Prolog: Woran wir glauben

"Remember, remember, the fifth of November", murmelte sie vor sich hin, während ihre Füße sie wie automatisch zur Schattengalerie trugen. In ihr herrschte gähnende Leere und Evey nahm das noch immer anhaltende Feuerwerk nur noch im Hintergrund war.

Eine Weile hatte sie noch neben Detective Finch ausgeharrt und die Musik genossen. Tchaikovskis Overture von 1812 hallte in ihrem ganzen Körper nach und sie verspürte den leisen, bittersüßen Geschmack des Triumphes in sich aufwallen.

"Was wird nun werden?", hatte der Mann neben ihr sie gefragt. Sie zuckte mit den Schultern und meinte: "Es kann nur besser werden. Wir sind wieder frei. Im Moment ist unsere größte Sorge, eine fähige Regierung aufzubauen und Ordnung zu schaffen. Und das wird noch schwieriger als der Sturz. Denn etwas zu zerstören ist sehr viel einfacher, als etwas zu erbauen."

Finch musterte sie eine kurze Weile ehe er wieder zum Feuerwerk aufblickte. "Da hast du wohl Recht. Aber auch diese Aufgabe werden wir meistern." Er klang zuversichtlich und das brachte Evey sogar zu einem kleinen Lächeln. "Daran glaube ich auch", murmelte sie zustimmend. Dann schwiegen die beiden wieder, bis die Kahlrasierte sich verabschiedete und sich auf den Weg machte.

Schweren Schrittes nahm sie die wohlbekannten Treppenstufen hinab zu V's ehemaligem Heim, das nun ihr gehören sollte. Sie legte die Hand auf die schwere, alte Holztür und schob sie vorsichtig auf. Sofort nahm sie den Duft von Scarlet Carsons wahr und einen Moment wünschte sie sich, V würde sie mit seinem plötzlichen Erscheinen erschrecken, so wie er es immer getan hatte.

Aber das konnte er nicht mehr. Stattdessen schlich sie in der erdrückenden Stille zu der Jukebox. Sie betrachtete das Ding eine Weile, ehe sie sich für einen Song entschied. Der altbekannten, geliebten Song von Cat Power 'I found a reason' hätte sie nur zurück in ihre alte Trauer geworfen. Dabei wollte sie doch V's Tod nicht vergebens sein lassen.

Hoffnungsvoll blickte sie in den Spiegel, an dem V sich immer zurecht gemacht hatte. Sie erblickte ihre eigenen dunklen Augen, die ihr erschreckend leer schienen. Und trotzdem war da wieder dieses Glitzern. Ihr Blick fiel auf ihren kahlrasierten Schädel. Sie fuhr langsam über die kurzen Stoppeln, gedachte seiner Worte.

"Du warst mit deinem Tod konfrontiert, Evey. Du warst ruhig, Du warst gefasst. Versuche jetzt zu fühlen was du dort gefühlt hast." Sie hatte ihn in diesem Moment so sehr gehasst. Dennoch versuchte sie sich an dieses Gefühl zu erinnern. Als sie im Regen stand. "Gott ist im Regen", wiederholte sie diese sinnigen Worte, wie eine mächtige Zauberformel. Immer und immer wieder redete sie sich diesen Gedanken ein, Tränen liefen ihr über die Wange.