Vorwort
Diese Story ist die Übersetzung meines liebsten Stückes Slash, was ich bisher im Netz gelesen habe und immer wieder gerne lese.
Das Original ist in der Library of Moria unter "Groups" zu finden, heißt "Dark to Dawn" und wurde von Elfscribe geschrieben.
Ich habe die schriftliche Genehmigung von Elfscribe vorliegen, welche mir gestattet, dieses wunderbare Stück englischer Slashliteratur ins Deutsche zu übersetzen.
Ich danke ganz herzlich meiner Beta Becky, welche mir mit ein paar guten Gedanken die Formulierungen verbessert hat.
Übersetzungen sind nämlich gar nicht so einfach; vor allem nicht von Stücken, die man von Herzen liebt.
Und ich liebe Dark to Dawn, und darum ist es jetzt hier für Euch auch auf Deutsch. Nicht wörtlich übersetzt - aber sinngemäß, und ich hoffe, für Euch schön zu lesen.
Disclaimer
Das ist alles nicht meins, alles gehört dem enormen Künstler J.R.R. Tolkien, dessen Werk ich sehr bewundere. Vor allem die Elben gehören mir nicht. Leider. Sonst könnte ich Unmengen an Geld mit ihnen machen. Und andere Dinge mit ihnen tun.
Aber da sie nicht meins sind und nie meins sein werden, mache ich natürlich auch keinen Profit damit und kann auch sonst nichts mit ihnen anstellen. Ich schreibe dies lediglich zu meiner und hoffentlich auch Eurer Unterhaltung.
Warnung
In dieser Story gibt's Slash (=gleichgeschlechtlichen Sex) und Twinszest (=Sex unter zur selben Zeit geborenen Geschwistern). Außerdem Selbstmord- und andere düstere Gedanken.
Wem einer oder mehrere Punkte dieser Auflistung nicht gefallen, der darf sich irgendeine andere Story rauspicken, aber sollte hier nicht weiterlesen.
Vielen Dank fürs Beachten der Sicherheitsmaßregeln.
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Kapitel 1 - Es wird dunkel
Mittsommernacht, 3019 III. ZA
"Wir wußten, daß dieser Tag kommen würde, Aragorn," sagte Legolas, und ein schmerzhafter Klumpen nahm in seiner Brust den Platz seines Herzens ein.
Er würde stark sein, sagte er zu sich selber.
Sie standen in einer Nebenkammer des Thronsaales von Minas Tirith.
Die Wachen hatten gerade die lange Schlange von Gratulanten entlassen, welche den König zu sehen wünschten.
Elessar sah mit seiner Staatsrobe und der Krone mit den Flügeln von Gondor wirklich wie der König der Menschen aus - schön und nobel; aber seine Augen waren stumpf und distanziert.
Legolas war nicht sicher, ob das noch derselbe Mann war, dem er in den letzten acht Monaten so nahe gekommen war.
"Du erinnerst Dich noch daran, daß ich Dir sagte, was ich tun würde," fuhr Legolas fort.
"Ja," Elessar klang niedergeschlagen, "Du sagtest, Du würdest Dich vor Deinem König verbeugen und dahinschwinden. Es scheint mir, als wäre es ein Zeitalter lang her."
Er rieb seine Augen, dann nahm er die Krone ab und legte sie auf den Tisch.
"Ich halte meine Versprechen, Aragorn."
Eine kleine Gestalt, gekleidet in der schwarz-silbernen Livree der Turmwachen, kam in die Kammer und verbeugte sich tief.
"Mein Herr, Botschafter sind gekommen. Sie haben berichtet, daß die Gesellschaft, auf die Ihr wartet, sich etwa noch eine Stunde entfernt von hier befindet."
Er machte eine kurze Pause, um dann erfreut fortzufahren.
"Die Botschafter sagen, es seien Elben, mein Herr, aus Bruchtal. Herr Elrond und die Lady Arwen sind bei ihnen."
Unsicher hörte er auf zu sprechen; seine Augen blickten nun auf Legolas.
Legolas verbeugte sich vor dem König und wandte sich zum verlassen des Raumes.
Der Elb fühlte sich bis in sein tiefstes Inneres zerrissen, der Wunsch, den Mann zu umarmen, den er mehr liebte als alle anderen, überwältigte ihn fast.
Oh Valar, dachte er, ich kann das nicht tun. Ich liebe ihn doch. Wie kann ich nur einfach so weggehen?
"Legolas", rief König Elessar, "bleib noch eine Weile. Unsere Unterredung ist noch nicht beendet."
Er drehte sich zu der Wache um. "Danke, Pippin. Du bringst gute Nachrichten. Könntest Du uns noch einen Moment allein lassen?"
"Ja, Streich... ich meine, König Elessar, mein Herr."
Pippin beugte den Kopf, warf Legolas einen besorgten Blick zu; ging aber dann, seine weichen Fußtritte verhallten auf dem steinernen Flur.
Der Elb war bei der Tür stehen geblieben; dankbar, daß Aragorn ihn zurückgerufen hatte, daß er noch ein paar Minuten verweilen konnte.
Er haßte sich selber dafür, so schwach zu sein.
"Legolas," begann der König wieder. Er stoppte mitten im Satz, bewegte sich rastlos durch den Raum. "Ich habe Dich hergerufen, und nun habe ich nicht den Mut, zu sprechen."
"Haben wir nicht schon alles gesagt, was zu sagen war?" sagte der Elb mit weicher Stimme. "Du hast ein Schicksal, das nicht länger in meinen Händen liegt. Ich habe meinem Zweck als Dein Ohtarnil, Dein Gefährte in Kriegszeiten, erfüllt. Nun wird die Lady Arwen Abendstern Deine Gefährtin in Friedenszeiten sein. Das ist der Weg, der für uns bestimmt ist, mein König. Es ist der Weg, von dem wir wußten, daß wir ihn gehen müßten."
"Das Vorwissen macht es aber nicht leichter, jetzt, wo der Zeitpunkt gekommen ist," sagte Aragorn.
Seine Augen füllten sich plötzlich, und er drehte sich weg, um aus dem Fenster zu sehen.
"Ich verstehe mein Herz so wenig. Da gibt es einen Teil von mir, der zwei meiner schnellsten Pferde nehmen möchte, um uns beide weit weg von hier zu tragen. Ich habe der Versuchung des Ringes widerstanden, der bewaffneten Macht Mordors, und doch habe ich Angst, daß ich hierfür nicht stark genug bin, mein Freund..."
"Dann muß ich wohl für uns beide stark sein," sagte Legolas.
Er trat einen Schritt vor und hob die Hand, um sie Aragorn auf die Schulter zu legen, als sei er nur ein Freund und Begleiter, aber kein Liebhaber. Stattdessen jedoch ließ der die Hand wieder sinken. Aragorns Augen folgten der Bewegung.
"Mein letzter Akt der Hingabe gegenüber Dir, mein Geliebter," sagte der Elbenprinz mit noch weicherer Stimme, "wird sein, das Versprechen zu halten, welches ich Dir vor nicht einmal vier Monaten in Lothlórien gab. Wenn es für Dich leichter sein sollte, dann kann ich auch heute Nacht abreisen."
"Nein, das will ich nicht," sagte der König. "Ich möchte, daß meine Freunde zu diesem Anlaß bei mir sind; und Du bist sicherlich mein bester Freund. Ich möchte, daß Du während der Zeremonie neben mir stehst; auch, wenn ich weiß, daß es schwer für Dich sein wird."
"So sei es," sagte Legolas. Er drehte sich um und hörte, wie der König gequält aufstöhnte. Im nächsten Moment hatte Aragorn auch schon die Distanz zwischen den beiden überwunden und drückte den Elben in seine Arme, seinen Mund in einem leidenschaftlichen Kuß einnehmend.
"Estel!" rief der Elb, während er versuchte, ihn wegzuschieben. "Bitte - oh Valar - bitte mach es doch nicht noch schwerer!"
Doch der Damm seiner Selbstkontrolle brach, und er erwiderte die Küsse des Königs willig, warf seinen ganzen Körper gegen ihn, schlang seine Arme um seinen Rücken und hielt den Mann, als wolle er mit ihm zu einer einzigen Person verschmelzen.
"Ich werde Dich immer lieben, das mußt Du wissen," flüsterte Aragorn, während er Küsse auf Legolas' Gesicht verteilte.
Der Elb atmete tief durch. "Ich weiß, Meleth-nîn, aber Dein Leben gehört nicht länger nur Dir selber. Es gehört Deinen Untertanen, Deinen Erben... und Deiner zukünftigen Königin. Das hier ist für keinen von uns beiden gut. Es ist vorbei. Du mußt mich gehen lassen."
Langsam lockerte Aragorn seinen Griff und ließ Legolas aus seinen Armen gleiten.
Der Elb zwang sich, einen Schritt zurückzutreten, als er in die gehetzten Augen des Königs blickte. Er fühlte, wie eine einzelne Träne wie Feuer auf seiner Wange brannte. Schnell drehte er sich herum und verließ den Raum.
********************
Legolas saß in einem Sessel seines Zimmers und starrte die Doppeltüren an, die hinaus auf eine Terrasse führten. In seinen Händen schwenkte er ein Weinglas, die dazugehörige Flasche stand in der Nähe seines Ellbogens. Die Türen waren weit geöffnet und gaben den Blick auf eine der schönsten Nächte frei, die jemals in Mittelerde stattgefunden hatte.
Eine warme Brise wehte sanft die Vorhänge beiseite und trug den schweren Geruch des Geißblattes herein, welches sich draußen in Ranken an der Mauer hochschlängelte.
Sein Blick fiel über die vielen Mauern der prächtigen Stadt, welche durch Fackeln hell erleuchtet war.
Ein riesiger, silbriger Mond war gerade aufgegangen und schwebte nun an der Kante des östlichen Himmels.
Gesang und Gelächter der vorbeiziehenden Gäste drang an das Ohr des Elben, und zeitweise wurde der Himmel von irisierenden Lichtern erleuchtet, begleitet durch einen tiefen Knall und lautem Geknister. Der Elb lächelte verbittert. Feuerwerk, Gandalfs Hochzeitsgeschenk.
Er dachte bei sich, daß er wohl heute Nacht das einzige Wesen in der Stadt sein mußte, welches nicht feierte.
Er versuchte, die Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen; davon, wie er neben Estel stand und beobachtete, wie dieser Arwens Hand nahm und mit ihr für den Hochzeitsschwur kniete.
Arwen hatte einfach betäubend schön ausgesehen mit ihrem tiefblauen Kleid, welches mit winzigen Kristallen besetzt war, die bei jeder Bewegung wie der Abendstern glitzerten, der ihr Namensgeber war. Ihr Gesicht war noch strahlender gewesen als ihre Gewand.
Nur einmal an diesem Abend hatte Aragorn ihn angesehen; aber den Ausdruck in seinem Gesicht hatte Legolas nicht deuten können.
Er hatte versucht, wirklich versucht, für die beiden so etwas wie Glück zu empfinden. Aber er konnte es nicht. Sobald es irgendwie möglich war, entschuldigte er sich bei den Mitgliedern der Gemeinschaft und kehrte mit einer Flasche hochprozentigem Wein auf sein Zimmer zurück. Eigentlich wollte er gar nicht trinken, aber er mußte dringend den Schmerz in seiner Brust los werden.
Jetzt hob er die Flasche und schüttelte sie, beobachtete, wie die rote Flüssigkeit sich bewegte. Er schüttete den Rest, der noch übrig war, in sein Glas und trank es mit einem Schluck aus.
Warum war es nur sein Schicksal, immer seine Geliebten zu verlieren? Elwen war von Orks getötet worden, und Aragorn war nun mit jemand anderem zusammen. Irgendwie war das noch schlimmer als der Tod: Seinen Geliebten zu sehen, neben ihm zu stehen - und seine Liebe verleugnen zu müssen.
Plötzlich, angefüllt mit Wut und Frustration, warf der Elb sein Glas in den kalten Kamin. Das Zerbrechen des Kristalls hallte laut im Raum wider.
Was sollte er nun tun? Hierbleiben, um seinem König zu dienen, entgegen aller Wahrscheinlichkeit zu hoffen, einen freundlichen Block, ein nettes Wort von ihm zu hören, oder für ein verstohlenes Gerumpel in irgendeinem Hinterzimmer?
Er ekelte sich vor sich selbst.
Aragorn war jetzt mit jemand anderem verbunden, und für ihn auf ewig verloren. Er durfte sich einfach nicht erlauben, etwas anderes zu denken, sich etwas vorzumachen.
Hierzubleiben wäre eine Tortur - für alle Beteiligten.
Nach Düsterwald zurückgehen? Um was zu tun? Auf die Gunst seines Vaters zu warten? Irgendein Elbenmädchen zu heiraten?
Seine Unsterblichkeit war wie ein Fluch. Wie konnte er weiterleben, wenn er ewiglich diesen Schmerz in seiner Brust spüren würde?
Eine schwarze Wolke legte sich über ihn, ihre Schwaden zogen durch seinen Geist, flüsterte ihm von Möglichkeiten, wie er sich aus seinem Schmerz befreien könnte.
Der Elb zog sein Messer aus der Scheide und bewegte es im Mondlicht, bewunderte die Schönheit des flüssigen Glanzes, der in der Bewegung auf der gut geschliffenen Klinge auf und ab lief.
Wie gut, und wie oft hatte er genau dieses Messer gebraucht, um seinen Feinden den Tod zu bringen. Es fühlte sich natürlich an, wie eine gewachsene Erweiterung seiner Hand. Der Prinz warf das Messer hoch in die Luft, sah es wie in Zeitlupe drehen und trudeln, und fing es dann weich am Griff wieder auf.
Er drehte seine andere Hand um, machte eine Faust, ließ die Venen am Handgelenk hervortreten. Elben konnten am gebrochenen Herzen sterben. Ein furchtbarer, schleppender Tod.
Das könnte auch schneller gehen.
Er starrte das Messer an, und dann, als würde er jemanden anderes dabei beobachten, drehte er es herum und richtete es gegen sich selber. Den Griff in beiden Händen haltend, drückte er die Spitze gegen seine Brust.
Er blieb so eine ganze Weile sitzen, und fragte sich, wie schnell der Schmerz vorbei wäre und wie die Reise danach aussehen würde. Würde er den Rest aller Ewigkeiten in Mandos Hallen verbringen, um für sein Verbrechen zu bezahlen?
Aber wenigstens wäre er dann befreit von seiner Agonie. Er drückte fester zu, spürte einen scharfen Schmerz, als die Messerspitze in seine Haut eindrang und dann, wie eine dünne, rote Linie seine Brust heruntertropfte.
~ wird fortgesetzt... ~
