Autor: Belle239
Inhalt: Harry findet sich in einer äußerst misslichen Lage wieder und erkennt sich selbst nicht mehr, als er sich schließlich verzweifelt an Draco Malfoy wendet, der ihm wohlmöglich helfen kann. Doch bald finden sich beide Jungen in einer Situation wieder, die weit von der Wahrheit zu liegen scheint und doch mehr als eine Lüge ist.
Pairing: HP/GW, HP/DM, RW/HG
Timeline: Die Geschichte spielt zwischen Harry's fünften und sechstem Schuljahr.
Disclaimer: Alle Personen und Handlungsorte, die in dieser Geschichte vorkommen, sind der Fantasie meiner persönlichen Göttin "J." entsprungen. Alle Rechte liegen bei ihr und ich schlage keinerlei Profit aus der Veröffentlichung meiner Geschichten.
Warnungen: Schöner, romantischer, dramatischer Harry Potter / Draco Malfoy Slash.A/N: Ich habe einen Erst-Account auf einer anderen FanFiktion Seite und publiziere das erste Mal eine meiner Geschichten auf dieser Platform. Wem die Geschichte gefällt, der soll und darf es mich gerne wissen lassen. / Belle
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Kapitel 1
All truth passes through three stages.
First, it is ridiculed.
Second, it is violently opposed.
Third, it is accepted as being self-evident.
Regen. In seiner ganzen, schier unglaublichen Unendlichkeit rann er die hohen Fensterscheiben hinab und umgab das Schloss wie einen Schleier aus Wasser. Der Herbst brach an und mit ihm verregnete Tage wie dieser. Tage, an denen man sich in seinem Bett verkriechen möchte und dem Wetter im Schutze der dicken Mauern zusehen möchte.
Wenn man jedoch gezwungen ist sich mit Unterricht den Tag zu vertreiben, überkommt einen doch so manches Mal die unerklärliche Lust aufzustehen, nach draußen zu rennen und lachend und schreiend durch den Regen zu tanzen. Die Tropfen spüren, wie sie mit sanfter Gewalt auf der Haut aufschlagen, die Kleidung durchnässen und die Landschaft zu einem unklaren, grauen Bild verzerren.
Solche unerklärlichen Gedanken schossen Harry in letzter Zeit immer häufiger durch den Kopf. Und das meist in den unpassendsten Augenblicken. Während des Quidditch – Trainings zum Beispiel, hatte er für nicht Mal den Bruchteil einer Sekunde den Gedanken, sich aus der schwindelerregenden Höhe, in der er sich gerade befand, zu stürzen. Der Erde in Sekundenschnelle, was in diesem Augenblick wie eine Ewigkeit erscheinen mag, im freien Fall entgegen zu rasen. Ungebremst und ohne Sicherung.
Tatsächlich war er schließlich so vertieft in diese absurde Idee gewesen, dass er nicht bemerkte wie ein außer Kontrolle geratener Klatscher nur Millimeter an seinem Gesicht vorbeiflog und an seiner Stelle, George's Besen beinahe vierteilte.
In einer kurzen Schrecksekunde hatte Harry dann die Kontrolle über den Besen verloren und fing sich nur im letzten Moment mit der rechten Hand wieder am vorderen Stiel.
Das seltsame an diesen Gedanken war, dass sie Harry ein und dasselbe Gefühl vermittelten. Ein warmes, brennendes Gefühl, wie Eis auf der Haut, gepaart mit dem süßen leichten Gedanken der totalen Freiheit. Der Gedankenlosigkeit.
Es drängte ihn danach auszubrechen, aus den verschiedensten Situationen und das in letzter Zeit immer häufiger. Und tief drinnen wusste Harry, dass solche Gedanken die altbekannte Ruhe von dem Sturm waren. Etwas bahnte sich an, zumindest war es das, was Harry fühlte. Ein Sturm braute sich zusammen. Der Regen war erst der Anfang.
„Harry! Harry!" Hermine gab ihm einen unsanften Stoß in die Rippen.
„Au! Für was war das denn?" , zischte Harry und rieb sich dabei seine schmerzende Seite. Hermine antwortete nicht, sondern nickte nur mit einem vielsagenden Blick nach vorne, wo Professor Lupin, den Kopf schief gelegt, Harry mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete.
„Sind Sie wieder bei uns?" , fragte Lupin mit einem ernstem Unterton in der Stimme.
Harry konnte eine unbehagliche Wärme auf seinen Wangen spüren und blinzelte beschämt. „Entschuldigen Sie, Professor." murmelte er mit gesenktem Blick.
„Schon gut, Potter. Aber Sie sollten ihre Aufmerksamkeit ab jetzt besser meinem Unterricht widmen, denn ich möchte Sie heute mit einem Zauber bekannt machen, der sehr nützlich aber von falschen Motiven geleitet, auch durchaus desaströs sein kann." , erklärte Lupin, während er die Arme hinter dem Rücken verschränkt, vor der Klasse auf und ab schritt.
Harry zwang sich Lupins Worten aufmerksam zu folgen und rutschte sich auf seinem Platz zurecht.
Mit seinen Augen hing er an dem Professor und ignorierte dem verlockenden Impuls den diffusen Mustern, die der Regen an die Scheiben malte, mit seinen Blicken zu folgen.
„... wer von ihnen ist vertraut mit 'Veritaserum'?" Lupin ließ seinen Blick über die Klasse schweifen und Hermines Arm, der als einziger energisch in die Höhe geschossen war, entlockte ihm ein amüsiertes Grinsen.
„Bitte, Miss Granger." , er nickte Hermine auffordernd zu. „Veritaserum ist ein Zaubertrank, der den Konsumenten dazu bringt auf jede Frage, die ihm von nun gestellt wird, mit nichts als der reinen Wahrheit zu antworten. Zwar gibt es mehrere Zaubertränke mit dieser Wirkung, aber Veritaserum gilt als der Stärkste unter ihnen. Seine Anwendung wird vom Zauberministerium streng kontrolliert."
Hermine holte Luft und handelte sich mit ihrer lexikonreifen Antwort nicht das erste Mal abschätzende Blicke der Slytherins ein.
„Exakt." , nickte Lupin, der jetzt wieder begonnen hatte vor der Klasse auf und ab zu schreiten. „Wer kann mir sagen, warum Veritaserum als so gefährlich eingestuft wird und deshalb nur unter strengsten Auflagen vertrieben wird?" , fragte Lupin weiter. Er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ abermals seinen Blick schweifen.
Ein Räuspern.
Lupin hob eine Augenbraue und verdrehte seinen Kopf in die Richtung aus welcher das Geräusch gekommen war.
Draco Malfoy hatte seine rechte Hand träge in die Luft gestreckt und wartete mit einem Ausdruck eleganter Arroganz in seinem blassen Gesicht, bis Lupin ihn aufrief.
„Ähm, ja. Mr. Malfoy, wieso nicht?" Lupin nickte in Dracos Richtung und zog dann seinen Stuhl vor das Pult, auf welchen er sich geräuschvoll fallen ließ.
Harry musste seinen Oberkörper drehen, um einen Blick auf Malfoy zu erhaschen, der sich jetzt aufrecht auf seiner Bank zurecht gerückt hatte, die langen Beine bequem übereinander geschlagen. Beide Hände frei, um seine Worte mit dramatischen Gesten zu untermalen.
Malfoy räusperte sich erneut. Unbemerkt rollte Harry mit den Augen und wandte seinen Blick von dem blonden Slytherin ab, der nun ansetzte um seine Meinung vor seinen Mitschülern zu präsentieren.
„Die Idee selbst, Veritaserum als gefährlich einzustufen, sollte bestraft werden. Wie sonst soll das Ministerium und auch Institutionen wie unsere Schule-" , hier unterbrach Malfoy seine Ausführung für einen kurzen, tragischen Moment, um seinen Unmut gegenüber Hogwarts und Dumbledore zu unterstreichen, „fähig sein, Lügner von denen, die die Wahrheit sprechen heraus zu filtern? Menschen lügen. Das mag vielleicht nicht richtig sein, aber es dient dem Überleben. Dagegen sollte in strafrechtlichen Angelegenheiten der Gebrauch des Veritaserum ausgedehnt werden. Das Ministerium setzt es somit nur in vorher geprüften Fällen ein. Aber ich sage, jeder hat etwas zu verbergen und gerade wer ab und an mit dem Ministerium aneinander gerät,-" , hier unterbrach er erneut und warf Harry einen überlegenen Blick zu, der jedoch von dem Jungen der überlebte ungesehen blieb, „- sollte auf Herz und Nieren geprüft werden."
Harry spürte Malfoys Blick auf seinem Hinterkopf und die Feder in seiner Hand drohte zu zerbrechen. Er versuchte sich auf Lupin zu konzentrieren, der die ganze Zeit über mit ausdruckslosem Gesicht Malfoys Rede gelauscht hatte.
Harry verkrampfte sich und zwang seine Gedanken nicht um Malfoys provozierende Aussagen kreisen zu lassen. Er wollte nicht zum vierten Mal in dieser Woche mit Malfoy aneinander geraten. Bedachte man, dass der Dienstag noch nicht mal vorüber war, hatte Harry schon jetzt genug von den sich häufenden unangenehmen Streitigkeiten mit Draco Malfoy.
„Jetzt kennen wir ihre Standpunkt, Mr. Malfoy. Aber das war leider nicht die Antwort auf meine Frage." , antwortete Lupin schließlich.
Malfoy verzog das Gesicht, als hätte ihm jemand unter dem Tisch fest gegen das Schienbein getreten. Er presste die Lippen aufeinander und rang angestrengt nach einer Antwort.
Ohne nachzudenken, ohne auf die kluge Stimme in seinem Kopf zu hören, nutzte Harry die Gunst der Sekunde und seine Hand schnellte kerzengerade nach oben. Er holte zum Gegenschlag aus.
„Entschuldigen Sie, Professor."
Harry hatte sich auf den Professor aufmerksam gemacht, der ihm mit einem knappen Nicken das Wort erteilte.
„Die Wahrheit ist, entgegen Malfoys Erklärungen, ganz und gar nicht etwas gefährliches. Ich finde, Wahrheit ist eigentlich doch etwas schönes, nur im Besitz der falschen Leute wird sie zu einer Waffe im Kampf um die Macht. Lügen mögen vielleicht schützend scheinen, aber früher oder später
kommt die Wahrheit doch ans Licht.
Veritaserum ist ein einfaches Mittel, um einfachen Leuten, die einfach Möglichkeit zu bieten, ganz einfach an die Wahrheit zu gelangen. Solchen Leuten mangelt es an der Fähigkeit mit Menschen zu kommunizieren. Es fehlt ihnen an Vertrauen, in sich und ihren Mitmenschen.
Gut, vielleicht ist der Gebrauch von Veritaserum in strafrechtlichen Angelegenheiten nützlich, aber eine Schmach für jeden, der aus eigennützigen Gründen dritter nun dazu gezwungen ist, die Wahrheit zu sagen. Solche Zauber oder Zaubertränke in diesem Fall, verführen dazu, sie für die unmöglichsten Situationen einzusetzen. Sie werden missbraucht, sind sogar durchaus gefährlich und sollten deshalb auf keinen Fall für den alltäglichen Gebrauch freigegeben werden."
Hier hielt Harry inne und konnte erneut Malfoys brennenden Blick auf seinem Hinterkopf spüren. Doch Harry machte sich nicht die Mühe, sich zu dem Slyhterin umzudrehen. Stattdessen genoss er seinen Triumph mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.
„Danke, Mr. Potter." , sagte Lupin und fügte mit einem ernsten Blick in Malfoys Richtung hinzu, „Mein Unterricht dient nicht dazu ethische und moralische Fragen zu klären oder zu diskutieren. Ich gehe davon aus, dass wir alle die gleichen moralischen Werte in uns tragen."
Malfoys graue Augen verschwammen zu einem Meer rauschender Wut und Empörung. Funken drohten die Luft in Brand zu setzen, als er Harry einen weiteren finsteren Blick zuwarf.
Potter würde schon sehen, was er davon hat. Mich so bloß zu stellen, dachte Malfoy mit einem drückenden Gefühl von Zorn in der Brust, das sich danach sehnte heraus gelassen zu werden.
„Aber wieso sprechen wir eigentlich von Veritaserum, einem Zaubertrank, wenn ich angekündigt habe, Sie heute mit einem Zauber bekannt zu machen? Nun, weil der Zauber denen ich ihnen heute vorstellen möchte, eine ganz ähnliche Wirkung hat, wie Veritaserum."
Lupin schritt zur Tafel, wo er ein Stück Kreide zur Hand nahm und in sauberer Schrift die Worte, 'Repello Verita' aufschrieb.
„Repello Verita." , er tat einen Schritt zur Seite und bevor er die Frage an die Klasse gestellte hatte, war Hermine's Hand erneut in die Höhe geschossen. „Bitte." , lächelte Lupin.
„Repello Verita oder auch der Fluch der Wahrheit, ist ein Zauber, der den Verzauberten dazu zwingt, nichts als die Wahrheit zu sagen. Allerdings tut er das nur im Gespräch mit der Person, die den Zauber ausgeführt hat. Ähnlich wie unter dem Imperius Zauber, antwortet der Verzauberte nur dieser Person mit der Wahrheit. Anders als bei dem Gebrauch des Veritaserum hingegen, bemerkt die verzauberte Person nicht, dass sie nur mit der Wahrheit antwortet. Das ist auch der Grund wieso,-"
„Wieso der Fluch der Wahrheit als eine weitaus gefährlichere Waffe gilt, als das Veritaserum, exakt Miss Granger." , unterbrach Lupin Hermine.
„Danke schön." , fügte er noch eilig hinzu, als Hermines Wangen sich in einem hektischen Rotton färbten.
„Je stärker der Zauberer, der den Fluch ausgesprochen hat, desto länger hält er an. Natürlich verringert sich seine Wirkung im Laufe der Zeit und wenn der Zauber nicht regelmäßig erneuert wird. Doch nichts desto trotz, ist auch dieser Zauber mit höchster Vorsicht zu genießen." , erklärte Lupin der Klasse, die seinem Unterricht mit großen Augen folgte.
„Das ist auch der Grund, wieso wir diesen Zauber zunächst nur in der Theorie besprechen werden."
Leises Gemurmel folgte auf Lupin's Worte, über dessen Gesicht ein amüsiertes Grinsen huschte.
„Zunächst bedeutet in diesem Fall, ausschließlich in der Theorie." , fügte Lupin hinzu.
„Auf keinen Fall möchte ich, dass Sie diesen Zauber heimlich ausüben. Die heutige Unterrichtsstunde soll lediglich dazu dienen, ihnen aufzuzeigen vor welchen Zaubern Sie sich, gerade in der jetzigen Zeit, schützen müssen. Sie sollen wissen, welche Flüche und Zauber von dunklen Zaubern eingesetzt werden, um Menschen unter ihre Gewalt zu bringen. Und gerade Zauber, die mit der Wahrheit spielen, sie verdrehen und zu ihren eigenen, unmenschlichen Zwecken missbrauchen, sind vielleicht die gefährlichsten unter all diesen Flüchen. Ich bitte Sie daher, mir bis nächste Woche einen Aufsatz über den 'Fluch der Wahrheit" zu verfassen. Seine Wirkung, seine Bedeutung. Wann wurde er entdeckt? Nennen Sie mir bedeutende geschichtliche Ereignisse, in welchen dieser Fluch auftaucht. Und schildern Sie mir ihre eigene Meinung zu diesem Thema. Setzen Sie sich mit der Wahrheit auseinander, die vielleicht nicht nur gutes mit sich bringt. Viel Erfolg. Der Unterricht ist für heute beendet."
Mit diesen Worten entließ Lupin die Klasse. Er kehrte zu seinem Pult zurück, wo er seine Unterlagen einsammelte und in seiner Tasche verstaute.
„Wow. Welchen Hippogreif hat den denn gebissen?" , murmelte Ron, während er sein Tintenfass zuschraubte und Lupin mit gesenktem Blick beobachtete.
Harry zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber dieser Aufsatz hört sich nach einer Menge arbeit an."
„Ich fand die Stunde heute wirklich interessant. Kommt ihr nach dem Essen mit in die Bibliothek?" , fragte Hermine und blickte in zwei ungläubige Gesichter.
„In die Bibliothek?" , wiederholte Ron. „Klar, Harry lässt dafür sicher das Quidditchtrainig sausen, nicht wahr Harry?"
„Dann eben nicht. Aber erwarte nicht, dass ich dir dieses Mal bei deinem Aufsatz helfe, Ronald Weasley." , antwortete Hermine, um dann auf dem Absatz kehrt zu machen und aus dem Klassenzimmer zu rauschen.
„Sieht mir nicht danach aus, als hätte sie sich wieder beruhigt." , mutmaßte Harry. Er warf sich seine Tasche über die Schulter und schob seinen Stuhl zurück an den Tisch.
Ron seufzte. „Nein, offensichtlich nicht. Sie wird mir wohl nie verzeihen, dass ich den Aufsatz für McGonagall von ihr abgeschrieben habe. Frauen." , fügte er augenrollend hinzu.
„Na ja, das war ja auch wirklich keine Glanzleistung von dir, was?" , erklärte Harry schmunzelnd und klopfte Ron aufmunternd auf die Schulter. „Sie wird sich schon wieder beruhigen. Das hat sie bisher immer."
Ron rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Vermutlich hast du Recht. Komm, lass uns etwas essen gehen. Ich verhungere."
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Um die Mittagszeit waren die Gänge des Schlosses gefüllt mit plappernden und lachenden Schülern, die sich allesamt in Richtung der Großen Halle drängten.
Harry und Ron tauschten sich auf ihrem Weg angeregt über das kommende Quidditchtraining aus, das das Team auf das nächste Spiel gegen Rawenclaw vorbereiten sollte. Ron präsentierte Harry einen ausgeklügelten Spielplan, der ihm angeblich über Nacht eingefallen war und dem Team der Rawenclaws keine Chance auf den Sieg lassen würde.
Harry musste Ron versprechen Angelina von seinem Plan zu erzählen, der in Ron's Augen perfekt war, als jemand Harry's Namen rief.
„Harry! Harry! Warte doch!" , es war Ginny, die sich winkend durch die Schülermassen drängte.
„Ich habe dich die ganze Zeit gesucht." , erklärte sie atemlos, als sie vor Harry zu stehen kam.
„Also, Ich- Ich geh dann schon mal vor." , murmelte Ron, der sich noch nicht ganz an den Gedanken gewöhnt hatte, dass sich sein bester Freund nun immer häufiger mit seiner kleinen Schwester traf, was auch immer das zu bedeuten hatte.
Harry nickte. „Gut, wir sehen uns in der Großen Halle." , antwortete er und wandte sich dann an Ginny. „Du hast mich gesucht?" , fragte Harry.
„Hi, erst einmal." , lächelte Ginny und drückte Harry an sich. „Hi." , flüsterte Harry, den ihr Duft jedes Mal aufs Neue überwältigte.
„Du- also, Ich wollte dich fragen, ob du morgen Abend Zeit hast." , sie strich sich das glatte Haar aus der Stirn und strahlte Harry erwartungsvoll an.
„Ob ich Zeit- klar, was hast du denn vor?" , antwortete Harry, der insgeheim schon seit einer geschlagenen Woche auf ihr nächstes Treffen gewartet hatte.
„Schön." , Ginny schien sichtlich erleichtert. Dann beugte sie sich näher zu Harry, dessen Herz plötzlich einen ausgelassenen Sprung machte. „Und das ist eine Überraschung." , flüsterte sie sanft. Dann tat sie einen Schritt zurück. Vorsichtig strich sie Harry's dunkles Haar glatt, bevor sie sich zum Gehen wand. „Wir sehen uns später." , lächelte sie und warf ihm einen vielsagenden Blick zu, als sie kehrt machte und in dem Meer von Schülern verschwand
Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, machte sich Harry auf den Weg zur Großen Halle. Er war mehr als erleichtert, dass Ginny ihn zu einem nächsten Treffen eingeladen hatte und konnte es nun kaum mehr erwarten, sie morgen Abend nur für sich zu haben.
Auch, wenn ihr letztes Treffen nicht ganz so erfolgreich verlaufen war, wie er es sich gewünscht hatte. Das Ron sich mit dieser ganzen Sache noch nicht so recht anfreunden konnte, hatte sich die Woche zuvor zu einer ziemlich unangenehmen Diskussion zwischen ihm und Ron entwickelt.
Mit einem dementsprechenden Gefühl, war Harry zu dem Treffen mit Ginny gegangen. Zwar wollte er ihr nicht sagen, was der Grund für seine schlechte Laune war, doch das hatte die Stimmung zwischen den Beiden nicht gerade vor Romantik überschäumen lassen.
Das Problem mit Ginny war, dachte Harry so manches Mal, dass er sich in ihrer Gegenwart wie ein dummer, kleiner Schuljunge vorkam. Sie wirkte so selbstsicher, fast bestimmend, was mit Sicherheit daran lag, dass sie das einzige Mädchen unter ihren Brüdern war. Und Harry wusste, dass das nicht ihre Schuld war und er behauptete ja nicht, dass dies schlechte Eigenschaften waren, aber es waren Eigenschaften, die ihn unterbewusst davon abhielten, aufrichtig und ehrlich ihr gegenüber zu sein.
Sie wusste nichts von seinen Alpträumen, den endlosen trüben Gedanken. Den dringlichen, seltsamen Gefühlen, denen er so oft ausgeliefert war. Seiner Angst zu versagen, der Angst, sich selbst zu verlieren. Für sie musste er Harry sein. Harry, der stark genug war, das alles hier zu ertragen.
Aber das war er nicht. Er war nicht stark genug. Er war nicht der Junge, der überlebte. Eigentlich war er der Junge, der nur einmal in seinem Leben er selbst sein wollte und nicht das, wofür ihn der Orden, Dumbledore, Snape, der Tagesprophet, das Ministerium und all die anderen Leute machten.
Und da war er wieder. Einer dieser Gedanken, einfach auszubrechen. Aus dieser Misere, aus dieser nie enden wollenden Aufführung auszusteigen.
Gedankenverloren bahnte sich Harry einen Weg durch die sich leerenden Gänge, als vor ihm zwei vertraute Gestalten auftauchten. Harry hielt inne.
„Ich warne dich, Malfoy. Gib mir sofort dieses Buch zurück oder du wirst dafür büßen."
Ron hatte seinen Zauberstab gezückt und hielt ihm Malfoy, der ein selbstzufriedenes Grinsen auf den Lippen trug, vor das blasse Gesicht.
„Dafür büßen? Ich bitte dich Weasley, mach dich nicht lächerlich. Ohne Potter kannst du nicht mal deinen Namen schreiben." , höhnte Malfoy. Lässig schlug er Ron's Zauberstab zur Seite und schob sich von der Wand weg, an welche Ron ihn gedrängt hatte.
„Jetzt lass mich vorbei. Oder du wirst dafür büßen." , zischte er, als Ron keine Anstalten machte von seinem Platz zu weichen.
„Ich weiß, dass du mein Notizbuch hast. Du hast es mir aus meiner Tasche gestohlen. Und wenn ich es nicht in einer Sekunde in den Händen halte, wird Papi dich im Krankenflügel besuchen müssen." , drohte Ron, dessen Gesicht vor Zorn die Farbe seiner Haare angenommen hatte.
„Ich habe keine Ahnung von welchem Buch du da redest, Weasel und von welchem Nutzen mir deine kleinkindlichen Kritzeleien sein sollten. Und wenn das eine Drohung war, nimm sie besser zurück oder Granger und Potter dürfen deine Einzelteile vom Boden aufsammeln." . Malfoy hatte einen bedrohlichen Schritt auf Ron zugemacht, dessen Zauberstab in seiner Hand zu zittern angefangen hatte.
„In diesem Buch standen wichtige Aufzeichnungen für das Training unsere Quidditchmannschaft. Und du wusstest davon und wolltest sie für dich haben! Gib es zu! Du hast es gestohlen. Wer sonst würde so etwas tun?" . Ron brüllte jetzt fast und fuchtelte mit seinem Zauberstab wild vor Malfoys Nase herum, dessen Gesicht jegliche Farbe verloren hatte.
„Das ist die letzte Warnung, Weasley. Geh mir aus dem Weg oder du lernst mich von einer ganz anderen Seite kennen. Dann helfen dir deine stümperhaften Zauberversuche nicht mehr weiter." , drohte Malfoy, dessen Gesicht nur noch Millimeter von Ron's Zauberstab entfernt war.
„Ron! Ron! Lass sofort deinen Zauberstab fallen, bevor du etwas wirklich dämliches anstellst. Der ist es doch gar nicht wert." , rief Harry, der jetzt mit großen Schritten auf die Beiden zugelaufen kam.
Malfoy drehte sich um und lächelte zufriedener als je zuvor. „Schau mal, Weasel. Potter ist gekommen, um dich zu retten. Und in diesem Fall hat er ausnahmsweise Mal Recht." , höhnte Malfoy triumphierend. Er betrachtete dies als einen Sieg und schob Ron unsanft zur Seite.
„Ich habe dich gewarnt, Malfoy! Repello Verita!" , brüllte Ron und bevor die Drei realisierten was geschah, schossen blendend weiße Funken aus Ron's Zauberstab. Harry wurde schwarz vor Augen und mit einem dumpfen Geräusch fiel er bewusstlos zu Boden.
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Harry's Kopf schien ungewohnt leicht, fast schwerelos zu sein. Er schien fast gedankenlos zu sein und eine blendende Dunkelheit umgab ihn, wie ein seidener, schwarzer Schleier.
Sein Körper schien ihm zu schwer, um ihn zu bewegen. Er fühlte sich müde und drohte erneut in diesen angenehmen, tiefen Schlaf ab zu driften, als ihn wirre Stimmen aufhorchen ließen.
„Ist er okay?" , das war Ginny. Sie musste ganz nah sein, denn er konnte ihre Stimme klar und deutlich hören.
„Ist er okay?" , wiederholte eine hysterische Stimme. „Ist er okay? Bei Merlin, er wurde gerade von einem schweren Fluch getroffen! Wenn wir Glück haben, lebt er noch! Ist er okay?"
„Na, Miss Granger. Nun lassen Sie den Zauberer aber mal auf seinem Besen. Mr. Potter ist ganz sicher noch am Leben. Er ist lediglich bewusstlos. Doch er sollte jeden Moment aufwachen. Lassen Sie ihm Zeit. Und wenn er aufgewacht ist, können wir auch das Ausmaß des Fluches bewerten."
Harry erkannte Madam Pomfrey's Stimme, die ebenfalls ganz aus der Nähe kam.
„Wenn ich Ron in die Finger kriege." , zischte Hermine, die sich nun von Harry's Bett wegzubewegen schien. „Was hat er sich nur dabei gedacht? Ich hoffe, Lupin und Dumbeldore machen ihm ordentlich die Hölle heiß!"
„Und Malfoy!" , fiel ihr Ginny ins Wort. „Vergiss nicht, dass er der Grund dafür war, dass Ron so ausgeflippt ist.
„Das ist noch lange keine Entschuldigung für Ron's unüberlegtes Verhalten. Harry hätte sterben können. Und sagen sie jetzt nichts." , fügte Hermine hinzu, als Madam Pomfrey etwas erwidern wollte.
„Vielleicht sollten Sie beide jetzt gehen." , unterbrach Madam Pomfrey. „Potter braucht seine Ruhe. Ich lass Sie wissen, wenn er aufgewacht ist."
„Schon gut, Madam Pomfrey. Ich bin wach." , krächzte Harry. Er zwang sich dazu, die schweren Augen zu öffnen und erblickte zuerst Hermine's besorgtes Gesicht, dass sich aufgeregt über ihn beugte.
„Harry!" , flüsterte sie erleichtert und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Wie geht es dir?"
„Du bist wach?" , fragte Ginny. Sie lächelte und tätschelte seine Stirn. „Na, Merlin sei Dank. Du bist nicht tot." , sie warf Hermine einen amüsierten Blick zu.
„Mir geht es gut, schätze ich. Na ja, den Umständen entsprechend." , antwortete Harry heiser. „Kann ich vielleicht ein Glas Wasser haben?"
„Aber natürlich." , lächelte Madam Pomfrey, die daraufhin für einen Moment aus dem Krankenflügel verschwand.
„Was ist passiert?" , fragte Harry. Er setzte sich auf und bemerkte erst jetzt, dass seine Arme und Beine schmerzten. Stöhnend ließ er den Kopf zurück auf sein Kissen fallen. Madam Pomfrey würde ihn mit Sicherheit über Nacht hier behalten.
„Ron's Zauber, der eigentlich für Malfoy bestimmt war, hat dich getroffen." , erklärte Hermine zerknirscht. „Malfoy stand vor dir, ist aber im letzten Moment zur Seite gewichen und-"
„Und du hast die volle Ladung abbekommen." , fügte Ginny hinzu. „Aber es ist ja nichts passiert, nicht wahr?"
„Nichts passiert? Herr je, Ginny. Harry war bewusstlos und noch wissen wir nicht, wie viel Schaden Ron's Zauber angerichtet hat."
„Jetzt hört auf zu streiten." , unterbrach Harry die Beiden. „Mir ist ja nichts passiert. Ron's Zauber hat ganz offensichtlich nicht gewirkt, was ich auch nicht erwartet habe." , er lächelte und drückte aufmunternd Hermine's Hand. „Hermine, alles ist in Ordnung. Mir geht es gut."
„So, ihr Glas Wasser, Mr. Potter und schauen Sie wen ich mitgebracht habe."
Madam Pomfrey kehrte Seite an Seite mit Professor McGonagall und Dumbledore zurück in den Krankenflügel.
„Potter, Sie sind aufgewacht. Wie geht es ihnen?" , fragte McGonagall mit einem besorgten Gesichtsausdruck.
„Gut, gut. Wo ist Ron? Er wird Hogwarts doch nicht verlassen müssen, oder?" , ächzend wagte Harry erneut den Versuch sich aufzusetzen und blinzelte fragend von Dumbledore zu McGonagall.
„Das kann ihnen Mr. Weasley später selbst erzählen." , antwortete Dumbledore mit einem Funkeln in den blauen Augen. „Aber nun wollen wir erst mal überprüfen, was für einen Schaden Mr. Weasley mit seinem Zauberstab angerichtet hat."
„Harry, kannst du mir sagen wie das Mädchen hieß, in das du dich zum ersten Mal verliebt hast?"
„Was soll denn diese-" , begann Hermine.
„Victoria. Victoria Bates. Sie hatte dunkles, langes Haar. Sie war zwölft, ich war erst elf. Ich- was?" , fragte Harry verwundert, als ihn Ginny und Hermine mit aufgerissenen Augen anstarrten.
Dumbledore betrachtete ihn mit einem nachdenklichen Blick und schien seinen eigenen Gedanken zu zunicken.
„Genau was ich befürchtet hatte." , murmelte er. „Professor McGonagall, rufen Sie Severus in mein Büro. Und warten Sie dort auf mich."
„Natürlich, Albus." , antwortete McGonagall, bevor sie aus dem Krankenflügel rauschte.
„Was ist denn los?" , fragte Harry irritiert. „Was ist denn passiert?" Er schaute von Ginny zu Hermine, die ihn immer noch wie versteinert anstarrten.
„Harry, ich befürchte Mr. Weasley's Zauber hat ganze Arbeit geleistet." Dumbledore machte einen Schritt auf Harry's Krankenbett zu.
„Was, was meinen Sie damit, Professor?" , fragte Harry, in dessen Magengegend sich ein ungutes Gefühl ausbreitete.
„Der Zauber, den Mr. Weasley vollführt hat. Er, nun, er nicht ganz seine eigentliche Wirkung erzielt. Sie kennen die Wirkung des sogenannten 'Fluches der Wahrheit', vermute ich?"
Harry nickte. „Ja, ja. Wieso fragen Sie, Professor?"
„Nun, ich kann Sie beruhigen Harry, Sie sind nicht dazu verpflichtet Mr. Weasley auf ewig mit der Wahrheit zu antworten. Sie-"
„Ja, weil er ab heute jedem mit der verfluchten Wahrheit antworten muss!" , brüllte Hermine hysterisch, bevor sie mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer stürmte.
