Ich freue mich, dass ihr diese Fanfiction angeklickt habt.Für jeden, der im Laufe der Geschichte vielleicht ein Taschentuch benötigt, stelle ich eine Tempobox in die Mitte, die sich von alleine wieder nachfüllt.
Natürlich würde ich mich über eure Meinung in einem Kommi freuen … DANKE!

Beta: Ein großes DANKE an meine Beta Drachen-Fan
Genre:
Drama
Warnung:
Leser ab 18 Jahre … Violence, Rape, Slash, Hurt/Comfort … in diesem Drama kommt aber auch die Romanze nicht zu kurz
Disclaimer:
Alle urheberrechtlich geschützten Figuren gehören JKR.
Ich habe mir die Charaktere nur ausgeliehen und verdiene mit dieser Story kein Geld!

Wichtig: … bei mir ist Teddy Lupin bereits vier Jahre alt, Albus Dumbledore, Severus Snape und ‚beide' Weasley-Zwillinge leben …Genug von mir und ich wünsche allen viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße Elbenstein



~~~~ Schrei, wenn du kannst! ~~~~

1. Kapitel
Merkwürdige Begegnung

„Verdammt und zugenäht!", fluchte Harry leise vor sich hin und setzte trotzdem einen Fuß vor den anderen, während er durch die hell erleuchtete Krankenhauslobby lief. Doch nicht, dass er sich beeilte, vielmehr wurde er plötzlich mit jedem weiteren Schritt langsamer. Aber es nutzte nichts und letztendlich blieb der schwarzhaarige junge Mann vor den vier nebeneinander aufgereihten Fahrstuhltüren stehen. Sein Blick glitt unweigerlich nach oben zu den digitalen Anzeigen, die ihm allesamt sagten, dass sich kein Fahrstuhl im Erdgeschoss befand und er seufzte kurz zufrieden auf. Dann sah er nach links und rechts und bemerkte rasch, er stand hier sprichwörtlich alleine auf weiter Flur und hätte er auch etwas anders erwarten sollen, an diesem verschneiten Weihnachtsmorgen des 25. Dezembers. Weil Harry aber ebenso wusste, dass er den Besuch ohnehin nur hinaus zögerte, aber nicht wirklich vermeiden konnte, drückte er auf den Fahrstuhlknopf und wartete mürrisch bis sich am Ende eine der Türen öffnete.

Gestern Abend hatte er sich noch mit seinen besten Freunden Hermine und Ron im Fuchsbau auf das alte durchgesessene, aber umso gemütlichere Sofa der Großfamilie Weasley gesetzt und über Witze der Zwillinge gelacht, während Molly Weasley ein leckeres Essen gezaubert hatte. Doch gerade als Harry dachte, dies würden die schönsten Weihnachtsferien seiner ganzen Schulzeit werden, tauchte so überraschend Severus Snape mitten im Wohnzimmer auf, dass die heitere Stimmung schlagartig von Sommertemperaturen in die Minusgrade gerutscht war. Ganz so, als wäre aus dem Nichts ein Dementor erschienen, der Harrys restloses Glück aufgesaugt hätte.

Reichte es nicht schon, dass er mehrere Wochen benötigt hatte, um sich von der großen Schlacht und dem endgültigen Sieg über Lord Voldemort und seinen Todessern zu erholen? Kurz vor den Sommerferien war es zum letzten Kampf mit dem Dunklen Lord und ihm in Hogwarts gekommen. Dabei konnte der Gryffindor sein oftmals überraschtes Wundern nicht verstecken und fragte sich, wie die Schule innerhalb von nur vier Wochen wieder aufgebaut werden konnte und inzwischen wieder so aussah, als wäre nie etwas geschehen. Die Antwort lautete Magie und die Zaubererwelt war teilweise schon soweit in die Normalität zurückgekehrt, dass es fast schon an ein weiteres Wunder grenzte, dass er selbst kaum noch an die schlimme Zeit zurückdachte.

Aber das gehörte jetzt zu seiner Vergangenheit und vielmehr erstaunt war er über die Nachricht seines derzeitigen Lehrers in Verteidigung gegen die dunklen Künste gewesen, Professor Snape. Denn der hatte ihm gestern Abend eine dringende Nachricht vom Schulleiter Dumbledore überbracht, in der es hieß, er habe sich unverzüglich im Ligusterweg Nr. 4 einzufinden. Onkel Vernon wäre mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden und Tante Petunia verlangte seine sofortige Anwesenheit. Aber insgeheim hätte Harry um seinen kostbaren Feuerblitz gewettet, dass es wohl eher daran lag, dass seine Tante Angst hatte alleine zu sein. Und jetzt, wo der schwarzhaarige junge Mann seit dem 31. Juli diesen Jahres ein volljähriger Zauberer war, konnte er sie in Gefahrensituationen beschützen und nicht nur sich, sondern auch andere verteidigen.

„Ach, was soll's", seufzte Harry abermals und hörte plötzlich das leise Piepen des ankommenden Fahrstuhls und rasch öffnete sich die Tür. „In einer Woche bin ich eh wieder in Hogwarts", flüsterte er tonlos und nur Momente später drückte er den Knopf zum fünften Stock.

Nachdem er erst gestern kurz vor Mitternacht im Ligusterweg angekommen war und dann verdrießlich, aber auch müde im Bett verschwunden war, wusste er ebenso gut, dass Tante Petunia mit Dudley schon heute sehr früh ins Krankenhaus aufgebrochen war. Obwohl er eigentlich nie mehr in dem kleinen Zimmer bei seinen einzigen Verwandten verbringen wollte, hatte er in seinem alten Bett trotzdem gut geschlafen. Aber in Zukunft würde er nur noch zum Grimmauldplatz Nr. 12 zurückkehren. Seit Sirius Tod war es nun sein eigenes Reich geworden und nachdem er sich mit dem stets mürrischen Hauselfen Kreacher nach Voldemorts Tod besser verstand als jemals zuvor, würde er nach seinen Abschlussprüfungen im Sommer gerne dort einziehen.

Anfänglich wäre es vermutlich schwer für ihn, denn Hermine und Ron hatten sich endlich ihre Liebe gestanden und planten bereits seit Wochen, sofort nach ihren Prüfungen zusammen zu ziehen; irgendwohin ins Grüne. Hauptsächlich lag es aber an Teddy – Harrys Patenkind – der seit dem tragischen Tod seiner Eltern Tonks und Lupin bei der Familie Weasley lebte und einen Narren an seinen Freunden gefressen hatte. Da sie beide sogar jetzt schon Heiratspläne schmiedeten, fanden sie alle gemeinsam diese Lösung für das Beste. Außerdem waren Teddy und seine besten und liebsten Freunde jederzeit im Grimmauldplatz willkommen und Harry hatte erst gestern versprochen, sie jedes Wochenende zu besuchen.

Ein leises Dong und das Geräusch der sich öffnenden Fahrstuhltür rissen ihn aus seinen Gedanken und er trat hinaus in einen breiten Flur. Vor ihm prangte ein dunkelblaues Schild mit großen weißen Buchstaben und darauf stand „Innere Medizin und Cardiologie". Darunter sah er zwei weiße Pfeile, die einmal nach links und nach rechts wiesen und daneben standen die Zahlen 5 bis 25 und 26 bis 50. Er überlegte, was auf Tante Petunias Notizzettel gestanden hatte, den er heute Morgen in der verlassenen Küche vorfand, als ihm die Zahl 11 wieder einfiel. So wandte er sich nach links und folgte langsam dem Gang.

Über ihm brannten helle Neonröhren, es roch nach Desinfektionsmittel und die Sohlen seiner schwarzen Turnschuhe quietschten leise auf dem frisch geputzten Kunststoffboden. Seine Augen wanderten zur Seite und während er den Flur entlang lief, konnte er hin und wieder einen neugierigen Blick in die Zimmer werfen, die zum größten Teil leer waren. Als er schließlich die Zimmernummer 11 las, atmete er seufzend ein und ließ die Luft mit einem lang gezogenem Zischen aus seinen Lungen entweichen. Nun gab es kein Zurück mehr, aber bevor er die Klinke des Krankenzimmers herunterdrückte, hörte er nebenan zwei Männer sprechen, was ihn einen Moment innehalten ließ. Dabei wurde ihm bewusst, dass zwar die Tür offen stand, aber ein Vorhang die Sicht ins Innere verhinderte.

„Du hättest es niemals soweit treiben dürfen", sprach eine jüngere Stimme, die von einem Schnauben unterbrochen wurde und eine ältere Stimme antwortete, „Red keinen Unsinn, das weißt du genau."

Es folgte eine kleine Pause und dann sprach der Ältere erneut. „Wann hat der Arzt gesagt, wollte er wiederkommen?"

„Hmmmmm", war alles was Harry als Erwiderung deuten konnte.

Was gingen ihn Gespräche von unbekannten Besuchern und Patienten an, sagte er sich selbst und nachdem er höflich geklopft hatte, drückte er die Klinke zu Onkel Vernons Krankenzimmer hinunter. Der schwarzhaarige junge Zauberer war noch nicht einmal ganz eingetreten, schon hörte er bereits Tante Petunia mit ihm schimpfen, warum er so spät käme. Das wiederum entlockte Harry ein tiefes, inneres Stöhnen und er hoffte, sich recht bald wieder verdrücken zu können.

Eine halbe Stunde später trat Harry erschöpft, aber glücklich grinsend aus Onkel Vernons Zimmer. Rasch ließ er die Tür ins Schloss fallen und war mehr als froh, dass er seinen Anstandsbesuch ohne größere Probleme und Diskussionen hinter sich gebracht hatte. Jetzt begannen für ihn wieder die Weihnachtsferien, auch wenn er sie im Ligusterweg und nicht im Fuchsbau verbringen würde. Doch daran sollte es nicht scheitern und er hatte sich fest vorgenommen, sich Gedanken über seine neue Einrichtung im Grimmauldplatz zu machen. So düster und modrig wollte er nicht wohnen und …

„Ich verhexe den Muggelarzt und du die Krankenschwester, hast du verstanden?", befahl die ältere Stimme von vorhin und wäre das Wort Muggel nicht gefallen, vielleicht hätte Harry schlichtweg darüber hinweggehört. Doch plötzlich war sein Interesse geweckt. Anstatt gleich den Flur bis zu den Aufzügen zurück zu laufen, blieb er am Türrahmen zum Krankenzimmer Nr. 12 stehen und lauschte aufmerksam, während der Vorhang immer noch zugezogen war, als gleichzeitig ein Arzt und eine Krankenschwester auf ihn zukamen. Er grüßte sie höflich und tat so, als wolle er gehen, aber nachdem sie ins Zimmer mit den zwei Fremden eingetreten waren, ging er einen Schritt näher heran und spitzte die Ohren.

Sofort hörte er die beiden Zauberer einen Zauberspruch aufsagen, dann herrschte ein kurzes Schweigen und der Arzt sprach.

„Noch ist ihr Cousin nicht außer Lebensgefahr. Er hat schwere innere Verletzungen davon getragen und dabei viel Blut verloren."

„Was heißt das jetzt genau?", fragte die ältere Stimme, in der eindeutig die Nervosität mitschwang.

„Wir haben eine Bluttransfusion durchgeführt, die Wunden gereinigt und Zwei mussten wir sogar mit mehr als zehn Stichen nähen", entgegnete der Arzt sachlich und schien nebenbei im Krankenzimmer auf und ab zu gehen. „Zurzeit bekommt er über die Infusion starke Antibiotika und Schmerzmittel. Wir müssen mindestens noch zwei Tage abwarten, damit ich ihnen eine genau Prognose geben kann."

„Können sie nicht schon mal sagen, ob er leben wird?", drängte daraufhin der Jüngere und wirkte sehr besorgt.

„Dafür ist es noch zu früh", meinte der Doktor, räusperte sich und fuhr fort. „Aber ich werde mein Bestes tun, um ihren Cousin nicht sterben zu lassen. Ich rate ihnen immer noch dringend, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, damit die Täter …"

Er brach mitten im Satz ab und Harry vernahm abermals den gleichen Zauberspruch, wie bereits zuvor und wusste gleichzeitig, die Fremden hatten dem Arzt und der Krankenschwester die Erinnerungen genommen. Vermutlich nur jene, die das Gespräch direkt betrafen, was Harry sofort neugieriger werden ließ. Zugleich fragte er sich, was die Zauberer in einem Muggelkrankenhaus taten, warum ihr Cousin in Lebensgefahr schwebte und vor allem, warum sie unbedingt die Polizei aus dem Spiel lassen wollten. Sie hätten doch den Verletzten sofort ins St. Mungo einliefern können, aber nicht, wenn sie vielleicht Verbrecher waren. Noch schlimmer war für Harry der Gedanke, sie könnten nicht gefasste Todesser sein, die sich seit Voldemorts Tod hier und da vor den Augen der Auroren versteckten.

Als jedoch unerwartet der Vorhang zurückgezogen wurde und der Doktor mit der Krankenschwester und beide mit einem seltsam verklärten Gesichtsausdruck in den Flur traten, erschrak Harry und fuhr unweigerlich zusammen. Hinter ihnen stürmten die beiden Zauberer heraus, aber achteten mit keinem Blick auf ihre unmittelbare Umgebung und eilten zu den Fahrstühlen. Der Gryffindor tauchte währenddessen in eine kleine gegenüberstehende Nische ab und konnte nicht gesehen werden. Doch dafür hatte er einen guten Blick in das Krankenzimmer Nr. 12.

Dort lag in einem Bett am Fenster ein Mann. Ob nun jung oder alt, das konnte er nicht sagen, aber er nahm an, dass er nicht viel älter als er selbst war. Der ganze Körper war verbunden und am Kopf lugte unter der weißen Binde eine blonde Haarsträhne heraus. Nebenbei vernahm Harry zum ersten Mal das leise Piepen des angeschlossenen Herz-Kreislauf-Apparates und obwohl er den Patienten nicht kannte, spürte er Mitleid mit ihm. Er hoffte, dieser Cousin würde es überleben, auch wenn ihm die Magier durchaus suspekt erschienen. Ebenso wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken jagte, wenn er nur an sie und ihr Gespräch dachte.

Noch während er zum wiederholten Mal überlegte, warum und wieso den zwei unwissenden Muggeln ihre Erinnerungen genommen worden waren, machte er einen Schritt nach vorne, lugte ein letztes Mal zu dem schwer verwundeten Patienten hinüber und folgte schließlich interessiert den warteten Zauberern bis zum Fahrstuhl. Gerade als sie im Inneren verschwanden, trat Harry mit gesenktem Kopf ebenfalls ein und fuhr mit ihnen nach unten. Während der Fahrt wurde nicht gesprochen und als sie gemeinsam in der Krankenhauslobby ankamen, rannten beide fast förmlich ins Freie.

Der Gryffindor wollte ihnen bereits nacheilen, bis er am Ausgang stehen blieb und unverrichteter Dinge den Männern lediglich nachsah, die einfach am helligen Tag apparierten.

Verdutzt schüttelte er den Kopf und plötzlich kam ihm eine Idee. Womöglich die einfachste überhaupt und so beschloss er im Stillen, die nächsten zwei Tage wieder zu kommen. Er musste nicht unbedingt Onkel Vernon besuchen, aber er wollte wissen, wie es dem fremden Patienten ging. Und mit diesen und weiteren Überlegungen schlenderte er über den verschneiten Weg des Krankenhausgeländes in Richtung U-Bahn Station. Er hätte durchaus apparieren können, aber er wollte die Aufregung der Großstadt genießen und je länger er von seinem alten Zuhause entfernt blieb, desto besser fühlte er sich.

Am nächsten Morgen stand er wieder vor der Krankenzimmertür Nr. 12, aber diesmal mit einem gravierendem Unterschied – er trug seinen Tarnumhang. Er wollte jedem Ärger aus dem Weg gehen und nicht nur nach dem Fremden sehen, sondern noch in der vergangen Nacht hatte er beschlossen, den beiden Zauberern aufzulauern. Wenn es wirklich Todesser waren, fühlte er sich dazu verpflichtet sie augenblicklich dem Ministerium zu melden.

Doch als die Sonne an diesem Tag unterging hatte er nicht viel herausgefunden. Zumindest da sich der Zustand des jungen Mannes weder verschlimmert, aber auch nicht verbessert hatte. Obwohl, eine Information ließ ihn auf seinem Nachhauseweg ein wenig freudiger wirken, er kannte jetzt den Namen des ihm eigentlich völlig unbekannten Patienten. Am Bett hatte er den Name Nathaniel Connor gelesen, den er ständig in seinen Gedanken wiederholte und nicht einmal wusste warum.

Als er gleich am darauf folgenden Morgen erneut unter dem Tarnumhang den Krankenhausflur entlang lief, vernahm er bereits von weitem lautes Gerede. Aufgeregt, aber auch mit einem mulmigen Gefühl im Magen beschleunigte Harry seine Schritte und als er unbemerkt in das Zimmer eintrat, lag der junge Mann wach in seinem Bett. Der Arzt stand ein wenig abseits mit den Magiern am Fenster und zum ersten Mal betrachtete sich Harry die Beiden genauer.

Der Ältere besaß dunkelbraune Haare, die er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Er trug ganz gewöhnliche Muggelkleidung, aber durch seinen halb geöffneten Wintermantel stach für ihn dennoch deutlich der Griff des Zauberstabes hervor.

Der Jüngere von ihnen – und wie Harry inzwischen wusste, waren sie Brüder – trug ebenfalls ganz alltägliche, nicht auffallende Kleidung und dessen Zauberstab steckte griffbereit im Hosenbund. Er hatte braune Haare mit blonden Strähnen und sie fielen ihm schulterlang ins recht junge Gesicht.

Ansonsten sahen beide äußerlich nicht wie Verbrecher und erstrecht nicht wie Todesser aus, obwohl sie oft heimlich die Köpfe zusammensteckten und leise miteinander tuschelten, was Harry jedoch nicht verstehen konnte. Darüber hinaus wusste der Gryffindor nur noch, dass der Ältere Brian und der Jüngere David hieß und sie beide die gleiche, braune Augenfarbe und den selben muskulösen Körperbau teilten.

Auf leisen Sohlen schlich er hinüber zum Krankenbett und schnappte lautlos nach Luft, als er Nathaniel Connor musterte. Er war tatsächlich noch sehr jung – höchstens in seinem Alter - wie er unter der Maske aus blauen und geschwollenen Flecken erkannte. Darüber hinaus war das gesamte Gesicht von kleineren Schnitten übersäht, die er gestern noch unter dem Verband nicht gesehen hatte. Die Lippen wirkten wie zwei schmale Linien, deren Farbe irgendjemand oder irgendetwas restlos aufgesaugt hatte und die beiden Augenlider waren immer noch stark geschwollen. Aber er sah dafür deutlich zwei sturmgraue Augen, die zu seinem Schrecken mit leerem Blick zur weißen Decke starrten und Harry das ungute Gefühl vermittelten, als wäre Nathaniel in einer ganz anderen Welt gefangen.

Der schwarzhaarige junge Mann schluckte einen Kloß im Hals herunter und gestand sich nebenbei ein, dass er in diesem Zustand höchstwahrscheinlich nicht einmal seinen besten Freund Ron unten diesen zahlreichen Verletzungen erkannt hätte und gleichzeitig fragte er sich, wie Nathaniel einmal ausgesehen haben mochte. Sein jugendliches Aussehen war stark in Mitleidenschaft gezogen worden und gleichzeitig wurde Harry den merkwürdigen Gedanken nicht los, dass ihn Nathaniel an jemanden erinnerte. Er wusste nicht an wen und vielleicht bildete er sich das auch nur ein.

„Wann können wir unseren Cousin nach Hause bringen?", hörte der Gryffindor plötzlich Brians Stimme und erschrak erneut. Er war so in den grauenvollen Anblick von Nathaniel vertieft gewesen, dass er beinahe laut aufgekeucht hätte, was er im letzten Augenblick noch verhindern konnte. Er machte gleichzeitig einen Schritt nach hinten, während der Arzt mit den Brüdern ans Bett herantrat.

„Das kann ich ihnen noch nicht sagen", kam die Antwort und es folgte ein Schulterzucken. „Dafür ist es noch zu früh und wir können alle froh sein, dass er heute aus dem Koma aufgewacht ist. Wir müssen warten, wie sich die Blutwerte machen und falls sie es vergessen haben sollten, ihr Cousin stand an der Schwelle des Todes. Darüber hinaus hatte er bei seiner Einlieferung einen Herzstillstand. Er muss …"

Mitten im Satz erstarrte der Arzt und als Harry sich dessen bewusst wurde, wanderte sein Blick zu Brian, der im selben Moment seinen Zauberstab sinken ließ. Überrascht über sich selbst, hätte sich der Gryffindor am liebsten sofort für seine Nachlässigkeit geohrfeigt, weil er weder Brian hatte reden hören, noch auf eine mögliche Gefahr geachtet hatte, so sehr war er in die Erklärung vertief gewesen. Doch das musste nun warten, als Harry jetzt auch David seinen Zauberstab ziehen sah.

„Verdammte Scheiße", maulte der jüngere Bruder. „Solange können wir nicht warten."

„Das weiß ich selbst, du Volltrottel", keifte Brian laut zurück und verpasste anschließend David eine Kopfnuss. „Und falls du dir zwischenzeitlich mit Jack nicht dein Hirn herausgevögelt hast, dann denke mal dran, dass das hier alles deine Schuld ist."

„Ach, jetzt bin ich mal wieder ganz alleine schuld, ja?", schnaubte David, wandte sich von seinem Bruder ab und richtete seinen Blick auf Nathaniel.

„Wer hatte denn an diesem Tag Aufsicht?", kam Brians nüchterne Antwort, die er mit einem zynischen Lächeln unterstrich, was nicht ganz zu seinen Worten passen wollte. Auf seltsame Art und Weise wirkte er in diesem Augenblick auf Harry wie ein entflohener Patient aus einer geschlossenen Irrenanstalt. Den Eindruck unterstrich er mit einem teuflischen Funkeln seiner Augen und mit komischen Zuckungen der rechten Hand, in der er seinen Zauberstab fest umklammerte und mit der Spitze in Richtung David zielte.

„Du wusstest, dass ich im Laden war", erklärte der ältere Bruder weiter. „Deine Aufgabe war es, für den Abend alles vorzubreiten und stattdessen lässt du den alten Hurenbock nicht nur früher in unser Haus, sondern nein, du lässt ihn auch noch alleine umherstreifen. Du weißt ganz genau, dass er ohne Bezahlung nicht …"

„Du wolltest ihn doch sowieso …", versuchte David halbherzig den Vorwurf abzuwehren und vollendete den Satz nicht, stattdessen räusperte er sich und meinte anschließend. „Vergiss es doch einfach", und er drehte sich abrupt von Nathaniel weg und grinste nun ebenso bizarr, wie sein Bruder kurz zuvor.

„… ich weiß was du sagen willst und meine Antwort ist JA, aber das Geschäft ist dank dir vorerst geplatzt, du Idiot!", unterbrach Brian sein Gegenüber. „Jetzt kann ich noch einmal von vorne anfangen, dank dir. Aber glaube nicht, dass ich Jack und dich so einfach davon kommen lasse. Ab morgen könnt ihr euch nach neuer Ware umschauen. Von den anderen Dreien habe ich auf jeden Fall die Nase gestrichen voll und bei ihm müssen wir zusehen, dass er wieder auf Vordermann kommt. So kann er immerhin noch ein wenig länger unsere Gastfreundschaft genießen."

„Ja, ja, schon gut", entgegnete David plötzlich versöhnlich und richtete nun seinen Zauberstab auf den Arzt. „Dann lass uns erst mal nach Hause gehen und in Ruhe überlegen, bevor wir hier noch mehr Aufsehen erregen."

„Du bist ja gar nicht so dumm, wie ich immer dachte", lachte Brian auf und in seiner Stimme schwang ein haarsträubender Unterton mit, sodass Harry ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.

Er hatte genug gehört und bevor die beiden Zauberer den Arzt aus seiner Starre befreiten, war Harry bereits im Flur, wo er mit einem leisen Plopp verschwand und im Ligusterweg wieder auftauchte.

Was meinten die beiden Typen nur, fragte er sich und kam unter seinem Tarnumhang hervor. Dann suchte er rasch nach seinem Haustürschlüssel und als er schließlich in das kleine Haus eintrat, bemerkte er ebenso schnell, dass noch niemand Zuhause war. So ging er zuerst in die Küche, machte sich dort einen starken Kaffee, um sich am Ende gedankenversunken in sein Zimmer zurückzuziehen.

Brian und David hatten ihm tatsächlich Angst eingejagt. Dabei dachte er, nach dem Sieg über Voldemort gäbe es nichts mehr, was ihn vor Furcht erzittern ließ. Doch bei den Brüdern war dieses Gefühl wieder gekommen und obwohl er mehrmals über die vergangene Unterhaltung nachsann, fand er einfach keine Antwort darauf. Er konnte ihnen nicht einmal folgen, weil er nicht wusste wohin sie apparierten. Aber über eines war er sich eindeutig im Klaren, die Beiden waren sehr zwielichtige Gestalten. Wie jedoch Nathaniel und seine Verletzungen mit ihnen zusammenhingen, überstieg derzeit seinen Verstand und so beschloss er, morgen noch mehr Informationen zu sammeln.

Als Harry am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück in sein Zimmer zurücktrottete und Tante Petunia gemeinsam mit Dudley das Haus verließ, um Onkel Vernon zu besuchen, machte es sich der Zaubererschüler einfacher. Er zog abermals seinen Tarnumhang über den Kopf, hielt seinen Zauberstab in der Hand und nur einen Moment später stand er mitten im Krankenzimmer Nr. 12.

Was er jedoch in jenem Moment sah, wollte er nicht glauben. Das Zimmer war leer und er fand trotz eifrigen Suchens keinerlei Spuren von Nathaniel, Brian und David.

~~~ Fortsetzung folgt ~~~

Hat euch der Anfang gefallen?
Was sagt ihr zu Harrys Entdeckung?
Was wird jetzt wohl passieren?

Liebe Grüße
Elbenstein