Close to you
Kapitel 1
Es war nur ein kurzer Moment als sich die Blicke von Harry und Hermine kreuzten. Aber es waren keine Blicke, wie sie es sich voneinander gewohnt waren. Harry versuchte sich einzureden, dass es nichts zu bedeuten hatte, während Hermine mit den Tränen kämpfte und auf den Boden starrte. Schon zu lange kannte sie dieses Gefühl und doch war es seit diesem letzten Blick noch nie so schlimm gewesen. "Wo bleibt Ron?", wagte sich Harry schließlich die Stille zu durchbrechen und lehnte sich locker gegen das Bücherregal in der Bibliothek.
"Weiß nicht!", sagte Hermine mit zittriger Stimme und drehte sich von Harry weg, der soeben ihre Tränen entdeckte und einen Schritt auf sie zu kam. "Weinst du?" Sie schüttelte tapfer ihren Kopf und wischte sich die Spuren der Tränen so unauffällig wie nur möglich weg. Unsicher legte Harry seine Hand auf ihre Schulter und versuchte sie dazu zu bringen, ihm in die Augen zu sehen. "Harry, lass mich, bitte!" Sofort liess er seine Hand nach unten gleiten und atmete tief ein. Er wusste schon lange, dass es Zeit war für ein Gespräch. Oder wenigstens so etwas ähnliches wie ein Gespräch, denn zwischen ihm und Hermine liess sich immer seltener eine normale Konversation aufstellen, ohne dass danach einer von ihnen unter Tränen zusammenbricht. "Harry, vergiss es!", sagte Hermine plötzlich und liess traurig die Locken über ihr Gesicht fallen. "Ich weiss, was du willst... Aber, es ist besser, wir sprechen es erst gar nicht aus!"
"Dann soll ich also gehen, mh?", fragte er und wartete ruhig auf ihre Antwort, die nicht anders als ´ja´ lauten konnte. Einbisschen niedergeschlagen griff er nach seiner Tasche, verstaute seine Bücher darin und liess Hermine allein, so wie sie es wollte.
Harry lag mit weit aufgerissenen Augen auf seinem Bett, starrte auf die Decke und dachte an vorhin. In der Bibliothek, mit Hermine. Dieser Blick, wie sehr er es sich auch wünschte, ihn aus seinem Gedächtnis zu verbannen, er ließ ihm keine Ruhe. Es lag etwas forderndes, zärtliches und gleichzeitig unglaublich leidenschaftliches in ihren braunen, klaren Augen. Wie konnte er es nur zulassen, dass es dazu kam? Wie konnte es sein, dass diese Augen so viel in ihm durcheinander brachten? Mitten in diesem Gedankengang klopfte es an der Tür des Jungenschlafsaals, so dass Harry unmittelbar zusammenschrak. "Harry?", die sanfte Stimme drang wie ein dumpfer Schlag an Harrys Ohr. Kurz darauf erschien ihr Rotschopf im Türrahmen. "Was machst du schon hier oben?" Sie trat ein und ging an Harrys Bett, wo sie sich ohne zu zögern, zu ihm legte. "Bin müde...", meinte Harry, ohne seinen Blick von der Decke zu wenden, als er spürte, wie sie ihre Hand über seinen Brustkorb gleiten liess. Unwillkürlich schloss er seine grünen Augen und genoss ihre Berührungen. "Was ist los, Harry?"
Einbisschen genervt riss er seine Augen wieder auf und sah in ihr Gesicht. Auch in ihren Gesichtszügen war zu lesen, dass nicht alles so war, wie früher. Das Leben hinterließ seine Spuren... "Es ist nichts...", sagte er langsam. "Wirklich!", fügte er auf ihren kritischen Blick noch hinzu und starrte wieder auf die Decke. Ginny schnaubte und schmieg sich an seinen Körper, der unglaublich gut roch und der ihr gleichzeitig so fremd geworden war. Langsam liess sie ihre Hand zu seinem Haar wandern, durch das sie zärtlich ihre Finger fahren liess. "Bitte, Harry..." Sie seufzte und zwang ihn damit, sie anzusehen. "Ich vermisse dich so sehr. Dich und unsere gemeinsamen Stunden und Nächte... Du- du bist so... anders!"
Jedes einzelte ihrer Wörter bohrte sich schmerzhaft in sein blutiges Herz. Er vermisste es doch auch. Er vermisste sie genau so. Ihre Liebe. Ihre Küsse. Ihre Leidenschaft. Ihren Körper.
