viel geschrieben!" kichterte Ron mit ironischem Unterton, als er die wenigen Sätze des Artikels gelesen hatte. Percy war weder auf dem Foto zu sehen noch wurde über seinen Bericht geschrieben. "Haben die sich eigentlich geeinigt, ich meine was die Dicke eines Kessels betrifft?" fragte Harry, weil in dem Mini- Artikel nichts genaues stand. "Ja, Percy laberte irgendwas von Richtmaßen und harten Strafen, für Leute die zu dünne Kessel herstellen." Viel hatte Harry dieser Tagesprophet ja nicht gebracht. Wenigstens wusste er jetzt, das Percy immernoch nicht den Status hatte den er gerne haben wollte: Angesehener Mitarbeiter oder Abteilungsleiter im Zaubereiministerium. "Ihr zwei könnt jetzt Essen!" rief Mrs Weasley aus der Küche.
Der Tag verlief ansonsten relativ ruhig. Harry und Ron hatten sich nach dem Essen in den Garten gesetzt, beobachteten einen Jobberknoll (ein kleiner, nicht weiter gefährlicher Zaubervogel) und machten ihre Hausaufgaben in Wahrsagen, Fred und George ließen sich den ganzen Tag nicht blicken, Percy hielt ihnen am späten Nachmittag einen Vortrag zum Thema "So behandle ich magische Geschöpfe respektvoll" und gegen Abend kam Ginny zum ersten mal seit Tagen aus ihrem Zimmer. Sie sah sehr blass aus und war ein bisschen traurig, dass Hermine noch nicht da war. Beim Abensbrottisch waren sie zu acht, weil Fred und George sich doch noch von Ron überreden ließen, etwas zu essen. "Morgen, wenn Hermine da ist," sagte Mrs Weasley und richtete ihren Zauberstab auf die riesige Teekanne, "gehen wir gemeinsam zur Winkelgasse." Dann lenkte sie die Teekanne zu den einzelnen Gläsern und ließ die Kanne den Tee einschenken. "Ganz gemeinsam wird wohl nicht gehen," sagte George. Fred ergänzte: "Wir haben noch ziemlich viel zu tun, Hausaufgaben und so, und außerdem waren wir schon mal da!" "Na gut, dann gehe ich eben mit Harry, Ginny, Hermine und Ron alleine." Dann richtete sie ihren Zauberstab auf den Wurstteller neben dem Vorratsschrank und ließ mitten auf den Esstisch schweben. Alle langten gut zu. Bis auf Ginny. Sie würgte mit mühe und Not ein Käsebrot hinunter und nippte dann an einem Kräutertee, der entsetztlich stank. "Das ist Hüpfkrauttee," erklärte Ron, der Harrys Naserümpfen bemerkt hatte. "Ein ganz neues Zeug, was man noch vor einigen Jahren als giftig empfunden hatte. Dank bester Prüfungen dieses Krautes, auch durch Professor Sprout, konnte dies nicht nachgewiesen werden - ..." "Ruhe Percy!" Typischerweise hatte dieser Rons Bemerkung ein bisschen
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ausgeweitet und war damit nicht auf interessierte Gesichter gestoßen. Nicht nur Fred und George verdrehten die Augen. "Ich denke so genau wollte es Harry auch nicht wissen!" sagte Ginny an ihren drittgrößten Bruder gewandt. Percy war ein bisschen blass geworden und murmelte was von "Aktuelles Allgemeinwissen..., sehr wichtig..., keine Ahnung..." Das Mädchen hatte sich jedoch wieder einem anderen Gespräch zwischen George und Mrs Weasley zugewandt, und hatte längst kein Ohr mehr für Percy. "Ich finde wir sollten langsam nach oben," murmelte Ron und zerrte Harry vom Tisch weg. Warum er das tat, war Harry völlig unklar, denn Ron hatte noch ein ganzes Salamibrot vor sich liegen. Raus aus der Küche, hörte Harry gerade noch wie das Gespräch lauter wurde und alle die noch in der Küche saßen sich daran beteiligten. Er hörte "Lieber nicht," und "Leichtsinnig," doch dann waren sie schon zu weit weg. "Was sollte das, Ron?" "Nichts..." "Wieso zerrst du mich von eurem Esstisch weg, obwohl -..." "Ich bin schon totaal müüde!" (Ron gähnte sehr geschauspielert.) "Wenn du müde bist, ist mir das egal. Ich hätte mich noch unterhalten können!" "Wir brauchen ein wenig Schlaf." Er machte die Tür des Dachzimmers auf und ließ Pigwidgeon und Hedwig aus den Riesenkäfigen. Dann öffnete er das Fenster. Die beiden Eulen flogen etwa zwei Meter vor dem offenen Fenster hin und her, als gäbe es kein größeres Vergnügen. Harry hatte inzwischen keine Lust mehr mit Ron zu diskutieren und legte sich ohne auch nur ein Wort zu sagen ins Bett und schlief ein.
"Harry, Ron, lange nicht gesehen, was?" Hermine raffte sich vom Küchentisch der Weasleys auf (vor ihr lag drei Meter Pergament und Geschichte der Magie Bd.4) und umarmte die beiden. Harry schaute auf Rons Armbanduhr. Viertel nach elf. Und Hermine schien schon eine längere Zeit da zu sein. "Wie lange bist du denn schon hier?" fragte er. "Schon etwas länger. Ich habe die Zeit aber sinnvoll genutzt und noch die letzten Hausarbeiten erledigt." Betont beiläufig deutete sie auf die Fensterbank, auf der ein zwei Meter Pergament, beschrieben mit grüner Tinte, lag. "Aber nicht anfassen, es ist noch nicht ganz trocken. Denn ihr wisst ja, Professor McGonagall mag keine Schmierereien." "Hast du schon den Brief von Hogwarts bekommen?" fragte Ron, sehr wahrscheinlich um vom Thema "Schmierereien" abzukommen. Hinter ihnen fuhr Mrs Weasley hoch. "Ach Hermine, ich hätte doch glatt vergessen, ihn dir zu geben!" sie gab Hermine den gleichen Brief den Harry und Ron vor zwei Tagen bekommen hatten. Hermine riss den Brief ohne Rücksicht auf Verluste auf und laß ihn in einer Rekordzeit durch. "Wie bitte," schrie sie, "wieder Wahrsagen bei dieser Trelawney-Kuh? Ohne mich, die spinnen ja wohl!" Ron
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und Mrs Weasley hatten sich während Hermines kleinem Wutanfall die Ohren zugehalten, doch sie fing sich wieder recht schnell. "Super. Das bedeutet wohl nur allerhöchstens sieben ZAGs..." "Vielleicht solltest du die Bücherliste mal genauer betrachten," meinte Ron, "das Buch zu Wahrsagen ist von Gilderoy Lockhart." Harry meinte zu sehen, das ein klitzekleines Lächeln über Hermines Gesicht huschte, bevor sie bierernst antwortete: "Na und? Wir benutzen in Wahrsagen keine Bücher, das habt ihr mir selber gesagt!" Das Ron nun am liebsten einen fiesen Spruch über Hermines Vorliebe für gutaussehende Autoren losgelassen hätte, war ihm unschwer anzusehen. Harry versuchte etwas abzulenken. "Wie bist du überhapt hierhergekommen?" "Sehr wahrscheinlich genauso wie du," antwortete Hermine kühl, "mit dem Dienstwagen von Rons Vater." "Und was ist mit Victor Krum? Warst du in den Ferien bei ihm?" Hermines immoment sehr eisiges Gesicht würde noch kälter. "Er hat eine Freundin, er hat mich angerufen." Das hatte Harry natürlich nicht gewollt. Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt angelangt und Hermine den Tränen nahe. Der einzige der noch halbwegs grinste war Ron. "Ich wusste, er war nichts für dich. Eben nur ein guter Sportler." sagte er und klopfte ihr aufmunternt auf die Schulter. Mrs Weasley warf ihr einen mitleidigen Blick zu. "So. Aber jetzt geht. Ich muss noch die Hausaufgabe in Geschichte machen." Hermines Stimme hatte wieder den üblichen Ton angenommen, während sie dies sagte schickte sie Harry und Ron hinaus in den Flur. Die beiden setzten sich ins Wohnzimmer, wo Ginny und Fred "Snape explodiert" spielten. Es ging um eine Tüte Berty Botts Bohnen. Harry und Ron sahen ihnen eine Weile zu, dann sagte Harry, nur so das es Ron hören konnte: "Hermine tut mir richtig Leid, dir auch?" Doch zu spät. Ginny hatte genau gehört was er gesagt hatte. "Warum tut euch Hermine Leid?" "Was, wovon redest du?" versuchte Ron seine Schwester vom Thema abzubringen. "Ihr habt doch gerade gesagt..." "Ginny du bist dran!" sagte Fred. Sie legte eine Karte ab und wandte sich gleich wieder Harry zu. "Was ist mit ihr?" "Ähm..." Harry versuchte eine Ausrede zu finden, denn Ginny sollte nichts davon mitbekommen, fand er. "Hermine muss zum Wahrsageunterricht und das passt ihr gar nicht." sagte Ron plötzlich. Gelogen war das nicht, dachte Harry, aber das mit Victor Krum machte ihr dann doch mehr Sorgen. "Oh, die Arme!" sagte Fred mit gespieltem Mitleid. Ron lachte. Harry nicht. Damit die beiden nicht noch mehr mitbekamen, wechselten sie schnell das Thema. "Wie konnte Lockhart bloß sein Gedächtnis wiederbekommen? Er hat sich mit meinem kaputten Zauberstab doch selbst ins Aus befördert, weißt du noch?" Harry nickte und dachte nach. "Wenn er eine gute Krankenschwester, so etwas wie Mrs Pomfrey gefunden hat, dann..." "Oh nein, und ich hatte gedacht diesen Idiot wären wir nun für immer los!" "Ich auch," antwortete Harry; "stell dir vor, -..." "Ich habe alles erledigt, und ihr habt sicher hunger, oder?" Es war Hermine die ihren Kopf zur Wohnzimmertür hereinstreckte. Sie winkte Harry und Ron zu sich, und obwohl nur für die beiden gedacht, kamen Ginny und Fred hinterher.
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Lockharts Rückkehr
Nach dem Essen machten sich Mrs Weasley, Harry, Ron, Hermine und Ginny auf den Weg zur Winkelgasse. "Also, wir brauchen Bücher, Pergament..." versuchte Hermine aufzuzählen. "Ich weiß, was ich brauche!" sagte Ron genervt und äffte Hermine nach: "Wir brauchen dies, wir brauchen das..." Harry räusperte sich während Hermine leicht säuerlich dreinsah. "Sorry aber, wozu ist das bitteschön gut, wenn du bereits sagst, was wir brauchen?" Ron zog einen langen Zettel aus seiner Hosenasche, der silbern schimmerte."Und was ist das?" fragte Hermine, als käme es vom anderen Stern. Ginny grinste, sehr wahrscheinlich, weil sie die Antwort schon lange kannte. "Das," sagte Ron wichtigtuerisch, "ist ein Einkaufserinnerungszettel, kurz EEZ." Hermine machte leise "Aha!", als wäre das die tollste Erfindung seit Zauberstäben. Harry wusste nicht, was daran so besonders sein sollte, Einkaufszettel kannte er auch schon von Tante Petunia. "Darüber habe ich gelesen, ich denke das war in der dritten Ausgabe von Flourish Total und sie, also die EEZs verwandeln - ..." "...sich in Heuler, wenn man etwas vergisst einzukaufen!" ergänzte Mrs Wealsley Hermines angebrochenen Satz. "Wie kommen wir eigentlich zur Winkelgasse?" fragte Harry interessiert. "Äh, wir werden einen Portschlüssel nehmen müssen." antwortete Mrs Weasley und lächelte verlegen. Harry schluckte. Er war wirklich nicht scharf darauf, so schnell wieder einen zu benutzen. Denn der Pokal ders trimagischen Tuniers entpuppte sich auch als Portschlüssel, und er hatte Harry an einen Ort gebracht, den er nicht so schnell vergessen würde. Er lächelte dennoch freundlich zurück und ließ sich seine Anspannung nicht anmerken. Hermine jedoch schien zu wissen was in ihm vorging und warf ihm einen letzten aufmunternden Blick zu. Dann gingen sie die Tür des Fuchsbaus hinaus. "Was für ein herrlicher Tag!" gähnte Ron, während er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Die Sonne schien warm und wärmte Harrys Gesicht Er sog die blumig duftende Sommerluft ein, als er Ginny hinter sich sagen hörte: "Hast du auch wirklich alles aufgeschrieben, Ron? Ich meine, wenn etwas fehlt dann nützt der EEZ ja gar nichts!" "Natürlich habe ich das, du Nase! Ich bin ja nicht so vergesslich wie du." Ginny hob drei Kieselsteine auf und warf sie in Rons Richtung. Dieser maulte auf und wollte gerade zu Ginny stürmen, da unterbrach Mrs Weasley die beiden. "So, jetzt ist aber gut!", sagte sie, "hier, das wäre der Portschlüssel." Sie deutete auf eine alte Katzenfutterdose. In dem Moment fiel Harry Krummbein, Hermines Katze, ein. Er sagte jedoch nichts, sondern lauschte weiterhin Mrs Weasley. "Jeder fasst den Portschlüssel an, wenn ich bei drei bin." Harry und die anderen starrten Rons Mutter an. "Eins,...zwei,...zweieinhalb,...zweizehnelftel,...drei!" Harry fasste die Katzenfutterdose an irgendeinem Punkt an und hoffte, das sie bald in der Winkelgasse sein würden. Er verlor den Boden unter den Füßen und schwebte für ein paar Momente. Nach etwa acht Sekun-
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den landeten die fünf unsanft mitten in der Winkelgasse, die erstaunlich leer war. Ginny verzog vor schmerzen das Gesicht, sie war wohl sehr unglücklich auf dem Po gelandet. Während Hermine besorgt "Geht's noch?" fragte, hatte Ron nur ein "Stell' dich nicht so an!" für sie übrig. "Also ich schlage vor, wir gehen zuerst zu Flourish & Blotts, eure Bücher kaufen." sagte Mrs Weasley laut und bestimmt. Ginny guckte ein wenig ärgerlich. Man konnte es verstehen, denn sie würde nur ein neues Buch kriegen, das Arinthmatikbuch, weil das von Percy bereits ziemlich abgegriffen war. Den Rest der Bücher vererbte ihr Ron. Hermine hatte währenddessen ihren Geldbeutel aus ihrer Umhangstasche gezogen und zählte die Galleonen. So weit Harry sehen konnte waren es etwa zwanzig. Langsam schlenderten sie durch die Gasse, in Richtung des Buchgeschäftes. Harry erspähte plötzlich eine Menge Leute vor Flourish & Blotts, alle drängelten und wollten in das Geschäft hinein. "Was ist denn da los?" fragte er mehr sich selbst als die anderen. Trotzdem antworteten Ron und Ginny wie im Chor: "Keine Ahnung!" Hermine wahr neugierig geworden und lief nun mit in die Höhe gestrecktem Kopf und auf Zehenspitzen. Als sie fast schon vor dem Geschäft standen, tönte eine mit dem Sonorus-Spruch verstärkte Stimme, die einem dicken, bärtigen Mann gehörte: "Langsam, langsam, jeder wird ein Exemplar dieses begehrten Buch bekommen! Schüler sind natürlich bevorzugt, sie brauchen es ja für die Schule, nicht?" Harry wusste nicht warum, aber ihm kam die Stimme des Mannes vertraut und freundlich vor. "Ich ahne etwas!" meinte Hermine plötzlich vielversprechend, und Harry hätte gerne gewusst was.
Ein breites Lächeln huschte über Harrys Gesicht, als der Dienstwagen von Mr Weasley vor dem Fuchsbau zum stehen kam. Endlich, nach viereinhalb unerträglichen Wochen bei den Dursleys war er wieder da wo er hingehörte: in der Zauberwelt. Harry starrte auf den Fuchsbau und dachte dabei direkt an die ganze Familie Weasley, die vom Autofenster aus allerdings nicht zu sehen war. "Danke!" sagte Harry zu Mr Weasley, der sich gerade abschnallte. "Zu danken hast du mir nicht. Im Gegenteil...du dürftest sauer auf uns sein..." er drehte sich nach hinten zu Harry, der auf dem Rücksitz saß. "Wir haben dich über vier Wochen bei diesen, diesen... Dursleys gelassen, obwohl immoment gar kein Grund zur Panik herrscht, wenn du verstehst was ich meine." Harry nickte, natürlich verstand er was Mr Weasley meinte. Doch angesichts der Schweißperlen auf dessen Stirn war sich Harry nicht ganz sicher, ob wirklich kein Grund zur Panik herrschte. Wieso musste er auch in mitten einer Muggelstadt leben, in der es keine Möglichkeit gab sich über die Zauberwelt zu informieren? Wenn er doch nur über alles bescheid wüsste, was im letzten Monat geschehen war. Die hintere Autotür wurde mit einem Ruck von außen aufgemacht. Ein sommerprossiger Rotschopf strahlte ins hintere innere des Wagens. Es war Ron Weasley, Harrys bester Freund. "Ron!" rief Harry, als wäre sein Freund einige hundert Meter von ihm entfernt. "Hallo Harry, schön dich wiederzusehen!" sagte Ron. Harry stieg aus dem Auto und beide umarmten sich brüderlich. Nun stieg auch Mr Weasley aus dem Wagen und strahlte die beiden fröhlich an. Seine nervösität war ihm nicht abzusehen. "Wo ist eigentlich Ginny?" fragte Harry, als er das einzige Mädchen der Weasleys nirgends sah. Ansonsten war sie immer halb fröhlich, halb verlegen auf Harry zugestürmt und hatte ihn freudig begrüßt, wenn er kam. "Ginny hat eine ansteckende Grippe, da hilft kein Rezept aus einem Zauberbuch. Nur das Fieber kann man mit `nem Eiszauber kühlen, das macht Mum." erklärte Ron. "Aha," sagte Harry, "und wie geht es ihr heute?" "Geht so." sagte Ron, "das ist auch der Grund warum Hermine erst in zwei Tagen kommt." Harry nickte. "Wollen wir nicht langsam reingehen?" fragte er vorsichtig, doch Ron lachte und sagte ja. Mr Weasley trug Harrys schwere Koffer in den Fuchsbau. Nur Hedwig war nicht dabei - ihr Käfig tronte auf einem riesigen, schwarzen Koffer, in dem Harry alle seine Zaubersachen aufbewahrte. "Ist Hedwig schon angekommen?" fragte Harry während sie die Treppen zum Fuchsbau emporstiegen. "Jap," erwiderte Ron, "gestern Abend. Wir mussten sie erstmal aufpäppeln! Stell dir mal vor, Fred und George haben ihr so`n teures Eulenfutter gekauft, Pig mag das auch ganz gerne." Harry wusste, warum Fred und George nun nicht mehr so sparsam sein mussten, denn er hatte den beiden 1000 Galleonen geschenkt, das Preisgeld für das Trimagische Tunier, das er letztes Jahr unter Umständen gewonnen hatte. Ron und die anderen Weasleys wussten nichts von Harrys großzügigkeit.
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Ron öffnete die Fuchsbautür. Kaum hatte er dies getan, schlug Harry ein wunderbarer Duft von Obstkuchen in die Nase. Mrs Weasley stand kurz darauf im Türrahmen. "Harry, lass dich umarmen!" sagte sie und tat es. Harry war wenig überrascht über diese rasche Begrüßung. Dann fragte er: "Wo ist Hedwig?" "Warte, ich zeig' sie dir!" rief Ron und schliff Harry mit nach oben. Aus dem Augenwinkel sah Harry noch, wie Mr Weasley seine vielen Koffer samt Hedwigs Käfig im Flur abstellte und sich sofort etwas lauter mit Mrs Weasley zu unterhalten begann. "Ich hab' nicht gesagt das du mich sofort auf der Stelle zu Hedwig bringen sollst, ich wollte nur wissen wo sie ist!" sagte Harry als Die Weasley-Eltern außer Hörweite waren. Ron stotterte nur ein wenig herum, von wegen "Hedwig hat dich sicher schon vermisst" und ging einen Schritt schneller. Harry hielt mit ihm Schritt und meinte: "Hedwig vermisst mich nicht wenn sie mich zwei Tage nicht sieht. Sie ist eine Briefeule, wir sehen uns sowieso nicht allzu oft!" Diesmal antwortete Ron gar nichts und ging noch schneller, besser gesagt er rannte fast die Treppe hoch. Vorbei an Ginnys Zimmer, bei dem man beim vorbeirennen ein leises hüsteln hören konnte, waren sie ganz oben angekommen. "Kannst du mir mal sagen warum wir so gespurtet sind?" fragte Harry während er Hedwig im Zimmer suchte. "Ähm," setzte Ron an, "der Käfig da vorne unter meinem Hogwartsumhang!" Harry riss den Umhang von dem Käfig und blickte in Hedwig verschlafen blinzelndes Gesichts. Sie saß in einem gut erhaltenen Aluminiumkäfig, während der schlafende Pigwidgeon, Rons Eule, in einem rostigen verbeulten Eisenkäfig hockte. Die Näpfe beider Eulen waren reich mit dem gleichen Körnerfutter gefüllt. "Okay, ich finde Pigwidgeon, äh, Pig kriegt diesen Käfig," Harry deutete auf den Alukäfig, "und Hedwig ihren alten. So haben beide einen schönen Käfig!" "Nicht nötig!" Ron und Harry schreckten auf. Fred und George kamen in das Dachzimmer gestürzt und jeder hatte einen riesigen Eulenkäfig in der Hand, wohl beide mit gold überzogen. "Wisst ihr, wir waren in der Winkelgasse," sagte Fred, "wo wir Schulsachen, na ja, und natürlich ein paar nette Zutaten für unsere Scherzartikel gekauft haben..." "Und," ergänzte George, "dort sahen wir diese netten Sachen im Schaufenster. Maxi-Eulenkäfige für nur eine Galleone und zwei Sickel das Stück!" Fred drückte Harry und George Ron einen Käfig in die Hand. Harry strahlte, er war froh das die Zwillinge nun reich waren und ihr Geld für Scherzartikel ausgaben, wie er es ihnen geraten hatte, aber auch für andere. "Woher habt ihr das Geld?" fragte Ron sofort. "Weißt du, mit der Kanarienkrem konnten wir letztes Jahr unseren Verlust an Bagman wieder fast wett machen, aber nun haben wir schon einige Scherztrompeten verkauft, sieben Sickel das Stück, aber dazu später mehr." erklärten Fred und George im Wechsel und verließen das Zimmer. "Ich wusste doch das die etwas in ihrem Werkraum aushecken!" sagte Ron und schloß die beiden Fenster zu. Dann nahm er Pigwidgeon aus dem alten Kafig und setzte
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ihn in den neuen, mehr als doppelt so großen. Harry tat es ihm gleich. Ihm viel auf das Pigwidgeon nun viel weniger schrie und zeterte als gewöhnlich. "Ich habe hunger, komm lass uns erst die alten Käfige in den Keller bringen und dann Kuchen essen." schlug Ron vor. Gesagt, getan. Harry und Ron nahmen die beiden kleinen Käfige in die Hand und verließen das Dachzimmer. "Gehört dieser Käfig nicht eurer Familieneule Errol?" fragte Harry beim hinuntergehen der unendlich vielen Treppen und deutete auf den Aluminiumkäfig in seiner Hand. "Ja, aber Errol lebt immoment auf einer Holzstange in Percys Zimmer," antwortete Ron, "angeblich fühlt er sich da total wohl, meint zumindest Percy, ich weiß es nicht - schließlich betrete ich dieses Zimmer höchstens einmal im Monat." Er pfiff durch die Zähne als würde er es dem schlauen und gesetzestreuen Percy nicht zutrauen eine Eule wie Errol zu pflegen. Plötzlich hörte Harry wieder nervöses und nicht gerade leises Gerede von Mr und Mrs Weasley, die immernoch im Flur vor der Tür standen. Als Harry und Ron die drittletzte Stufe erreicht hatten, hörten sie schlagartig auf zu sprechen und gingen in die Küche wo sie sich etwas gedämpfter weiter unterhielten. Ron zuckte mit den Schultern und Harry fand das seine ahnungslosigkeit etwas gespielt aussah, sagte aber nichts. Stattdessen nahm er im vorbeigehen gleich auch noch Hedwigs eigenen alten Käfig, der noch auf seinem Koffer stand, mit in den Keller. "Wieviel Kuchen möchtest du?" fragte Mrs Weasley grinsend. "Ein kleines." antwortete Harry. "Nicht so bescheiden," meinte Mrs Weasley, "hier, ein nettes mittelgroßes Stück!" Harry fielen fast die Augen aus, als er es sah. Fast ein viertel des Obstkuchens prangte auf seinem nicht gerade großen Teller. Auch Ron bekam nicht viel weniger an Kuchen. "Ihr könnt gleich für die anderen mitessen!" lachte Mr Weasley als er Ron und Harry reinhauen sah. Er hatte Recht, Bill und Charlie (Harry hatte sie letztes Jahr nur wegen der Quidditch-Weltmeisterschaft kennengelernt) waren wieder beruflich unterwegs, Percy vergrub sich in seinem Zimmer und arbeitete, Fred und George bastelten wohl an Scherzartikeln und Ginny hatte etwas ansteckendes, so konnte Hermine erst übermorgen kommen, weil sie sich ja ein Zimmer mit ihr teilen musste. Harry hatte fast aufgegessen, als er drei versiegelte Umschläge am anderen Ende des Küchentisches erspähte. "Das sind die Hogwarts-Briefe für alle Fünftklässler. Ich habe Professor McGonagall erzählt das Hermine in den den Sommerferien zu uns kommt, also hat sie ihren Brief hier hin geschickt." Mrs Weasley drückte den beiden jeweils einen Brief in die Hand.
Lieber Hogwartsschüler! Leider müssen wir den Schülern des fünften Jahres in unserer Schule mitteilen, dass die Fächer Muggelkunde und Zauberkunst dieses Jahr nicht unterrichtet werden sollen. Deswegen wurde eine kleine Änderung am Stundenplan der Fünftklässler vorgesehen:
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JEDER Schüler des fünften Jahres wird in Arinthmatik und Wahrsagen unterrichtet. Bei diesen beiden Fächern wird ein spezieller Kurs vorgesehen, so kann niemand der schon vorher mit einem oder beiden Fächern zu tun hatte, mit besonderem Wissen glänzen. Nun die Bücherliste:
Die besten Gebräue unserer Zeit - Dinska Diskus Geschichte der Magie Bd. 5 - Bathilda Bagshot Verwandlung für fast Profis - Tequila Quismann Sagen sie wahr, und zwar richtig - Gilderoy Lockhart Pflege magischer Geschöpfe (Begleitband) - Rums Dadum Arinthmatik Kursbuch - Bittsy Sebsis Magische Kräuter der ganzen Welt - Saffa Doloris Verteidigung gegen die dunklen Schatten - Timothy Teffner
Mit freundlichen grüßen
Minerva McGonagall (stlv. Schulleiterin)
"Arinthmatik! Sogar Hermine sagte immer es sei etwas kompliziert! Wie sollen wir dann da durchkommen, wir hatten es noch nie!" sagte Ron ziemlich sauer und faltete den Brief zurück in den Umschlag. "Vielleicht solltest du den Brief etwas genauer lesen. Hier steht nämlich, dass niemand einen Vorteil hat!" "Oh mein Gott!" rief Ron und deutete auf die Bücherliste in Harrys Brief, "'Sagen sie wahr, und zwar richtig' ist von Lockhart!" Nun sah es auch Harry. Er hatte sich nur die Titel der Bücher durchgelesen, die Autoren interessieten ihn eigentlich nie. "Na und? Vielleicht ist es ein älteres Buch!" "Aber du weißt doch, Dumbledore will, dass wir immer die aktuellsten Bücher haben!" "Und wenn seit drei Jahren keiner mehr ein Wahrsage Buch geschrieben hat, dann wäre es das aktuellste!" "Deswegen hatten wir und die fünftklässler letztes Jahr auch die druckfrischten Exemplare, und haben sie nicht benutzt!" Ron war sich sicher das Lockhart wieder unter die Schulbuchautoren gegangen war, und ihm wäre es lieber wenn dies nicht so wäre. "Beruhige dich! Im zweiten Schuljahr waren alle unsere Bücher von ihm!" "Jetzt hör' bloß auf mit ,Lockhart ist ja gar nicht so schlimm!'" "Was ist denn schon dabei wenn wir ein Buch von ihm haben, was wir eh nicht benutzen!" "Ich hasse diesen Schnösel, hinterher taucht er wieder an der Schule auf und unterrichtet!" Stille trat ein. Harry erinnerte sich an den Rest vom zweiten Schuljahr, wo Lockhart Harry und Ron einen Amnesie-Zauber anhängen wollte. Kurz danach war er untergetaucht und nicht mehr gesichtet worden. Schade, fand Hermine, zum Glück, fand Ron. Daran hat sich bis heute
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zumindest bei Ron nichts geändert. "Die einzige die das freuen wird ist Hermine," meinte Ron, "die wurde es auch gut finden wenn wir Lockhart wieder in Verteidigung gegen die dunklen Künste bekommen würden!" "Quatsch, Ron, wir bekommen doch den echten Moody!" "Sicher das der schon wieder fit ist? So wie der zugerichtet war?" Harry zuckte mit den Schultern und gähnte. Ehrlich gesagt hatte er gar keine Lust den echten Mad-Eye Moody in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu bekommen. Die Vielsafttrank-Kopie, der junge Barty Crouch, hatte sich letztes Schuljahr erst bei Harry eingeschleimt um ihn dann umbringen zu wollen. Hoffentlich war der echte Moody ein besserer Mensch, dachte Harry. "Sollen wir nicht langsam schlafen gehen?" fragte Ron ihn. Harry nickte und sie gingen nach oben ins Dachzimmer.
Sie mussten ewig geschlafen haben, als eine starke Brise durch das größere Fenster zog, das Harry vor dem einschlafen aufgemacht hatte. Fred und George (eigentlich grundsätzliche Langschläfer) waren nicht mehr in ihren Betten und Pigwidgeon machte einen unerträglichen Lärm. "Wie hast du Hedwig nur so gut erzogen?" fragte Ron verschlafen und warf sein Kopfkissen an Pigwidgeons Käfig, der fast von dem kleinen Hocker fiel, auf den er gestellt war. "Lass den armen kleinen doch mal inruhe!" "Warum?" "Weil man das nicht mit kleinen Eulen macht!" "Aber mit großen." Ron griff ein zweites Kissen und wollte es zu Hedwig werfen. "Nein! Stop!" Harry riss ihm das Kissen aus der Hand und kicherte. Dann gingen sie nach unten. "Frühstück kann man das echt nicht nennen, eher Spätstück!" lachte Ron und zeigte auf die Wanduhr im Flur vor dem Dachzimmer. Sie zeigte fünf nach eins. Ron und Harry gingen die Stufen hinunter vorbei an Fred und Georges Arbeitzimmer, das eigentlich Bills Zimmer war ("Wenn ihnen da ein kleiner Zauberunfall passiert, ist es auch egal - Bill ist ja eh nie da"), an Percys Arbeits- und Schlafzimmer und an Ginnys Zimmer, aus dem Mrs Weasley gerade mit unangerührtem Frühstück kam. "Wollt ihr frühstücken oder lieber direkt Mitagessen?" "Was gibt's denn?" fragte Ron. "Gemüseeintopf selbstgemacht!" antwortete Mrs Weasley ein bisschen stolz, "Aber ihr müsst noch etwas warten!" Das sagte sie in einem Tonfall, der Harry und Ron gar nichts anderes übrig ließ als von dem Gemüseeintopf zu essen. Doch vorest rannten sie nochmal die Treppen hoch um sich anzuziehen. Da es mit dem Eintopf noch ein bisschen dauern würde, setzten sich Harry und Ron ins Wohnzimmer wo sie sich erst unterhielten, bis Harry den Tagespropheten auf dem Wohnzimmertisch entdeckte. Er nahm ihn in die Hand und sah das es nicht der neueste war - vom 5. Juli, aber besser als nichts - schließlich wusste Harry nicht im geringsten was in den letzten viereinhalb Wochen in der Zauberwelt vor sich gegangen war. Ron sah
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nicht gerade begeistert aus als Harry die Seiten durchblätterte. Harry wusste natürlich warum. "Da steht nichts besonderes drin." versuchte Ron ihn abzulenken. Es stand wirklich nichts besonders drin. Zu Harrys beruhigung hatte Voldemort niemanden mehr umgebracht oder entführt, es stand jedenfalls nicht in der Zeitung, und Rita Kimmkorn hatte beim Tagespropheten wohl auch nichts mehr zu melden. "Guck mal, ein Bericht über die Kesseldebatte!" Harry zeigte mit dem Finger auf ein kleines Bild auf der dritten Seite. "Wow, über Percy wird ja richtig viel geschrieben!" kichterte Ron mit ironischem Unterton, als er die wenigen Sätze des Artikels gelesen hatte. Percy war weder auf dem Foto zu sehen noch wurde über seinen Bericht geschrieben. "Haben die sich eigentlich geeinigt, ich meine was die Dicke eines Kessels betrifft?" fragte Harry, weil in dem Mini- Artikel nichts genaues stand. "Ja, Percy laberte irgendwas von Richtmaßen und harten Strafen, für Leute die zu dünne Kessel herstellen." Viel hatte Harry dieser Tagesprophet ja nicht gebracht. Wenigstens wusste er jetzt, das Percy immernoch nicht den Status hatte den er gerne haben wollte: Angesehener Mitarbeiter oder Abteilungsleiter im Zaubereiministerium. "Ihr zwei könnt jetzt Essen!" rief Mrs Weasley aus der Küche.
Der Tag verlief ansonsten relativ ruhig. Harry und Ron hatten sich nach dem Essen in den Garten gesetzt, beobachteten einen Jobberknoll (ein kleiner, nicht weiter gefährlicher Zaubervogel) und machten ihre Hausaufgaben in Wahrsagen, Fred und George ließen sich den ganzen Tag nicht blicken, Percy hielt ihnen am späten Nachmittag einen Vortrag zum Thema "So behandle ich magische Geschöpfe respektvoll" und gegen Abend kam Ginny zum ersten mal seit Tagen aus ihrem Zimmer. Sie sah sehr blass aus und war ein bisschen traurig, dass Hermine noch nicht da war. Beim Abensbrottisch waren sie zu acht, weil Fred und George sich doch noch von Ron überreden ließen, etwas zu essen. "Morgen, wenn Hermine da ist," sagte Mrs Weasley und richtete ihren Zauberstab auf die riesige Teekanne, "gehen wir gemeinsam zur Winkelgasse." Dann lenkte sie die Teekanne zu den einzelnen Gläsern und ließ die Kanne den Tee einschenken. "Ganz gemeinsam wird wohl nicht gehen," sagte George. Fred ergänzte: "Wir haben noch ziemlich viel zu tun, Hausaufgaben und so, und außerdem waren wir schon mal da!" "Na gut, dann gehe ich eben mit Harry, Ginny, Hermine und Ron alleine." Dann richtete sie ihren Zauberstab auf den Wurstteller neben dem Vorratsschrank und ließ mitten auf den Esstisch schweben. Alle langten gut zu. Bis auf Ginny. Sie würgte mit mühe und Not ein Käsebrot hinunter und nippte dann an einem Kräutertee, der entsetztlich stank. "Das ist Hüpfkrauttee," erklärte Ron, der Harrys Naserümpfen bemerkt hatte. "Ein ganz neues Zeug, was man noch vor einigen Jahren als giftig empfunden hatte. Dank bester Prüfungen dieses Krautes, auch durch Professor Sprout, konnte dies nicht nachgewiesen werden - ..." "Ruhe Percy!" Typischerweise hatte dieser Rons Bemerkung ein bisschen
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ausgeweitet und war damit nicht auf interessierte Gesichter gestoßen. Nicht nur Fred und George verdrehten die Augen. "Ich denke so genau wollte es Harry auch nicht wissen!" sagte Ginny an ihren drittgrößten Bruder gewandt. Percy war ein bisschen blass geworden und murmelte was von "Aktuelles Allgemeinwissen..., sehr wichtig..., keine Ahnung..." Das Mädchen hatte sich jedoch wieder einem anderen Gespräch zwischen George und Mrs Weasley zugewandt, und hatte längst kein Ohr mehr für Percy. "Ich finde wir sollten langsam nach oben," murmelte Ron und zerrte Harry vom Tisch weg. Warum er das tat, war Harry völlig unklar, denn Ron hatte noch ein ganzes Salamibrot vor sich liegen. Raus aus der Küche, hörte Harry gerade noch wie das Gespräch lauter wurde und alle die noch in der Küche saßen sich daran beteiligten. Er hörte "Lieber nicht," und "Leichtsinnig," doch dann waren sie schon zu weit weg. "Was sollte das, Ron?" "Nichts..." "Wieso zerrst du mich von eurem Esstisch weg, obwohl -..." "Ich bin schon totaal müüde!" (Ron gähnte sehr geschauspielert.) "Wenn du müde bist, ist mir das egal. Ich hätte mich noch unterhalten können!" "Wir brauchen ein wenig Schlaf." Er machte die Tür des Dachzimmers auf und ließ Pigwidgeon und Hedwig aus den Riesenkäfigen. Dann öffnete er das Fenster. Die beiden Eulen flogen etwa zwei Meter vor dem offenen Fenster hin und her, als gäbe es kein größeres Vergnügen. Harry hatte inzwischen keine Lust mehr mit Ron zu diskutieren und legte sich ohne auch nur ein Wort zu sagen ins Bett und schlief ein.
"Harry, Ron, lange nicht gesehen, was?" Hermine raffte sich vom Küchentisch der Weasleys auf (vor ihr lag drei Meter Pergament und Geschichte der Magie Bd.4) und umarmte die beiden. Harry schaute auf Rons Armbanduhr. Viertel nach elf. Und Hermine schien schon eine längere Zeit da zu sein. "Wie lange bist du denn schon hier?" fragte er. "Schon etwas länger. Ich habe die Zeit aber sinnvoll genutzt und noch die letzten Hausarbeiten erledigt." Betont beiläufig deutete sie auf die Fensterbank, auf der ein zwei Meter Pergament, beschrieben mit grüner Tinte, lag. "Aber nicht anfassen, es ist noch nicht ganz trocken. Denn ihr wisst ja, Professor McGonagall mag keine Schmierereien." "Hast du schon den Brief von Hogwarts bekommen?" fragte Ron, sehr wahrscheinlich um vom Thema "Schmierereien" abzukommen. Hinter ihnen fuhr Mrs Weasley hoch. "Ach Hermine, ich hätte doch glatt vergessen, ihn dir zu geben!" sie gab Hermine den gleichen Brief den Harry und Ron vor zwei Tagen bekommen hatten. Hermine riss den Brief ohne Rücksicht auf Verluste auf und laß ihn in einer Rekordzeit durch. "Wie bitte," schrie sie, "wieder Wahrsagen bei dieser Trelawney-Kuh? Ohne mich, die spinnen ja wohl!" Ron
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und Mrs Weasley hatten sich während Hermines kleinem Wutanfall die Ohren zugehalten, doch sie fing sich wieder recht schnell. "Super. Das bedeutet wohl nur allerhöchstens sieben ZAGs..." "Vielleicht solltest du die Bücherliste mal genauer betrachten," meinte Ron, "das Buch zu Wahrsagen ist von Gilderoy Lockhart." Harry meinte zu sehen, das ein klitzekleines Lächeln über Hermines Gesicht huschte, bevor sie bierernst antwortete: "Na und? Wir benutzen in Wahrsagen keine Bücher, das habt ihr mir selber gesagt!" Das Ron nun am liebsten einen fiesen Spruch über Hermines Vorliebe für gutaussehende Autoren losgelassen hätte, war ihm unschwer anzusehen. Harry versuchte etwas abzulenken. "Wie bist du überhapt hierhergekommen?" "Sehr wahrscheinlich genauso wie du," antwortete Hermine kühl, "mit dem Dienstwagen von Rons Vater." "Und was ist mit Victor Krum? Warst du in den Ferien bei ihm?" Hermines immoment sehr eisiges Gesicht würde noch kälter. "Er hat eine Freundin, er hat mich angerufen." Das hatte Harry natürlich nicht gewollt. Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt angelangt und Hermine den Tränen nahe. Der einzige der noch halbwegs grinste war Ron. "Ich wusste, er war nichts für dich. Eben nur ein guter Sportler." sagte er und klopfte ihr aufmunternt auf die Schulter. Mrs Weasley warf ihr einen mitleidigen Blick zu. "So. Aber jetzt geht. Ich muss noch die Hausaufgabe in Geschichte machen." Hermines Stimme hatte wieder den üblichen Ton angenommen, während sie dies sagte schickte sie Harry und Ron hinaus in den Flur. Die beiden setzten sich ins Wohnzimmer, wo Ginny und Fred "Snape explodiert" spielten. Es ging um eine Tüte Berty Botts Bohnen. Harry und Ron sahen ihnen eine Weile zu, dann sagte Harry, nur so das es Ron hören konnte: "Hermine tut mir richtig Leid, dir auch?" Doch zu spät. Ginny hatte genau gehört was er gesagt hatte. "Warum tut euch Hermine Leid?" "Was, wovon redest du?" versuchte Ron seine Schwester vom Thema abzubringen. "Ihr habt doch gerade gesagt..." "Ginny du bist dran!" sagte Fred. Sie legte eine Karte ab und wandte sich gleich wieder Harry zu. "Was ist mit ihr?" "Ähm..." Harry versuchte eine Ausrede zu finden, denn Ginny sollte nichts davon mitbekommen, fand er. "Hermine muss zum Wahrsageunterricht und das passt ihr gar nicht." sagte Ron plötzlich. Gelogen war das nicht, dachte Harry, aber das mit Victor Krum machte ihr dann doch mehr Sorgen. "Oh, die Arme!" sagte Fred mit gespieltem Mitleid. Ron lachte. Harry nicht. Damit die beiden nicht noch mehr mitbekamen, wechselten sie schnell das Thema. "Wie konnte Lockhart bloß sein Gedächtnis wiederbekommen? Er hat sich mit meinem kaputten Zauberstab doch selbst ins Aus befördert, weißt du noch?" Harry nickte und dachte nach. "Wenn er eine gute Krankenschwester, so etwas wie Mrs Pomfrey gefunden hat, dann..." "Oh nein, und ich hatte gedacht diesen Idiot wären wir nun für immer los!" "Ich auch," antwortete Harry; "stell dir vor, -..." "Ich habe alles erledigt, und ihr habt sicher hunger, oder?" Es war Hermine die ihren Kopf zur Wohnzimmertür hereinstreckte. Sie winkte Harry und Ron zu sich, und obwohl nur für die beiden gedacht, kamen Ginny und Fred hinterher.
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Lockharts Rückkehr
Nach dem Essen machten sich Mrs Weasley, Harry, Ron, Hermine und Ginny auf den Weg zur Winkelgasse. "Also, wir brauchen Bücher, Pergament..." versuchte Hermine aufzuzählen. "Ich weiß, was ich brauche!" sagte Ron genervt und äffte Hermine nach: "Wir brauchen dies, wir brauchen das..." Harry räusperte sich während Hermine leicht säuerlich dreinsah. "Sorry aber, wozu ist das bitteschön gut, wenn du bereits sagst, was wir brauchen?" Ron zog einen langen Zettel aus seiner Hosenasche, der silbern schimmerte."Und was ist das?" fragte Hermine, als käme es vom anderen Stern. Ginny grinste, sehr wahrscheinlich, weil sie die Antwort schon lange kannte. "Das," sagte Ron wichtigtuerisch, "ist ein Einkaufserinnerungszettel, kurz EEZ." Hermine machte leise "Aha!", als wäre das die tollste Erfindung seit Zauberstäben. Harry wusste nicht, was daran so besonders sein sollte, Einkaufszettel kannte er auch schon von Tante Petunia. "Darüber habe ich gelesen, ich denke das war in der dritten Ausgabe von Flourish Total und sie, also die EEZs verwandeln - ..." "...sich in Heuler, wenn man etwas vergisst einzukaufen!" ergänzte Mrs Wealsley Hermines angebrochenen Satz. "Wie kommen wir eigentlich zur Winkelgasse?" fragte Harry interessiert. "Äh, wir werden einen Portschlüssel nehmen müssen." antwortete Mrs Weasley und lächelte verlegen. Harry schluckte. Er war wirklich nicht scharf darauf, so schnell wieder einen zu benutzen. Denn der Pokal ders trimagischen Tuniers entpuppte sich auch als Portschlüssel, und er hatte Harry an einen Ort gebracht, den er nicht so schnell vergessen würde. Er lächelte dennoch freundlich zurück und ließ sich seine Anspannung nicht anmerken. Hermine jedoch schien zu wissen was in ihm vorging und warf ihm einen letzten aufmunternden Blick zu. Dann gingen sie die Tür des Fuchsbaus hinaus. "Was für ein herrlicher Tag!" gähnte Ron, während er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Die Sonne schien warm und wärmte Harrys Gesicht Er sog die blumig duftende Sommerluft ein, als er Ginny hinter sich sagen hörte: "Hast du auch wirklich alles aufgeschrieben, Ron? Ich meine, wenn etwas fehlt dann nützt der EEZ ja gar nichts!" "Natürlich habe ich das, du Nase! Ich bin ja nicht so vergesslich wie du." Ginny hob drei Kieselsteine auf und warf sie in Rons Richtung. Dieser maulte auf und wollte gerade zu Ginny stürmen, da unterbrach Mrs Weasley die beiden. "So, jetzt ist aber gut!", sagte sie, "hier, das wäre der Portschlüssel." Sie deutete auf eine alte Katzenfutterdose. In dem Moment fiel Harry Krummbein, Hermines Katze, ein. Er sagte jedoch nichts, sondern lauschte weiterhin Mrs Weasley. "Jeder fasst den Portschlüssel an, wenn ich bei drei bin." Harry und die anderen starrten Rons Mutter an. "Eins,...zwei,...zweieinhalb,...zweizehnelftel,...drei!" Harry fasste die Katzenfutterdose an irgendeinem Punkt an und hoffte, das sie bald in der Winkelgasse sein würden. Er verlor den Boden unter den Füßen und schwebte für ein paar Momente. Nach etwa acht Sekun-
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den landeten die fünf unsanft mitten in der Winkelgasse, die erstaunlich leer war. Ginny verzog vor schmerzen das Gesicht, sie war wohl sehr unglücklich auf dem Po gelandet. Während Hermine besorgt "Geht's noch?" fragte, hatte Ron nur ein "Stell' dich nicht so an!" für sie übrig. "Also ich schlage vor, wir gehen zuerst zu Flourish & Blotts, eure Bücher kaufen." sagte Mrs Weasley laut und bestimmt. Ginny guckte ein wenig ärgerlich. Man konnte es verstehen, denn sie würde nur ein neues Buch kriegen, das Arinthmatikbuch, weil das von Percy bereits ziemlich abgegriffen war. Den Rest der Bücher vererbte ihr Ron. Hermine hatte währenddessen ihren Geldbeutel aus ihrer Umhangstasche gezogen und zählte die Galleonen. So weit Harry sehen konnte waren es etwa zwanzig. Langsam schlenderten sie durch die Gasse, in Richtung des Buchgeschäftes. Harry erspähte plötzlich eine Menge Leute vor Flourish & Blotts, alle drängelten und wollten in das Geschäft hinein. "Was ist denn da los?" fragte er mehr sich selbst als die anderen. Trotzdem antworteten Ron und Ginny wie im Chor: "Keine Ahnung!" Hermine wahr neugierig geworden und lief nun mit in die Höhe gestrecktem Kopf und auf Zehenspitzen. Als sie fast schon vor dem Geschäft standen, tönte eine mit dem Sonorus-Spruch verstärkte Stimme, die einem dicken, bärtigen Mann gehörte: "Langsam, langsam, jeder wird ein Exemplar dieses begehrten Buch bekommen! Schüler sind natürlich bevorzugt, sie brauchen es ja für die Schule, nicht?" Harry wusste nicht warum, aber ihm kam die Stimme des Mannes vertraut und freundlich vor. "Ich ahne etwas!" meinte Hermine plötzlich vielversprechend, und Harry hätte gerne gewusst was.
