1. Kapitel: Flucht

Äste knacken, Blätter rascheln, Flüche zerreißen die kühle Herbstluft.

Dumpfe Tritte auf den Boden, wirbeln das Gestrüpp auf. Der Schrei eines Waldkauzes dringt an die tauben Ohren, des angsterfüllten Mädchens.

Laufend, rennend, um ihr Leben fürchtend eilt sie durch den Nebelverhangenden Wald. Flüche prallen rechts und links gegen Bäume und Büsche. Das laute knallen hallt über die ganzen Hügel hinweg.

Doch weder die Rufe der Verfolger noch den Lärm den ihre Zauberstäbe verursachen dringen an ihre Ohren. Das einzige was sie spürt ist der rasende Herzschlag der vor Angst, Nervosität und Adrenalin nur so pocht.

Kalter Wind schlägt ihr ins Gesicht, welcher die Schweißperlen auf ihrer Stirn abkühlt. Dornen und spitze Hölzer malen sich in ihr Fleisch, während sie über umgefallene Bäume klettert und sich an Dickicht vorbeikämpft.

Mit jedem Schritt, scheint sie ihre Verfolger weiter hinter sich zu bringen. Mit jedem Schritt, den sie auf den steinernen Boden tritt wird sie schneller.

Mit jedem Schritt den sie auf die knochige Erde stampft, kommt die Hoffnung, zu entkommen.

Nur noch verschwommen nimmt sie das Gehölz neben sich wahr, ihre Beine tragen sie schon ganz von alleine über Felsen und Sträucher.

Mit angestrengtem Blick achtet sie nur auf das was vor ihr liegt, nicht darauf bedacht das sie jeden Moment ein Fluch treffen könnte.

Immer und immer tiefer rennt sie in den Wald hinein und immer dunkler scheint es um sie zu werden.

Nach einiger Zeit aktiviert sie ihre restlichen Sinne und bleibt abrupt stehen.

Keuchend, erschöpft, dennoch mit wachsamem Starren wandert ihr Blick um sie herum.

Weder Todesser noch Flüche sind zu hören oder zu sehen. Alles ist still….

Mit wirrem, zerzaustem Haar, zerschlissenen Kleidern und blutbefleckt, durch die Dornen, steht sie da. Schnell atmend, wachsam dreht sie sich immer noch um sich selbst um irgendein Geräusch ausmachen zu können.

Nichts…weder ein knacken noch ein flüstern ist zu hören, nur das rascheln des Windes der durch die blätterlosen Dächer der Bäume pfeift ist zu vernehmen.

Langsam beruhigt sich ihre Atmung und langsam wird das schlagen ihres Herzens ruhiger.

Dann plötzlich ein knacken. Ruckartig fährt ihr Kopf in diese Richtung, ein kurzer Blick genügt um zu wissen, dass der Wettlauf noch nicht zu Ende ist.

Zwar sind die Verfolger noch ca. 100 Meter entfernt gewesen, jedoch kann diese Entfernung reichen um einen Menschen mit einem Zauber niederzustrecken.

Weiter geht die Jagt durch Büsche, über Felsen und Bäume, durch Gestrüpp und Dornen. Wieder hört man Flüche knallen und laute Stimmen schreien.

Wieder schießt die Hektik in die Adern des jungen Mädchens und lässt ihre Sinne gefrieren.

Der Wind tobt nun noch eisiger über dem Dschungel von Wald und Nebel und die bevorstehende Dunkelheit macht es einen dabei nicht gerade leichter, die Augen offen zu halten.

Immer unregelmäßiger wird ihr Atem und ein unangenehmes Stechen breitet sich in ihrer Seite aus, ihre Beine schmerzen von dem Gerenne und ihr Kopf ist schon ganz betäubt von der eisernen Luft.

Aber in solch einer Situation sollte man nicht aufgeben, schon gar nicht wenn mehrere Todesser darauf aus sind einen zu fangen und dann noch zu foltern.

Das ist schlimmer als der Tod. Das ist wahrscheinlich die Hölle mit der man dann Bekanntschaft schließen wird.

Egal wie viele Wunden offen sind oder welche qualvollen Schmerzen man auch immer im Körper spürt, es ist immer noch besser als das was die Anhänger des Dunklen Lords mit einem vor haben.

Es half ihr über diese „Hölle" nach zudenken, denn so wurden ihre Beine automatisch schneller und sie schien fast über den laubbedeckten Boden zu fliegen, so geschwind lief sie die Pfade.

Es schien ihr so als würde sie bereits den ganzen Tag nur rennen, davonlaufen und Flüchen ausweichen.

Dieser Gedanke frustrierte sie auf eine gewisse Weise und sie biss die Zähne zusammen. Wann würde sie sie endlich los sein? Wann würde sie sie endlich abgeschüttelt haben?

Sie wollte nicht mehr, sie konnte nicht mehr rennen. Doch sie durfte auch nicht aufgeben.

Es war wieder ruhig, die Flüche waren verschwunden, die Stimmen abgestorben. Hastig versteckte sie sich unter einen umgestürzten Baum, der eine kleine Kuhle frei gab, wo sie gerade so hinein passte ohne dass man sie sah.

Erschöpft und ausgelaugt lag sie mit dem Bauch auf dem schmutzigen Waldboden, die Augen, wie eine Katze stierend auf die Lichtung vor ihr.

Hatte sie es geschafft? Hatte sie sie abhängen können?

Sie versuchte einen tiefen Atemzug zunehmen um ihn dann wieder aus zu- stoßen, doch bevor sie dazu kam hörte sie eine Stimme.

Sie waren nicht weit entfernt, nicht einmal 30 Meter weiter, tummelten sich die Greifer und keiften sich lautstark an.

„Wo ist dieses verdammte Gör hin?" Es war eine helle, aufgebrachte Stimme, die an die spitzen Ohren der jungen Frau drang. So leise wie möglich versuchte sie sich klein zu machen um noch mehr im Schatten des großen Baumes sich zu verstecken, der über ihr lag.

Keinen Mucks von sich gebend, lauschte sie den aufgebrachten Stimmen ihrer Verfolger.

„Halt deinen Mund und sei etwas leiser, weit kann sie noch nicht gekommen sein" Diese Stimme klang kräftiger, dunkler und ein wenig mystisch und sie war auch noch näher an dem toten Baum als erwartet.

Gerade mal 10 Fuß entfernt.

Vor Anspannung vergaß sie fast zu atmen.

Nicht einmal einen kleinen Finger wollte sie bewegen, da sie Angst hatte sofort entdeckt zu werden, nicht einmal mit den Augen zwinkern aus Furcht, dass eine Sekunde später jemand vor ihrem Versteck stehen könnte.

„Nein…ich glaub wir haben das dumme Biest verloren." Rief einer aufgebracht.

„Scheiße aber auch, wie kann die nur so schnell sein"

Unbewusst zog sich ein lächeln auf des Mädchens geschundenes Gesicht, als sie über die Worte des Greifers nachdachte.

Das war ja fast ein Kompliment was er ihr damit gemacht hatte!

Dumpfe Schritte waren plötzlich auf dem Baumstumpf zu hören und rissen sie wieder aus ihren Gedanken. Automatisch versuchte sie sich noch kleiner zu machen.

„Ich rieche sie" erklang wieder diese dunkle mystische Stimme.

Sie konnte spüren wie die Schritte genau über ihr halt machten.

Als diese Worte an des Mädchens Ohr drangen, verkrampfte sich ihr Magen und ihre Augen wurden weit aufgerissen.

Die Stimmen der anderen erstarben ruckartig auf diese Bemerkung hin und jeder schien gespannt auf ein weiteres Wort zu warten.

Wie kann ein Mensch einen anderen Menschen auf diese Entfernung riechen?

Die Panik in ihr stieg von 80 auf 150 und ihr Kopf wurde auf einmal ganz heiß. Mit einem letzten Stoßgebet zum Himmel hoffte sie von Gott erhört zu werden und den Todessern zu entkommen. Sie hielt den Atem an und wartete auf eine Regung oder ein Wort von Oben.

….. „Sie ist unter dem Baum!"…